♦️ Um den Schlaf gebracht

And I can't wait another minute
I can′t take the look she′s giving
Your body rocking, keep me up all night
One in a million, my lucky strike

Die kühle Nachtluft strich über meine Haut hinweg, während ich immer noch nach Luft rang. Jeder Atemzug brannte sich in meine Lungen, jeder Muskel schrie nach Erholung. Die Erschöpfung zog sich durch jede kleinste Faser meines Körpers, während der Stoff meines Oberteils an mir klebte wie eine zweite Haut.

Dieses Spiel hatte mich zweifellos bis an meine körperlichen Grenzen getrieben. Doch trotz der überwältigenden Erschöpfung war da noch etwas anderes, das sich kaum merklich in den Vordergrund drängte - ein leises, unterschwelliges Glücksgefühl.

Während ich auf dem harten Boden des Daches lag und die Sterne über mir betrachtete, konnte ich es nicht ignorieren. Vielleicht waren das nur die Nachwirkungen des Adrenalinstoßes. Vielleicht war es aber auch die Tatsache, dass ich zum ersten Mal nicht nur für mich selbst gekämpft hatte.

Ich drehte schwach meinen Kopf zur Seite. Izumi lag noch immer dort, ein erleichtertes Lächeln zierte ihre Mundwinkel. Ihre dunklen Augen funkelten sanft im Licht der Scheinwerfer und für einen kurzen Moment spürte ich eine seltsame innige Verbundenheit, die ich mir nicht erklären konnte.

Sie hatte mir vertraut. Und ich hatte ihr vertraut. Nur gemeinsam hatten wir es geschafft, dieses Spiel zu überleben.

"Alles in Ordnung?", flüsterte sie. Ihr Tonfall klang ungewöhnlich besorgt.

Ich nickte knapp.

"Ich werde-...ich werde noch ein bisschen hier liegen bleiben", sagte ich schnaufend und ließ erschöpft die Augen zufallen.

"Wo seid ihr denn hergekommen?"

"Wir dachten schon, ihr wurdet vom Laser erwischt."

Die Stimmen gehörten zu Kagura und Kiko.

"Wir haben einen anderen Weg genommen", hörte ich Izumi antworten.

Ich blinzelte ins Licht und sah, wie sie sich vom Boden aufrappelte und den Staub aus ihrer Kleidung klopfte. Dann erzählte sie den anderen ausführlich, was passiert war.

"Das neue Traumpaar vom Beach hat es also doch noch auf die andere Seite geschafft. Glückwunsch! Wann ist denn der Hochzeitstermin?", schallte Niragis spöttische Stimme zu uns herüber.

Mit Mühe richtete ich meinen Oberkörper auf und erhob mich mit einem Seufzer vom Boden. Auch wenn mir die Anstrengung noch tief in den Gliedern steckte, versuchte ich mir das vor den anderen nicht anmerken zu lassen.

Mein Mund verzog sich zu einem selbstgefälligen Lächeln.

"Hochzeit? Ich wusste ja gar nicht, dass du so ein Romantiker bist, Niragi? Oder bist du etwa eifersüchtig?"

"Nicht im Geringsten", knurrte er.

"Nun, falls es je dazu kommen sollte, kannst du ja die Blumen streuen. Das würde dir bestimmt gut stehen."

Niragi gab ein verächtliches Schnauben von sich und legte sich dann das Gewehr über die Schulter, um fast liebevoll darüber zu streichen.

"Ich würde lieber etwas Blut vergießen, damit die Zeremonie auch unvergesslich wird."

"Nicht verwunderlich, dass die Beziehung zu deinem Gewehr die einzige ist, die du jemals haben wirst."

Mit diesen Worten wandte ich mich von ihm ab und ging zu Izumi. Diese sah mich mit großen Augen an, als ich die Jacke um ihre Schultern wieder löste.

"Danke fürs Aufpassen", sagte ich und lächelte leicht.

Sofort schoss ihr das Blut in die Wangen.

"Gern", murmelte sie und zupfte verlegen an einer Haarsträhne.

