☂ ᵍᵉʰᵉ ᶰᶤᶜʰᵗ ʷᵉᵍ, ᵇᶤᵗᵗᵉ
☂ taehyung
Das große Fenster war auf Kipp geöffnet, daraus resultierend eine frische, herbstliche Luft ins Zimmer hinein strömte und meine nackten Knöchel sanft streiften. Ich saß gerade auf einem Stuhl neben dem Bett meiner Mutter, während ich ihre Hand hielt und stumm hinaus blickte.
Mein Daumen fuhr ihr wiederholend über die warme Haut, die mir das Zeichen gab, dass es ihr wieder besser ging. So, wie die Ärzte es mir vorhin am Telefon mitgeteilt hatten. Vor Erleichterung und Dankbarkeit rannte ich ins Auto und fuhr so schnell wie möglich hier her, um sie endlich wieder umarmen zu können. Sie war wieder da... Raus aus dem Dunkeln, welches mit so viel Unbekanntem gefüllt war.
Die Laubbäume nahmen mit den vergehenden Wochen einen braunen und roten Stich an, womit sie den BürgerInnen Seouls verständlich machten, dass die Zeit des Herbsts wieder da war. Hier in der Psychiatrie war es im Gegensatz zu der großen Hauptstadt sehr still.
Sie war umgeben von riesigen, starken Bäumen, die die PatientInnen wie ein riesiges Schutzschild von den Herausforderungen und Druck der Gesellschaft behüteten.
Einzelne kleine Blumenfelder, die den Familien und Freunden der PatientInnen herzlichst am Eingang begrüßten.
Aber auch ein kleiner Teich wurde in Mitte der Klinik gebaut, wo sich sowohl PatientInnen sowie deren Angehörigen in Momente der Gedankenflüsse und Gefühlsausbrüchen zum Reflektieren hinsetzen konnten.
,,Danke, dass du hier bist, Taehyung. Ich fühle mich nicht mehr so alleine, jetzt, wo ich meine Familie bei mir habe.",flüsterte meine Mutter leise in die Stille des Zimmers hinein. Ich spürte ihre noch schläfrigen Augen auf mir liegen und wie sie meine Hand immer wieder zu drückte, um zu signalisieren, dass es ihr gut ging.
Mit doch etwas tränenden Augen schaute ich langsam vom Fenster wieder zu ihr und schenkte ihr mein schönstes Lächeln, welches sie verdiente, zu sehen. Es war für mich schon immer schwer gewesen, solche Momente ihrer Krankheit miterleben zu müssen. Auch nach Jahren wusste ich noch nicht, wie ich richtig damit umgehen sollte, wenn sie an den Tiefpunkten ihrer Krankheit erneut gelangte.
,,Natürlich bin ich hier. Ich werde auch nicht gehen. Ich bleibe hier, mit dir.",gab ich leise von mir und legte meinen Kopf vorsichtig auf ihren Bauch. Ich fühlte, wie ihre zittrigen Fingern ihren Weg in mein Haar fanden und zärtlich da durch strichen. Somit schloss ich selber emotional erschöpft meine Augen und ließ mich nach den anstrengenden Tagen endlich wieder fallen.
,,Hattest du dennoch einen angenehmen Tag heute?",fragte ich sie vorsichtig, wobei sie natürlich wusste, dass ich damit eher ihren mentalen Zustand als ihre Aktivitäten meinte. Dennoch merkte ich immer, dass sie ihr Bestes gab, mir wie eine ,,gesunde" und ,,normale" Mutter zu antworten. Bei ihren Versuchen stach es mir trotzallem im Herzen, denn ich wusste, dass sie selber nicht so sein wollte, wie sie eben nun mal war.
,,Gestern Nacht wurde ein Junge auf der Traumastation unter uns fixiert. Man hörte seine hilflose Schreie bis hier oben hin. Nicht, weil er fixiert wurde, sondern wegen den Gefühlen, an die er litt. Die mussten ihn in dem Moment wie eine starke Welle auf einen Schlag überkommen sein.",sprach meine Mutter nachdenklich, woraus ich ihren fürsorglichen aber auch sorgvollen Ton heraushörte.
Die Traumastation war wirklich eine Station, wo es stiller auf den Gängen war, als auf einem Friedhof. Sie empfingen auch nur sehr selten Besucher, weil die TraumapatientInnen oft unvorhersehbar waren aber auch einfach tragische Geschichten mit sich trugen.
Sofort dachte ich an den fremden Jungen zurück, der vor ein paar Tagen in meiner Bücherei war. Es war ungewohnt, fast schon komisch, ihn in anderen Klamotten als in dem typisch blauen Shirt zu sehen. Trotz dem Fakt, dass ich ihn erst -glaube ich- zwei Male gesehen hatte. Das Bild von ihm in der Nacht, wie er da ruhig vor mir stand, hatte sich irgendwie fest in meinen Gedanken manifestiert.
Es konnte auch er gewesen sein, von dem meine Mutter gerade sprach. Nur PatientInnen, die selbst - oder/und fremdgefährdet waren, mussten die klinischen Klamotten tragen. So war es auch damals bei meiner Mutter, als sie in einer monatelangen Depression steckte. Andere PatientInnen trugen ihre normalen Alltagsklamotten.
,,Ich muss an ihn denken. Er ist nämlich unser Sonnenschein hier, auch wenn niemand wirklich mit ihm befreundet ist. Sobald er aber irgendjemanden Weinen sieht, Schreien hört oder in einer hilfsbenötigten Situation sieht, geht er auf denjenigen zu und gibt sein Bestes, um diesen dann zu beruhigen. Man kennt ihn hier auch als den ,,stillen Engel". Es tut mir so leid, dass er heute Nacht wieder so schlimm leiden musste.",erzählte sie weiter von ihren Gedanken und strich mir immernoch lieblich durch das Haar.
,,Mir geht es aber gut. Auch mir half er einmal in meiner manischen Episode, mich zu beruhigen. Ich bin ihm etwas schuldig für seine liebevollen Gesten. Oft hilft er wildfremden Patienten, aber niemand schafft es, ihm zu helfen...",ergänzte sie mütterlich und als ich zu ihr langsam wieder hoch schaute, erkannte ich dieses sanfte Lächeln, welches nur eine Mutter haben konnte.
,,Er weiß bestimmt, wie dankbar du ihm bist. Wie dankbar ihr alle ihm seid. Eines Tages werdet ihr ihm alle genauso eine Stütze sein können. Da bin ich mir sicher.",antwortete ich überzeugt und nickte ihr zuversichtlich zu. Vorsichtig drückte ich ihre Hand wieder zu und genoss die letzten Minuten, die ich als Besucher noch mit ihr hatte.
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