07
PoV. Chan
Ich hätte nicht gedacht, dass jemals jemand so starke Lust darauf hat, sich mit mir zu treffen. Für alle andere bin ich nur unwichtig gewesen, während mir Felix das Gefühl gibt, als wäre ich das Zentrum des Sonnensystems.
Heute treffen wir uns in diesem einem Café, in dem mich Felix einmal hingebracht hat, nachdem ich mich umbringen wollte. Dieses Café habe ich ganz verlockend empfunden und aus diesem Grund lasse ich mich darauf ein, obwohl ich ihn am liebsten loswerden möchte.
Spätestens, wenn er mich besser kennenlernt, wird er sich von mir distanzieren und dann kann ich mich problemlos umbringen.
Ich mache mich auf dem Weg, indem ich mich aus dem Jugendheim ausschleiche. Sollten sie noch einmal mitbekommen, dass ich wieder irgendwo ohne ihre Erlaubnis rausgehe, dann wollen sie mir Hausarrest erteilen. Ich halte nichts von ihren Vorschriften, da ich eigentlich schon fast volljährig bin und da könnte man mich nicht wie ein kleines Baby behandeln.
Auf dem Weg zum Café habe ich eine geraucht und als ich ankomme und den aufgebrauchten Stummel auf den Boden schmeiße, gehe ich gelassen auf Felix zu. Meine Mundwinkeln bewegen sich nicht einmal nach oben. Wieso denn auch? Ich habe keinen Grund, glücklich zu sein. Auch wenn ich die Gelegenheit bekomme, einen neuen Menschen kennenzulernen... lieber will ich mich von der nächsten Brücke stürzen lassen, da auch keine Freundschaften mehr mein Leben können.
Mal sehen, wenn ich diesen kleinen Australier vom Hals habe.
„Hey Hyung!" kommt sofort von Felix, während sich auf seinen Lippen ein breites Lächeln bildet.
„Hey Felix..." begrüße ich ihn, wobei ich mein bestes gebe, nicht monoton zu klingen.
„Alles gut bei dir? Hast du gut geschlafen? Genug gegessen?" fragt der kleine blondhaarige Junge mich aus, als würde es ihm etwas angehen.
Ich zucke mit den Schultern und frage direkt: „Können wir uns an diesem einen Tisch da setzen? Insofern es dir nicht kalt ist, Felix."
„Nein.. es macht mir nichts aus! Lass uns da hinsetzen." ruft Felix amüsiert, doch es ist ein leichter verzweifelter Unterton rauszuhören. Ist es deswegen, dass ich ihm nicht gesagt habe, wie es mir geht? Was soll's?
„Was hast du heute so gemacht, Hyung?" fragt mich Felix weiter aus und diese Rumfragerei geht mir jetzt schon etwas auf dem Sack. Was soll ich da noch sagen? Hoffentlich werden die Fragen immer weniger, je mehr ich ihm beantworte.
„Nicht viel... ich habe etwas im Bett gelegen und dann bin ich spazieren gewesen. Als ich dann zu Hause angekommen bin, habe ich die Einladung von dir erhalten... also habe ich mich jetzt auf dem Weg zu dir gemacht und wie du siehst.. ich lebe noch.. ich atme noch." beantworte ich ehrlich.
Ich atme noch. Schwer atme ich noch einmal ein und aus, ehe von mir ein wenig freundlicher gebe: „Und du Felix? Alles gut bei dir? Was hast du heute so gemacht?"
„Hmm.... gezockt wie immer. Und heute Morgen war ich ebenso joggen. Eigentlich zocke ich nur noch und von daher könnte ich ein wenig Abwechslung in meinem Alltag gebrauchen.
„Interessant..."
„Ah und mir geht es eigentlich ganz gut.. abgesehen davon, dass ich mich ein wenig langweile zu Hause. Dieses Treffen wird mir ganz gut tun!" behauptet Felix und ich spüre so ein unangenehmes Kribbeln im ganzen Körper, als wäre ich gegen seinen Optimismus und seiner Zuversicht allergisch. All die positiven Affirmationen bringen einen nichts weiter, wenn Karma einen Schritt voraus ist.
