☂ erzählerin
,,Danke der Nachfrage. Ich glaube, ich bin nur etwas aufgewühlt.",entkam es dem Lockenkopf dann leise, während er den fremden Jungen weiterhin musterte. Solangsam setzte er sich wieder aufrecht hin, was er schnell bereute und sich dann doch an die Wand lehnte. Zu erschöpft war er von der ganzen Aktion heute. Das gedimmte Licht machte es mit seiner Müdigkeit auch nicht besser.
,,Möchten Sie darüber reden, was Sie gerade so aufwühlt?,,entkam es dem vor Ruhe strahlenden Jungen, der keinerlei an Stärke oder Ton in seiner Stimme hatte. Dennoch konnte Taehyung ihn gut verstehen, weshalb dieser erstmal etwas verlegen zu Boden schaute und tief durchatmete.
,,Ich glaube, es wäre nicht angebracht mit einem Patienten über meine Sorgen zu reden. Ich würde Ärger von der Stationsleitung hier kriegen.",antwortete er ihm freundlich, als er vorsichtig zum fremden Jungen blickte, der langsam an ihm vorbei ging und sich am Automaten zwei Flaschen Wasser holte.
Stumm beobachtete Taehyung den Jungen dabei, wobei ihm auffiel, dass dieser körperlich anscheinend stark eingeschränkt war. Weshalb war er denn um dieser Uhrzeit noch wach? Er wirkte auch so, als sei es gerade mal Mittag. Gleichzeitig erinnerte ihn das blaue Klinikhemd schnell wieder daran, dass es sich hierbei um einen kranken Menschen handelte.
,,Sind wir nicht alle irgendwo Patienten dieser Welt, die versuchen der Spiele der Natur unversehrt zu entkommen? Die einen sind in solchen Gebäuden hier gefangen, während die anderen ihr Leiden still im Alltag mit sich rumtragen. Hier, bitteschön.",sagte er Fremde leise, während er in kleinen und langsamen Schritten auf Taehyung zu ging und sich neben ihm auf die Bank setzte.
Er reichte ihm mit seiner zittrigen Hand die Wasserflasche sowie ein Taschentuch, als er die Tränen des großen Mannes neben sich sah. Jungkook fragte sich, weshalb dieser Mann zu dieser Uhrzeit noch hier war. Gesehen hatte er ihn hier auch noch nicht. Es war aber keine Seltenheit, dass Angehörige von PatientInnen ab und zu am Tag hier auch entlang liefen.
Dankbar und etwas überrascht von der Antwort des fremden Jungen nahm Taehyung das Wasser sowie das Tuch an und verbeugte sich respektvoll im Sitzen, soweit dies ging. Müde schaute er zur gegenüberstehenden Wand, als die Stille eintrat und beide Jungen sich an die Anwesenheit des jeweiligen Anderen gewöhnten.
,,Meine Mutter hat eine bipolare Störung.",flüsterte Taehyung irgendwann leise in die Stille der Nacht hinein, während er seine Augen wieder schloss und die Flasche fest in seinen Händen hielt.
,,Ihr geht es nicht gut.",stellte Jungkook schnell an der verletzten Tonlage des Jungens neben sich feste, wobei er einen kleinen Schluck vom Wasser trank. Er blickte ruhig auf den Boden, was er immer tat, um jeglichen Augenkontakt zu vermeiden. Dennoch wollte er den Mann auf dieser Bank nicht alleine sitzen lassen, als er sein Zimmer verließ, um sich etwas Wasser zu holen.
,,Sie wurde ins künstliche Koma gesetzt, nachdem sie sich bei einer psychotischen Panikattacke selbst stark verletzte.",erzählte Taehyung weiterhin, womit er Jungkooks Worte bestätigte. Wieder kehrte Stille zwischen den zwei Männern ein, die noch nicht realisierten, dass sie sich eigentlich kannten.
,,Wie lange lässt man sie so verweilen?",fragte der Jüngere ruhig nach einer ganze Weile, als er sich ebenso achtsam zurücklehnte und seine Beine leicht hin und her schaukeln ließ. Aufmerksam hörte er ihm zu, wobei er die nächtliche Ruhe gerade sehr genoss.
,,5 Tage. Nicht viel, ich weiß. Man will die Elektrotherapie bei ihr anwenden, wenn die normale Gesprächstherapie auch nicht Wirkung zeigen sollte.",offenbarte Taehyung nun die ganze Wahrheit, sobald er seine Augen wieder öffnete und zu dem fremden Jungen neben sich schaute. Er wusste, dass er dem Patienten nicht extra erklären musste, was es bedeutete, wenn die Elektrotherapie ins Spiel kam. Und dies gab ihm gerade einen gewissen Komfort.
Zu wissen, dass er mit jemandem sprach, der sich hier auskannte und vielleicht selber mal diese Erfahrung machte. Woran der Junge wohl litt, fragte sich Taehyung nachdenklich, als er anfing, den schlanken Jungen neben sich zu mustern. Dieser blickte konstant auf den Boden, wobei ihm seine längeren, welligen Haarsträhnen vor den Augen hingen. Leicht berührten diese seine genauso schwarze Wimpern. Die Haare waren jedoch zersaust, als seien sie stundenlang nicht berührt worden. Dies gab dem ruhigen Jungen doch noch einen schläfrigen Touch.
