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»Da bist du ja Jimin! Hat deine Warnung gewirkt?« Mrs. Chang erhob sich aus ihrem Stuhl und kam den Brünetten entgegen.
Dieser zuckte mit den Schultern. »Ich hoffe. Er war nicht gerade nett.«
»Keine Sorge, mein Junge. Solchen Menschen wirst du noch oft in deinem Leben begegnen und dann musst du das beste aus der Situation machen.«
Die Chefbibliothekarin lächelte aufmunternd und ließ sich wieder auf ihrem Stuhl nieder. »Wenn der Besucher wieder auffällt, dann werde ich mich um ihn kümmern.«
Mrs. Chang schenkte Jimin ein weiteres Lächeln und wandte sich dann dem Computer auf dem Tisch vor ihr zu.
Der Koreaner beobachtete sie einige Zeit lang und dachte über ihre Worte nach. Sie hatte definitiv recht.
Und das beste im Moment war, den jungen Mann zu vergessen und seiner Arbeit nachzugehen.
»Mrs. Chang, gibt es irgendetwas für mich zu tun?«, wollte Jimin wissen und lehnte sich an die Tischkante.
»Wenn du schon fragst: Gestern wurden einige Bücher abgegeben, bist du so nett und räumst die bitte wieder zurück an ihre Plätze?« Mrs. Chang rollte in ihrem Stuhl etwas zurück und zeigte auf den Bücherwagen, der schon fast überquoll.
»Kein Problem.«, grinste Jimin, erfreut über die ihm aufgetragene Arbeit.
Er schnappte sich den Wagen und schob ihn etwas von der Ausleihe weg, um in Ruhe durch die Bücher zu gehen.
Viele Krimi- und Horrorbücher, einige Liebesromane, Kinderbücher und Bücher aus der Wissenschaftsabteilung.
Da musste Jimin eine sehr große Runde laufen und leider auch bei dem unfreundlich jungen Mann vorbei.
Er seufzte und entschied, erstmal ans andere Ende der Bibliothek zu gehen und die Kinderbücher einzuräumen.
Langsam schob er den Wagen vor sich her, immer auf der Hut, um dem Schwarzhaarigen nicht zu begegnen.
Endlich kam er in der Abteilung für die Kinderbücher an und wurde fast von einem kleinen Mädchen umgerannt.
»Tut mir leid. Ich besser aufpassen nächstes Mal.«, meinte sie mit großen Kulleraugen und zog einen Schmollmund.
Jimin schmolz bei diesem Anblick beinahe weg und lächelte das kleine Mädchen sanft an. »Alles gut, meine Kleine. Bist du auch nicht verletzt?«
»Mir geht es gut!« Sie zeigte Jimin ihr breitestes Grinsen und klammerte sich plötzlich an seine Beine.
»Saejin!« Die helle Stimme einer jungen Frau drang an Jimins Ohren und sofort löste das Mädchen ihre Umklammerung. Sie grinste noch einmal, rannte dann schnell nach rechts und verschwand hinter einem Bücherregal.
Der Brünette schüttelte amüsiert den Kopf und bog nach links in eine Reihe ein. Er begann die Bücher in die Regale einzuschlichten und pfiff dabei ein Lied vor sich her, das sich in seinem Kopf festgesetzt hatte.
Viele Minuten vergingen und Jimin arbeitete sich durch den Haufen an Büchern. Schließlich war er in der Nähe des jungen Mannes angekommen, woraufhin er etwas nervös wurde.
Die Tränen wollten sich wieder nach oben kämpfen, doch der Koreaner hielt tapfer dagegen.
»Du darfst dir nicht immer alles so zu Herzen nehmen.«, redete er sich ein und blieb stehen, um durch ein Bücherregal zu dem Schwarzhaarigen zu blicken.
Jimin seufzte und setzte sich auf den Boden, denn die Angst, wieder von dem Mann beleidigt zu werden, kam zurück.
Allerdings überkam ihn auch immer mehr die Neugier. Jimin wollte wissen, ob das, was der Schwarzhaarige gesagt hatte, wirklich stimmte.
Bis jetzt hatte er sich nie Gedanken über den Besitzer der Bibliothek gemacht, in der er arbeitete.
