. ⋅ ˚̣- : ✧ : - ⭒Kapitel 19⭒ - : ✧ : -˚̣⋅ .
◇ ─ ◇ ── ◇ ── 19 ── ◇ ── ◇ ─ ◇
. ⋅ ˚̣- : ✧ : – ⭒✦⭒ – : ✧ : -˚̣⋅ .
Das Wetter passt erstaunlich gut zu Yoongis Gemütslage. Es regnet in Strömen und als er endlich am Shadow ankommt, ist seine dünne Jacke völlig durchnässt. Durch seine kaputten Lederboots sickert das Wasser der Pfützen und weicht seine Füße auf. Er friert. Nicht nur, weil es immer noch ungewöhnlich kalt ist, obwohl es schon Anfang März ist. Das schlechte Gewissen lässt ihn frösteln. Zwar hat Jimin ihn gestern Morgen mit einem strahlenden Lächeln begrüßt, als sie nebeneinander wach geworden sind, aber das ändert nichts daran, dass Yoongi sich Selbstvorwürfe macht. Es war ein Fehler, auch wenn Jimin ihn mehrfach vom Gegenteil überzeugen wollte. Eigentlich könnte er es dabei belassen, auf seine Worte vertrauen und die Sache abhaken. Aber das schafft er nicht. Seine Gedanken kreisen durchgehend darum, wie die Situation eskalieren konnte und wie er es hätte verhindern können. Er darf auf keinen Fall zulassen, dass es nochmal passiert. Aus dem Grund hat er beschlossen, Hoseok heute darauf anzusprechen. Alleine schafft er es nicht, das klar zu kriegen, und so ungerne er auch über seine Belange spricht, braucht er einen Freund, der ihm hilft.
Yoongi hat die ganze Woche Mittelschicht. Für gewöhnlich mag er die Dienstzeiten so gar nicht. Aber Dinge ändern sich. Er ist froh, dass er dadurch nicht so spät Feierabend hat und die Chance bekommt, noch mit Jimin zu reden. Außerdem hat er dadurch Zeit, mit Hoseok zu sprechen. Der einzige Nachteil ist, dass er seinem anderen Kollegen nicht aus dem Weg gehen kann. Er hasst es, mit ihm zusammenzuarbeiten. Ständig meckert er an Yoongi rum, weist ihn darauf hin, welche Aufgaben er zu erledigen hat und gibt ihm nicht eine Minute mal Zeit, um durchzuatmen. Mit Hoseok sind die Dienste viel entspannter. Vielleicht sollte er ihm bei Gelegenheit dafür danken, dass er oftmals für ihn mitarbeitet, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.
Als das Türglöckchen erklingt, schaut Yoongi erwartungsvoll zum Eingang und erkennt einen freudestrahlenden Hoseok. Er ist wie immer ein paar Minuten zu früh und redet noch kurz mit ihrem anderen Kollegen, ehe dieser seine Frühschicht endlich beendet und das Shadow verlässt. Als das Türglöckchen ein weiteres Mal erklingt, atmet Yoongi erleichtert durch. Hoseok fällt das sofort auf und setzt sich zu ihm. Ein aufbauendes und neugieriges Lächeln schmückt sein Gesicht. "Okay, schieß los. Was ist passiert, dass du so dreinschaust? Wieder was mit Jimin?"
Wie immer treffsicher, denkt Yoongi und seufzt gequält auf. Angestrengt reibt er sich über die Augen und versucht passende Worte zu finden, die erklären können, was geschehen ist. Hoseok steht noch immer vor ihm und hat seine Jacke über seinen Arm gehängt, um den Regenschirm zusammenklappen zu können. Yoongi beobachtet gedankenabwesend, wie sich dabei einzelne kleine Regentropfen vom Schirm lösen und zu Boden fallen. Immer mehr schließen sich zu einer Einheit zusammen. Yoongi versinkt in Gedanken. Jeder noch so kleine Tropfen hat dazu beigetragen, dass die Pfütze größer wird. Wie bei Jimin und ihm. All ihre Begegnungen sind wie die Regentropfen. Einzeln betrachtet fallen sie kaum auf. Aber es sind schon lange keine einzelnen Tröpfchen mehr. Sie haben sich zu einer riesigen Pfütze angesammelt und machen Yoongi nun sein Leben schwer. Eins ist sicher. Es ist schon viel zu viel passiert. Es hat sich zu viel angesammelt.
"Pass auf", sagt Hoseok, als von Yoongi keine Reaktion kommt, "Ich mach uns jetzt einen Kaffee und dann erzählst du ganz in Ruhe, was passiert ist, okay?"
