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Wir sitzen nun alle zusammen in James Wohnzimmer, während Nora immer noch schläft. Die Luft ist stickig, die Vorhänge sind zugezogen, damit uns keiner beobachten kann. Der Raum ist dunkel, und die einzige Lichtquelle, die den Raum etwas Helligkeit spendet, sind die schwachen Kerzenflammen, die in der Stille knistern. Dieser Ort ist der einzige, an dem wir ungestört sein können, um das Ritual durchzuführen. Mein Magen zieht sich vor Angst zusammen, und die Aufregung in mir breitet sich unaufhaltsam aus. Es gibt kein Zurück mehr.

„Bist du sicher, dass das funktioniert?" fragt James, während er nervös mit seinen Fingern an seinem T-Shirt herumzupft. Er ist angespannt.

Seine Augen huschen immer wieder zu Xenia rüber, die am Tisch das Ritualbuch vorbereitet. „Es wird funktionieren, mach dir nicht ins Hemd, deiner Freundin passiert schon nichts", antwortet sie mit einem neckischen Unterton, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen. Ihre Ruhe wirkt auf mich beruhigend und beunruhigend zugleich.

„Bist du bereit?" Dreht sie sich fragend mit dem Buch in der Hand zu mir. Ich atme tief durch und zwinge mich, die Nervosität zu unterdrücken. Es fühlt sich richtig an, auch wenn mein Herz wie verrückt schlägt. „Ja, ich bin bereit."

James nimmt meine Hand fest in seine und schaut mich lächelnd an. „Du schaffst das, und wenn nicht, ist Xenia ein Kopf kürzer", grinst er frech, worauf ich lachen muss. Xenia schnauft empört, sagt aber nichts und legt stattdessen ihre Hand auf meinen Kopf. Dann beginnt sie, die alten Worte aus dem Ritualbuch zu murmeln. Ihre Stimme hallt leise durch den Raum.

Mein Rücken wird heiß und das Tattoo beginnt zu glühen. Es ist, als würde mein Körper auf das Ritual reagieren. Ein unangenehmes Ziehen geht durch meinen Rücken. Aber ich versuche, still zu halten. Plötzlich spüre ich ein angenehmes Prickeln an der Stelle, wo das Tattoo ist. „Es ist offen", höre ich sie schließlich sagen. Ihre Stimme klingt angespannt, aber auch besorgt. „Jetzt musst du handeln, Rosé." Ich nicke. Jetzt kommt der schwerste Teil.

James drückt noch einmal meine Hand und lächelt mir aufmunternd zu, ehe er flüsternd aufsteht mit den Worten: „Ich lenke Nora ab" und deutet unauffällig auf sie hin, die auf der Couch sitzt und gruselig zu uns starrt, sodass mir ein kleiner Schauer über den Rücken läuft. Sie sieht so unnatürlich aus, als wäre sie nicht ganz anwesend.

James verwickelt sie in ein Gespräch. Daraufhin nutze ich die Chance und gehe auf sie zu. Ich merke, wie bei jedem Schritt mein Herz schneller klopft. Bei ihr angekommen, lege ich vorsichtig meine Hand auf ihren Kopf und schließe meine Augen. Ihre Haare sind weich. Zuerst spüre ich nur Dunkelheit, doch dann fühle ich ihre Gedanken hinter einer unsichtbaren Wand. Ich konzentriere mich und versuche, in ihre Gedanken einzudringen. Langsam beginne ich, in den Schleier ihrer Gedanken durchzudringen.

Ihre Erinnerungen flimmern an mir vorbei. Und dann sehe ich ihn.

Jackson. Der Jackson, der tot sein sollte. Mein Körper fängt an zu zittern. Und dann sehe ich es: Jackson lebt!

Die Wahrheit trifft mich wie ein Schlag, der durch meinen ganzen Körper fährt. Ich will diese Erkenntnis abwehren, doch sie ist klar und unmissverständlich. Als ich es begreife, reiße ich, luftschnappend, meine Augen auf. Sie werden pechschwarz, ein endloser Abgrund beginnt, mich und meinen ganzen Körper zu verschlingen. Ich kippe zur Seite und verliere das Bewusstsein.

Ich finde mich plötzlich in einem Raum wieder. Ich sehe Jackson, wie er inmitten von Flammen liegt und ein Amulett, das er anscheinend um den Hals trägt, beginnt zu leuchten. In diesem Moment schließen sich all seine Wunden, und er tritt unverletzt aus dem Feuer heraus. Ich will schreien, doch kein Ton kommt über meine Lippen.

Der Raum beginnt sich zu ändern, und ich sehe auf einmal, wie er telefoniert. Seine Stimme ist kalt. „Lockt sie in eine Falle." Doch bevor ich auch nur weiter zuhören kann, werde ich augenblicklich mit einem Ruck wach.

Mein Kopf tut weh, als ob er in tausend Stücke gerissen wurde. Ich öffne meine Augen und sehe James und Xenia über mir, die mich besorgt anschauen. „Was ist passiert?" flüstere ich benommen. „Warte... Ich habe gesehen, was passiert ist."

„Du hast es geschafft!" sagt Xenia leise, als sie sich zurückzieht. „Aber du hast mehr erfahren, als du wolltest." Ich setze mich langsam auf und versuche, meine Gedanken zu ordnen. Es ist schwer, aber ich muss es sagen, ich muss es aussprechen. „Jackson lebt. Er versucht, uns wahrscheinlich in eine Falle zu locken," sage ich. Meine Stimme ist schwach, aber die Worte sind klar. „Er ist nicht tot. Ein Zauber hat ihn gerettet, ein Amulett, das ihm das Leben gerettet hat."

Ein schweres Schweigen breitet sich aus. Die Wahrheit ist schwer zu begreifen. Doch wir müssen das Amulett zerstören und ihn endgültig töten.

„Das Amulett muss zerstört werden," sagt Xenia schließlich. Ihre Stimme klingt entschlossen. „Wenn er es immer noch trägt, wird er nicht sterben.". „Wir müssen zuerst das Amulett zerstören und ihn ein für alle Mal töten."

James nickt. „Wir müssen ihn aufhalten, bevor er uns in eine Falle locken kann."

Ich lasse meinen Blick zu Nora wandern, die bewusstlos auf der Couch liegt. Ihre Präsenz ist eine ständige Erinnerung daran, wie gefährlich Jackson ist. „Und was machen wir mit ihr?" frage ich leise.

Niemand antwortet. Die Entscheidung wird schwer. Aber eins ist sicher: Wir haben nicht mehr viel Zeit. Die Uhr tickt.

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