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[Kana]

Mit einem seltsamen Gefühl trat ich aus der Toilette und ging wieder zu unserem Tisch herüber. Ungläubig blinzelte ich, als ich Eren und Hanji nicht erblickte. War Eren vielleicht in der Zeit auch auf Klo verschwunden? Aber irgendwie war die seltsame Stimmung am Tisch förmlich greifbar.

»Ähm … wo ist Eren?«, fragte ich an Erwin gewandt. Dieser massierte sich die Schläfe.

Was war denn passiert als ich und Hanji weg waren? Wo war die Aufgeweckte überhaupt?

»Findest du nicht, du solltest auch hinterher?«, gab Erwin bissig an und ich bemerkte erst ein paar Sekunden später, dass die Worte an Herrn Ackerman gerichtet waren. Dieser leerte sein, wohl jetzt viertes Glas und knurrte kehlig auf.

»Wozu?! Wenn der Bengel meint, sich etwas zusammen zu spinnen«, zischte der Schwarzhaarige.

Ich verstand nur noch Bahnhof. »Wo sind die beiden denn?«, fragte ich nochmal mit Nachdruck. Wurde ich gerade ignoriert, oder was?

Erwin schloss kurz die Augen. »Draußen.«

Ohne ein Wort wandte ich mich vom Tisch weg und ging nach draußen. Kaum hatte ich die Tür aufgedrückt, da platzte ich auch schon in das lautstarke Gespräch zwischen Eren und Hanji.

Als der Brünette mich erblickte rollte er mit den Augen. »Boah, muss das jetzt sein?!«, brummte er gereizt.

Ich presste die Lippen zusammen. Was war hier denn los? Wie konnte die Stimmung denn so arg kippen? Und warum?

»Hör auf herumzuzicken, Eren und klär das endlich mit ihr! Kana hat diesen Abend extra für dich organisiert, um dich auf andere Gedanken zubringen«, motzte Hanji ihn an.

»Was ist denn passiert?«, fragte ich vorsichtig nach.

Eren schnaubte verächtlich auf.

»Unser kleiner Mann verträgt nur gerade seine drei Bier nicht, die er geächzt hat«, merkte Hanji wie eine schimpfende Mutter an und ich war überrascht, wie nüchtern sie auf einmal war.

Während ich immer noch leicht damit kämpfte meine Koordination bei zu behalten. Zögerlich trat ich näher an Eren heran. »Geht es dir nicht gut?! Dann bring’ ich dich nach Haus -«

»Ach halt doch die Klappe, Kana!«, unterbrach mich Eren scharf. »Ich hatte von vornherein kein Bock auf diese Scheiße! Es war doch ab zu sehen das Hanji die Anderen auch mit einlädt!«

»Es … es tut mir leid Eren. Wollen wir sonst woanders hingehen?«, versuchte ich beruhigend auf ihn einzureden.

»Pff! Ich will mit dir nirgendwo mehr hin!«, knurrte er. »Bist du etwa so blind?! Du hast doch schon längst meine Gefühle für Herrn Ackerman bemerkt!«

Ich blinzelte etwas peinlich berührt. Auch wenn er recht hatte, ich verstand gerade seine Aufregung nicht.

Als hätte Hanji meine Gedanken gelesen, meldete sie sich zu Wort. »Eren ist eifersüchtig. Weil er der Meinung ist, dass Levi dir Beachtung schenkt.«

Meine Augen weiteten sich ungläubig. »Was?!« Jetzt war ich komplett raus. Selbst wenn das stimmte, er tat ja so als ob ich das wollen würde. Ich war froh, wenn ich diesem Eisklotz aus dem Weg gehen konnte!

»Eren, ich weiß zwar nicht, was du siehst und du bist auch betrunken, aber ich kann dir versichern, dass ich absolut nichts daran finde, dass Herr Ackerman mir angeblich Beachtung schenkt. Außerdem ist dem nicht -«

»Und wieso redet er dann so oft von dir?! Als er mich mit in seine Abteilung genommen hat, da hat er mich gefühlte tausend Dinge nach dir gefragt. Warum du dich mir gegenüber so normal verhältst und anderen Männern abweisend oder zurückhaltend.«

»Eren … das …«

»Ja und? Was hat Kana damit zu tun?! Du tust ja so, als ob sie etwas für Levis Verhalten kann! Jetzt mach dich nicht lächerlich Eren. Auch wenn ich deinen Schmerz verstehen kann, so musst du es dennoch akzeptieren, dass Levi nun mal nichts von dir will! Außerdem bist du betrunken! Sage jetzt nichts, was du später bereuen würdest«, redete Hanji auf den Brünetten ein.

Dieser sah fassungslos zwischen mir und Hanji hin und her, eher er angepisst abwinkte. »Ihr könnt mich alle mal!«, knurrte er gereizt und wandte sich um. Ich stand völlig perplex da und wusste nicht, was ich tun sollte.

