4. ϾФЛТΛϾТ
[Kana]
Mit einem etwas mulmigen Gefühl stand ich im Aufzug, der mich nach oben zur Firma bringen sollte. Ich war mehr als froh, dass das Bewerbungsgespräch von einer Frau geführt worden war. Auch wenn sie mir so erschien, dass sie mit ihren Gedanken überall sein wollte und doch nirgendwo. Dennoch war sie mir von Anfang an sympathisch und ich war sehr glücklich darüber eine Chance bekommen zu haben. Der Grund für meine Aufregung lag natürlich auch daran, dass es mein erster Tag war, aber vor allem fragte ich mich, wie viele männliche Kollegen ich in meiner Abteilung hatte. Ich hoffte nur, sie waren nicht zu sehr darauf bedacht, mit mir Kontakt auf zu nehmen, denn sonst war ich hier schneller wieder weg als mir lieb war. Ich wollte endlich ein geregeltes Leben führen und einen Job behalten!
Der Fahrstuhl hielt zwei Stockwerke vor meinem Ziel und ein junger Mann mit kurzen braunen Haaren stieg zu. Ich schätzte ihn ungefähr auf neunzehn Jahre. Augenblicklich spannte sich mein Körper an und ich betete dafür, dass es nicht wegen eines unglücklichen Zufalls dazu kam, dass er mich berühren würde. Ich kannte mein Glück leider nur zu gut. Im Augenwinkel konnte ich erkennen wie er mich kurz musterte.
Oh bitte, lass ihn nicht einer meiner Kollegen sein!
Etwas schüchtern begann er sich zu räuspern. »Entschuldige, dass ich dich gleich einfach so anspreche«, begann er verlegen. »Aber du musst die Neue sein, oder?« Skeptisch sah ich zu ihm herüber. »Es ist wirklich beruhigend, nicht weiter der Neue zu sein«, fuhr er unbeirrt fort. »Gehörst du auch zu Frau Zoes Abteilung?«
Gott! Der Junge war ja total euphorisch! Der strotzte ja nur so voller Tatendrang. War ja irgendwie süß …
»Entschuldige, ich bin Eren. Eren Jäger«, stellte er sich vor und streckte mir seine Hand entgegen.
Ich sog scharf die Luft ein und schüttelte den Kopf. »Ähm ich bin etwas erkältet, deswegen möchte ich lieber nicht die Hand gebe -« Von meinen Worten unbeeindruckt nahm er meine Hand und schüttelte sie.
»Keine Sorge du wirst dich schnell bei uns einleben. Zudem bist du in meiner Abteilung«, erklärte er lächelnd.
Ich wiederum starrte ihn perplex an. Er schüttelte gerade meine Hand und dennoch passierte nichts. Wie war das möglich? Hatte sich mein Fluch etwa aufgelöst?
»I-Ich bin Kana. Kana Fujioka«, versuchte ich mit einem Lächeln rüber zu bringen. Nochmals hielt der Fahrstuhl an und ein weiterer junger Mann stieg hinzu. Langsam machte mich diese Atmosphäre nervös! Ich wollte so schnell wie möglich einfach nur aussteigen! Eren redete weiter mit mir, doch ich hörte ihm nicht wirklich zu.
Dieser andere Typ hinter mir …
Ich spürte förmlich seine Blicke auf mir. Nach und nach wurde mir immer unwohler und die Fahrt kam mir wie eine Ewigkeit vor. Dann passierte das, was ich als unglücklichen Zufall bezeichnete. Der Fahrstuhl blieb abrupt stehen und der Typ wankte kurz nach vorne, direkt in meinen Rücken. Noch bevor ich reagieren konnte, packte er mein Handgelenk, wirbelte mich herum und wollte mich küssen. Vor Anspannung kniff ich die Augen zusammen und hörte nur noch, wie die Fahrstuhltür aufging. Binnen eines Wimpernschlages ging alles blitzschnell.
Eren zog mich von dem Typen weg, hinaus auf den Flur. Im Augenwinkel sah ich nur noch, wie ein großer blonder Mann den Typen zurückstieß.
