Türchen 11▪Filter

Low und Tabby kämpften sich durch den peitschenden, bitterkalten Wintertag. Der Eiswind schnitt ihnen in die Flügel, aber trotz der lästigen Umstände, welche man vom beheizten Wohnzimmer aus als ,,schönes Weihnachtswetter" bezeichnen würde, waren die beiden Reisenden erstaunlich motiviert. Die Stadt ruhte unter ihnen wie ein vom Schneetreiben zugedecktes, schlummerndes Tier. Tapfer verteidigten sich die Straßenlaternen gegen das dichte Treiben, wurden jedoch immer wieder vom Weiß verschluckt.

,,Malum hat uns nicht vergessen! Es gibt Hoffnung!", trällerte Tabby nun schon zum mindestens fünften Mal. Beinahe wäre er bei einem übermütigen Salto an einen Dachgiebel geknallt. Vielleicht war ein bisschen Regulation doch angebracht.
,,Wir bekommen nicht oft Briefe, eigentlich so gut wie nie. Das ist etwas Besonderes", sagte Low stolz.
,,Da kann ich dir nur zustimmen. Es ist ein tolles Gefühl, dass Malum sich für uns solche Mühe macht". Tabby tauchte unter einer Brücke hindurch, um kurz von den Schneewehen befreit zu werden, welche ihm gegen das Gesicht scheuerten wie Kratzbürsten.
,,Hast du etwa daran gezweifelt?", bohrte Low nach, aber ergänzte dies sogleich mit einem quäkenden Lachen.

,,Na, es gibt heutzutage nicht mehr nur noch Briefe", fuhr Tabby fort, seine Worte hallten im Pfeifen des Windes. ,,Was ist denn mit diesen anderen Medien zum Beispiel? Ich habe davon schon einmal etwas gehört".
,,Verstehe ich nicht. Wofür soll das gut sein?", fragte Low verwundert.
,,Da kann man mit Fotos Sachen aus seinem Leben teilen oder richtig schnell kommunizieren. Du tippst eine Nachricht ein, schickst sie ab und mit etwas Glück ist direkt eine Antwort da. Kostet dich kaum eine Minute. Du musst nicht erst einen Stift und Papier organisieren und dich außer Haus schmuggeln, lange laufen und alles ordentlich verpacken, um deine Nachricht zu versenden. Die Menschen tragen es rund um die Uhr bei sich", antwortete Tabby. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er begeistert oder nachdenklich klingen wollte.

,,Aber denkt man dann noch über das nach, was man fabriziert, wenn es so ruckzuck geht? Ich laufe so schon des Öfteren gegen Laternen und diese Rate muss ich nicht erhöhen, indem ich nach unten auf einen Bildschirm gaffe, während ich zu Zwecken der Selbstdarstellung Details über mein Leben mit der breiten Masse teile", antwortete der Rabe.
Tabby zuckte mit den Schultern, was sich im Flug als schwierig erwies. ,,Tust du ja auch nicht".

Sie verfolgten noch eine Weile ihre übliche Route, bis im Flockentreiben das Grafikstudio auftauchte; wie ein Dreh- und Angelpunkt dieser Kleinstadt. Das ,,Cover des Tages" markierte bereits die elektronische Tafel neben der Tür:

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Im Hintergrund führte Clarissa in der Sofaecke Gespräche mit einem Kunden, während Malum gerade zu ihrem Körbchen tapste. Low und Tabby verloren sich im Anblick des Studios, welches an diesem verhangenen, schroffen Tag so hell erstrahlte. Ihre Welten waren sich nah und konnten ferner dennoch nicht sein.

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