Kapitel 12

Elisabeth

Ein wohliger Stromstoß breitete sich in meinem Körper aus. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass die weichen Lippen des stärksten Soldaten der Menschheit sich auf meine legen würden. Mein Kopf war plötzlich wie leer gefegt. Vollkommen neben mir rührte ich mich kein Stück, und öffnete zögerlich die Augen, als Levi den Kuss beendete. Stumm starrte ich ihn einfach nur an. Dieser verzog die Mundwinkel und blickte unsicher zur Seite. Ich wiederum war einfach nur über seine plötzliche Unsicherheit überrascht. Aber es erwärmte auch mein Herz. Es zeigte auf, dass der Hauptgefreite auch nur ein Mensch war und selbst er bestimmte Emotionen nicht verbergen konnte.

Levi räusperte sich und sah zum Himmel hinauf. Ich konnte mir ein leises Kichern nicht verkneifen. Seitlich blickte Levi zu mir herüber und verzog die Mundwinkel. Gerade als er zum Sprechen ansetzen wollte, wurde die Atmosphäre von lautem Gelächter durchzogen. Augenblicklich verengten sich Levis Augen und sein entspanntes, ruhiges Gesicht, wurde wieder ausdruckslos und hart, während er sich erhob. Auch ich wandte meinen Kopf zur Geräuschquelle. Sichtlich angeheitert und in freudiger Stimmung betraten zwei Rekruten das Dach. Kichernd hakte sich das Mädchen bei dem Jungen ein. Kurz sah ich zu Levi herüber. Dieser verzog verächtlich das Gesicht und ging auf die beiden zu.

Augenblicklich entgleistem dem Jungen die amüsierten Gesichtszüge und er salutierte. »H-Hauptgefreiter Levi ...!«, stammelte er und versuchte halbwegs nüchtern zu klingen. Das Mädchen versteckte sich hinter ihrem Angebeteten.

Kaum zu glauben, dass dieser Mann, der jetzt im Moment nur vor respektvoller Ausstrahlung strotzte, vor wenigen Minuten noch total nervös und unsicher gewesen war. Ich selbst erwischte mich dabei, wie ich Levi verträumt musterte. Sofort schüttelte ich den Kopf und kam auch auf die Beine.

Doch Levi raunte die Rekruten, wie von mir vermutet, nicht an. Sondern sah sie nur von oben bis unten herab an und verzog die Mundwinkel. »Tcch! Passt ja auf, dass ihr nicht vom Dach fallt«, brummte er und wandte sich zu mir um. Der Ausdruck in seinen Augen wurde mit einem Schlag sanfter, als er mir zunickte. »Komm, Elisabeth. Lass uns gehen«, hauchte er ruhig. Ich zog seine Jacke enger um meine Schultern und nickte. Vollkommen perplex schauten die Rekruten uns nach, als Levi mir den Vortritt bei der Treppe gab. Wahrscheinlich hatten sie den Hauptgefreiten noch nie mit so ruhiger und gelassener Stimme gehört.

Schon von weiten konnte man die ausgelassene Stimmung vom Saal hören. »Tcch! Wollen die nicht mal bald Ruhe geben?!«, zischte Levi genervt. Ich schmunzelte nur und ging neben ihn her. Gerade als mir der Gedanke kam, mich vielleicht bei ihm einzuhaken, kam uns Mike entgegen. Levi und er tauschten kurz ein Kopfnicken aus.

»Vielleicht solltest du doch mal aufkreuzen. Ein Machtwort sprechen«, murmelte Mike knapp.

Levi hob eine Braue. »Bin ich eine Nanny, oder wie?«, knurrte er genervt zurück. Mike zuckte belustigt mit den Schultern, ehe er mich und Levi abwechselnd musterte. Mit einem süffisanten Grinsen ging er einfach weiter. Levi atmete hörbar aus und fuhr sich durchs Haar. Ohne ein Wort beschleunigte er seine Schritte gezielt Richtung Saal. Ich folgte ihm etwas holprig.

