Kapitel 16
Dies ist ein flashback Kap aus Sayaka's Kindheit. Es wird noch mehr solcher Kap geben, damit man so einiges verstehen lernt ;)
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Hunger. Sie hatte so entsetzlichen Hunger.
Mit angewinkelten Knie'n hockte sie auf den Boden, neben den Stabel alter Holzkisten. Durch deren Grösse fiel ihre kleine Erscheinung gar nicht auf. Sie war nur ein weiteres Stück Müll, was man achtlos weg geworfen hatte. Oft dachte das Mädchen daran, dass selbst ihre Eltern sie abgrundtief hassen mussten, wenn sie sie in dieser Hölle alleine zurück ließen. Hier in dieser Welt hatte das Schicksal eines Einzelnen kein Gewicht. Jeder kümmerte sich um sein eigenes Wohlergehen. Selbst Kinder wurden hier wie Dreck behandelt, und ihr Leiden ignoriert. Das Mädchen lebte Tag ein Tag aus um's Überleben. Jediglich die Reste die andere weg warfen, bewahrten sie vor den Tod. Obwohl sie Äußerlich, wie innerlich, schon längst tot schien. Ein zerrissenes T-shirt und eine durchlöcherte Hose, waren das einzigste was sie Besitz nennen konnte. Mit einem leisen Schluchzen vergrub das Mädchen ihr Gesicht dicht an die Knie. Kraftlos. Sie war einfach nur kraftlos. Vielleicht war es doch besser zu sterben, kam es ihr in den Sinn.
Ein warmes Gefühl. Zum ersten mal in ihrem Leben verspürte Sayaka eine freundliche Wärme. Irittiert blickte sie auf, hinüber zu ihrer Schulter, zu der Hand, die sich darauf platziert hatte, hinauf zu dessen Arm und dann zu der Person die vor ihr stand. Es war eine Frau. Sanft lächelte sie das kleine Mädchen an.
"Alles in Ordnung mit dir?", fragte sie. Verwirrt blinzelte Sayaka und sah sich kurz um. Die Frau sprach mit ihr! Sie sprach tatsächlich direkt mit ihr! Jemand hatte ihre Existenz bemerkt. Sayaka sah die Frau einfach stumm an, nicht in der Lage zu antworten, bis ihr Magenknurren die Stille brach. Peinlich berührt hielt Sayaka ihren Bauch. Die Frau hielt ihr warm lächelnd die Hand entgegen.
"Du hast sicher hunger. Wenn du möchtest kann ich dir etwas zu Essen anbieten. Es ist nicht viel, aber ich bin kein herzlosen Mensch. Jeder kümmert sich nur um sich. Wie weit kommen wir in der Welt, wenn man schon Kinder im Stich lässt?!" Sayaka staarte die Frau weiterhin nur an. Unfähig ihren Worten zufolgen, dennoch reichte ihr diese Frau ihre Hand. Sie ignorierte nicht ihr Leiden! Sie nahm Sayaka als Mensch, und nicht als wertlosen Müll, war. Zögerlich ergriff das Mädchen die Hand der Schwarzhaarigen. Eine freundliche Wärme durchzog Sayaka's Körper. Langsam richtete sie sich auf und folgte stumm der Frau.
"Wie alt bist du?", fragte diese. Sayaka sah kurz auf und zeigte sechs Finger. Die Frau nickte verstehend. Den Weg über sagte das Mädchen kein einziges Wort, auch wenn die Frau sie immer wieder Dinge fragte. Nach einen kurzen Seufzer, tat die Schwarzhaarige es als Schüchternheit ab, und blieb mit Sayaka vor dem Eingang einer kleinen Wohnung stehen. Lächelnd öffnete sie die Tür und führte das Mädchen mit hinein.
"Keine Bescheidenheit, komm rein."
Sayaka sah sich flüchtig um. Es war eine kleine Einraumwohnung. Doch die Heizung war wohl nur noch Zierde, denn der Raum war nicht gerade warm. Ein kleiner Kühlschrank, und zwei elektro Herdplatten, stellten die Küche dar. Ein mittel grosser Schrank schien wohl jeglichen Besitz der Frau zu verwahren. Und bis, auf zwei Sitzkissen und noch eine einfache Madratze auf den Boden, befand sich nichts weiteres mehr im Raum.
Dennoch, dies war immer noch mehr als Sayaka besass. Sie hätte alles dafür getan nur ein Dach über den Kopf zu haben.
