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„Er ist mächtig“, flüstert Xenia, die ihre Augen nicht von dem Kristall abwenden kann.
„Mächtig, ja, aber wir sollten vorsichtig sein“, murmelt James und zieht mich beschützerisch zu sich. Seine Hand ruht fest auf meinem Arm, und alleine seine Berührung gibt mir ein Gefühl von Sicherheit.
„Wer weiß, zu was das Ding fähig ist“, fügt er hinzu.
Mein Blick schweift kurz zu dem Kristall. Die roten Adern, die in dem Kristall zu pulsieren scheinen, sehen gefährlich aus, aber auch mächtig. Das fast unscheinbare Leuchten, das den Kristall umgibt, verleiht ihm eine seltsam faszinierende Note. Trotz der bedrohlichen Ausstrahlung fühle ich mich nicht unwohl nicht, solange James bei mir ist.
„Aber wer lässt sowas einfach so zurück?“ Tyler schaut fragend den Kristall an.
„Ich bitte euch, das Ding schreit förmlich nach einem Fluch“, spekuliert Nora. Worauf wir alle ein wenig schmunzeln. Die sonst so neugierige Nora schreckt nun doch vor etwas zurück. Interessant...
„Ich wüsste gern, wer ihn hierhergebracht hat“, sagt Xenia leise, während sie den Kristall nicht aus den Augen lässt. Ihre Stirn zieht sich in kleine Falten, nachdenklich, und ihre Finger strecken sich kurz nach dem Kristall aus. Doch genauso schnell zieht sie sie wieder zurück, als hätte sie etwas Unangenehmes gespürt. „Das ist kein gewöhnliches Artefakt. Die Magie, die in ihm steckt, ist... seltsam. Sie fühlt sich anders an. Als wäre sie...“
„Meinst du verflucht, verboten oder doch eher böse? Ich bitte euch, lasst das Vieh hier und lasst uns verschwinden“, wirft Nora, arm verschränkend, ein, während sie einen skeptischen Blick auf den Stein wirft.
„Oder wir finden heraus, was es ist“, sagen Tyler und Xenia wie aus einem Mund. Alejandro, der sich noch gar nicht dazu geäußert hat, zieht Xenia leicht zu sich zurück und schlingt schützend seine Arme um ihre Taille. „Ich bin immer noch skeptisch, was das angeht“, meint er mit leicht verrenkten Augen.
„Wir könnten ihn mitnehmen und in der Bibliothek nachschauen, ob es etwas darüber geschrieben gibt“, schlage ich vor und lasse meinen Blick durch die Runde schweifen.
„Mitnehmen?!" sagt Nora entsetzt.
„Rosé, hör dir doch mal selber zu! Was ist, wenn das Ding gefährlich ist? Wir wissen ja nicht mal, was das ist, und ihr wollt das mitnehmen!“ Nora klingt panisch.
„Du bist doch sonst immer die Erste, die sich in solche Sachen stürzt. Was ist los?“
Nora, die sonst nie vor etwas zurückschreckt... Interessant.
Sie bleibt kurz still, ehe sie antwortet: „Ich fühle mich einfach nur komisch dabei. Mein ganzer Körper sträubt sich dagegen. Macht, was ihr wollt, aber ich gehe nach Hause. Ich möchte damit nichts zu tun haben.“ Mit diesen Worten dreht sie sich um und läuft schnellen Schrittes zum Ausgang.
„Nora, warte!“ ruft Tyler ihr hinterher. „Sorry, Leute, ich rede mit ihr“, wendet er sich kurz an uns, ehe er ihr hinterher rennt.
Nora, die sonst immer dabei ist, macht jetzt einen Rückzieher... Das ist wirklich ungewöhnlich. Wir passen doch aufeinander auf, und was könnte schon passieren, wenn man den Kristall nur anschaut? Wahrscheinlich hätte sie ihn ohnehin nicht angefasst...
James verschränkt die Arme. „Na toll, und jetzt?“, keift er. Ich streiche ihm beruhigend über den Arm. Er seufzt und lässt seinen Blick dann fragend in die jetzt kleine Runde schweifen.
„Wir nehmen ihn mit. Ich wäre dafür, James, dass du ihn mitnimmst. Ich werde herausfinden, was es damit auf sich hat. Falls du früher herausfindest, was das ist, gib mir Bescheid“, erklärt Xenia, worauf Alejandro zustimmend mit dem Kopf nickt.
„Dann lasst uns ihn nehmen und nach Hause gehen“, füge ich leise hinzu.
Jeder nickt, und James seufzt, als er den Kristall vorsichtig an sich nimmt. Als der Kristall in seine Hand gleitet, verstärkt sich das Pulsieren für einen Moment, bevor er ihn in seine Jackentasche gleiten lässt. Ohne ein weiteres Wort verlassen wir die Kapelle. Unsere Schritte hallen durch das alte Gemäuer, während der Kristall in James’ Tasche fast unmerklich weiter pulsiert.
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