Türchen 9▪Unrote Poesie
,,Ahoi!", erschallte es hinter Tabby. Die Fledermaus, welche in ihre Recherchen versunken war, erschrak.
,,Seit wann sagst du Ahoi- Was... Was ist denn mir dir passiert?" Tabby hatte erwartet, sich umzudrehen und Low zu sehen, statt einen stroboskopischen Weihnachtselfen. Der Rabe trug eine filzige, rote Weihnachtsmütze, die ihm über die Augen rutschte und sich in einer Bommel verjüngte. Als Tabby den Unfall genauer inspizierte, stellte er fest, dass es sogar zwei Mützen waren und ahnte schmerzhaft, für wen die andere sein sollte. Lows Kopf hatte Schlagseite, denn er trug einen prächtigen Nadelbaumzweig im Schnabel, um den eine warm glimmende Lichterkette gewickelt war.
,,Was soll das?", wiederholte Tabby sich misstrauisch, als Low ihn ohne Antwort mit den vertrauensseeligen Knopfaugen musterte.
,,Ich dachte, ein wenig Abwechslung könnte dir guttun. Du klebst tagein, tagaus an dieser Kiste, den Texten und den Bildern..."
,,Tagein, tagaus? Das ist erst der dritte!", beklagte sich Tabby. Außerdem hatte er ein weniger schlechtes Gewisser, wenn er sich die Bücher am Laptop anguckte und nicht ständig vor Malums Fenster herumlungerte.
Low nuschelte durch den Tannenzweig: ,,Ja, aber warum machen wir das eigentlich? Sind wir nicht ursprünglich zu dieser Coverbörse geflogen, um zu erkunden, in welchem Höllenloch sich Malum herumtreibt und uns glücklich zu schätzen, dass wir nicht die gleiche miserable Entscheidung getroffen haben?"
,,Ich kenne keinen Raben, der so wenig in der Birne hat wie du", grummelte Tabby.
,,Aber wenigstens habe ich etwas auf der Birne. Hier, du könntest auch ein wenig Farbe vertragen". Low stülpte der Fledermaus die zweite Weihnachtsmütze über und Tabby versank darin wie unter einer Zeltplane. Der rote Hut mit weißem Zipfel war größer als er selbst, für eine gemütliche Decke eignete er sich allemal.
Zusammen hingen sie die Lichterkette und den Tannenzweig auf, sodass im grauen Bahnhof nun ein Hauch Festlichkeit eingezogen war. Tabby baumelte kopfüber an einem Stahlträger, plauderte mit Low und war zufrieden mit sich und der Welt. Dennoch schweifte sein Blick immer wieder zum Bildschirm ab, wo das Titelblatt prangte, welches sie heute neben Clarissas Tür gesichtet hatten:
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Ein Gedichtband.
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