37. ϾФЛТΛϾТ
[Levi]
Ich atmete tief durch, und setzte mich an die Kante von Kanas Bett. Nichts war mehr von dem Chaos in ihrer Wohnung zusehen und so sehr es mir auch missfiel - denn am liebsten hätte ich diesen alten Bastard einfach in der Gasse vergammeln lassen - so musste ich doch dafür sorgen, dass seine Leiche nicht so schnell gefunden wurde.
Aber dies war jetzt alles unbedeutend.
Wie gebannt schaute ich in Kanas ruhiges Gesicht. Sie wirkte fast wie eine zerbrechliche Puppe. Immer noch war sie ohnmächtig. Doch ihr Atem ging ruhig und regelmäßig. Ich hatte mich gegen ihren Wunsch gestellt. Den Wunsch niemandem mehr zu verletzten. Doch hatte ihr Wunsch in diesem Moment einen zu hohen Preis. Ich wollte nie wieder, dass ihr etwas passiert, und dazu musste ich diesen Schritt tun. Ich sollte froh sein, dass ich sie jetzt noch ein letztes Mal betrachten konnte. Ich hatte schon fast verdrängt wie schön sie eigentlich war.
Sanft strich ich über ihr Haar, und seufzte tief. Ich sollte gehen bevor sie aufwacht. Ihren enttäuschten, traurigen Blick könnte ich nicht ertragen. Jedoch blieb ich immer noch an der Bettkante sitzen und bemerkte wie paralysiert, dass sich ihre Lider langsam bewegten. Ich presste die Lippen zusammen.
Nein .... geh! Geh jetzt!
Augenblicklich wanderte ihr Blick zu mir, als sie die Augen geöffnet hatte. Hastig beugte sie sich nach vorne und schlang ihre Arme um meine Schultern. Vollkommen überfordert starrte ich ins Nichts.
»Levi! Endlich! Du bist wieder da!«, presste Kana freudig hervor und sah mich an. Ohne Vorwarnung legte sie ihre weiche Lippen auf der meinen. Sofort durchzog mich ein Stromstoß.
Dieses Gefühl ....
Ich hatte es schon fast vergessen ...
Doch ich fasste mich nach wenigen Sekunden wieder. Ich umfasste ihre Schultern und schob sie vorsichtig von mir. Was hatte sie da gerade gesagt? »K-Kana ... ich .... geht es dir gut?! Wie fühlst du dich?«, erkundigte ich mich zögerlich.
Kana sah mich mit verwunderten Augen an, ehe sie lächelte. »Es geht mir gut. Denn schließlich«, ihre warme Hand umschloss der meinen, »bist du wieder bei mir.«
Was ... was sollte das? Sollte sie mich jetzt nicht eigentlich anschreien oder mir vorwerfen, dass ich nicht auf sie gehört hatte?! Dass ich es war der ihre Mutter ...
Irgendetwas stimmte hier nicht!
»K-Kana ... bitte entschuldige, aber .... kannst du dich an den Mann erinnern, der hier war?«
Ihre Augen wurden groß. »Ein Mann? Nein. Hier war kein Mann. Wovon redest du? Bist du noch erschöpft von deiner Geschäftsreise?«, schmunzelte sie etwas amüsiert.
Ich verzog die Mundwinkel. Was? Geschäftsreise? »V-von was für einer Geschäftsreise redest du Kana?« Vielleicht war sie doch noch nicht ganz bei sich. Kein Wunder, wenn man bedachte, was sie alles in kürzester Zeit erlebt hatte. »Du solltest wohl besser noch liegen bleiben«, merkte ich an.
Doch Kana lächelte mich nur amüsiert an. Sanft legte sich ihre andere Hand auf meine Wange. »Ich glaube bald, du solltest dich hinlegen, Levi. Du scheinst durcheinander zu sein. Hmm?«
Ich sah sie einfach nur an, bis sich eine Vermutung in mir breit machte. »S-Sag Kana. Kannst du dich daran erinnern, was auf der Arbeit passiert ist?«
Nachdenklich legte Kana den Kopf schief, und zog ihre Hände von mir. »Was soll denn passiert sein? Sag mir nicht, du bist immer noch wütend, weil ich die Unterlagen für die Besprechung nicht ganz bearbeitet habe«, schmollte sie.
Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. »N-Nein. Das meine ich nicht. Ich .... ich meine die Sache mit Kirschstein.«
Kanas Brauen schoben sich zusammen. »Wer soll das sein?«
Ich biss mir auf die Unterlippe. Lag ich mit meiner Vermutung etwa richtig?
*
»Das hört sich für mich nach einer psychogenen Amnesie an«, erklärte Hanji ernst. Es war selten, dass ich sie mal so ernst sah. Erwin verschränkte die Finger ineinander, und sein Blick schweifte durch die Glaswand seines Büros zu Kana. Die etwas unsicher auf der Couch im Wartebereich saß.
»Und sie weiß nicht, wer Jean ist?«, hakte er nach.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, weder wer er ist, noch dass diese schreckliche Sache passiert ist«, entgegnete ich und fuhr mir durchs Haar.
»Nun ja, unter den Kollegen haben wir gesagt, dass Jean gekündigt wurde. Diesbezüglich sollte es hier keine Probleme geben. Und die Polizei wird keine weiteren Fragen stellen«, merkte Erwin nachdenklich an. »Dennoch ist es äußerst ... seltsam ... sie einfach hier so arbeiten zulassen, als ob nichts gewesen wäre. Das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.«
Hanji nickte. »Da gebe ich dir recht. Und angesichts der Situation ist es nicht verwunderlich, dass sie dieses Ereignis verdrängt. Dennoch muss irgendetwas passiert sein, was diesen Zustand ausgelöst hat.«
Meine Augen verengten sich. War ich dafür verantwortlich? Weil ich diesen Mistkerl vor ihren Augen ...
Meine Brust zog sich zusammen. Natürlich war es meine Schuld! Was war nur los mit mir? Warum war ich nicht in der Lage sie zu beschützen?
»Woran kann sie sich denn noch nicht erinnern?«, fragte Hanji nach.
Ich sah auf. Dass sie sich auch an die Sache mit Kenny nicht erinnern konnte, verschwieg ich gekonnt. »Soweit ich bemerkt habe, nur das Ereignis mit Jean. So scheint es ihr körperlich gut zugehen. Sie weiß, wer sie ist, wo sie aufgewachsen ist. Es scheint wirklich nur das Ereignis mit Jean zu sein.«
»Wie sieht es mit eurer Beziehung aus?«, schaltete sich Erwin ein.
Ich blinzelte etwas überrumpelt. »W-Was soll damit sein?!« Vielsagend hob der Blonde eine Braue. Ich atmete hörbar aus und fuhr mir durchs Haar. »W-Wir sind zusammen. Was soll schon sein?!«
»Also benehmt sie sich dir gegenüber ganz normal wie in einer Beziehung?«, hakte Hanji nach.
Irgendwie waren mir diese Fragen etwas unangenehm. Nach Kanas jetziger Auffassung gab es nie die Auseinandersetzung zwischen uns. Sie benahm sich so, wie vor diesem schrecklichen Abend. Wenn nicht sogar etwas offener mit gegenüber.
»Ja. Tut sie«, brummte ich genervt.
Erwin seufzte und lehnte sich im Stuhl zurück. »Spielen wir erstmal mit und tun so, als sei diese Sache nie passiert. Sie kann zweimal die Woche ins Büro kommen wegen der Arbeit. Aber mehr stimme ich nicht zu. Wir beobachten sie. Schließlich können wir nicht sagen, wann sie sich wieder erinnert. An sich scheint es ihr ja gutzugehen. Wie ist eure Meinung?«
Hanji nickte erneut. »Ich bin dafür. Solange es Kana weiter gut geht und ich sie wieder lächeln sehe. So makaber es auch klingt, aber es wäre besser, sie würde sich nicht mehr an dieses Ereignis erinnern. Es ist so besser für sie. Was sagst du Levi?«
Ich sah zu Kana herüber. Ganz Unrecht hatte Hanji nicht. Kana lächelte wieder. Diese Traurigkeit in ihren Augen war verschwunden und ich mochte den jetzigen Ausdruck mehr. Ich wollte sie glücklich sehen.
Doch ....
Konnte ich einfach so tun, nach allem, was ich getan hatte, als wäre dies nie passiert? Mein Verhalten Kana gegenüber hatte sich in der letzten Zeit verändert. Wie sollte ich dies ablegen?
»Du hast recht, Vierauge«, nuschelte ich und blickte weiter zu Kana, »sie lächelt endlich wieder.«
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