»Das ist ja großartig«, hörte ich Levi plötzlich neben mir rau auflachen. »Soviel zu eurem spaßigen zusammen sitzen. Deswegen ist er noch ein Kind. Wird es ihm zu kompliziert, haut er ab.«

Hastig wandte ich mich um und nahm etwas Abstand. Doch schon kam auch Erwin dazu.

Hanji seufzte auf und verbeugte sich vor mir.
»Es tut mir leid, Kana. So war das wirklich nicht gedacht. Es tut mir wirklich leid. Ich werde mit ihm reden und ihn auch nach Hause bringen. Ich schreib’ dir dann.« Und mit diesen Worten sprintete sie Eren hinterher.

»Musstest du ihn denn so anfahren, dass er dich nicht so anstarren soll?!«, mischte sich nun auch Erwin ein.

Herr Ackerman schnaubte nur auf. »Hör zu, Erwin, ich habe es diesem Bengel schon tausendmal versucht zu sag -«

»Ja«, lachte der Blonde spöttisch auf, »du verkörperst ja auch die Feinfühligkeit in Person, Levi.«

»Im Gegensatz zu dir, lass’ ich Dinge nicht so stehen und wecke damit falsche Gefühle«, knurrte Herr Ackerman und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Fängst du wieder damit an?!«

»Tcch! Ich könnte wetten, unser Fräulein hier, hat schon Herzchenaugen, wenn sie dich sieht!«, zischte der Schwarzhaarige abfällig und neigte seinen Kopf kurz in meine Richtung.

Ich stand da. Vollkommen überfordert. Ich wollte doch nur mit Eren einen schönen Abend verbringen. Und jetzt?! Was war nur daraus geworden?! Das war doch ein schlechter Scherz!

Mein Körper spannte sich an. Ich hasste es, wenn Leute stritten. Auch wenn ich nicht genau wusste, worum es ging. So gefiel mir der Ton absolut nicht, den die beiden sich entgegenwarfen.

»Hört auf …«, murmelte ich.

»Ich glaube du solltest gehen, Levi! Mach den Abend nicht noch schlimmer als er schon ist«, brummte Erwin tief und blickte zu mir. »Es tut mir wirklich leid, für das, was passiert ist. Auch ich werde nochmal mit Eren reden. Ich bringe dich jetzt besser nach Hause, Kana.«

Wieder einmal lachte Levi finster auf. »Ja, natürlich bring das arme Mädchen nach Hause! Wie alt ist sie? Sieben? Erwin, sie ist in der Lage alleine in die Bahn zusteigen!«

»Vielleicht möchte ich nur nicht, dass sie noch so spät an irgendwelche Typen gerät!«, entgegnete Erwin.

»Sicher doch. Rede dir das nur weiter ein! Wach auf! Sie ist nicht dein Tochter-Ersatz, Erwin! Und bevor das Mädel hier noch falsche Hoffnungen bekommt, solltest du es lassen, sie so zu behandeln!«

Erwins Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. So ernst hatte ich ihn noch nie gesehen. »Levi. Du solltest jetzt wirklich gehen. Du weißt, ein Streit zwischen uns beiden endet nicht gut«, merkte er gereizt an.

Herr Ackermans Augen verengten sich und ein provokantes Grinsen huschte über seine Lippen. »Jetzt wirst du endlich ernst. Du bist genauso wie dieser Bengel. Du willst die Wahrheit nicht hören!«, brummte der Schwarzhaarige weiter provozierend.

Mir reichte es! Ich konnte doch nicht weiterhin nur zusehen! Erwin und Herr Ackerman starrten sich eine Weile bedrohlich an. Ich hatte das Gefühl es würde jeden Moment in einer Schlägerei enden.

»Jetzt hört doch endlich auf!«, erhob ich meine Stimme und ging zwischen die beiden. Unterschiedlicher konnten die Mienen der beiden nicht sein. Während Erwin mich überrascht anblickte, war Ackermans Ausdruck wie gewohnt vollkommen ausdruckslos.

»Tcch!«, kam es nur von dem Schwarzhaarigen und er wandte sich ohne ein Wort um und ging. Einen kurzen Augenblick sahen ich und Erwin ihm noch nach.

*

Ich seufzte tief auf. Seid dem Abend in der Bar, war nun eine Woche vergangen und die Stimmung im Büro hatte sich drastisch verändert. Eren sprach die ersten zwei Tage kein Wort mit mir und danach hatte er sich erneut krankschreiben lassen.

Hanji hatte mir zwar gut zugesprochen, dass er sich wieder einkriegen würde, aber dennoch war ich äußerst betrübt darüber, wie sich das alles entwickelt hatte. Wie konnte es denn nur so eskalieren? Auch Erwin verhielt sich mir gegenüber sehr bedeckt. Bis auf die Aufgabenverteilung sprach er kaum mit mir. Die ganze Zeit über verfolgte mich schon so ein unerträglicher Druck in der Brust. Ich traute mich kaum Erwin in die Augen zu schauen. Immer wieder kamen mir Hanjis und Herr Ackermans Worte in den Sinn. Und ich begann über diese nach zudenken. Auch über meine Gefühle. Hatte ich mir wirklich nichts dabei gedacht, wie Erwin mich behandelt hatte?

