XV

,, Hey Ji, alles in Ordnung? Du wirkst erschöpft ? " 
,, Ja, ich...Der Lärm bereitet mir nur ein wenig Kopfschmerzen. " Bestärkend greife ich mir an den Kopf. Das Pochen in meinem Kopf will kein Ende nehmen. Ich habe das Gefühl mein Kopf scheint zu explodieren. 

,, Warte, Jimin! " Eilig erhebt er sich von dem Stuhl und kommt auf mich zu. Behutsam umschließen seine Hände meinen Oberarm, Verwirrung zeichnet sich in meinem Gesicht ab. 
Was hast du vor?

,, Vertrau mir", flüstert er , ,, Ich halte deinen Rücken frei, schon vergessen?" 

Stumm schüttele ich den Kopf. Dieses Gespräch werde ich nie wieder aus meinem Kopf bekommen. Ich werde dich nie wieder aus meinem Kopf bekommen, Kooks.

,, Ich vertraue dir, Jungkook", antworte ich leise lächelnd.

Ich vertraue dir, weil du Farbe in mein trostloses Leben gebracht hast.  Er erwidert mein Lächeln und führt mich zu der dunklen Bank vor dem Piano.

Vorsichtig legt er mich mit dem Rücken darauf. die Bank ist nicht groß genug für meinen restlichen Körper. Insbesondere weil er sich neben mich setzt. 

Seine Hand findet ganz von selbst den Weg zu meinem Haar. Sanft fahren seine Finger durch dieses.

Entspannt schließe ich meine Augen und genieße es. Seine Finger, seine Nähe, seine Berührungen.

,, Das hat meine Mutter immer früher für mich gemacht. ", Ich habe das Gefühl, als würde die Zeit still stehen. Jungkook beugt seinen Oberkörper nach vorne, meine Augen geschlossen, doch sein Schatten verrät mir, was er tut. Er hält meinen Kopf in seinen Händen.

Ich bin ungewöhnlicherweise komplett ruhig. Die Schmerzen in meinem Kopf scheinen mich zu betäuben. Was hast du vor? - Vertrau mir. 

Ich warte ab. Auf einmal spüre ich eine hauchzarte Berührung an meiner Stirn. Seine weichen Lippen. 
,, Geht's? " , murmelt er fragend gegen meine Stirn. Sein Atem kitzelt meine Haut. 

Ich schüttele den Kopf, bevor sich meine Hände ohne nachzudenken um sein Gesicht schlingen. 
,, Du bist süß, wenn du dir Sorgen machst, Kooks. " , sage ich leise und ziehe ihn etwas nach unten. Keine Sekunde später treffen seine Lippen auf die meinen.

Es ist unbeschreiblich, was dabei in meinem Inneren vorgeht. Es kribbelt angenehm. In meinem Bauch explodieren dutzende kleine Feuerwerke. Eine komplette Reizüberlastung. Dopamin pumpt durch jede Faser meines Körpers. Ich bin wie berauscht. 

Schnaufend lösen wir uns aus den altbekannten Gründen. Manchmal verfluche ich die Luft, obwohl ich ohne sie nicht lebensfähig wäre. 
,, Das kam...Überraschend, Ji", sagt Jungkook mit rotgefärbten Wangen. Seine Brust hebt und senkt sich rasend schnell. 

,, Ich bin voller Überraschungen, Kook. " , antworte ich keck, er erwidert nichts. Mein Lächeln erlischt, genauso wie das Dopamin in meinem Körper. Ich richte mich seufzend auf:

,, Es tut mir leid, Jungkook, ich habe nicht nachgedacht. Wenn du willst, dann lasse ich dich erst einmal alleine. " Noch immer kommt keine Reaktion seinerseits. Die Feuerwerke in meinem Bauch haben sich aufgelöst, ihre Funken haben ein Feuer entfacht. Ein Feuer, dass sich rasend schnell ausbreitet und mich schon bald völlig in Beschlag nimmt. Es tut weh. Sehr sogar.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, will ich aufstehen.

 Doch ich bekomme keine Gelegenheit dazu. Zwei Hände umfassen meine Taille und zwingen mich sitzenzubleiben. Herzzerreißendes Schluchzen. 

,, B-bitte blei-ib...Verlass... mich nicht", wimmert der sonst so starke Junge flehend. 
,, Nie mehr."

Menschen weinen nicht, weil sie schwach sind, sondern weil sie zu lange stark waren. 

,, Danke, Chim."
Wir halten uns gegenseitig in den Armen, wenn es einem von uns schlecht geht.
,, Wir sind füreinander da '', wenn wir - mehr denn je - am Ende sind. 
Wenn du weinst, dann weine ich mit dir. 

,, Das war mein erster Kuss, Jimin. " 
Wenn du leidest, dann leide ich mit dir. 
,, Und wie fandest du ihn? "
Wenn du am Abgrund steht, nehme ich deine Hand und bringe dich zurück auf den richtigen Weg. 
,, So wunderschön, dass ich noch einen zweiten will. "

Er grinst mich mit seinem typischen Jungkook-Lächeln an, dabei wirkt er für mich wie ein Hase.
Liebend gerne erfülle ich ihm seinen Wunsch.  

