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Er setzt sich seufzend neben mich und schaut mich besorgt an.
„Was ist jetzt los?“

„Hör mal, Mon Cherie, ich weiß, dass irgendwas nicht stimmt. Dich bedrückt etwas, also rede mit mir. Was macht dich so nachdenklich?“ spricht er mit ruhiger Stimme, während er meine Hände in seine nimmt und mit einem Daumen beruhigend über meinen Handrücken streicht.

Er hat es bemerkt… Ich lasse meine Schultern hängen und kaue nervös auf meiner Lippe, während ich nach den richtigen Worten suche. „Ich…“

„Stress dich nicht, okay? Wenn du nicht reden willst, ist das okay. Ich mache mir lediglich Sorgen um dich“, antwortet er mit bedrückter Stimme. Na toll…

„Ich habe über unsere Zukunft nachgedacht“, bringe ich schnell über meine Lippen und fahre mir nervös durch die Haare. Verdammt, ich habe irgendwie Angst vor seiner Reaktion, aber Augen zu und durch, ich schaff das wie ein Pflaster, das man schnell abzieht.

„Weißt du, ich möchte irgendwann eine Familie gründen. Ich meine, können Vampire überhaupt Kinder bekommen? Und was ist mit uns? Während ich älter werde und vielleicht irgendwann sterbe, bist du unsterblich...“ Ich schaue nervös in James' Gesicht, um eine Reaktion schon einmal lesen zu können, aber er hört mir stumm zu und gibt keine Reaktion von sich, also rede ich weiter.

„Ich habe mir gestern darüber Gedanken gemacht, und irgendwie lastet es auf meinen Schultern. Ich bin in einem Zwiespalt gefangen. Weißt du, einerseits überlege ich, unsterblich zu werden, da ich dich über alles liebe, aber andererseits bin ich auch etwas unsicher aus Angst vor dem, was dann auf mich zukommt. Was, wenn ich das dann nicht meistern kann, falls ich mich dafür entscheide, ein Vampir zu werden? Solche Gedanken mache ich mir die ganze Zeit. Es tut mir wirklich leid…“ Bringe ich gegen Ende leiser über meine Lippen und schaue überall hin, nur nicht zu ihm, aus Angst vor seiner Reaktion darauf.

Plötzlich spüre ich zwei Finger, die mich sanft an meinem Kinn packen und in seine Richtung ziehen, sodass ich gezwungen bin, ihm in die Augen zu schauen.

„Du bist nicht allein in diesen Gedanken. Tatsächlich habe ich mir auch schon darüber den Kopf zerbrochen…“ Er hält kurz inne, ehe er mit zittriger Stimme weiterredet.

James atmet tief ein, seine Augen sind weich, aber auch entschlossen. „Wenn du ein Vampir wirst, muss das bedeuten, dass du vorher stirbst. Du musst es. Du kannst nicht einfach für immer leben, ohne dass etwas anderes stirbt. Das ist der Preis, den du zahlen musst, und ich… ich kann nicht ertragen, dich zu verlieren. Auch nicht, wenn es nur für einen Moment ist. Ich will nicht, dass du diese Entscheidung triffst, nur um mit mir zusammen zu sein. Ich kann nicht mit dem Gedanken leben, dich in diesem Sinne zu ‚verlieren‘, Rosé, tut mir leid...“

Wie bitte!? Das ist doch immerhin meine Entscheidung, sollte ich mich dafür entscheiden!

„Weißt du, ich glaube, unser Gespräch war ein Fehler“, seine Augen blitzen überrascht auf. „Wie meinst du das?“

„So wie ich es gesagt habe... Ich meine, was bleibt mir dann? Was, wenn ich mich dazu entscheiden würde, ewig mit dir leben zu wollen, aus Liebe zu dir? Hä, was ist dann, wenn du das alles ja nicht einmal willst!?“

Er bleibt still und schaut stumm geradeaus, während er seinen Kiefer aufeinanderpresst.

Ich trete näher an ihn ran. „Und selbst, sollte es der einzigste Weg sein, was ist dann so falsch daran? Hä?“ tippe ich wütend in seine Brust. Er atmet einmal tief ein und aus, ehe er meine Hand festhält und mich sanft ansieht.

„Es ist nicht falsch, Rosé. Ich verstehe, wie du dich fühlst. Aber was ist mit deinen Träumen, mit dem, was du dir wünschst? Es fühlt sich falsch an, dich zu zwingen, so etwas zu tun, so ein Opfer zu bringen… nur um ewig mit mir zu leben. Wenn du dich entscheidest, ewig zu leben, bringst du ein großes Opfer: „Nicht nur, dass du vorher stirbst, sondern du wirst sehen, wie jeder um dich herum stirbt. Du wirst nicht altern und wir werden nach einer Zeit umziehen müssen, weil die Leute sonst Verdacht schöpfen werden. Ist es wirklich das alles wert, nur um ewig mit mir zu leben?“

„Aber was ist, wenn ich es will?“ frage ich leise, meine Stimme zittert.„Was ist, wenn ich wirklich nicht ohne dich sein kann? Was, wenn ich bereit bin, dieses Opfer zu gehen, nur um auf ewig mit dir zusammen zu bleiben, weil ich dich liebe?“

Er schließt seine Augen und scheint sich kurz zu sammeln. Ich liebe ihn und wäre bereit, alles dafür zu tun, für ihn zu tun. Verdammt, was versteht er nicht daran?

„Okay, ich habe wirklich keinen Nerv mehr, mit dir über dieses Thema zu streiten. Im Endeffekt musst du das Ganze entscheiden. Aber denke gut darüber nach, okay? Höre auf dein Herz, wohin es dich führt, und mache dir Gedanken darüber, was du wirklich willst. Ich kann dich zu nichts zwingen und akzeptiere deine Entscheidung. Aber ich möchte, dass du dir vorher Zeit nimmst, dass du dir wirklich zu hundert Prozent sicher wirst, was du willst.“ Seufzt er genervt.

HA! Eins zu Null für mich…

„Aber ich möchte, dass du es für dich selbst willst und nicht wegen mir“, setzt er noch hinten dran, während er sich durch die Haare streicht.

„Ich werde darüber nachdenken…“ Seufze ich schließlich. Warum kann diese Entscheidung nicht einfacher sein? Ich wünschte, es wäre wirklich alles viel einfacher und nicht so kompliziert.

„Eins zu Null für mich, würde ich sagen.“ Pickse ich in seine Seite, um die Stimmung etwas aufzulockern.
Ein kleines Lächeln schleicht sich nun in sein Gesicht.

„Aber du hast die Frage nicht beantwortet, wegen Kinder kriegen…“ Docke ich unsicher das Thema an, das ich auch angesprochen hatte. „Ich bin mir unsicher, da müsste ich selber mal nachschlagen. Es gab halt noch nie das, dass ein Mensch und ein Vampir miteinander Verkehrt haben“, spricht er nachdenklich. Mhh, wenigstens war es kein Nein, aber es war auch kein Ja.

„Mensch, komm mal her…“ breitet James nun seine Arme aus, worauf sich ein kleines Schmunzeln auf mein Gesicht ausbreitet und ich mich in seine Arme kuschle. „Ich hasse es, mit dir zu streiten, Mi Amore“, haucht James in mein Ohr und verteilt federleichte Küsse auf meinen Hals...

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