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Ich blinzele wegen der hellen Sonnenstrahlen, die auf mein Gesicht fallen, und setze mich langsam auf. James liegt immer noch neben mir in meinem Bett, ruhig atmend, als wäre die Welt um ihn herum vollkommen in Ordnung.

Ich seufze leise, stehe auf und gehe ins Bad, um mich frisch zu machen. Danach schlendere ich nach unten. Der gestrige Abend spukt mir wieder im Kopf herum.

Nicht viel ist passiert. James war vorbeigekommen, um nach mir zu sehen. Er wollte mit mir reden, aber ich habe abgelehnt. Ich wollte erst einmal nachdenken. Wir sind dann noch kurz bei Xenia geblieben, aber auch nicht lange. Danach sind wir nach Hause gefahren und haben uns schlafen gelegt. Ich hatte gehofft, dass mir eine Nacht Schlaf Klarheit bringen würde.

Ich bin so in Gedanken, dass ich kurz zusammenzucke, als plötzlich zwei warme Arme sich um mich legen. James. Seine Stimme ist ein tiefes Raunen in meinem Ohr: „Nyssa wird heute vorbeikommen, damit ihr euch kennenlernen könnt. Und damit du siehst, dass du nicht eifersüchtig auf sie sein musst. Ich gehöre nur dir und du nur mir, mon chéri."

Meine Atmung stockt, als er leicht über meinen Hals küsst, und ich spüre, wie mir eine angenehme Gänsehaut über den Rücken läuft. Seine Stimme klingt so sanft und doch fordernd, dass mir sofort die Röte ins Gesicht steigt.

Ach Mann … dieser Depp macht es mir wirklich nicht leicht. Ich meine, natürlich hat er eine Vergangenheit. Er lebt schließlich länger als ich. Trotzdem. Ich sollte Nyssa vielleicht wirklich eine Chance geben. Vielleicht empfindet sie nichts mehr für ihn. Vielleicht ist sie ja ganz nett.

„Okay", sage ich schließlich leise und drehe mich zu ihm um. „Dann möchte ich sie gerne kennenlernen. Aber ich warne dich: Sollte sie sich irgendwie an dich ranmachen, werde ich ganz sicher nicht still rumsitzen. Dir vertraue ich, aber ihr nicht." Ich hebe den Finger und sehe ihn ernst an.

Ein zufriedenes Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus, und er nickt. „Danke, Prinzessin."

Trotzdem lässt mich dieses komische Gefühl einfach nicht los. Irgendetwas ist doch merkwürdig an ihr. Keine Ahnung, was genau, aber es liegt wie ein dunkler Schatten über dem Gedanken an sie.

Ich schüttle den Kopf, versuche den Gedanken beiseitezuschieben, und murmele: „Ich koche was. Du kannst ihr Bescheid geben und sie holen. Ich hoffe wirklich, dass ich diese Chance nicht bereue."

„Danke, Prinzessin", wiederholt er und zieht mich fest in seine Arme. „Ich gehe dann los. Aber vorher muss ich noch kurz zum Laden."

Er drückt mich kurz an sich, bevor er mit einem strahlenden Lächeln das Haus verlässt. Ich atme tief durch und versuche, meine aufkommende Nervosität zu ignorieren, während ich mich in der Küche an die Arbeit mache.

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Nach ungefähr einer Stunde ist der Tisch fertig gedeckt, und James, Nyssa und ich sitzen zusammen am Esstisch. „Nyssa, darf ich vorstellen? Das ist Roseline, meine Freundin," sagt James, während er mich sanft anlächelt. „Mon chéri, das ist Nyssa, eine alte Freundin von mir."

Nyssa ist … wunderschön. Ihre schwarzen, langen Haare fallen in lockeren Wellen über ihre Schultern, ihre stechend blauen Augen funkeln selbstbewusst, und ihre Figur ist so perfekt, dass ich mich neben ihr klein und unscheinbar fühle.

Sie lächelt mich freundlich an, doch ich spüre sofort, dass etwas Falsches in diesem Lächeln mitschwingt.

„Freut mich, dich kennenzulernen," sagt sie leise. Ihre Stimme klingt sanft, fast schmelzend. Ich nicke höflich und lächle zurück.

Nyssa nimmt sich ein Stück Lasagne, rührt aber kaum etwas davon an. Stattdessen sitzt sie da, perfekt aufrecht, und beobachtet mich aus den Augenwinkeln.

„Sie schmeckt wirklich lecker," sagt sie plötzlich. Ihre Stimme ist fast übertrieben freundlich. „Lasagne ... James hat Lasagne damals schon geliebt."