Einen Moment überlegte ich, ob ich ihr bei dieser Gelegenheit eine lose Locke aus dem Gesicht streichen sollte, doch ich wollte Niragi nicht noch mehr Munition für dumme Sprüche liefern. Er war es auch, der die Kreuz 10 vor allen anderen vom Tisch nahm und sie triumphierend in die Luft hielt, als hätte er den Sieg vollkommen alleine errungen.

Auf dem Weg nach unten löcherte Kiko Izumi mit unzähligen Fragen zu dem, was uns widerfahren war.

"...Obwohl er am Ende fast umgefallen wäre, hat Chishiya nicht aufgegeben. Ohne ihn hätten wir es nicht geschafft."

Izumis Stimme klang fast verträumt, als sie ihr davon berichtete und suchte dabei immer wieder den Blickkontakt mit mir.

In ihren Erzählungen hörte es sich fast so an, als ob ich der Held gewesen wäre. Dabei wussten wir beide, dass in Wirklichkeit sie die treibende Kraft in dieser Geschichte war. Ich gab es nur ungern zu, aber ich war nicht auf die Idee gekommen, mir die Regeln noch einmal genauer anzusehen. Die Aufgabe, den Steg zu überqueren, erschien zu offensichtlich, um sie in Frage zu stellen.

Ihre Art zu denken mochte unkonventionell sein, aber ich war auch beeindruckt davon, wie schlau sie war, wenn es darauf ankam - und das in einer Situation, in der andere schon längst das Handtuch geworfen hätten.

Ich zuckte mit den Schultern.

"Mag sein, aber es lässt sich nicht leugnen, dass wir unser Überleben vor allem dir zu verdanken haben", erwiderte ich, als wir die lange Feuertreppe wieder hinabstiegen.

Mit Genugtuung beobachtete ich, wie sie erneut errötete und ein leises Kichern ausstieß. Irgendwie genoss ich es ein bisschen zu sehr, sie in Verlegenheit zu bringen, vielleicht weil ich ihre Reaktion jedes Mal so überaus unterhaltsam fand.

Sie verlangsamte ihr Tempo ein wenig und wartete, bis alle außer mir vorangegangen waren.

"Ich kann immer noch nicht fassen, dass wir es tatsächlich geschafft haben", gluckste sie, als wir nebeneinander her liefen und fächelte sich mit der Hand Luft zu. "Das war so aufregend. Mir ist immer noch total schwindelig."

Ihre Augen strahlten mich so euphorisch an, dass ich schmunzeln musste.

"Schön, dass dir die Aussicht auf meinem Rücken so gut gefallen hat", gab ich in meinem gewohnt zynischen Ton zurück.

Izumi hingegen war so aus dem Häuschen, dass sie die lange Feuertreppe fast nach unten schwebte.

Unten angekommen, verabschiedete sich Kagura von unserer Gruppe.

"Sie wäre eine gute Spielerin für den Beach gewesen. Sie hatte echt was drauf", meinte Hayashi, als wir ihr hinterher sahen.

Da konnte ich ihr nur beipflichten, doch im Moment hatte keiner von uns das Bedürfnis jemanden zu rekrutieren. Wir alle waren körperlich so ausgezehrt, dass wir nur noch zurück in unsere Hotelzimmer wollten. Hinzu kam, dass wir sowieso nicht genug Platz im Auto gehabt hätten, um noch jemanden mitnehmen zu können.

Wir kamen erneut an den vier Leichen vorbei. Izumi versuchte Kiko währenddessen gekonnt mit einem Gespräch abzulenken, was funktioniert hätte, wenn Niragi uns nicht nochmal explizit darauf aufmerksam gemacht hätte. Die Stimmung wurde danach wieder etwas beklemmender, sodass der restliche Weg bis zur Tiefgarage größtenteils schweigend zurückgelegt wurde.

"Ich werde zurück fahren", beschloss Hayashi aus heiterem Himmel, als wir wieder beim Auto angekommen waren.