Yoongi reagiert darauf nicht. Seine Zustimmung gibt er nur gedanklich. Das Einzige, was er schafft zu sagen, ist, dass Hoseok sie Pfütze gleich aufwischen sollte. Dieser schaut auf dem Boden, fängt breit an zu grinsen und verschwindet im Nebenraum. Yoongi kann seinen Blick einfach nicht von der kleinen Wasseransammlung abwenden. Wie konnte das nur passieren? Wie konnte sich das zwischen ihnen nur so schnell entwickeln? Er ist doch sonst nicht der Typ für irgendwelche Liebschaften. Er ist bis jetzt immer gut alleine zurechtgekommen, ohne dass ihm was gefehlt hat. Wieso ausgerechnet Jimin?
"Erde an Yoongi!" Erschrocken schaut der Angesprochene hoch und sieht, dass Hoseok bereits wieder vor ihm steht. Samt zweier Kaffeetassen. War er so tief in seinen Gedanken verschollen? "Oh Mann. Keine Ahnung, was passiert ist, aber es muss echt heftig sein. Du stehst ja noch mehr neben dir, als sonst", kommentiert Hoseok, ehe er sich einen Stuhl schnappt und sich zu ihm setzt. "Also, dann erzähl mal, wa...-" Yoongi lässt seinen Kollegen gar nicht erst ausreden, sondern platzt, ohne weiter darüber nachzudenken, mit der Information raus. "Ich bin mit Jimin im Bett gelandet und hab ihm einen runtergeholt."
Stille.
Yoongi glaubt, dass das Shadow noch nie so still war. Hoseoks Augen sind vor Fassungslosigkeit weit aufgerissen. Vielleicht hätte Yoongi das vorsichtiger ausdrücken können. Jetzt ist es aber zu spät, sich darüber noch Gedanken zu machen. Er ist dankbar, als Hoseok nach ein paar weiteren Sekunden aus seiner Schockstarre erwacht und auf Yoongis Geständnis reagiert. „Bitte was? Alter, du verarscht mich doch."
"Leider nicht."
"Wie... also wie konnte das... Sag mal, hast du nicht vor ein paar Tagen noch fest behauptet, dass da nichts zwischen euch läuft? Und du dich nicht auf ihn einlassen wirst?" Hoseok hat Recht. Mit allem. Ist nur die Frage, wie er ihm erklärt, wie es trotz aller Gegenargumente dazu kommen konnte.
"Ich fass es nicht", seufzt Hoseok angestrengt. "Also... ähm. Nochmal ganz von vorne. Das musst du mir jetzt erklären."
Yoongi seufzt, nimmt einen großen Schluck Kaffee und stellt fest, dass Hoseok sogar die kleine Pfütze aufgewischt hat, ohne dass er es mitbekommen hat. Glückwunsch, Yoongi. So weit in seine Gedanken abzudriften ist wirklich ein Talent, das nicht viele Menschen besitzen. Er atmet nochmals tief durch und sammelt sich, während er das Shadow mit seinem Blick scannt, um sicherzugehen, dass kein Kunde im Laden ist. Montags um diese Uhrzeit ist oft nichts los. Die meisten müssen noch arbeiten und kommen erst später. Glück für Yoongi. Denn das, was er zu sagen hat, ist nichts, was andere mitkriegen sollten. Ein letztes Mal holt er tief Luft, genehmigt sich einen weiteren Schluck Kaffee und versucht eisern, Hoseoks Blick nicht zu erwidern. Dann fängt er an zu erzählen. "Jimin ging es nicht so gut vorgestern. Er war über das Wochenende wieder bei mir. Zum Lernen eigentlich, aber irgendwie war an dem Tag der Wurm drin. Er konnte sich auf nichts konzentrieren und ist irgendwann in Tränen ausgebrochen."
Hoseok sieht ihn aufmerksam an. Das erkennt er, als er immer mal wieder kurz zu ihm schaut. Er erklärt weiter und endet schließlich damit, dass sie morgens nebeneinander aufgewacht sind und Jimin zufrieden ausgesehen hat. "Ich hab nachgefragt, aber Jimin meinte, dass er es nicht bereut. Eigentlich hat er sogar ziemlich glücklich ausgesehen. Aber das macht es nur noch schlimmer. Ich weiß, dass das falsch war, und glaub mir, ich weiß nicht, wie es so weit kommen konnte. Ich hab echt Mist gebaut und jetzt hab ich keine Ahnung, was ich machen soll."
