Kapitel 35

»Ach, und jetzt ist wieder alles Friede Freude Eierkuchen, oder was?!«, schmatzte der Blonde an Cayden gewandt. Dieser schürzte die Lippen.
Er konnte selbst nicht benennen wie die Beziehung zwischen ihm und seinen Vater nun war.
»Sag, hat dein Alter geheult, als er dich um Verzeihung gebeten hat?!«, hakte Frerich nach und sprang vom Bierfass, das achtlos in der Gasse stand.
Cayden schob nachdenklich die Brauen zusammen.
Nein.
Sein Vater hatte keine Träne vergossen.
Keine offensichtlichen ...
Dennoch hatte er die Stimme seines Vaters noch nie so brüchig und zittrig erlebt.
»Ist ja auch scheiß egal!«, warf Frerich, nach längerer Stille ein und warf die Überreste des Apfels hinter sich, »Willst du heute mit mir kommen, Cayden?!«

Der Angesprochene sah auf, während Frerich sich seinen Pferdeschwanz stramm zog.
Angesichts der langen Haare, hatte Cayden ihn zuerst für ein Mädchen gehalten. Doch diese Zweifel räumte Frerich schnell aus indem er Cayden, frech und ohne Scham sein Unterleib zeigte.
»Eigentlich sollte ich längst wieder Zuhause sein.«, murmelte der Schwarzhaarige und sein Blick gliet zum geflochtenen Einkaufskorb. Aus jenem hatte sich Frerich einfach den Apfel genommen.
»Wer soll denn schon auf dich warten?! Ausser deine Alte. Dein dämlicher Vadder?! Sicher nicht!«, grunzte der Blonde. Cayden's Augen verdunkelten sich.
Das stimmte nicht ganz ...

In letzter Zeit vermiet es Levi immer öfter auf Expeditionen mit zugehen, die nicht seine Hilfe erforderten. Vorher war er so gut wie immer mit aufgebrochen.
Ob dieser Sinneswandel nun von Cayden's Ausbruch herrührte, konnte der Junge nicht genau beurteilen. Denn seine Schwester hatte in letzter Zeit auch immer mehr ein anderes Verhalten an den Tag gelegt.
Sie war wesentlich ruhiger. Zudem trug sie nicht mehr das grüne Medaillon im Haar.

Frerich klopfte Cayden auf die Schulter, und holte den Jungen so aus seinen tiefen Gedanken.
»Was ist nun?! Du wolltest doch schon immer wissen wo ich lebe.«, grinste der Blonde.
Cayden blickte nachdenklich zur Seite.
»Sagtest du nicht dass das auch das letzte Loch sei?! Wen dem so ist. Warum kehrst du immer wieder dorthin zurück?! Das verstehe ich nicht.«, entgegnete der Schwarzhaarige. Frerich lachte rau auf und schnippte mit den Fingern. Das der Blonde etwas verrückt war, war Cayden schon vom ersten Augenblick an aufgefallen.
Ein bisschen erinnerte Frerich den Schwarzhaarigen an Hanji.
Obwohl diese noch einen Funken Vernupft ausstrahlte. Was er bei Frerich aber nicht erkannte. Dennoch faszinierte der Blonde ihn irgendwo. Er konnte hin gehen wo er wollte. War an keine Regeln gebunden ...

»Tja. Das ist der Unterschied zwischen uns.«, schnalzte Frerich und setzte ein breites Grinsen auf. »Dadurch das ich überall hin kann, lerne ich vielmehr kennen als du jemals in deinen verstaubten Büchern lesen könntest.«, fuhr der Blonde fort, »Und so schlecht ist es da gar nicht. Wenn du weißt wie du dich zuverhalten hast.«
Cayden hob eine Braue.
»Was?! Davon hast du nichts gesagt.«
»Scheiß dir nicht ein! Du bist bei mir. Keiner wird auf die Idee kommen dich anzumachen.«
Obwohl der Schwarzhaarige sein Gegenüber auf das gleiche Alter wie ihn selbst schätzte. Fand er dessen Selbstbewusstsein bemerkenswert.

Cayden hatte so ein starkes Bewusstsein zuletzt verspürt als er sich gegen seinen Vater gestellt, und Xonir verprügelt hatte. Zwar spürte der Junge eine gewisse Kraft in sich, aber er wusste nicht wie er sie bewusst nutzen konnte.

Nocheinmal blickte Cayden zu dem Einkaufskorb. So, als ob er für ihn die Entscheidung treffen könnte.
»Ach komm-« Frerich stoppte seinen Satz und blickte knapp an Cayden vorbei. Dieser folgten dem Blick seines sonderbaren Freundes und wandte sich um.
Mit ausdrucksloser Miene stand Cayden's Vater am Eingang der Gasse und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Junge biss sich auf die Unterlippe.
Er wusste doch eigentlich das er schon viel zulange weg gewesen war. Es war nur noch eine Frage gewesen das jemand nach ihm suchen würde ...
Nur hatte Cayden schwer damit gerechnet das es Edmeé sei.