»Gut reagiert Jäger! Um den Rest kümmere ich mich. Frau Zoe ist in Ihren Büro. Sein Sie doch bitte so freundlich und führen Sie unsere neue Kollegin dahin«, sprach der Blonde lächelnd und die Tür schloss sich. Immer noch völlig perplex stand ich einfach nur da.
Eren legte sanft seine Hand auf meine Schulter. »Ist alles in Ordnung mit dir? Unglaublich was der Typ sich herausgenommen hat! Keine Sorge, Herr Smith wird sich darum kümmern«, merkte er an.
Ich schluckte schwer und fasste mich. »Ja, es geht schon wieder, danke schön«, murmelte ich und mir wurde bewusst, dass sich mein Fluch doch nicht aufgelöst hatte. Doch warum benahm sich Eren mir gegenüber normal? Ich verstand es nicht. Kaum merklich schüttelte ich den Kopf und ignorierte diese Tatsachen erst einmal. Ich konnte mich doch glücklich schätzen, dass Eren der erste Kollege war, vor dem ich mich ausnahmsweise mal normal verhalten konnte. Das würde das zusammenarbeiten wesentlich angenehmer gestalten.
Mit interessierten Augen begutachtete ich die Räumlichkeiten, während mir Eren alles erklärte. Kurz vor einem verglasten Büroraum hielten wir an. Ein paar Jalousien versperrten die Sicht ins Büro.
»Und hier ist das Büro der Abteilungsleiter. Frau Zoe müsste noch da sein, also sagen wir Ihr mal Bescheid«, sagte Eren grinsend und rückte etwas dichter zu mir, während er anklopfte. »Sie benehmt sich eh wie eine Mutter, uns gegenüber, als ein Chef. Also bleib ganz locker«, fuhr er flüsternd fort und wir warteten bis die Tür aufging. Und prompt wurden wir mit einem breiten Grinsen von Frau Zoe begrüßt, als diese die Tür öffnete. Sofort schob sie mich und Eren mit ins Büro.
Mit großen Augen starrte sie mich an und legte ihre Hände auf meine Schultern. »Oh mein Gott, Kana, bist du in Ordnung? Ich habe schon von Erwin erfahren, dass dich dieser Mistkerl unsittlich angefasst hat«, überschlug sich die Brillenträgerin.
Erst jetzt bemerkte ich den großen blonden Mann von vorhin, der sich von seinem Schreibtisch erhob. »Aber, aber, Hanji jetzt lass sie doch erstmal ankommen«, ermahnte er sie seufzend und kam zu mir und Eren herüber. »Es tut mir wirklich leid, was passiert ist, Frau Fujioka. Mein Name ist Erwin Smith. Frau Zoe haben Sie ja bereits beim Bewerbungsgespräch kennengelernt«, gab er freundlich an und reichte mir die Hand.
Kurzzeitig wich ich zurück und verbeugte mich tief. »Sehr erfreut Sie kennenzulernen. Ich … ich bin etwas erkältet, deswegen wäre es unratsam Ihnen die Hand zu schütteln«, versuchte ich höflich zu erklären.
Herr Smiths Augen wurden kurz groß bis er freundlich lächelte. »Ich verstehe. Wie dem auch sei. Ich habe die Angelegenheit sofort mit dem Abteilungsleiter von Herrn Seiko geklärt«, fuhr er fort und sah kurz zu Frau Zoe.
Diese nickte verstehend. »Er klang sehr begeistert«, murmelte sie ernst und wandte sich dann zu Eren. »Ich bin wirklich begeistert, Eren. Du hast super reagiert«, grinste sie.
Der Brünette verschränkte etwas verlegen den Arm am Hinterkopf. »Nicht doch. Jeder hätte so reagiert. Wäre Herr Smith nicht gekommen, wüsste ich nicht wie die Situation ausgegangen wäre.«
»Ich bin mir sicher, du wirst Kana hier unterstützen, nicht wahr?!«, fragte Frau Zoe nach und ihre Brillengläser funkelten kurz auf.
Eren nahm wieder Haltung an und nickte energisch. »Selbstverständlich. Sehr gerne«, lächelte er und sah zu mir herüber.