„Oh scheiße...", stöhnt Hoseok und verdeckt dabei seine Augen. Es vergehen ein paar Sekunden, bis er die Hand wieder sinken lässt und zu Yoongi schaut. „Bin ich ausnahmsweise mal deiner Meinung. Aber jetzt ist es zu spät. Passiert ist passiert. Die Frage ist nur, wie es jetzt weitergeht. Also mit euch."
"Wenn ich das wüsste", murmelt Yoongi frustriert und spürt, wie sein Kopf schmerzend zu pochen anfängt. "Ich... mag ihn. Sehr sogar. Aber ich weiß auch, dass es niemals funktionieren könnte. Elf Jahre, Hobi... Beziehungsweise jetzt zwölf. Das kann doch nur schiefgehen. Aber... ich vermisse ihn, wenn er nicht da ist. Ich denke an nichts anderes mehr. Wenn er mich ansieht, dann... dann kann ich nicht mehr klar denken. Das Problem ist, dass ich Jimin mittlerweile gut genug kenne. Selbst, wenn er das auch wollen würde. Was, wenn es nicht klappt? Dann würde er darunter leiden, und ich kenne Jimin. Er würde daran zerbrechen. Und ich wäre nicht mehr da, um ihm zu helfen. Ich hab ihm versprochen, dass ich bleibe und... Scheiße. Ich weiß echt nicht mehr weiter."
Hoseok schweigt. Das ist ungewöhnlich, denkt Yoongi. Auch der ernste Blick von ihm ist ein seltenes Phänomen und lässt das Unbehagen in seinem Inneren stetig wachsen. "Ich denke, ihr solltet da ganz offen drüber reden. Also, so wie du erzählt hast, klingt das ja, als würde Jimin auch mehr wollen. Redet darüber. Sag ihm, welche Bedenken du hast. Ich glaube, eine andere Möglichkeit hast du nicht."
Yoongi seufzt, während sein Blick zur Uhr schweift. Da er heute früher Feierabend hat, könnte er wirklich mit Jimin reden. Aber er hat Angst. Wovor genau, kann er nicht sagen. Es ist eher ein diffuses, beklemmendes Gefühl, für das es keine Worte gibt.
„Schreib ihm, dass du dich nachher mit ihm treffen willst", sagt Hoseok ernst und besitzt glücklicherweise genügend Feingefühl, um ihn allein zu lassen. Kommentarlos stellt er seine Tasse auf Seite und widmet sich seiner Arbeit. Es ist Hoseok zu verdanken, dass er nicht weiter nachdenkt, sondern sein Handy aus seiner Hosentasche fischt, um Jimin zu schreiben. Er entsperrt es, öffnet den Chat und sieht, dass ihre letzten Nachrichten nur aus den zusammen gemachten Fotos im Park bestehen. Eine Zeit lang starrt er die Bilder an. Das war ein wirklich guter Tag. Jimin wirkte so ausgeglichen. So glücklich. Er hofft inständig, dass er nicht alles kaputt gemacht hat. Dieser Idiot ist ihm viel zu sehr ans Herz gewachsen. Er will ihn nicht verlieren. Yoongi nimmt einen tiefen Atemzug, schließt die Augen und ruft sich ins Gedächtnis, dass er die Nachricht schreiben sollte, bevor ihn der Mut verlässt. Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden, und daher löscht er die angefangenen Nachrichten wieder. Im Endeffekt entscheidet er sich dazu, Jimin nur zu sagen, dass sie sich heute unterhalten sollten. Bevor er sie jedoch abschicken kann, leuchtet das Display hell auf. Irritiert starrt Yoongi sein Mobiltelefon an und überlegt, ob er aus Versehen auf den falschen Knopf gekommen ist. Es dauert einen Augenblick, bis er realisiert, dass Jimin anruft. Hat er die Nachricht doch schon abgeschickt? Er ist sich eigentlich sicher, dass er soweit nicht gekommen ist. Dann hat Jimin von sich aus angerufen. Aber warum? Für gewöhnlich schreibt er Nachrichten. Wenn er anruft, muss etwas passiert sein. Und natürlich verstärkt es Yoongis Unbehagen. Was, wenn er aus dem Grund anruft, weil er über die Situation nachgedacht hat? Scheiße... Yoongi ist noch nicht bereit, um sich dem Gespräch zu stellen.