Frerich staarte weiterhin zu Levi herüber und zog provokant seine Nase hoch.
»Wer ist 'n der Alte?! Ist der besoffen oder warum glotzt der so herüber?!«, brummte der Blonde und spuckte auf den Boden. Cayden konnte genau spüren wie sich die Aura seines Vaters, bei Frerich's Worten, verdunkelte. Mit einer simplen Kopfbewegung gab er seinem Sohn zu verstehen das er aus der Gasse kommen sollte. Der Junge presste unsicher die Lippen zusammen und nahm den Einkaufskorb.
»Moment mal! Ist das nicht dieser Ackerman?! Von dem hört man ja so einiges unter den Leuten.«, merkte Frerich unbeirrt an und blinzelte weiter zu Cayden's Vater herüber. Der Junge nickte nur leicht auf die Aussage des Blonden.
»Mensch! Du hast mir ja nie erzählt das gerade der Typ dein Vadder ist!«, gluckste Frerich und klopfte seinem Freund auf den Rücken.
»Du ... du hast mich ja auch nie gefragt.«, nuschelte der Schwarzhaarige.
»Cayden!!« Augenblicklich fuhr der Junge bei dem strengen Tonfall seines Vaters auf.
»Ich ... muss jetzt los, Frerich. Vielleicht zeigst du mir ein anderes mal wo du lebst.« Der Blonde zuckte nur gleichgültig mit den Schultern, und folgte Cayden die Gasse hinauf, bis zu seinem Vater.

Das konnte er sich doch nicht entgehen lassen seinen Vater kennenzulernen.

Während Cayden stumm mit dem Korb vor Levi zum stillstand kam. Verschränkte Frerich, breit grinsend, die Arme an seinen Hinterkopf und musterte den Vater.
»Schön dich kennenzulernen, Meister!«, kicherte der Blonde, frech und provokant wie Cayden ihn kennengelernt hatte. Nur leider stellten sich bei dem Jungen gerade alle Nackenhaare auf. Angesichts der Tatsache das Frerich gerade solche Wortwahl Levi gegenüber anbrachte. Dieser verengte die Augen und musterte den Knaben.

»Cayden. Treib dich nicht an so dunklen, dreckigen Orten rum!«, sprach der Vater an seinen Sohn gewandt. Doch sein Blick blieb weiterhin auf Frerich gerichtet.

Irgendetwas störte Levi an diesem Junge ...
Und es war nicht die Tatsache das er ein freches Mundwerk besass, und mit seinem Sohn an so einem dunklen Platz rumlungerte.
Nein.
Da war irgendetwas anderes, was Levi's Instinkt als Vater dazu veranlasste seinen Sohn so schnell wie möglich von diesem Burschen weg zu bewegen ...
Jedoch konnte er es nicht genau zu ordnen ...

»Keine Sorge, Meister. Ich pass schon auf Cayden auf.«, zwinkerte der Blonde grinsend. Levi brummte kehlig auf.
»Mit dir habe ich nicht gesprochen, Bursche!«, knurrte der Vater rau und legte seine Hand an das Schulterblatt seines Sohnes, um ihn etwas nach vorne zuschieben. Cayden verstand sofort die Geste seines Vaters und brachte sich in Bewegung.
Nachwievor verschwand nicht ein Stück das breite Lächeln auf Frerich's Gesicht.

Ein letztes mal fixierte Levi den Burschen ausdruckslos, ehe er seinem Sohn folgte.
»Bis dann, Cayden! Wir sehen uns!«, rief der Blonde provokant hinterher.

*

»Du hast dich wieder mit diesem Typen getroffen.«
Cayden sah vom Fenster auf. Und wandte sich zu seiner Schwester die am Schreibtisch ein Buch las. Angesichts ihrer Bemerkung verhärtete sich die Miene des Jungen. Seine grau-blauen Augen verdunkelten sich. Obwohl sie vor wenigen Sekunden noch nachdenklich zum Abendhimmel hinauf geschaut hatten.
»Tcch! Ach, hat Vater dir davon erzählt?!«
»Nein.«, antwortete Edmeé tonlos und blätterte die Seite des Buches um, »Ich habe Vater es nur kurz sagen gehört als er mit Mutter das Haus verließ. Er klang nicht gerade begeistert. Darum frage ich dich Cayden«, fuhr sie fort und sah von ihrem Buch auf, »mit was für einen Menschen treibst du dich rum?!«