Sofort verstummte die Hälfte des Saales, als Levi mit verschränkten Armen am Eingang stand. »Hey! Shorty! Da bist du ja!«, trällerte Hanji lautstark und kam auf uns zu. Mit einem breiten Grinsen ergriff sie seine Hand. »Ich wusste doch, du kommst noch. Oh, und Elisabeth ist auch wieder hier.«

Ich lächelte verlegen. Anscheinend hatte sie schon mehrere Becher Wein zu sich genommen.

Levi

Ich verengte die Augen, denn ich wusste sofort, was Hanji vorhatte. Sobald ihr der Wein zu Kopf stieg, wollte sie immer jemanden zum Tanzen nötigen! Und ich hatte nicht vor, ihr diesen Gefallen zu tun. Genervt entzog ich mich ihrem Griff.

»Wo ist Erwin?«, fragte ich scharf nach. Hanji taumelte leicht zur Seite und wies auf einen Tisch. Dort saß er zusammen mit Nanaba und unterhielt sich angeregt mit ihm.

»Komm, Elisabeth! Tanz mit mir!«, säuselte Vierauge und zerrte Elisabeth von mir weg.

»Vierauge! Hör auf damit!«, knurrte ich gereizt. Doch Elisabeth lächelte mir beruhigend zu, während Hanji sie in die Mitte des Saals schleifte.
Als wäre sie der Mann, legte Vierauge ihre Hand an Elisabeths Hüfte und begann einen Takt anzustimmen. Ich atmete scharf aus. Genau deswegen war solch ein Trubel nichts für mich.
Ausdruckslos hob ich meine Uniformjacke vom Boden auf, die Elisabeth von den Schultern geglitten war. Mit verschränkten Armen lehnte ich mich an die Wand und beobachtete Hanjis Treiben mit Elisabeth. Diese lächelte freudig, als auch überrascht, als Hanji sie in einen Halbkreis führte. Meine Mundwinkel zuckten kaum merklich nach oben. Es war offensichtlich, dass Elisabeth nicht unbegabt war, was Tanzen betraf. Ihre weichen langen Haare umspielten ihren Körper, während der Bewegungen, und ihre Augen funkelten im Schein der Lampen.

»Na, da strahlt aber jemand.« Augenblicklich fuhr ich zusammen und wandte meinen Kopf zur Seite. Mit seinem Whiskeyglas und einem leichten Lächeln stand Erwin neben mir und folgte meinen vorherigen Blick. »Welch eine Überraschung. Du hier?«, gab er amüsiert an und schwenkte sein Glas.

»Bei diesem Lärm würde man doch eh nicht zu Ruhe kommen«, entgegnete ich tonlos und richtete meinen Blick wieder zu Hanji und Elisabeth.

»Wobei, vielleicht könntest du den Lärm mit Elisabeth ausnutzen«, nuschelte er mit Unterton und trank einen Schluck.

Ich hob eine Braue. »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, brummte ich.

»Natürlich nicht«, säuselte Erwin amüsiert. »Elisabeth bewegt sich wirklich gut. Diese Frau ist wirklich für eine Überraschung gut«, fuhr er lächelnd fort und sah seitlich zu mir herüber. »Immerhin ist sie die Einzige, die es geschafft hat, das Herz eines gewissen Jemand zu berühren.«

Ich schnaubte auf. »Wenn du das sagst«, nuschelte ich.

»Du hast wirklich eine bewundernswerte Frau an deiner Seite, Levi. Obwohl sie soviel Leid im Untergrund erfahren hat, hat sie nie ihr strahlendes Lächeln verloren. Und sie konnte sich ihre Gutherzigkeit bewahren.« Ich erwiderte nichts, sondern beobachtete weiterhin Elisabeth und Hanji. »Sie gleicht deinen nervöses, unberechenbaren Charakter aus, wie ich finde«, gab er noch an, ehe er mit einem vielsagenden Grinsen zurück zu Nanaba ging. Ich verzog die Mundwinkel.

*


Elisabeth

Matt stellte ich die letzten Becher aufs Tablet und atmete erleichtert aus. Ich wusste nicht genau wie spät es war, aber die Feier ging doch länger als erwartet. Victoria kümmerte sich in der Küche um den Abwasch, während ich die letzten Spuren beseitigte. Gedankenverloren fegte ich die Tischreihen entlang. Gott. Wie viele Becher waren denn zu Bruch gegangen?!

