·sugar daddy·

Ich hatte schon von Leuten gehört, die im Lotto gewonnen haben. Ich hatte von Leuten gehört, die eine Bank überfallen haben.
Und ja, ich hatte auch schon von Leuten gehört, die einen 10-Dollar-Schein auf der Straße gefunden haben.
Aber dass man einen Rucksack mit etwa 2 Millionen Dollar oder mehr mitten in der Wildnis finden konnte war mir doch schon etwas neu.
Immer noch verdammt fassungslos starrte ich auf den offenen, riesigen, schwarzen Rucksack hinter der Betonröhre, in der ich seit einigen Jahren regelmäßig geklautes Kleinzeug lagerte. Auf die Röhre gestützt kniete ich mich hin. Ich lies einige der Geldbündel durch meine Hände gleiten und roch daran. Ja, das war verdammtes echtes Geld im Wert von geschätzten 2 Millionen Dollar, das da einfach so mitten im Nirgendwo in einem schwarzen Rucksack vor mir lag.
Fuck, ich war reich.
Wie verrückt fing ich an zu lachen, während ich immer mehr Geldbündel in den Seitentaschen des Rucksacks fand. Aber was macht man mit so viel Geld bitte? Sollte ich mir ein Auto kaufen? Ein Haus? Jedes einzelne Bündel waren ungefähr fünftausend Dollar wert und nach einigen Minuten zählen war ich schon knapp über 1 und eine halbe Millionen. Immer noch lagen unzählige Geldbündel in der Tasche. Vermutlich sollte mich das misstrauisch machen, ich meine, wer lässt schon so viel Geld einfach so irgendwo liegen, aber das tat es nicht. Das Geld war echt und ich raus aus meinen Problemen. Ich musste nie wieder Miete für meine gammlige kleine Wohnung in New Mexico bezahlen, in der ich eh nur ein bis zwei Mal im Monat war um das Geld, das ich vom Verkauf meiner Beute bekommen hatte zu zählen und auch direkt wieder für Essen, saubere Kleidung und Miete auszugeben. Ich konnte meine Träume verwirklichen.
Grinsend zog ich mein Smartphone aus meiner Hosentasche und scrollte mich durch die möglichen Flüge. Wann sollte ich fliegen? Zwei Monate warten? Oder doch drei Monate? Fakt war, dass ich das Geld nicht in Bar behalten und mitnehmen konnte, es musste irgendwie auf mein Konto. Bei größeren Überweisungen würde ein 'armes' Mädchen wie ich vermutlich auffallen, das Risiko wollte ich nicht eingehen. Ich musste es in kleinen Mengen einzahlen, jede Woche zwei Mal ein paar hundert Dollar. Obwohl tausend oder zweitausend vermutlich auch gingen. Und am Ende dann der ganze Rest, siebenhundert würde ich in Bargeld behalten. Ein paar Klicks später war mir ein Flug nach Tokio in zwei Monaten praktisch sicher.

Drei Wochen später saß ich zusammen mit Penelope in einem dieser kleinen Cafés, die beliebt und gleichzeitig total menschenleer waren. Gelangweilt löffelten wir unsere Eisbecher aus. Im Hintergrund hörte man das monotone Gelaber des Fernsehsprechers und ich hatte nur noch Tokio im Kopf. Ich musterte meine Freundin langsam. Sie hatte die dunkel geschminkten, braunen Augen zusammengekniffen, einige schwarze Locken hingen ihr ins Gesicht. Durch das künstliche Licht des Cafés wirkte ihre toffeebraune Haut hell während ihre schlanken Finger immer wieder zum Löffel griffen. Auch sie würde ich dann nicht wiedersehen und mit nach Tokio konnte sie auch schlecht, ihre Lage war nicht besser als meine bisherige. Bedrückt sah ich auf meinen nun leeren Becher. "Du, Pen?" Sie sah auf. "Mhm." "Ich gehe nach Tokio." Kaum hatte sie die Wasserflasche angesetzt stellte sie sie auch schon wieder hin und fing an zu husten. "Bitte was?" Ich schwieg. "Du willst wo hin? Woher hast du denn bitte das Geld her, Mädchen?" Und weiteres Schweigen. Pen wusste ja eh, dass ich nicht antworten würde. Das hatte ich noch nie getan, wenn sie mich auf meine illegalen Machenschaften ansprach. Sie atmete ein paar Mal tief ein und aus bevor sie weitersprach. "Gut, du gehst nach Tokio. Wann fliegst du? Oder fährst du?" Ich zögerte. "Neun Wochen, wenn möglich noch früher." Pen nickte und kaute dann stumm an ihrem Löffelstiel herum. Seufzend griff ich in meine Jackeninnentasche und zog einen Briefumschlag heraus. Zögerlich stupste ich ihn zu ihr herüber. "Das sind Zehntausend. Reicht für die Studiumskosten. Du weißt schon, auf der Schule von der du mir erzählt hast. Ihre Augen wurden groß. "Lizzy... Ich kann das nicht annehmen. Das ist viel zu viel!" Ich schüttelte den Kopf. "Ist es nicht, vertrau mir einfach." Sprachlos starrte sie mich an. Sie vertraute mir, das wusste ich, und das Geld hatte sie wirklich nötig. Genau wie das Studium. Mit Tränen in den Augen steckte sie den Umschlag in ihre Tasche. "Danke." Das geflüsterte Wort war schon Grund genug für mich anzufangen zu Lächeln. "Gern."
Wenige Minuten des Schweigens später wandte ich meine Aufmerksamkeit dem Fernseher zu. Bei dem Wort "Millionen" war ich hellhörig geworden. Stirnrunzelnd musterte ich das Bild, das der Bildschirm zeigte. Ein verdammt heißer Typ, Aussehen wie ein Möchtegern-Klischee-Badboy, angeklagt des mehrfachen Mordes und Diebstahls, sowie Erpressung und Betrugs. Und verdammt, der Typ floh aus einem Gerichtssaal voller Leichen. Mühsam entzifferte ich den Text in der Schnellnachrichtenleiste. "Oh, fuck..." Ich zitiere: 'Nach den den neuesten Opfern entwendeten 2,7 Millionen Dollar, sowie nach dem entflohenem Täter wird nach wie vor gefahndet. Bei Hinweisen bitte unter folgender Nummer...' bla bla bla und so weiter. Kurz darauf wurde der selbe Kerl bei der vorherigen Festnahme eingeblendet, mit meinem Rohr im Hintergrund. Das Megahirn hatte seine Beute liegen lassen, versteckt, und das musste heißen, dass er seine Festnahme schon geahnt haben musste. Also waren entweder die Polizisten einfach nur Amateure oder der Typ war ein Profi. Ich konnte es noch nie leiden Leute im Fernseher zu sehen, die besser stehlen konnten als ich und immer heil aus der Sache heraus kamen. Schnell sah ich weg, mit den Gedanken blieb ich jedoch immer noch bei dem Rucksack und dem heißem Typen. Nun hatte mein bisher unbekannter versehentlich-Sugar Daddy also ein Gesicht.
Aber...
Ich hatte sein Geld.
Er wieder seine Freiheit.
Und ich somit ein Riesenproblem, sollte er es holen kommen wollen und sehen, dass es nicht mehr da ist.
Ohhh, fuck.

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