"Gute Idee", stimmte ihr Izumi mit einem finsteren Blick in Richtung Niragi zu.

Dieser lachte nur schallend über ihre Bemerkung.

"Dafür brauchst du aber erstmal die Schlüssel, Schätzchen", sagte er und hielt ihr den Schlüsselbund provozierend vors Gesicht. Als sie danach greifen wollte, zog er sie mit einem selbstgefälligen Lächeln schnell wieder zurück. "Ts-ts-ts, glaubt ihr wirklich, ich lasse eine Frau ans Steuer?"

Hayashi verschränkte aufgebracht die Arme vor der Brust.

"Dann lass wenigstens Chishiya fahren!"

Niragis Augen wanderten bedrohlich in meine Richtung.

"Hey, das war nicht meine Idee", wehrte ich mit erhobenen Händen ab und setzte eine Unschuldsmiene auf.

"Ist noch jemand dagegen, dass ich zurückfahre?"

Er umfasste sein Gewehr, als müsste er uns daran erinnern, dass er bewaffnet war und wir nicht und blickte dann erwartungsvoll in unsere Gesichter.

"Ja, ich", sagte Izumi todesmutig nach kurzem Schweigen . "Wir alle sind dagegen. Du wurdest überstimmt."

Jetzt wurde sie ein wenig übermütig...

"Lass mich da bitte raus", protestierte ich, weil ich ahnte, wohin das führen würde, wenn sie Niragi widersprach.

Dieser schnaubte nur verächtlich.

"Nun, wenn das so ist, dann seht doch zu, wie ihr zurückkommt", sagte er mit einem sadistischen Grinsen auf den Lippen. Dann stieg er ins Auto, startete den Motor und brauste diabolisch lachend davon.

"Verdammtes Arschloch", rief Hayashi ihm hinterher, doch außer einer aufsteigenden Abgaswolke war von dem Wagen nichts mehr zu sehen.

"Gut gemacht", sagte ich an Izumi gewandt. "Ich hoffe, du hast auch einen guten Einfall, wie wir jetzt zurückkommen."

Sie lächelte peinlich berührt und rieb sich den Nacken.

"Also, könnten wir nicht eines von denen dort nehmen?", fragte sie und deutete auf die Fahrzeuge, die überall in dem Parkhaus verteilt waren.

Ich schüttelte seufzend den Kopf.

"Die meisten Fahrzeuge außerhalb des Beach laufen mit IC-Chips, die in Borderland nicht funktionsfähig sind, selbst wenn wir die Fahrzeuge kurzschließen würden."

"Aber wie laufen dann unsere Autos?", fragte sie stirnrunzelnd.

"Im Beach gibt es Automechaniker. Ihnen ist es gelungen, die Fahrzeuge mit anderen althergebrachten Hilfsmitteln zum Laufen zu bringen. Ich vermute mal, dass keiner von euch sich damit auskennt." Erwartungsvoll blickte ich in die Gesichter der drei Frauen, die alle betreten schwiegen. "Dachte ich mir."

"Und was machen wir jetzt?", fragte Kiko und blickte unsicher zwischen uns allen hin und her.

"Wir haben zwei Möglichkeiten: Entweder wir suchen uns ein altes Fahrzeug, das ohne IC funktioniert, oder wir laufen."

"Wie alt müsste dieses Fahrzeug denn sein?", fragte Izumi neugierig.

Ich grinste schief.

"Ein Oldtimer, vielleicht aus den 60er Jahren."

Izumi stöhnte und griff sich resigniert an die Stirn, um ihre Schläfe zu massieren.

"Sowas finden wir doch nie."

"Wie lange wären wir unterwegs, wenn wir zu Fuß zurück gehen?", fragte Hayashi.

"Anderthalb Stunden würde ich schätzen", entgegnete ich nachdenklich. "Es wäre auf jeden Fall machbar."

Hayashi verzog missmutig das Gesicht. Izumi hingegen gähnte und rieb sich die geröteten Augen.