Denn wenn du dich freust, dann freue ich mich mit dir. 
,, Sind wir jetzt eine Sache, Ji? " 
,, Ich weiß nicht, gefragt hat mich keiner, Kook. " 

,, Warum muss ich dich fragen?" Seine Augen gleichen , von der Größe und Form her, Untertassen. 
,, Weil ich das so möchte? "
,, Gibst du damit zu, ein Bottom zu sein?" 
,, Was ?" 
,, Was? ", er imitiert mich.

Anschließend räuspert er sich, ,, Willst du das wir eine Sache sind, Jim? So wie Kira und Kovu? Wie Meg und Herkules? Wie Victor und Yuri? Willst du mit mir zusammen sein? " 

,, Ja, ich will, Kook. Victuri! " Ich strahle ihn an und mache mit meinem Zeige- und Mittelfinger die entsprechende Geste. Er schlingt seine Arme um mich: ,, Du bist echt der beste Freund, den man sich wünschen kann. " Blitzschnell lehnt er sich vor zu mir. Ein Wangenkuss. 

Die Stelle, an der seine Lippen meine Haut berührt, prickelt angenehm. Lächelnd fasse ich mir an die Wange. 

,, Irgendwann kaufe ich mir eine Kamera, eine professionelle und drehe Filme. Filme, von all den Dingen, die ich wunderschön finde. Wie fändest du einen Film mit dir als Hauptrolle? " , schwärmt mein Freund. Mein fester Freund Jeon Jungkook.

,, Nur wenn du die andere Hauptrolle übernimmst, Kookie. ", erwidere ich. Meine Muskeln tuen weh von lauter Lächeln, sie sind das nicht mehr gewohnt...

,, Aber ich finde mich nicht schön, Jimin. "
,, Kannst du bitte aufhören meinen Freund  zu beleidigen?"
Er lächelt mich leicht an. 

Ich fasse sein Gesicht mit meinen Händen: ,, Hör auf so einen Stuss zu erzählen, Kooks. Du bist wunderschön, talentiert, klug und einfach nur perfekt. '' 

Seine Augen glitzern bei meinen Worten. Salzige Wassertropfen verlassen seine Augenwinkel.
,, Danke Jimin...", flüstert er schluchzend: ,, Niemand hat so etwas je zu mir gesagt. " Vorsichtig wische ich mit meinen Daumen seine Tränen fort.

,, Weil Schönheit nur von denen erkannt wird, die sie suchen. "  

Selbst die selbstbewusstesten unter uns haben manchmal Zweifel. Der Junge, der so aufgeblüht ist, als er in mein Leben getreten ist.

Leise, auf Zehenspitzen hat er es durch die Hintertür betreten und sich langsam aber sicher direkt in Richtung Herz begeben. Selbst der schönste Junge der Welt in meinen Augen zweifelt an sich selbst. Meine Aufgabe wird es sein diesem Engel die Augenbinde, die er trägt abzunehmen. 

Die Augenbinde, die ihm die wundervolle Sicht auf sich selbst versperrt. 
,, 'Cause when I'm with you", beginne ich sanft zu singen, ,, I'm in Utopia." 

Das ist anscheinend zu viel für meinen Freund, der letzte Staudamm bricht und die Tränen fließen ihm in Strömen die Wange hinunter. Doch er lächelt. Nein, er strahlt förmlich. So hell wie der Stern Sirius am Nachthimmel. 

,, Meine Güte, Ji ", er wischt sich über seine Augen mit seinem Handrücken, ,, Hör auf mit meinen Gefühlen Achterbahn zu fahren. " 

,, Ich fahr so viel Achterbahn wie ich will, Kooks ", necke ich ihn ebenfalls lächelnd. Ich kann wirklich nicht mehr damit aufhören. Immer wenn ich ihn auch nur sehe, dann liegt sofort ein Lächeln auf meinen Lippen. Er macht mich so glücklich.

Jungkook ist wie ein Virus, der Dopamin in jede meiner Zellen initiiert, mein Glücklichmacher. Mein Happyvirus. 

,, Das finde ich aber ganz schön dreist. Meine armen Gefühle sind auch nur bedingt bereit für dich zu zahlen. Irgendwann sind sie auch pleite. " 
,, Das lasse ich aber nicht zu." 
,, Und wie willst du das anstellen?"
Das ist so kitschig und schon beinahe klischeehaft wie aus einem Buch... 
,, So...", die letzten Zentimeter überwinde ich rasch und drücke meine Lippen auf die seinen.

Ich schließe meine Augen. Die Feuerwerke in meinem Magen werden wieder angezündet. Nach einem kurzen Zischen explodieren sie und erhellen mich von ihnen heraus. Nach dem ersten Mal musste ich feststellen, dass ich total abhängig von seinen nach Schokolade schmeckenden Lippen bin.

