34. ϾФЛТΛϾТ

[Kana]

Seit jenem Abend, seid Levi mich besucht hatte, stand ich neben mir. Mit gemischten Gefühlen zog ich den kleinen Koffer hinter mir her und verließ das Krankenhaus. Schon von weitem konnte ich Hanji beim Parkplatz erkennen. Mit freudiger Miene wedelte sie wild mit dem Arm. Ich war sehr froh darüber, dass sie sich angeboten hatte, mich nach Hause zu begleiten.

Irgendwie stand ich vollkommen neben mir. Nicht nur wegen dem, was Levi zuletzt gesagt hatte, sondern weil ich auch immer noch im Dunkeln gelassen wurde, was die Ermittlungen anging. Ich war mir sicher, dass die Ärzte nur meine Ruhe wollten, aber mir selbst fehlten viele Erinnerungen von diesem schrecklichen Abend. Das Einzige, was ich noch klar wusste, als ich zu mir kam, war, dass Levi zurückgekommen war.

Mit einem tiefen Seufzen kam ich bei Hanji an. Sofort nahm sie mich liebevoll in den Arm.
»Kana, gut, siehst du aus! Wie geht es dir?«, trällerte sie und nahm mir den Koffer ab.

»Schon besser. Vielen Dank, dass du mich begleitest.«

Die Brillenträgerin winkte ab. »Keine Ursache. Das ist doch selbstverständlich. Erwin hat leider keiner Zeit. Sonst hätte er dich mit dem Auto abgeholt.«

Ich brummte nur zur Antwort und wir beide machten uns auf den Weg zur Straßenbahn.

»Bitte entschuldige, dass ich einfach so davon an fangen, Kana«, murmelte mir Hanji plötzlich ernst zu. Irritiert sah ich zu ihr auf. »Aber, wurdest du in der Zeit deines Krankenhausaufenthaltes von der Polizei befragt?« Ich blinzelte und schüttelte zügig den Kopf.

Hanji atmete hörbar aus. »Sehr gut. Mach dir diesbezüglich keine Sorgen, meine Liebe! Erwin hat einen sehr guten alten Freund bei den Beamten. Er hat es in die Wege geleitet, dass dich niemand mehr mit Fragen belästigt. Das Videomaterial ist Beweis genug«, fuhr sie fort und strich mir liebevoll über die Hand.

Ich war sprachlos. So weit ging Erwin für mich? Ich konnte nichts erwidern und kämpfte mit den Tränen.

»Es wird alles gut, Kana! Und wenn du möchtest, also, Erwin zieht es in Erwägung, dir einen Posten zugeben, den du auch von Zuhause aus erledigen kannst. Er schätzt dich sehr als Mitarbeiterin. Dennoch versteht er es voll und ganz, wenn du nicht mehr ins Gebäude kommen möchtest. Ich weiß nicht, ob du die letzten Tage Kontakt zu Shorty hattest. Aber auch er hat dieser Idee zugestimmt und dich wieder in unsere Abteilung übergeben.«

Meine Augen weiteten sich. Alle um mich herum versuchten das Beste für mich. Nur der Mensch, den ich so sehr liebte, schien mich nun vollkommen von sich zustoßen. Auch wenn ich wusste, dass Levi es nur gut meinte, und neben ihm, Erwin und Hanji die einzigen waren, die von dieser schrecklichen Sache wussten, so gab mir das dennoch einen Stich ins Herz.

Ich wollte ihm wirklich verzeihen. Ich war bereit ihm zu verzeihen, dass er nicht bei mir war.
Ich habe wirklich gefühlt wie sehr er dies bereute. Dieser Mann hatte vor mir geweint! Wahrscheinlich war ich der erste Mensch, der ihn jemals so gesehen hatte und wenn ich an seinen Gesichtsausdruck dachte, dann schnürte sich wieder meine Brust zu.

»Überstürze deine Entscheidung nicht, meine Liebe«, riss mich Hanji aus meinen Gedanken. »Das Wichtigste ist erstmal, dass du langsam wieder in den Alltag zurückfindest, und wir alle sind bereit, dir dabei zu helfen.«

Ich schluckte schwer und nickte nur, während die Straßenbahn ankam. Den Rest der Fahrt über versuchte mich Hanji mit allen möglichen Themen abzulenken. Auch wenn ihr dies nur teilweise gelang, so wusste ich ihre Geste jedoch zu schätzen und war mehr als dankbar jetzt nicht alleine zu sein.

»Ähm ... ist ... ist Levi jetzt wieder regelmäßiger im Büro?«, fragte ich einfach heraus, weil ich mich selbst nicht traute ihm eine einfache Nachricht zuschreiben.

Hanjis Brillengläser funkelten auf. »Nun ja, bis vor kurzem schon. Aber jetzt nicht mehr. Erwin weiß wohl irgendetwas. Aber ich krieg’ nicht mehr aus ihm raus. Es geht momentan ein bisschen drunter und drüber im Büro. Aber du hast doch Shortys Nummer. Hat er dir nicht geschrieben? Erwin erwähnte, dass er ihn wohl dazu bringen musste, dich zu besuchen!«, erzählte Hanji mit ihrer unbekümmerten Art. Ohne zu wissen, was diese Worte gerade in mir auslösten.

Es war gar nicht Levis eigener Antrieb gewesen mich zu besuchen? Wenn Erwin ihm nicht zu gesprochen hätte, würde ich dann immer noch auf ihn warten? Ich wusste gerade absolut nicht was ich denken sollte.

