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Ich sehe sie mit großen Augen an.
Sie wiederum setzt sich mit einem Ausdruck im Gesicht, den ich nicht deuten kann, neben mich auf das Bett. Die Augen Irina suchen zielsuchend nach meinen. ,,Was ist passiert? Wo sind wir?", will ich nun wissen. Für einen kurzen Moment schiele ich zu Kate herüber, die noch in der Tür steht. ,,In Sicherheit, Meg. Du bist bei mir zu Hause. Draußen, in der realen Welt", erwidert Irina nun. Ihre Stimme klingt irgendwie ernst. Wieder etwas Unerwartetes. Fast ein wenig fassungslos sehe ich zu ihr. ,,So richtig draußen?", frage ich ungläubig. ,,Ja", beginnt Kate zu lachen, ,,So richtig draußen." Panik breitet sich in meinem Körper rasend schnell aus. ,,Was, wenn ich jemanden töte! Ihr müsst mich zurück bringen!" Ich habe Angst und kann man anhand meiner Stimme auch erkennen. ,,Meg, es wird nichts passieren. Mach dir keinen Stress und ruhe dich erstmal aus", erwidert Irina, die auf meine von der Decke bedeckten Beine ihre Hand legt. Ich sehe ihr in die Augen. Tränen bilden sich in meinen Augen und machen mein Blickfeld verschwommen. ,,Ich will keine Menschen mehr töten", heule ich rum. Mir ist klar, dass Herumheulen auch nicht viel bringt, doch im Moment erscheint mir weinen ganz hilfreich.  ,,Das musst du auch nicht. Ich trinke auch nicht das Blut der Menschen, Meg", meint Kate, die nun plötzlich neben mir steht. >>Bestimmt ist sie auch ein Vampir<<, denke ich und wische mir die Tränen aus dem Gesicht. Irina sieht in Kate's Richtung, als hätte sie meine Gedanken gehört. ,,Sie ist auch einer, ja, Meg", stimmt Irina mir zu. Völlig geschockt sehe ich in ihre Richtung. ,,Was...", murmle ich. ,,Ich kann deine Gedanken hören, Meg", grinst Irina mich stolz an, ,,Und Kate kann schneller, als das menschliche Auge es  verarbeiten kann, sich fortbewegen", fügt sie dann noch hinzu. Ich sehe sie unbeeindruckt an. ,,Und warum hab ich Kate dann vorhin nicht gesehen?", hebe ich nun skeptisch die Augenbrauen an. ,,Teleportation, Meg. Das kann sie auch." Ich stöhne auf und lasse mich wieder im die Matratze zurückfallen. ,,Wird ja alles immer verrückter...",stöhne ich und sehe zu Kate, die mit den Schultern zuckt. ,,Wir haben dir Blut gegeben, damit du wieder zu Kräften kommst. Leider es ist so, dass Vampire sich von sowas so gut wie nie selbst erholen können. Das bedeuetet, dass die Kräfte zum Beispiel schwinden oder du dich nicht bewegen kannst", meint Kate nun, die sich dem Fenster zuwendet.
Draußen ist es dunkel. Der Mond scheint in dieses Zimmer mit seinem kühlen Licht. Trotz der Umstände und der Tatsache, dass ich ein Vampir bin, fühlt sich das gerade wie ein wundervoller Traum an.
,,Meg, ruh dich erstmal aus. Wir reden dann. Es ist wichtig, dass du nicht mehr so schlapp bist", meint Irina nun. Ich sehe sie wieder an und muss mir eingestehen, dass ich sie ziemlich oft ansehe. In ihrem Augen erkenne ich pure Besorgnis. ,,Ich fühle mich nicht mehr schlapp", meine ich nun ganz sicher. Irina beginnt zu grinsen. ,,Wenn du aufstehst, sieht es ganz anders aus", lacht Kate nun. Ich bin der Meinung, dass sie mich ganz schön unterschätzen. Ich fühle mich bereits wieder vollkommen fit, nur ein wenig verschlafen. Aber laufen und stehen würde für mich kein Problem darstellen.