„Jiminie?", murmelt Yoongi, als er den Anruf endlich annimmt. "Was ist los? Alles okay?" Er merkt selbst, dass seine Stimme schwach klingt. Jimin antwortet nicht. Sein Körper wird mit jeder weiteren verstrichenen Sekunde mehr in Alarmbereitschaft versetzt. Irgendwas ist passiert. Das Adrenalin schießt durch Yoongis Adern, lässt sein Herz unregelmäßig vor sich hin stolpern und ein flaues Gefühl im Magen entstehen. Warum sagt er nichts?
„Jiminie?" Wieder keine Antwort. Diesmal dringen jedoch kaum hörbare Laute an sein Ohr. Gut, dass seine Sinne bis aufs Äußerste angespannt sind, so kann er sie hören, obwohl sie stark gedämpft klingen. Yoongi wird schwindelig vor Sorge. Was ist passiert, dass Jimin ihn anschweigt, obwohl er derjenige ist, der angerufen hat?
„Was ist los? Bitte rede mit mir", fordert Yoongi den schweigenden Mann am anderen Ende der Leitung auf. Im nächsten Moment hört er ein Schluchzen. Eins, das noch herzzerreißender klingt, wie das, bevor sie im Bett gelandet sind. Jimin weint. Scheiße. Das ist alles seine Schuld! Wie ist er nur auf die hirnrissige Idee gekommen, Jimin einen runterzuholen und zu hoffen, dass es ihm dadurch besser geht? Wie dumm kann man eigentlich sein? Und viel wichtiger: was macht er jetzt? Er hat noch Dienst und kann Hoseok schlecht alleine lassen. Aber sein Herz sagt ihm, dass er sofort aus dem Laden stürzen und Jimin suchen sollte.
Hoseok scheint mitbekommen zu haben, wie aufgebracht Yoongi klingt. Er kommt zu ihm, sieht ihn fragend an und deutet mit einem Nicken auf Yoongis Handy. Er antwortet nur mit einem Schulterzucken, weil Jimin immer noch nichts gesagt hat. Er ignoriert die Tatsache, dass Hoseok bei ihm stehen bleibt und wendet sich wieder seinem Telefonat zu. „Jimin, bitte sag mir, was los ist. Wo bist du? Warum hast du angerufen?"
Wieder ist außer dem Schluchzen nichts zu hören. Yoongi möchte schreien. Das Handy gegen die nächstbeste Wand werfen. Sich selber ohrfeigen für seine Dummheit und danach auf den Mond schießen, damit er Jimin nie wieder schaden kann. Aber natürlich macht er nichts von dem. Dass seine Fingernägel sich beim Ballen einer Faust in seine Hand bohren, kann er trotzdem nicht verhindern. Er will gerade wieder ansetzen und etwas sagen, als er ganz schwach ein Räuspern von Jimin hört.
„M..."
Yoongis Wut ist sofort wie weggeblasen, als er Jimins klägliche Stimme hört. Er versucht, etwas zu sagen. Nur verstehen kann er ihn nicht.
„M... Moch..." wieder bricht die Stimme ab. Und wieder bricht Yoongis Herz in tausend kleine Scherben, die sich ohne Rücksicht in dein Innerstes bohren, und dort klaffende Wunden hinterlassen. Wenigstens hat er dadurch jetzt eine Ahnung, was Jimin ihm zu sagen versucht hat. „Mochi? Bist du bei ihr?"
„J...ja."
Yoongi will so vieles sagen, aber er schweigt und schaut stattdessen hilflos zu Hoseok. Er scheint sofort zu begreifen, dass etwas nicht stimmt, und deutet gestikulierend an, dass Yoongi das Handy eben auf Seite packen soll.
"Jimin? Bleibt dran, ja? Ich... warte mal kurz." Mit den Worten drückt er das Mobiltelefon an seine Brust und schaut zu Hoseok. Viel sagen brauchen sie nicht, denn Hoseok scheint auch so zu verstehen, dass es Jimin schlecht geht. "Sieh zu, dass du zu ihm kommst. Ich trag einfach ein, dass du nach Hause musstest, weil ein Notfall mit deiner Mum war." "Danke, Hobi", mehr schafft er nicht zu sagen. Eilig drückt er sein Handy wieder ans Ohr. Sein Herz überschlägt sich beinahe. Ein bisschen fühlt es sich an, als wäre es die Strecke bis zur Ruine schon ohne Yoongi gesprintet. „Jimin? Bleib wo du bist, ja? Ich bin auf dem Weg."
. ⋅ ˚̣- : ✧ : – ⭒✦⭒ – : ✧ : -˚̣⋅ .
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top