Also holte Jimin sein Handy heraus und gab in die Suchleiste 'Sohn des Besitzers der Sancheon-Bibliothek' ein.
Sofort ploppten zahlreiche Artikel über die Bibliothek und einen Mann namens Min Siwon auf.
Tatsächlich hatte der Mann gewisse Ähnlichkeiten mit dem Schwarzhaarigen. Stirnrunzelnd klickte Jimin auf einen relativ aktuellen Artikel, in dem es um die Familie Min gehen sollte.
Er scrollte durch die Seite und blieb schließlich bei einem Bild hängen, auf dem ein junger Mann im Anzug neutral in die Kamera starrte.
Die Bildunterschrift lautete: Min Yoongi.
»Min Yoongi...«, murmelte Jimin und las sich die Zeilen neben dem Bild durch.
Er konnte erfahren, dass der Schwarzhaarige 23 Jahre alt war, gerade mal ein Jahr älter als er selbst, und Jura studierte.
Dass seine Familie und damit auch Yoongi stinkreich waren, war Jimin natürlich nicht entgangen.
»Reiches Arschloch...«, flüsterte Jimin wütend und steckte sein Handy wieder weg.
Er erhob sich und begann verärgert die letzten Bücher einzuräumen und versuchte so gut wie möglich, den Schwarzhaarigen aus seinen Gedanken zu verdrängen.
Er verstand einfach nicht, wieso sich solche Menschen für etwas besonderes hielten, nur weil sie Geld hatten.
Jimin verabscheute diese egozentrischen, aufgeblasenen und geldgeilen Menschen, die dachten, sich über alles und jeden stellen zu können.
»Mistkerl!«, fluchte er und trat mit dem Fuß gegen das Bücherregal. "Ah, verdammt!" Jammernd hielt er sich den Fuß und hüpfte einbeinig auf einer Stelle umher.
Doch plötzlich wurde der Brünette mit voller Wucht zur Seite gezogen und er fiel in ein Paar starker Arme.
An der Stelle, wo er gerade noch stand, knallten polternd einige Bücher auf den Boden, woraufhin Jimin erschrocken den Kopf einzog.
»Karma...« Das selbstgefällige Grinsen konnte der Brünette sofort aus dem Flüstern heraushören.
Doch als er realisierte, wem die Stimme gehörte, wich Jimin angewidert zurück. »Was soll das?«, keifte er und hob fluchend die Bücher wieder auf.
»Warte.« Der Schwarzhaarige hockte sich neben Jimin und wollte ihm die Bücher aus der Hand nehmen.
»Fass mich nicht an!« Diesmal war es Yoongi, dem ein böser Blick zugeworfen wurde.
»Wie wäre es mit einem Dankeschön?!«, schoss dieser, seine Freundlichkeit vergessend, zurück.
»Wer hat mich denn vorhin so angegangen? Da bedanke ich mich sicherlich nicht. Ich wäre lieber von den Büchern getroffen worden, als dass du mich gerettet hättest.«
Jimin drehte sich von Yoongi weg und beachtete den Koreaner kein Stück mehr. Schnell sammelte er die restlichen Bücher ein und stellte sie zurück ins Regal.
Sein Blick huschte dann doch zu dem Schwarzhaarigen, allerdings musste er feststellen, dass dieser verschwunden war.
»Besser so.«, murmelte der Brünette und schob den nun leeren Bücherwagen wieder zurück zur Ausleihe.
»Ach, Jimin!« Mrs. Chang winkte dem gerade Herankommenden zu und deutete ihm, sich zu ihr zu gesellen.
Er ließ den Wagen stehen und tat, wie ihm gehießen.
»Du kannst heute früher Schluss machen. Es werden bis Mittag nicht mehr viele Besucher kommen, das schaffe ich auch alleine.«, lächelte Mrs. Chang.
Auch Jimin fing, erfreut über die gute Nachricht, an zu grinsen. »Vielen Dank.« Er verbeugte sich und eilte schnell in den Angestelltenbereich.
Nach einigen Sekunden kam er zurück, hatte sich eine dünne Bomberjacke übergeworfen und seinen Rucksack lässig über der Schulter hängen.
»Bis morgen und genieß das schöne Wetter!«, rief Mrs. Chang ihm noch zu, ehe Jimin mit einem breiten Lächeln durch die Vordertür verschwand.
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