"Setz dich ruhig, meine Kleine, ich werde dir fürs erste einen warmen Tee machen.", durchbrach die Frau die Atmosphäre und ging zum Schrank hinüber. Schweigend setzte sich das Mädchen auf eines der Kissen, und beobachtete sie, wie sie kurz mit einem Topf nach Draussen ging. Nach kürzester Zeit kam sie auch schon wieder, und der Topf war mit Wasser befüllt. Sayaka fragte sich wo sie es wohl her holte. Als würde sie ein Theaterstück sehen, beobachtete sie weiter die Frau, wie sie den Topf auf den Herd stellte, um das Wasser zu erwärmen, eine Dose aus den Schrank hervor holte, und den Tee vorbereitete. Das Mädchen war irgendwie fasziniert von ihren Bewegungen, alles schien so leicht und irgendwie warm. Ab und zu drehte sie ihren Kopf zu Sayaka herüber, und lächelte sie herzlich an. Die Augen des Mädchens wurden gross, und begannen zu funkeln.
Fühlte es sich so vielleicht so an, wenn sich eine Mutter um ihr Kind kümmerte? Das Mädchen fühlte diese Wärme zum ersten mal in ihren Inneren. Es verunsicherte sie, doch zugleich war es auch angenehm. Sayaka presste die Lippen zusammen und wischte sich schnell die aufkommenden Tränen weg. Etwas erschrocken fuhr sie auf als ihr eine Tasse hin gehalten wurde.
"Aber Vorsicht! Fass sie am Henkel an, meine Kleine!", ermahnte die Frau sie. Das Mädchen nickte zögerlich und nahm vorsichtig die Tasse entgegen. Ein wohltuender Geruch kam ihr entgegen, völlig anders als die stinkenden Gassen, in dennen sie immer schlafen musste. Er war fein, frisch und bereitete ihr etwas Bauchkribbeln, wie an einen warmen Frühlingstag. Mehrmals pustete Sayaka und nahm zaghaft einen Schluck. Sofort breitete sich die Wärme in ihr aus. Als wäre die Freundlichkeit und Geborgenheit, die von der Frau ausging, in dem Tee übergegangen, durchströmte Sayaka ein komisches, unbekanntes Gefühl. Und ehe sie es realisierte, rollten ihr Tränen die Wangen hinunter. Die Frau erschrak kurz und tätschelte ihren Kopf.
"Oh Gott, Kleine, du musst doch nicht weinen. Es ist alles gut.", sprach sie ruhig zu Sayaka und lächelte, "Wenn du möchtest kannst du auch hier schlafen. Du hast doch sicher keinen Platz, oder meine Kleine?" Sayaka schüttelte den Kopf und nahm noch einen Schluck.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Erschrocken zuckte Sayaka zusammen und hätte sich beinahe vor Schreck verschluckt. Die Frau sah seufzend auf. Das Mädchen blinzelte, ein Junge, ungefähr in ihrem Alter, hatte den Raum betretten. Seine schwarzen Haare waren zerzaust und einige Strähnen hingen ihm ins Gesichtfeld. Obwohl er auch ein Kind war wie sie, hatten seine Augen etwas ausdrucksloses, bis er zu der Frau hinauf schaute. Sie beugte sich gerade zu ihm herunter und versuchte sein wildes Haar zuordnen.
"Die müssen wir auch bald wieder schneiden...", murmelte sie und richtete sich dann mit verschränkten Armen wieder auf, "Wo warst du schon wieder?!"
Der Junge wischte sich mit den Handrücken über die Lippe. Doch es half nichts, man könnte dennoch Blut erkennen. Die Frau holte ein Tuch aus der Tasche ihres Kleides, und tupfte den Jungen sanft über die Verletzung.
"Wo warst du diesmal?! Ich sagte dir doch schon so oft, bitte lauf nicht einfach irgendwo hin!" Überfordert sah Sayaka das Schauspiel mit an, was sich vor ihr abspielte.
"Ich lauf nicht einfach irgendwo hin!", brummte der Kleine und kramte in seiner Jackeninnentasche. Das Mädchen sah wie er eine Tüte heraus holte, mit Tabletten.
"Hier, die werden dir helfen!", nuschelte der Junge und wischte sich kurz über die Nase. Die Frau schnaubte auf.
"Wie oft habe ich dir schon gesagt du sollst nichts stehlen?!", wurde sie ernst, und man sah ihr sichtlich an dass sie überlegte den Jungen zu tadeln, doch sie seufzte, ging vor ihm in die Hocke und legte ihre Hände auf seine schmalen Schultern.
"Bitte ... lauf nicht einfach weg und bestehle Leute. Es zieht nur Ärger mit sich. Bitte versprich mir das du ab jetzt Zuhause, bei mir, bleibst!"
"A-aber ... wenn dir keiner helfen will dann -"
"Versprich es!"
Der Junge brummte, bis er dann nickte. Die Frau lächelte und tippte kurz seine Stirn an.
"Sehr schön. Und nun hör endlich auf so grimmig zu gucken!", lachte sie und richtete sich wieder auf. Der Junge schmollte etwas, ehe er erst jetzt Sayaka bemerkte. Sofort verfinsterte sich sein Gesicht wieder.
"Wer ist das denn?!", zischte er gereizt.
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