Allerdings ist das eine Sucht, der ich bereitwillig nachgehe.
 Ich kann nicht genug davon bekommen. Es ist so unglaublich schön. Ich will mehr. Mehr. Mehr, obwohl mein Körper anderweitig antwortet: Luft, erwidert er, Luft, Luft. 

Das ist unser zweiter Kuss. Ich habe ihn das erste Mal geküsst und nun auch das zweite Mal. Das wirkt auf eine bizarre Art und Weise bedürftig. Das nächste Mal soll er gefälligst die Initiative einleiten.

Damit das nicht so eine einseitige Sache wird. 
Er lächelt mich an: ,, Daran könnte ich mich gewöhnen. " 
,, Du bist so ein Idiot. " 
,, Dein Idiot. " 
,, Ich überlege mir das mit der Tsundere gleich, wenn du nicht aufhörst so kitschig zu sein. " 

,, Solange du kein Yandere bist, kann ich damit leben. " Er zwinkert mir zu. 
Ich seufze. Worauf habe ich mich nur wieder eingelassen? 

,, Meine Eltern werden mir den Kopf abreißen " , murmelt Jungkook auf einmal. 
,, Wegen mir? " Selbstverständlich wegen dir.
,, Wegen deinem Geschlecht. " Natürlich, er ist ein Junge, genauso wie ich. Das wird früher oder später zu einigen Problemen führen. Homosexualität ist noch immer nicht gerne auf dieser Welt gesehen.

Es ist ,,unnatürlich" und ,, ekelhaft". Allerdings verstehe ich das nicht.

Was ist ,, widerlich '' daran jemanden zu lieben. Liebe ist doch schön!

Außerdem warum misst man jemanden an seiner Sexualität?

Ist das nicht völlig egal, es ist doch der Mensch, der zählt! 
Jungkook ist mein erster Freund beziehungsweise erste Person, mit der ich eine Beziehung führe.

Ich habe mich nie so für Mädchen interessiert. Klar unterhalte ich mich mit ihnen. Aber das Bedürfnis eines zu küssen oder anzufassen habe ich noch nie verspürt. Ich dachte immer, das läge daran, dass noch nie das richtige dabei war. Es wird schon , dann bin ich eben allein. Gestört hat es mich nie. 

,, Wenn du deswegen nicht mit mir zusammen sein willst, verstehe ich das", erwidere ich ehrlich. In der Gesellschaft ist diese Form der Beziehung zu großen Teilen verpönt.

Homosexuelle mussten in der Vergangenheit viel Spott und Hass ertragen. Nicht nur in Asien, in allen Teilen der Welt. 
,, So ein Quatsch, Jim. Du wirst mich nicht mehr los und es ist nicht so, dass man sich das aussuchen kann. Ich bin so, das wusste ich schon länger. Wenn meine Eltern mich wirklich lieben, dann müssen sie damit klarkommen."

,, Meine Mutter würde dich bestimmt mögen. Ihre beste Freundin war auch lesbisch, deswegen war sie immer tolerant gegenüber anderen Sexualitäten. "

Ich merke nicht wie sich Tränen in meinen Augen bilden. Dieses Thema ist noch immer sensibel für mich. Wird es auch immer bleiben. Der jüngere nimmt mich wortlos in den Arm. 

,, Ich mag deine Mutter, selbst wenn ich sie nie persönlich hab kennenlernen dürfen. Denn ohne sie würde ich dich niemals kennengelernt haben", flüstert er in mein Ohr,

,, Ji, weinen ist völlig in Ordnung. Wenn du mit jemanden reden willst, höre ich dir gerne zu. Ich verurteile nicht. Auf welcher Grundlage überhaupt? Ich stehe auf Anime und Manga und kann nicht mit Mädchen sprechen. " 

Ich lehne meinen Kopf an seine Schulter. Ja, sie würde ihn definitiv mögen. Mama wollte stets nur mein Bestes. Und er ist das Beste, das mir passiert ist. Es ist wie ein Schlagabtausch. Ein Engel geht und ein anderer kommt stattdessen. Warum geht der eine nur? 

Weil ich sonst den anderen nie kennengelernt hätte. Jihyun und ich hätten uns nicht an dem Tag gestritten, er wäre nicht rausgerannt und ausgerechnet an Jungkooks Haus vorbei gestürmt.

Etwas schlimmes muss erst passieren, bevor etwas gutes es tut. Ein Regenbogen besteht sowohl aus Sonne als auch Regen. 
,, Kooks, die Rose wurde gebrochen, bevor der Sturm sie entblättert. " 
,, Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren. "  

,, Wann hast du Emilia Galotti gelesen? " 
,, Die selbe Frage kann ich dir auch stellen. Ich hab's nicht gelesen, aber das Zitat hab ich im Internet gefunden", gesteht Jungkook, während er sich verlegen am Kopf kratzt. 

,, Mit Verlaub das ist eine Schande, Werther. " 

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