*
Die nächsten Tagen und Wochen lebte ich mich immer besser in der Firma ein. Nach dem, was im Fahrstuhl passiert war, leitete Herr Smith, Eren darauf an, etwas auf mich aufzupassen, wenn er oder Frau Zoe nicht in der Nähe waren. Herr Smith war strikt gegen Übergriffe in seiner Firma und diese Einstellung gefiel mir sehr. Endlich wurde nicht ich gleich dafür verantwortlich gemacht, wenn sich mir ein Mann unsittlich näherte.
Später erfuhr ich auch, dass Herr Seiko von seinem Abteilungsleiter für dieses Verhalten gefeuert wurde. Mit der Zeit fragte ich mich wer dieser Abteilungsleiter eigentlich war, man sah diese Person nie mit Frau Zoe oder Herr Smith zusammen. Eren erklärte mir, dass Herr Ackerman so gut wie fast nie in der Firma war. Obwohl er so eine wichtige Position hatte?! Mich machte das etwas skeptisch. Doch Eren lobte ihn in den aller höchsten Tönen und brachte immer wieder seine Bewunderung zum Ausdruck.
»Kann es sein, dass du diesem Herr Ackerman nacheifern möchtest, Eren?«, fragte ich gerade heraus, als wir in der Mensa zu Mittag aßen.
Der Brünette hätte beinahe seinen Löffel fallen gelassen. »W-was?! Nein … ich … ich könnte niemals einer so großartigen Persönlichkeit nacheifern«, murmelte er kleinlaut. Ich brummte nur verstehend und nahm einen Schluck meines Tees, während mein Blick durch die Mensa schweifte. Da erkannte ich auch schon Frau Zoe, die fröhlich zu uns herüberwinkte. Unübersehbar hinter ihr, Herr Smith. Augenblicklich kamen die beiden in unsere Richtung und setzten sich dazu.
Frau Zoe musterte Erens Tablett und klaute ihm einfach ein Stück Paprika. »Isst du ja eh nicht«, feixte sie und schob es sich in den Mund. In der ganzen Zeit, in der ich nun schon hier war, wurde mir immer mehr bewusst, wie Recht Eren doch hatte, was Frau Zoe anging. Sie benahm sich absolut nicht wie eine Chefin. Aber, um ehrlich zu sein, war mir diese familiäre Atmosphäre tausendmal lieber als dieses förmliche und Strenge.
»Hanji, du solltest dich gegenüber deinen Kollegen anders benehmen«, tadelte Herr Smith sie und setzte sich neben mich. Mit einem Lächeln wandte er sich zu mir. »Wie ich sehe, haben Sie sich schon sehr gut eingelebt, Frau Fujioka. Das freut mich sehr.«
Ich spürte, wie ich verlegen zusammen zuckte. »Ähm … j-ja. Das verdanke ich aber auch nur der großartigen Hilfe Ihrerseits und meiner Kollegen«, murmelte ich leise.
Herr Smith schob seine dichten Brauen zusammen und musterte meinen Teller. »Sie sollten aber wirklich mehr Essen Frau Fujioka, oder haben Sie Angst, dass Hanji Ihnen alles wegnehmt?«, lachte er amüsiert. Auch wenn er, im Gegensatz zu Frau Zoe, mehr wie eine Autoritätsperson wirkte und sich auch so verhielt, so hatte er dennoch eine sehr freundliche, warme und hilfsbereite Art. Ich fand, Eren sollte lieber ihm nach eifern anstatt diesem Herr Ackerman, der sich eh nie blicken ließ.
»Huhu! Levi! Hier sind wir!«, fuchtelte Frau Zoe lautstark mit dem Arm und alle folgten ihrem Blick. Im Augenwinkel erkannte ich wie Eren blitzschnell Haltung annahm und das Essen von sich schob.
Ich wiederum versuchte mir nichts anmerken zu lassen …
Das war der Mann, den ich Nachts auf dem Spielplatz getroffen hatte!
Mit einem ausdruckslosen Gesicht, seufzte er sichtlich genervt, und kam zu unserem Tisch herüber. Dieser Typ arbeitete auch hier?! Ich war gerade vollkommen überfordert und versuchte mir die Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Wobei Eren seltsamerweise nervös wirkte.
»Welch eine Ehre, du hier?«, grinste Frau Zoe und der Mann namens Levi setzte sich neben Eren.
Lediglich eine Tasse Tee hatte er sich mitgebracht.