"Ich denke nicht, dass wir heute noch dazu fähig sind", bemerkte Hayashi mit einem Seitenblick auf Izumi. "Nicht nach diesem Spiel. Aber wir könnten über Nacht hierbleiben. Dieses Gebäude hat ein Hotel und Essen könnten wir uns sicherlich auch aus den Geschäften besorgen."

Sie warf einen fragenden Blick in die Runde, während Kiko nervös an ihrem Ärmel zupfte.

"Klingt gut. Ich könnte wirklich etwas Schlaf vertragen", sagte Izumi und ließ sich ermattet gegen eines der Fahrzeuge sinken.

Ich hob erstaunt eine Augenbraue und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Und ich dachte, ich wäre derjenige von uns beiden, der sich körperlich am meisten verausgabt hat."

Mit einem müden Lächeln blickte sie zu mir auf.

"Aber ich habe dich motiviert, das zählt auch! Davon mal abgesehen, sollten wir uns alle ein wenig ausruhen, bevor wir den Rückweg antreten."

"Schön", seufzte ich ergeben, weil ich wusste, dass sie Recht hatte. Auch wenn ich es ungern zugab, aber ich war immer noch so erschöpft, dass ich kaum gerade stehen konnte, "dann bleiben wir bis morgen hier."

Da der Strom im Gebäude nach dem Spiel längst wieder abgeschalten worden war, waren wir gezwungen den Notausgang durch das Treppenhaus zu nehmen. Mit der Taschenlampe in der Hand leuchtete ich uns den Weg nach oben. Glücklicherweise befand sich das Hotel in den unteren Etagen, sodass uns ein längerer Aufstieg erspart blieb.

Wir betraten die düstere Lobby. Der Mond, der von draußen durch das Fenster schien warf lange Schatten auf den Boden und tauchte die Umgebung in ein mystisches Licht.

"Wir sollten uns ein Zimmer suchen und etwas schlafen", flüsterte Hayashi und blickte sich in der opulenten Eingangshalle um. "Morgen können wir versuchen etwas Proviant aufzutreiben."

Die anderen nickten.

Wir nahmen den geschwungenen Treppenaufgang nach oben, der zu einem langen Korridor mit zahlreichen Zimmern führte. Auf dem Weg dorthin legten wir einen kurzen Zwischenstopp bei dem Restaurant ein und fanden immerhin noch ein paar ungeöffnete Wasserflaschen, die wir beschlossen mit auf unsere Zimmer zu nehmen. Außerdem ließ ich noch ein Feuerzeug und ein paar Teelichter mitgehen, die ich auf den Tischen entdeckt hatte.

Izumi sah mich stirnrunzelnd an.

"Wir haben nur eine Taschenlampe und ich gehe davon aus, dass wir nicht alle zusammen in einem Zimmer übernachten werden", antwortete ich auf ihre stumme Frage.

"Stimmt, daran hatte ich gar nicht gedacht", murmelte sie verlegen.

Oben im Korridor teilten wir uns auf. Die drei Frauen suchten sich ein Zimmer mit zwei großen Doppelbetten, während ich mich in das Kleinere gegenüber zurückzog.

Kiko und Hayashi waren bereits vorgegangen. Izumi stand noch kurz unschlüssig auf dem Gang, als würde sie darauf warten, dass ich etwas sagte. Etwas irritiert zog ich die Augenbrauen zusammen.

"Also, wir sehen uns morgen", durchbrach ich schließlich die peinliche Stille und wandte mich von ihr ab, um die Tür zu öffnen.

"Chishiya, warte", hielt sie mich unvermittelt zurück. Ich blieb stehen und wandte mich milde erstaunt zu ihr um. "Ich wollte nur sagen: Danke für alles. Danke, dass du mir vertraut hast und bis zum Schluss für uns gekämpft hast", wisperte sie und lächelte wieder dieses Lächeln, das mich kurzzeitig aus der Fassung brachte.

Trotz der Dunkelheit erkannte ich, dass ihr Gesicht wieder ein wenig Farbe annahm.

Ich nickte nur knapp.

