𝕬𝖈𝖍𝖙𝖟𝖊𝖍𝖓𝖙𝖊𝖘 𝕶𝖆𝖕𝖎𝖙𝖊𝖑
Wieder unter Wasser angekommen, sah ich einen verschwommenen Jack vor mir im Wasser treiben. Zwar sah ich unscharf, aber dennoch war sein breites Grinsen nicht zu übersehen. Er gab mir einen kräftigen Schubs nach unten, um selbst in Richtung Oberfläche schießen zu können, während ich dem Grund entgegenstrauchelte. Mit kraftvollen Arm- und Beinschlägen folgte ich ihm an die Wasseroberfläche, wo ich unmittelbar vor ihm auftauchte. Sofort spritzte ich ihm mit beiden Händen einen Schwall Salzwasser ins Gesicht und hoffentlich auch in die Augen.
Als Jack ein seltsames Geräusch von sich gab und drohte unterzugehen, weil er sich das Wasser aus den Augen versuchte zu reiben, begann ich auf die heruntergelassene Strickleiter am Schiff zu zuschwimmen. Als einer der Piraten bemerkte, dass es das Geistmädchen war, das sich der Leiter näherte und nicht Jack, zog er sie ruckartig nach oben, um mich am Heraufklettern zu hindern, aber ich war schnell genug, hechtete der Leiter nach und bekam die unterste Stufe noch geradeso mit einer Hand zu fassen. Flink kletterte ich hinauf und wollte die Leiter einholen, da Jack gerade auf dem Weg zu ihr war. Hände wollten mich davon abhalten, aber sie schafften es nicht, mich aufzuhalten.
"Fairer Kampf, eins gegen eins", sagte ich, als ich die Leiter begann feinsäuberlich zusammenzufalten, während etwas gegen das Schiff schlug. Sofort schoben sich alle Köpfe über die Reling, um zu sehen, wie der Captain hilflos im Wasser umherpaddelte und gegen das Schiff trommelte.
"Hallo? Habt ihr mich vergessen?", kam es verdattert von unten.
"Schnell, die Leiter her!", forderte Gibbs, aber ich machte keine Anstalten, sie ihm zurückzugeben.
"Gibt's du auf, Sparrow?", fragte ich nur.
"Niemals!", kam es nun von ihm, der versuchte vergebens am Schiff hinaufzuklettern, was äußerst ulkig aussah. Lachend stand ich an Deck des Schiffes, dessen Captain gerade hilflos ins Wasser zurückplumpste.
"Bist du dir sicher?"
"Ai, Geistmädchen! Ich bin Captain Jack Sparrow und werde-", doch eine etwas größere Welle unterbrach ihn, indem sie über seinem Kopf zusammenschlug. Prustend und Wasser ausspuckend tauchte Jack wieder auf und angelte nach seinem davon treibenden Hut.
"Und werde untergehen?", vervollständigte ich seinen Satz. Ohne eine Antwort zu geben, unternahm er einen zweiten Versuch, aufs Schiff zu kommen. Wieder fiel er wie ein Stein zurück ins Wasser, musste seinen Hut aus den Wellen fischen und ihn sich wieder aufsetzten. Diesmal kippte er sich dabei versehentlich eine Ladung Wasser über den Kopf, das sich im Hut gesammelt hatte. Hustend schwamm er ein paar Mal nach links und nach rechts am Schiff entlang. Wahrscheinlich suchte er eine Stelle, an der er hinaufklettern konnte. Er würde sowieso keine finden.
"Tja, Landratten, damit ist euer Captain wohl besiegt. Da er jetzt nicht nur nach meiner Nasen tanzen muss, sondern auch nicht mehr zurück aufs Schiff findet, werde ich wohl euer neuer Captain sein müssen", verkündete ich an die Crew, die teilweise zögerlich begannen zu nicken, teilweise aufgebracht den Kopf schüttelten.
"Captain Geistmädchen, dass ich nicht lache!", gab Gibbs lachend von sich, während der Typ, den ich auf Tortuga bereits gesehen hatte, den Kopf schüttelte.
"Captain Jenny", verbesserte er Gibbs.
"Richtig, Captain Jenny Donahue, und du bist?", fragte ich an ihn gerichtet, während ich das Salzwasser aus meinen Haaren wrang.
"Will Turner", antwortete er.
"Oh, Stiefelriemen Bills Sohn", bemerkte ich kaum überrascht. Jetzt wusste ich endlich, an wen er mich erinnert hatte.
"Du kanntest ihn?", fragte er aufhorchend.
"Wer nicht?", gab ich zurück, wenig daran interessiert, ihm Geschichten von seinem Alten zu erzählen. "Also, wir brauchen einen Kurs. Gibbs, hol den Kompass!"
"Nein, das werde ich nicht tun, Geistmädchen", wehrte er sich. Ich seufzte. Wie ein Kleinkind sah er trotzig zu mir.
"Turner?"
"Ai", sagte er und verschwand unter Deck. Seit wann genau verhielt er sich wie ein Pirat? Na ja, konnte mir nur recht sein, denn keine Minute später brachte er mir tatsächlich den Kompass.
"Gibbs, nimm ihn!", befahl ich dem ehemaligen Maat, den ich bei Gelegenheit noch ersetzten musste.
"Nein!" Ich stöhnte genervt auf.
"Willst du nun zur Isla de Muerta, oder ist dein Stolz größer, dich dem Befehl einer Frau zu beugen?" Kurz zögerte er noch, dann nahm er tatsächlich den Kompass in die Hand.
"Aber die Strömung kann die Rumflaschen längst vom Kurs gebracht haben", wand er ein, als die Nadel sich in etwa zum Heck drehte.
"Kann sein, aber etwas Besseres haben wir derzeit nicht. Segel setzen, und zwar ein bisschen dalli, wenn ihr bald ankommen wollt!", brüllte ich übers Deck und während allgemeines Gewusel ausbrach, stellte ich mich ans Steuer.
"Nicht schlecht für ein paar Minuten Captain-sein, aber die sind hiermit beendet, Jenny", vernahm ich eine Stimme hinter mir und zeitgleich drückte sich ein Pistolenlauf in meinen Rücken.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top