Ganz entschlossen sehe ich die beiden an und entferne dann die weiche Decke von meinem Körper. Ich robbe mich bis zur Bettkante, werfe dann meine Beine aus dem Bett und stehe auf. Für einen kurzem Moment denke ich wirklich, dass ich zusammenbrechen werde, aber das tue ich nicht. Ich stehe und ich fühle mich ganz normal. Besser als sonst sogar. Ich drehe mich stolz zu Irina um, die mich eher verwundert ansieht. ,,Okay, dass hätte ich jetzt nicht erwartet", gesteht sie und ein Lächeln bildet sich wieder auf ihrem Lippen, ,,Umso besser."
Nun steht auch sie auf. Sie ist mir verdammt nahe, aber ich gehe einen Schritt rückwärts.
,,Ich wusste doch, dass du etwas besonderes bist, Meg. Sie hätten dich niemals getötet." Als sie diese Worte ausspricht, leuchten ihre Augen rot auf. ,,Was... meinst du damit?", stammle ich. Unsicher sehe ich in ihre Augen. ,,Dein Blut, Meg", mischt Kate sich ein. Unwissend drehe ich mich zu ihr. ,,Wie muss ich das verstehen?", hebe ich wieder die Augenbraue an. ,,Du hast es auch bemerkt, Kate?", grinst Irina nun wieder. >>Sie sieht verdammt heiß aus, wenn sie grinst<<, denke ich. ,,Da fragst du noch?", lacht Kate laut auf.
Ehrlich gesagt verstehe ich nur Bahnhof. >>Was soll an meinem Blut so besonders sein?<< ,,Meg, du gehörst zur Familie der Ur-Vampire. Deren Blut ist das Köstlichste, was es überhaupt gibt. Vampire trinken eigentlich nicht das Blut von Artgenossen, aber bei ihnen ist es verdammt schwer zu widerstehen", sagt Irina nun. Sie weiß mehr über mich, als ich über mich selbst.  ,,Ur-Vampir?" ,,Deine Eltern waren ebenfalls Vampire. Anders geht es ja gar nicht." ,,So weit ich weiß, war mein Vater der Vampir", überlege ich. ,,Stimmt", lacht Kate, ,,Das hätten wir wissen sollen."

Nach ein paar Minuten verlässt Kate den Raum wieder und lässt Irina und mich allein zurück. Ich muss mir eingestehen, dass das Vertrauen zu Irina mittlerweile ziemlich stark geworden ist. Immerhin hat sie mich gerettet! Und sowas macht man nicht grundlos.
Irina steht am Fenster und sieht hinaus in die Dunkelheit. Auf ihren Lippen liegt dieses Mal kein Grinsen - auch kein Lächeln. Sie wirkt eher ernst und scheint gedankenverloren nachzudenken. Eine Weile sehe ich ihr zu. Mein Kopf ist voller Fragen. Eigentlich kann sie sie ja hören, aber ich denke es ist besser, diese auszusprechen. ,,Darf ich fragen, wo wir uns gerade befinden?", will ich wissen. ,,Na, in meiner Wohnung, Meg." Sie wendet sich mir nur für einen kurzen Augenblick zu. Danach sieht sie weider hinaus. ,,Ich meine, in welcher Stadt wir gerade sind." Irina beginnt zu grinsen. ,,Du kommst aus der USA. Wir befinden uns aber in Moskau", grinst sie. Ich bin komplett baff. >>Die haben mich nach Russland gebracht? << , schießt es mir durch den Kopf. ,,Nicht wir, Meg. Sie". Ich hole tief Luft. ,,Ich hab das gar nicht bemerkt." ,,Natürlich nicht, Meg. Wenn du gewusst hättest, wo du dich befindest, würdest du zu viel wissen", sagt sie.
Meine Augen hängen regelrecht an ihr. Es fühlt sich beinahe so an, als könne ich die Augen nicht von ihr lassen. Dabei ist das völliger Schwachsinn. >>Sie ist so wunderschön<<, denke ich, ohne daran zu denken, dass Irina das hören kann. ,,Danke, Süße". Nun beginnt sie doch zu grinsen. ,,Meg, du wirst noch etwas hierbleiben müssen. Es ist zu gefährlich da draußen, weil sie nach dir suchen werden. Du warst eine Bereicherung für sie." Ich fühle mich trotzdem nicht wirklich wichtig noch sehr besonders, wenn man bedenkt, wie viele Vampire noch dort eingesperrt sind.

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