"Ich habe getan, was nötig war", sagte ich so gleichgültig wie möglich und versuchte, das Herzklopfen in meiner Brust zu ignorieren. "Jetzt ruh dich aus, Izumi."

"Du auch, Chishiya. Schlaf gut."

Ihre Stimme war sanft, doch mir entging nicht, dass ein Hauch Enttäuschung darin mitschwang.

Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, atmete ich etwas auf und befreite mich zuerst von den verschwitzten Klamotten, die inzwischen unangenehm auf der Haut klebten. Erst dann sah ich mich eingehender in dem Hotelzimmer um und stellte erstaunt fest, dass es bewohnt wirkte.

Ein großer Koffer stand auf dem Boden, ein Handtuch lag über der Rückenlehne eines Stuhls und auf dem Tisch stand ein Laptop, der aufgeklappt war, als hätte gerade eben noch jemand daran gearbeitet. Daneben lagen ein Notizheft, Stifte und eine geöffnete Kekspackung. Ich griff hinein und nahm mir einen heraus. Sie waren schon etwas angetrocknet, stillten aber wenigstens den groben Hunger.

Ich ging nebenan ins Badezimmer. Auch hier waren überall zahlreiche Gegenstände verteilt. Offenbar hatte hier jemand gewohnt, zu der Zeit, als alle Menschen spurlos verschwunden sind. Alles wirkte wie stehen und liegen gelassen, als hätte jemand diesen Ort fluchtartig verlassen.

Den Drogerieartikeln und der Kleidung nach zu urteilen, war es ein Mann um die 30 bis 40, der sich hier einquartiert hatte.

Ich legte die Taschenlampe auf dem Waschbecken ab und stellte mich in die Dusche. Dann seifte ich mich kurz mit etwas Duschgel ein, das ich gefunden hatte. Mit dem Wasser aus den Flaschen machte ich mich kurz frisch und schrubbte mir den Schweiß des letzten Spiels von der Haut.

Danach durchstöberte ich die Garderobe des Mannes, der einen teilweise sehr fragwürdigen Kleidungsstil hatte. Ein T-Shirt mit einem lächerlichen "I love Tokyo"-Aufdruck fiel mir in die Hände. Auch, wenn es viel zu groß war, zog ich es über. Wenigstens roch es noch ein bisschen frisch.

Ich öffnete das Fenster und ließ mich dann völlig entkräftet in die Kissen des großen Doppelbettes sinken. Erleichtert seufzte ich auf. Die bequeme Matratze war eine wahre Wohltat für meine überstrapazierten Muskeln.

Ich schloss die Augen, doch meine Gedanken kehrten schnell zu den jüngsten Ereignissen zurück. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so verbissen um mein Leben gekämpft hatte.

Nein, nicht nur um mein Leben.
Auch um ihres.

Schließlich war sie der Schlüssel zur Umsetzung meines Plans. Izumi musste leben. Zumindest so lange, bis sie mir geholfen hatte, die Karten zu stehlen.

Ich verschränkte die Arme hinter meinem Kopf und starrte gedankenverloren zur Decke hinauf. Die Stille, die mich umgab, war überaus befriedigend, doch trotz der lähmenden Erschöpfung, war mein Geist ruhelos.

Der Moment, als ich mit Izumi das Dach erreichte und wir nebeneinander zu Boden gefallen waren, ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Das überwältigende Gefühl, das mich dort erfasst hatte, klang noch immer in mir nach und inzwischen zweifelte ich daran, dass es nur das Adrenalin gewesen war.

Izumis unerschütterlicher Glaube an mich hatte mich zu Höchstleistung auflaufen lassen. Der Kampf ums Überleben hatte uns näher zusammengebracht und ihre Willensstärke und ihre Gerissenheit hatten mich ungewollt beeindruckt. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte es sich angefühlt, als sei ich wirklich lebendig.

Unwillkürlich tauchte Izumis Lächeln vor meinem inneren Auge auf. Ihre geröteten Wangen, die leicht zerzausten Locken.

Wie auf Befehl schoss mein Puls in die Höhe. Zur Kontrolle legte ich einen Finger an meine Halsschlagader.