»Nein ... er ... er hat mir nicht geschrieben«, entgegnete ich leise.

Wieder einmal fand Hanjis Hand ihren Weg auf meine Schulter. »Nimm es ihm nicht übel, Kana. Selbst mir ist aufgefallen wie sehr Shorty die ganze Sache mitgenommen hat. Er brauch wohl einfach nur Zeit um dir richtig gegenüberzutreten.«

Wenn Hanji wüsste ...
Dies alles versetzte meine Brust unter noch mehr Druck, der mir die Luft zum atmen nahm.

»N-Na ja ... ich bin schon froh darüber, dass er mich überhaupt besucht hat. Vor zwei Tagen«, nuschelte ich und blickte aus dem Fenster.

Im Spiegelbild erkannte ich wie Hanji die Arme hinterm Kopf verschränkte und tief seufzte. »Ja ... die Liebe ist nicht einfach«, merkte sie an. Überrascht blickte ich zu ihr. Manchmal war sie mir echt ein Rätsel.

Mit einem breiten Grinsen sah sie mich an. »Ein Blinder hätte das sogar gesehen, Kana«, kicherte sie. »Und Shorty sieht man das auch an der Nasenspitze an. Ich bin echt überrascht, dass es wirklich eine Frau gibt, die ihm den Kopf verdreht.«

»H-Hanji! So wie du das sagst, klingt das falsch!«, presste ich überfordert hervor. Lachend klopfte sie mir auf die Schulter.

*

Kurz vor meiner Haustür verabschiedete ich mich von Hanji und bedankte mich nochmals bei ihr und versprach ihr über Erwins Vorschlag nachzudenken. Mit schweren Gefühlen betrat ich meine Wohnung. Irgendwie fühlte ich mich gerade so allein wie noch nie. Ob es eventuell daran lag, was Hanji alles gesagt hatte? Ich wusste es nicht. Sollte ich Levi einfach schreiben? Egal was er bisher getan hatte. Es war seine Vergangenheit und ich war bereit es ihm zu verzeihen.

Sollte ich dies einfach schreiben? Doch ich wusste genau, auch wenn ich mir sicher war, dass er nicht darauf reagieren würde, so würde mir dies noch mehr weh tun. Aber ich liebte diesen Mann und wollte ihn einfach nur bei mir haben.

Ich atmete noch einmal tief durch, als ich die letzten Sachen aus dem Koffer wegräumte und holte mein Handy hervor. Was hatte ich schon zu verlieren? Ich beschloss ihm einfach zu schreiben.

Ich weiß, du wirst wahrscheinlich nicht auf diese Nachricht reagieren. Das ist in Ordnung. Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass, egal was du früher getan hast, egal was passiert ist, ich verzeihe dir. Ich liebe dich und möchte gerne an deiner Seite sein. Ich möchte dir helfen, dir eine Stütze sein. Bitte denk über meine Worte nach.

Als ich die Nachricht abschickte, kam ich mir richtig dumm vor. Gott! Das alles klang ja wie aus einem kitschigen Liebesfilm! Aber es waren nun mal meine aufrichtigen Gefühle und dagegen konnte ich nichts tun. Außer sie ihm nochmals mitzuteilen. Ich steckte mein Handy in die Hosentasche und beschloss die restliche Zeit nachzuholen.

Meine Wohnung hatte doch ganz schön gelitten während meiner Abwesenheit. Mit diesen Gedanken zog ich mich um und ließ Wasser ins Waschbecken der Küchenzeile. Vollkommen erschrocken quiekte ich auf, als es plötzlich in meiner Hosentasche vibrierte. Verwundert holte ich mein Handy raus.

Augenblicklich machte mein Herz einen Sprung, als ich erkannte, dass es Levi war, der mich anrief.

Zögerlich nahm ich ab. »Levi ....«, kam es nur hauchend über meine Lippen.

»Ist Hanji noch bei dir?!«, überfuhr mich Levi aufgebracht.

Ich schüttelte reflexartig den Kopf. Er konnte mich doch gar nicht sehen. »Ähm ... nein. Sie hat mich nur nach Hause gebracht. Warum?«

»Unnützes Weib! Bitte, hör mir zu, Kana!«, fuhr Levi hektisch fort und ich hörte im Hintergrund Verkehrslärm.

»Levi ...? Alles in Ordnung? Ich verstehe dich kaum durch den Lärm«, merkte ich an und sah auf, als es plötzlich an der Tür klingelte. »Warte mal kurz. Es hat geklingelt. Bestimmt ist das Hanji«, erklärte ich meine Situation und schritt zur Haustür.

Der Lärm bei Levi nahm nun mehr zu. Es war fast so, als würde er gerade irgendwo mit dem Auto lang rasen. »Kana! Bitte! Tue nichts bevor ich nicht bei dir bin!«, wurde Levi lauter, während ich die Tür öffnete.

Vor mir stand ein älterer Mann. Höflich nahm er seinen Hut ab und grinste undeutbar. »Sind Sie Frau Fujioka?!«, fragte er nach.

Ich schob die Brauen zusammen. »Ähm ... ja. Wer sind Sie bitte?!«, nuschelte ich argwöhnisch und zog die Tür etwas weiter ran.

Doch der Mann schob nur seinen Fuß dazwischen und setzte den Hut wieder auf. »Ich bin niemand erwähnenswertes, meine Liebe. Deine Mutter schickt mich.«

Alle Muskeln in meinen Körper spannten sich an. »M-Meine Mutter ...?«

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