Ich studiere diesen Jungen von oben bis unten. Sein Aussehen passt total zu seinem Charakter, aber keineswegs zu seiner Stimme. Wie kann so ein kleines Kücken eine Stimme von einem unabhängigen Rocker haben? Das ist das größte Wunder, welches ich höchstpersönlich erlebt habe.
Ja.. ich mag seinen Charakter eigentlich, wobei ich diesen nicht wirklich kenne. Allerdings kann ich sagen, wie Felix auf mich rüberkommt. Felix scheint, eine liebevolle und fürsorgliche Person zu sein. Er wirkt an manchen Stellen ziemlich nervös. Vielleicht hat er Angst, etwas Falsches zu sagen, da ihm bestimmt aufgefallen ist, wie sensibel ich bin. Ich betrachte seine Kleidungsstücke und da stelle ich sofort fest, dass er reich sein müsste. Sein ganzer Schmuck, sein brandneues Handy. Er muss wirklich reich sein und trotzdem hängt er mit so einem Nichtsnutz namens Chan ab? Okay... es besteht die Chance, dass er mich nicht mag und nur mit ihr abhängt, um als Held dazustehen.
Ich weiß nicht... ich kann niemals so gut Menschen einschätzen...
PoV. Felix
Wir haben uns Kaffee bestellt und nachdem dieser auf unserem Tisch angekommen ist, trinkt Chan den ersten Schluck von diesem. Ich warte da immer ein wenig, da ich keine Lust habe, mir die Zunge zu verbrennen.
Chan hat für uns beide ausgegeben. Vorhin hat er gemeint, dass er sich schnell schlecht fühlt, wenn man für ihn Geld ausgibt und das der Grund ist, wieso er das diesmal tuen wollte. Also würde ich mal sagen, dass wir quitt sind, was Bezahlen angeht. Aber im ernst... ganz gleich, wie kalt und zurückhaltend Chan rüberkommen kann: Ich weiß, dass er einen weichen Kern hat. Er ist ganz bestimmt ein hilfsbereiter, netter Mensch, der sich um die anderen mehr kümmert, als um sich selbst. Selbstlos. Er gibt mir das Gefühl, dass er die selbstloseste Person auf diesem Planeten ist und ich weiß nicht einmal wieso.
Ängstlich ist er auch. Er traut sich nicht zu öffnen. Er hat Angst, dass ich ihn verlasse, da er am Ende keinen mehr hat. Zumindest meint er, dass er keine anderen Freunde hat. Er hat eine sehr große Angst, enttäuscht zu werden, was ich vollkommen nachvollziehen kann. Vor allem hat man keine allzu hohen Ansprüche und trotzdem wird man am Ende sitzen gelassen. Das passiert beliebten Menschen auf der Schule oft.
Ob ich ihn nerve? Ja, bestimmt, aber was soll ich sonst tuen, wenn ich ihn davon abhalten will, sich umzubringen? Ich muss ihn bewachen, als wäre ich sein Schutzengel. Irgendwie gefällt mir diese Rolle und diese werde ich auch ernst nehmen, auch wenn ich Chan Hyung möglicherweise auf die Nerven gehe. Ich habe ihn davon abgehalten, sich umzubringen, also werde ich weiterhin mein bestes geben, damit er das nicht noch einmal versucht.
„Felix.. trink deinen Kaffee. Sonst wird der noch kalt!" meint Chan und schaut abwechselnd zu meiner Tasse und zu mir rüber, ehe dieser sich eine Kippe in den Mund steckt und diese anschließend anzündet. Mir gefällt dieser Anblick nicht, doch was soll man machen?
Nun nehme ich einen Schluck Kaffee zu mir zu und tatsächlich ist mein Kaffee um einiges kühler geworden. Mir macht es nichts aus, wenn ich am Ende einen Eiskaffee trinke. Es gibt schlimmere Probleme, wie zum Beispiel, dass ich Angst um Chans Leben habe!
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