,,Woran leidest du?",fragte Taehyung plötzlich aus dem Nichts, bevor der Junge auf seine Worte reagieren konnte. Ohne es zu merken, duzte er ihn. Dies schien Jungkook jedoch nicht zu stören, der dessen Blicke auf sich deutlich spürte.
,,Ich habe Major Depressionen, eine soziale Angststörung und eine posttraumatische Belastungsstörung. Kein Wunder, warum ich dich hier noch nie gesehen habe.",sagte Jungkook weiterhin in denselben warmen Ton, womit er auch davor schon sprach. Seinen Kopf drehte er solangsam zu dem Mann neben sich, wo er schnell erkennen konnte, dass sie keinen großen Altersunterschied haben mussten.
,,Stimmt. Andere Station. Die A6, nicht wahr? Ich weiß auch nicht, wie ich hier her gekommen bin.",flüsterte Taehyung leise, als er dem aufmerksamen Jungen zum ersten Mal richtig auf das Gesicht schauen konnte. Ruhig schauten sie sich beide erstmal an, fragten sich, was wohl die Geschichte des Gegenübers wohl sei und wer diese Person neben ihnen war.
,,Bist du schon lange hier?",fragte dieser neugierig wieder, wobei er sich unbewusst in diese simple Unterhaltung fallen ließ und für paar Minuten, in denen sie miteinander sprachen, seine Sorgen und die Angst vergaß.
Jungkook wandte seinen Blick langsam wieder von Taehyung ab, als er den inneren Druck von Angst in sich spürte. Die Angst, als hässlich abgestempelt zu werden. Die Angst davor, verurteilt zu werden.
,,Ja, ich bin seit meinem 14. Lebensjahr hier."
,,Wie alt bist du, wenn ich fragen darf? Ich hoffe, ich komme dir nicht zu nahe."
,,Alles gut, ich bin 19 Jahre alt."
,,Ich bin 20 Jahre alt.",flüsterte Taehyung leise, um dem fremden Jungen das Gefühl geben zu können, nicht der einzige zu sein, der persönliche Informationen von sich preis gab. Er war geschickt im Umgang mit psychisch erkrankten Menschen, was wahrscheinlich auch der Grund war, weshalb Jungkook noch nicht in sein Zimmer geflüchtet war.
,,Wir sind fast gleich alt. Ich habe im September Geburtstag gehabt, und du?",antwortete der sympathische Junge, der seinen Kopf solangsam wieder anhob und Taehyung anblickte.
,,Ich im Dezember. Ich werde dieses Jahr noch 21.",sagte Taehyung leise, der es vorsichtig wagte, dem fremden Jungen in die Augen zu schauen. Still musterte er seine Augen für einen Moment, bis sich seine Mundwinkel zu einem sanften Lächeln anhoben, als er Jungkooks verunsicherte Mimik sah.
,,Das ist ja wohl klar.",sagte Jungkook etwas abgelenkt von dem Augenkontakt in einem leisen Ton. Dabei legte er seinen Kopf etwas schief, um herauszufinden, weshalb der Ältere ihn so stark musterte.
,,Entschuldige, ich bin etwas müde.",erwiderte Taehyung immernoch sanft am Lächeln. Es war echt lieblich und sympathisch zu sehen, wie fragend der fremde Junge bei so einer einfachen Geste wirkte.
Jungkook stand langsam auf, wobei seine Beine deutlich für einen Moment zitterten. Dies war aber normal für ihn, weshalb er Taehyung mit einem kurzen Handzeichen klarmachte, dass alles in Ordnung war. Denn dieser war sofort aufgestanden und wollte dem Jüngeren helfen.
,,Fahre nachhause, sei vorsichtig auf dem Weg. Lege dich schlafen und ruhe dich aus.",entkam es Jungkook nun ruhiger, als er plötzlich vor dem großen Mann stand und den etwas erkennbaren Größenunterschied zwischen ihnen bemerkte. Auch Taehyung merkte dies, was ihn umso mehr dazu brachte, etwas zu grinsen.
,,Das werde ich. Ich wünsche dir viel Kraft und viel Glück für deinen Weg. Danke, dass du mich angesprochen und mit mir geredet hast. Du scheinst ein gutes Herz zu haben. Nutze es zu deinem Wohl.",antwortete Taehyung entspannter als zuvor, obwohl ihn der Gedanke über die Heimfahrt doch unwohl fühlen ließ. Trotzdem war er dankbar für die Güte des ihm doch sympathischen Jungen.
,,D-Danke. Gute Nacht.",somit verabschiedete sich Jungkook mit einer leichten Verbeugung, wobei er dem Jungen vor ihm doch kurz nochmal in die Augen blickte, ohne bemerkt zu haben, wer eigentlich vor ihm stand. Ruhig ging er nun an ihm vorbei, Richtung sein Zimmer und verschwand in dieses.
Taehyung stand hingegen noch eine Weile am selben Fleck, reflektierend über diese so einfache Unterhaltung, die ihm gerade doch noch so gut getan hatte. Dankbar blickte er zur Zimmertür des Jungen, bevor er sich dann auch wieder zum Auto auf machte.
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Erste Konversation. Was sagen wir? :D
Ich hoffe, ihr hattet bisher eine angenehme Woche! :)
- Eleja <3
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