Mein Herzschlag konnte nicht lügen, oder?

Ich seufzte schwer und schüttelte die Gedanken schnell wieder ab.

Unsinn, sie war nur Mittel zum Zweck.

Es war nur ein kurzer Moment der Schwäche, mehr nicht. Morgen, wenn der Adrenalinrausch vorbei war, würde das alles Schnee von gestern sein.

Ich drehte mich auf die Seite, schloss die Augen und versuchte, meine Gedanken zwanghaft auf Schlaf zu richten.

Ein leichtes Frösteln erfasste meinen Körper. Der kühle Wind strich über meine Haut, und als ich die Augen öffnete, blickte ich in das weite Himmelszelt, das sich über der Stadt ausbreitete. Ich lag rücklings auf dem Boden, doch ich spürte sofort, dass ich nicht alleine war. Ich drehte meinen Kopf zur Seite. Dort lag Izumi, ihr Gesicht sanft vom Mondlicht erhellt. Ein liebevolles Lächeln umspielte ihre Lippen, während ihre Wangen vor Verlegenheit glühten. Bei ihrem Anblick begann mein Herz sich zu überschlagen.

"Du hast es geschafft, Chishiya", hauchte sie.

In ihren entschlossenen Augen sprang ein Funke über und plötzlich war da noch etwas anderes, das ich nicht benennen konnte. Sie kam näher, und bevor ich reagieren konnte, war sie über mir und sah mir tief in die Augen. Wie gebannt starrte ich zurück und verlor mich für einen Moment im dunklen Widerschein ihrer Iris. Ich streckte meine Hand nach ihr aus und strich zärtlich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.

Sie lächelte wieder und beugte sich, ohne ein Wort zu sagen, zu mir hinab, um mir ihre Lippen aufzusetzen. Das Herz in meiner Brust bäumte sich erneut auf. Eine Erfahrung, die sowohl neu, als auch aufregend war. Ich ließ mich von ihr mitreißen, völlig überwältigt von dem Gefühl, das ihre Berührung in mir auslöste. Die Welt um uns herum schien zu verblassen, und für diesen kostbaren Augenblick gab es nur uns beide.

Eindringlich zog ich sie näher, beinahe besessen von der berauschenden Intensität dieses Moments. Ein intensives Prickeln zog sich langsam durch meinen Körper wie eine Welle, die sich bis in meine tiefsten Körperregionen ausbreitete.

Erschrocken fuhr ich hoch und saß plötzlich aufrecht im Bett, mein Herz hämmerte unerbittlich gegen meinen Brustkorb. Die Dunkelheit verriet, dass es noch mitten in der Nacht war. Ich presste meine Hand auf die Brust, fühlte, wie das Herz darin pumpte. Doch, als ich an mir hinabblickte, stellte ich schnell fest, dass das bei weitem nicht das einzige alarmierende Signal war, das mein Körper mir gab.

Ich schloss die Augen und versuchte wieder mich zu entspannen, indem ich mich zurück in die Kissen sinken ließ und an etwas Unverfängliches dachte. Doch je mehr ich versuchte meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken, desto stärker drängten sich die Bilder aus dem Traum in mein Bewusstsein: ihr sich eng an mich schmiegender Körper, unserer leidenschaftlich verschmolzenen Münder, meine Finger, die fest in ihrem Haar vergraben waren.

Meine Hand glitt unter die Decke und schob sich unter meinen Hosenbund, kurz davor, dem unangenehmen Druck, der sich in mir aufgestaut hatte, nachzugeben. Doch ich zögerte.

So viel Macht über mich und meine Gedanken durfte ich ihr nicht geben.

Ich war derjenige, der sie zu meiner Marionette machen würde.
Ich war derjenige, der sie nach meinen Wünschen manipulierte.
Und ich war derjenige, dem sie verfallen war.

Nicht andersherum.

Diese Frau war mir vollkommen gleichgültig.

Und ihr Lächeln konnte mir gestohlen bleiben.

Punkt.


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