„Freut mich, dass es dir schmeckt," antworte ich knapp und zwinge ein höfliches Lächeln auf mein Gesicht.

James legt aufeinmal seine Hand auf meine und drückt sie leicht. Er schaut mich mit einem warmen Lächeln an und sagt: „Roseline ist die beste Köchin, die ich kenne. Ich liebe es, wenn sie kocht."

Mein Herz beginnt schneller zu schlagen, und ich fühle, wie ein ehrliches Lächeln sich in mein Gesicht schleicht.

Er lässt meine Hand plötzlich langsam los, schiebt seinen Stuhl ein Stück zurück und steht auf. „Ich gehe mal kurz nach draußen, ein bisschen frische Luft schnappen. Ihr könnt ja schon mal weiteressen und euch besser kennenlernen.“

Nyssa dreht ihren Kopf zu ihm, ihre Augen funkeln leicht auf. „Du lässt uns beide also allein?“ fragt sie mit einem spielerischen Unterton.

James bleibt kurz stehen, dreht sich zu ihr und sagt mit fester Stimme: „Natürlich. Schließlich seid ihr zwei erwachsene Frauen. Außerdem, Nyssa, möchte ich, dass du weißt: Roseline wird in Zukunft meine Frau. Also hoffe ich, dass ihr euch versteht.“

Seine Worte treffen mich wie ein warmer Windhauch, und ich spüre, wie meine Anspannung für einen kurzen Moment nachlässt. Nyssa hingegen hält inne, ihre Augen weiten sich kurz, bevor sie wieder ihre Maske aufsetzt. Dann nickt sie und zieht ihre Mundwinkel hoch, aber ihr Blick bleibt kühl.

„Natürlich,“ sagt sie mit einer Stimme, die vor Spott trieft.

Kaum ist James draußen, ändert sich Nyssas Haltung komplett. Sie lehnt sich leicht vor, ihr freundliches Lächeln verschwindet, und ihre Augen funkeln jetzt kalt und berechnend.

„Also,“ beginnt sie und schiebt ihre Gabel beiseite. „Du bist also die Freundin. Interessant.“

„Was ist daran interessant?“ frage ich ruhig, obwohl ich innerlich angespannt bin.

Sie zuckt mit den Schultern, ihr Gesichtsausdruck wirkt jetzt lässig und gleichgültig.

„Ach, nichts. Es ist nur … ungewöhnlich. Ich meine, James und Menschen das passt einfach nicht so gut zusammen, weißt du? Aber ich bewundere deinen Mut.“

Ich presse die Lippen zusammen. „Es scheint dir ziemlich wichtig zu sein, mich zu provozieren.“

„Provozieren?“ Sie lacht leise, aber ihr Lachen klingt kalt und spöttisch. „Oh nein, Liebes. Ich will dich nicht provozieren. Ich will dich nur … vorbereiten. Auf die Realität.“

„Welche Realität?“ frage ich und spüre, wie meine Geduld schwindet.

„Nun ja,“ beginnt sie und spielt mit einer Haarsträhne, „du bist ein Mensch, Roseline. James ist ein Vampir. Seine Zeit läuft anders als deine. Und seien wir ehrlich: Was glaubst du, wie lange das hier halten wird? Denkst du wirklich, er will dich heiraten?“

Sei ruhig, Rose. Sie will dich nur aus der Fassung bringen. Denk an James, an seinen liebevollen Blick, als er vorhin deine Hand gedrückt hat. Er liebt dich, nicht sie.

Ihre Worte sind wie kleine, gemeine Stiche. Ich versuche, ruhig zu bleiben, doch in mir brodelt es.

Ich meine Was bildet sich diese dumme Schnäpfe eigentlich ein? Ich muss mich echt zusammenreißen gerade.

Dieses Treffen war ein Fehler.

„Nyssa, ich denke, das ist nicht deine Sache. Außerdem hätte er ja sonst gesagt, er heiratet dich, aber seine Worte waren, dass er mich heiratet. Also, bitte mische dich nicht in unsere Beziehung ein“, bringe ich schließlich so gepresst wie möglich über meine Lippen und zwinge mir ein leichtes Lächeln auf.

Sie erwidert mein Lächeln, aber dieses Mal ist es kein freundliches Lächeln, sondern ein falsches, aufgezwungenes. Sie macht sich nicht einmal die Mühe, es echt aussehen zu lassen; dieses Kommentar hat sie wohl nicht gut verdaut.

Wie gerne würde ich ihr dieses schmierige Lächeln aus dem Gesicht wischen...

Was denkt ihr über Nyssa? 🤭

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