»Nerv mich nicht, Vierauge!«, zischte er gereizt und trank einen Schluck.
Eren sah nervös auf seinen Schoß.
Levi sah kurz zu mir herüber und hob eine Braue. »Das ist also die Trulla, weswegen ich meinen Kollegen feuern musste. Interessant«, brummte er rau an den Rand seiner Tasse.
»Ja, das ist Frau Fujioka. Darf ich vorstellen, Frau Fujioka, das ist Herr Ackerman. Ein eher seltener Gast in der Firma«, erklärte Herr Smith.
Ungläubig schoben sich meine Brauen zusammen. Das war also Herr Ackerman, den Eren so bewunderte? Bekam er deswegen kein Wort heraus und traute sich offensichtlich, nicht mal zu atmen?!
»Halt doch die Klappe!«, zischte Herr Ackerman und sah zu Frau Zoe. »Hey, Vierauge, brauchst du Eren nachher?« Der Brünette zuckte augenblicklich zusammen.
Die Brillenträgerin überlegte kurz. »Ähm, er hat nichts Wichtiges zu erledigen. Warum fragst d -«
»Ich brauche ihn nachher! Jäger, du kommst nach der Pause in meine Abteilung!«, knurrte Herr Ackerman und erhob sich. Mit einem monotonen Ausdruck wandte der Schwarzhaarige sich zu mir und sah mir tief in die Augen. »Hat mich gefreut, Frau Fujioka«, flüsterte er rau und verließ die Mensa.
Kurzzeitig herrschte Schweigen am Tisch. Bis Frau Zoe aufseufzte. »Oh Mann, Shorty ist so anstrengend. Erwin, wie lange willst du ihm das noch durchgehen lassen? Er kann doch nicht zur Arbeit erscheinen, wann es ihm passt«, schnaubte sie.
Herr Smith lächelte. »Seine Arbeitsmethoden sind schon speziell. Aber ich schätze ihn als Mitarbeiter sehr«, erklärte er und räumte sein Tablett zusammen.
»Wie du meinst«, nuschelte die Brillenträgerin und wuschelte Eren durchs Haar, als sie sich mit Herrn Smith erhob. »Lass dich nicht unterkriegen, Eren«, grinste sie mit einem Zwinkern und ging schonmal vor. Eren saß immer noch vollkommen neben sich da und nickte nur stumm.
»Ich muss auch wieder an den Schreibtisch. Also dann«, erhob Herr Smith die Stimme und hielt mir die Hand zum Abschied hin. »Es hat mich gefreut zusehen, dass Sie sich bei uns wohlfühlen, Frau Fujioka«, lächelte er.
Ich jedoch wich kurz zurück, ehe ich mich erhob und mich verbeugte. »Ich bedanke mich vielmals, dass Sie mir diese Chance ermöglichen, Herr Smith.«
Der Blonde seufzte kurz auf. »Irgendwann werden Sie mir schon die Hand geben.« Dann wandte er sich um und verließ auch die Mensa. Eine Weile sah ich ihm noch nach, ehe ich mich wieder setzte.
»Oh mein Gott! Ich … ich … ich begreife jetzt erst, dass ich nachher mit Herrn Ackerman zusammen arbeite!«, keuchte Eren aufgeregt.
Ich presste die Lippen zusammen. Keinen Zweifel. Dieser Ackerman war der gleiche Mann, den ich auf dem Spielplatz getroffen hatte! Wie sollte ich mich weiter verhalten?
Wobei … ich hatte ja nicht wirklich viel mit ihm zu tun. Wenn man bedachte, dass er sich eh so gut wie nie hier blicken ließ. Doch Eren war vollkommen aus dem Häuschen.
Meine Augen weiteten sich. Als hätte mich ein Hammerschlag getroffen, begriff ich, was vor sich ging. Warum Eren nicht so auf mich reagierte wie andere Männer. Warum er Herr Ackerman so lobte und so nervös in seiner Gegenwart wurde. Eren war homosexuell. Und die Person, auf die er stand, war dieser Herr Ackerman!
Genau. Das war vermutlich der Grund, warum mein Fluch nicht auf ihn wirkte. Hieß das vielleicht, dass dieser Herr Ackerman auch …
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