»Unfassbar.« Erschrocken blickte ich auf und wirbelte herum. Levi schüttelte leicht den Kopf, während er auf mich zukam. »Hilft dir keiner?«

Ich schürzte die Lippen. »Na ja, Victoria wäscht ab. Es ist ja im Grunde nicht viel«, lachte ich und fegte weiter.

»So wird das nichts«, brummte Levi tief und trat hinter mich. Augenblicklich sog ich scharf die Luft ein, als er seine Arme von hinten um mich legte und seine Hände auf meine legte, um den Besen zuführen. »Wenn du es so machst, verteilst du die Scherben nicht so beim Zusammenkehren«, hauchte er tief an mein Ohr und sein warmer Atem streifte meinen Hals entlang. Unkontrolliert kniff ich die Augen zusammen und zuckte zurück. Dabei stieß ich mit meinem Hintern gegen seine Mitte. Erneut zuckte ich zusammen und wandte meinen Kopf zu ihm nach hinten.

»T-Tut mir Leid ... ich habe mich nur erschrocken ...«, presste ich schüchtern hervor.

Levi schloss die Augen und schluckte angestrengt. »Schon gut«, merkte er brüchig an und führte die Besenbewegung weiter. Ich konnte genau seine festen Brustmuskeln an meinem Schulterblatt spüren. Auch wenn es wahrscheinlich nicht von ihm gewollt war, aber seine nett gemeinte Geste ließ gerade mein Herz schneller schlagen. Er war mir gerade so nahe, dass ich mich fast in seiner Körperwärme verlor. Durch seinen, reinlichen, frischen, männlichen Duft, konnte ich keinen klaren Gedanken fassen und ließ mich von ihm wie ein Kind mit dem Besen führen.

Verlegen tat ich einen Schritt zur Seite, und trat mit dem Fuß auf dem Saum meines Kleides. Unweigerlich kam ich ins Stolpern. Reflexartig ließ Levi den Besen los. Es ging alles binnen eines Wimpernschlages. Irritiert öffnete ich wieder die Augen und stützte mich mit den Händen ab. Erschrocken weiteten sich meine Augen. Levi hatte meinen Sturz abgefangen. Nun lag ich auf ihn, und er stützte sich mit den Unterarmen vom harten Steinboden auf. Peinlich berührt biss ich mir auf die Unterlippe, als ich erkannte, wie ich mich wohl im Fall hektisch an ihn geklammert hatte. Ich hatte die ersten vier Knöpfe seines Hemdes abgerissen. Und der Stoff gab mir einen kleinen Blick auf seine Brust frei.

Hastig lockerte ich meinen Griff und ließ sein Hemd los, während ich meinen Oberkörper aufrichtete. Und in dem Moment realisierte ich meine Haltung. Ich saß unsittlich auf seiner Hüfte. Mein Kleid war etwas hochgerutscht und gab den Blick auf einen meiner Schenkel Preis. Auf dem Levis Hand lag.

Levi

Meine Augen weiteten sich. Abrupt nahm ich die Hand von Elisabeths warmen Schenkel und presste die Lippen zusammen.

»Tut mir leid!«, kam es gleichzeitig aus unserem Mund.

»Ich ... dein Hemd ... es tut mir so Leid ...«, flüsterte Elisabeth überfordert und bewegte unabsichtlich ihre Hüfte. Ich hielt die Luft an und versuchte diese undeutbare Hitze, die in mir aufstieg, zu kontrollieren.

»E-Elisabeth ...«

»Hast du dir etwas getan? Es tut mir leid!«, presste sie weiter brüchig hervor und ließ ihr Becken erneut über meine Mitte kreisen.

»Elisabeth ...!«, keuchte ich atemlos und spürte eine verlegende Röte auf meinen Wangen. Während ich versuchte, mir die Reaktion meines Körpers nicht anmerken zu lassen.

Mit großen Augen schaute sie mich an. »Hm?«

»Würdest du ... heruntergehen ...?«, kam es stockend über meine Lippen. Peinlich berührt zuckte Elisabeth zusammen und stieg hastig von mir runter.

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