Jetzt, wo ich so darüber nachdachte, war es mehr als offensichtlich, dass er mich anders behandelt hatte. Seine Fürsorge ging schon über die eines netten Chefs hinaus. Auch wenn ich mich bisher nicht getraut hatte Hanji weiter danach zu fragen. So schwirrte mir dennoch im Kopf herum, was sie mit ihren Worten gemeint hatte. Er trug Trauer in sich? Bedeutete das etwa er hatte keinen Kontakt mehr zu seiner Tochter? Oder sogar noch schlimmer, sie war …

Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Vielleicht war es gut so. Hanji hatte mir die Augen geöffnet. Denn, ohne es selbst zu bemerken, hatte ich angefangen Gefühle für Erwin zu entwickeln. Nur fragte ich mich, ob es diese Gefühle waren, die man einem Mann entgegenbrachte, oder war es vielleicht so ähnlich wie bei ihm? Ich war ohne Vater aufgewachsen und meine Mutter hatte mich wie Dreck behandelt. Vielleicht sah ich Erwin als eine Art Vaterfigur? Er war der Erste, der sich so herzlich um mein Wohlergehen sorgte.

Doch so sehr ich mir den Kopf darüber zerbrach, ich kam auf keine Antwort und ich mochte diese Stimmung nicht, die zwischen uns herrschte!

Erneut seufzte ich tief aus und ordnete meine Dokumente zusammen. Seid Eren nicht da war, musste ich auch seine Arbeiten erledigen. Dies machte mir natürlich nichts aus, aber ich hatte jetzt auf einen Freitag Überstunden geschoben.

Angestrengt streckte ich meine Glieder und sah auf die Uhr. Gott! Es war schon halb neun Abends! Ich wollte nur noch nach Hause und ein Entspannungsbad nehmen. Ich sortierte noch die letzten Sachen auf meinem Schreibtisch, als ich hörte wie Hanjis Bürotür aufging. Seltsam. Sie war doch schon lange gegangen.

Automatisch wandte ich mich zum Büro um und die Blicke von mir und Erwin trafen sich. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er auch noch hier war. Ich war so in meine Arbeit vertieft gewesen. Auch er schien überrascht. Eine seltsame Stille lag zwischen uns. Ich senkte den Blick, schulterte meine Tasche und war schon im Begriff zum Fahrstuhl zu gehen.

»Warte bitte, Kana!«, durchbrach der Blonde das Schweigen. Wie auf Stichwort kamen, meine Beine zum stillstand und ich drehte meinen Kopf in seine Richtung. »Ich glaube, es gibt da einige Dinge, die geklärt werden müssen«, fuhr er fort und kam vor mir zum Stehen. »Erst einmal möchte ich mich nochmal für Erens Verhalten entschuldigen. Aber auch für mein Eigenes. Es ist unverzeihlich, dass du mich so gesehen hast. Denn eigentlich sollte ich mich in jeder Situation vorbildlich verhalten.«

Ich erwiderte nichts, sondern nickte nur verstehend. Irgendwie bekam ich kein Wort raus.

»Und ich möchte mich auch dafür entschuldigen, dass ich eventuell falsche Gefühle in dir geweckt habe, Kana. Doch nachdem der erste Tag so für dich angefangen hatte, wollte ich dich vor allem Übel bewahren. Ich weiß, dass es nicht richtig und den Anderen gegenüber unfair war. Es soll nun keine Entschuldigung darstellen, doch wahrscheinlich hatte Levi recht. Ich habe meine Tochter in dir gesehen und wollte dich beschützen.«

Ich schluckte schwer. »Es … es ist schon in Ordnung«, murmelte ich leise. »Wahrscheinlich habe ich deine Freundlichkeit mir gegenüber falsch gedeutet. Ich möchte nur nicht, dass die Stimmung hier auf der Arbeit darunter leidet, was in der Bar passiert ist«, fuhr ich brüchig fort und kniff die Augen zusammen. Warum war mir denn nur so nach heulen zumute?

»Ich möchte auch nicht, dass schlechte Stimmung herrscht. Und ich hoffe sehr Eren wird dies auch bald erkennen. Ich schätze dich als Mitarbeiterin und als Freundin Kana«, versuchte Erwin mich auf zu muntern.

Doch ich nickte nur stumm und versuchte meine Tränen zu unterdrücken.

Dann legte sich eine leichte Wärme auf meinen Kopf. Abrupt öffnete ich meine Augen und bemerkte wie Erwin mir tröstend den Kopf tätschelte.

Meine Kehle schnürte sich zu und mein Herz setzte aus, als ich dieses, mir nur allzu bekannte, Funkeln in seinen Augen erkannte.

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