Türchen 16▪Devil's Symphony
,,Was ist dein Lieblingsinstrument?", fragte Tabby, während er sich kopfüber das ,,Cover des Tages" auf dem Bildschirm neben der Tür anschaute. Wie er so auf dem Kasten saß, war ihm aufgefallen, dass die seichte Wärme der Anzeigetafel in einem geringen Radius den Winter verdrängte. Wenige Meter weiter klammerten sich Eiszapfen unter das Schaufenster, aber der Bildschirm, auf welchem eines von Clarissas zeichnerischen Werken glimmte, blieb verschont.
,,Keine Ahnung, wir hören doch kaum Musik. Wieso fragst du?", antwortete Low, dessen Atem in der frostklirrenden Luft kondensierte.
,,Auf dem Weihnachtsmarkt singen häufig Chöre, die Begleitmusik haben. Welchen der Klänge findest du dort am besten?", bohrte Tabby weiter nach, ohne auf Lows Frage einzugehen.
Der Rabe legte den Kopf schief. Seine finsteren Knopfaugen, in denen sich verzerrt der Gehweg spiegelte wie in einem Fischglas, funkelten grüblerisch. ,,Neulich, als wir zurück geflogen sind und diese Frau mit der kristallklaren Stimme gesungen hat, hörte ich so ein Instrument, welches sich von allen anderen abhob. Diese schmale Gitarre mit dem Bogen, wie hieß das denn..."
,,Eine Geige!", rief Tabby und musste sich zugleich zügeln, damit Malum nicht auf ihre Kumpels aufmerksam wurde. ,,Die war wirklich sehr schön. Sie hat sich von den ganzen Chorbegleitungen unterschieden".
,,Verrätst du mir jetzt, was du mit dieser Info anfangen willst?", fragte Low unnachgiebig.
Tabby klopfte mit den winzigen Fingern auf das ,,Cover des Tages", in der Hoffnung, dass sein Freund die Parallelen erkannte. ,,Jede Kurzgeschichte braucht ein Thema, das sich durch den gesamten Aufbau zieht, also einen Leitfaden. Den suche ich gerade".
,,Und da willst du Geigen nehmen, wo wir gerade mal ihren Namen kennen?", entgegnete Low skeptisch und lief unten auf dem Bürgersteig auf und ab.
,,Wir müssen doch keine Abhandlung über Geigen schreiben! Ich meinte, dass es unser Motiv sein kann". Tabby fuchtelte mit den Flügeln, um seinen Punkt zu verdeutlichen. ,,Was verbindest du noch mit Geigen? Wie haben sie sich angehört?"
Man konnte förmlich sehen, wie es in Lows Hirm ratterte. Das waren nicht die üblichen Konversationen, die sie führten. Normalerweise drehten diese sich eher darum, wo Tabby und Low ihre nächste Mahlzeit- im besten Fall eine Portion lauwarme Pommes aus irgendeinem Hinterhof- herbekommen können oder weshalb sich Passanten immer so komisch verhielten, bis sie sich darauf einigten, dass es einfach die Art der Menschen war.
,,Sie klingen hell und klar wie ein wolkenloser Himmel. Es muss ziemlich anstrengend sein, sie zu spielen, aber wenn es jemand tut, sind sofort alle gebannt", antwortete Low schließlich. ,,Ihre hohen Töne können aber auch unheimlich klingen, sodass es mir Schauer über den Rücken jagt".
Tabby hing gedankenversunken an der Kante der Anzeigetafel herab, sodass er das Cover direkt vor der Nase hatte:
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Er grinste. ,,Weihnachten und schaurige Geigenklänge... Das ist doch mal was".
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