Der Schwarzhaarige stieg vom Fensterbrett und trat zum Schreibtisch heran.
»Was geht es dich an?!«, raunte er und ergriff einfach das Buch, »Was liest du da überhaupt?! Du hast doch nie was von Büchern gehalten.«, merkte er zynisch an. Edmeé presste die Lippen zusammen und entzog ihrem Bruder grob die Lektüre über Anatomie.
»Es liegt in der Natur des Menschen sich zu verändern.«, entgegnete sie. Cayden hob skeptisch eine Braue.
Seine Schwester hatte sich in der letzten Zeit extrem verändert. Cayden erkannte sie kaum wieder.
Woher kam das? Oder war es schon immer so gewesen, und ihm fiel es jetzt erst bewusst auf? Weil er sooft mit Frerich unterwegs war?
»Woher hast du denn diesen schlauen Spruch?! Soetwas gerade aus deinem Munde zuhören, Schwesterherz, ist doch sehr amüsant.«, feixte Cayden belustigt.
»Pah! Vielleicht solltest du deine Nase auch mal wieder in Bücher stecken! So wie früher. Anstatt Draußen mit komischen Leuten unterwegs zu sein.«, kommentierte Edmeé scharf. Der Bruder verzog die Mundwinkel.

»Tcch! Spiel dich bloss nicht so auf nur weil Vater und Mutter ausgegangen sind! Überhaupt, wie lange wollen sie uns noch alleine lassen?!«, brummte er ärgerlich. Edmeé seufzte genervt und schlug wieder das Buch auf.
»Sasha wird nachher vorbei schauen. Außerdem sind wir keine Kleinkinder mehr Cayden!«

»Hör auf mich belehren zu wollen, Edmeé!«, wurde der Bruder lauter und wandte sich zur Tür. Augenblicklich sah die Schwester auf.
»Wo willst du hin?!«
»Tcch! Du hast doch selbst gesagt das wir keine Kleinkinder mehr sind. Ich gehe noch etwas raus. Wonach sieht es sonst aus?!« Edmeé erhob sich von Schreibtisch.
»Lass das bleiben, Cayden! Vater war so schon nicht erfreut das du so lange vom Einkauf weg geblieben bist! Wenn du jetzt-«

»Was dann?! Was will er denn machen?! Mir eine Ohrfeige verpassen?!«

»W-was?! Nein! Bleib einfach hier und mach es ihm nicht noch schwerer. Es liegt so oder so schon eine leichte Anspannung zwischen euch.«
Cayden verengte die Augen zu Schlitze.
»Seid wann redest du so?!«, brummte er, »Nachwievor nimmst du alles was er tut in Schutz! Nur meine Entscheidungen sind falsch. Aber Vater's ja nicht!«

»Hör zu Cayden!«, wurde Edmeé eindringlicher, während sie näher zu ihrem Bruder trat, »Vater ist nun schob viel öfter hier. Er beweist wirklich Gedult dir gegenüber. Wie du dich verändert hast. Seid wann hast du aufgehört in Bücher zuschauen?! Du hast doch früher immer ganz gespannt Vater's Erzählungen von der Außenwelt zugehört. Auch wenn du es nie zugeben wolltest. Oder dir anmerken ließt.«

Cayden schnaubte gereizt auf.
»Das war früher! Willst du nicht das erleben was in den Erzählungen vor kommt?! Willst du nichts Neues sehn?!«

»Nur weil ich etwas sehe, heißt es nicht das ich es gleich verstehen kann, Cayden! Ich will ersteinmal ein gewisses Wissen aufbauen, bevor ich naiv nach dem Neuen greife.«

Cayden schüttelte knurrend den Kopf.
»Unfassbar was du für einen Scheiß laberst ...«, flüsterte er gereizt und legte die Hand auf die Türklinke.
»Nein!«, erhob Edmeé ihre Stimme und packte ihren Bruder grob am Oberarm, »Bleib hier!«
»Lass mich los!«, murmelte Cayden und blickte seine Schwester ernst an.
»Wieso willst du denn jetzt nach Draußen?! Du willst dich mit diesem Jungen treffen, oder?!«

»Lass. Mich. Los. Edmeé!«

»Nein! Ich habe Mutter versprochen ein Auge auf dich zuhaben!«

»Wenn du mich nicht gleich los lässt schlag ich dir dieses blau!«, erhöhte Cayden bedrohlich den Tonfall und schob die Brauen zusammen.
»Was?! Was ist nur mit dir?! Zuerst schlägst du Vater und nun drohst du deiner eigenen Schwester?!«, keuchte Edmeé, »Setz dich endlich an den Schreibtisch und fang an über deine Zukunft nachzudenken, anstatt unseren Eltern solch einen Ku-«

Die Worte der Schwester verstummten, als Cayden mit den Ellenbogen ausholte, und seiner Schwester hart gegen das Jochbein schlug. Diese zuckte automatisch zurück und hielt sich das Gesicht. Durch den Aufprall begann ihre Nase zubluten.
Ausdruckslos staarte Cayden in das schmerzverzerrte Gesicht seiner Schwester.

Ein unbeschreiblicher Druck breitete sich in seinem Inneren aus.
War es das Gefühl von Macht? Von Überlegenheit?

Edmeé blinzelte ihre Tränen weg und staarte ihren Bruder zornig an.
»Du bist doch total verrückt geworden! Komm endlich zur Vernupft!«, schrie sie schrill und stürmte auf ihn zu.

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