⋇ 8 ⋇

⋇ Yoongi ⋇


Völlig entkräftet und übermüdet werde ich aus dem kurzen Schlaf gerissen, als die Tür auffliegt und eine dunkle Männerstimme uns die derzeitigen Umstände erklärt. Ich habe ja gestern schon mitbekommen, dass jemand abgehauen ist und weiß, wie die Handhabung mit solchen Ausnahmesituationen danach ist. Aus dem Grund halte ich es auch für unnötig, der Stimme groß Beachtug zu schenken, sondern versuche lieber noch etwas zu schlafen. Ich grummel leise vor sich hin, drehe mich auf die andere Seite und ziehe die Decke über einen Kopf. Ich will grade nichts hören, nichts sehen und mich schon gar nicht mit jemandem unterhalten.

Trotzdessen kann ich immer wieder Taehyungs Stimme hören, denn er lässt so gut wie keine Aussage des Mannes unkommentiert. Für meinen Geschmack stellt mein Zimmernachbar eindeutig zu viele Nachfragen.

Uns kann es doch egal sein, ob sie die Ausgangssperre nun einen oder zwei Tage aufrechterhalten, bis sich die Patienten von der Aufregung wieder erholt haben. Viel ändern tut sich dadurch eh nicht, außer, dass wir keinen Besuch empfangen dürfen und wir für diese Zeit nicht mehr in die Außenanlage dürfen. An den Therapien und Mahlzeiten müssen wir ja leider trotzdem teilnehmen.

Taehyung allerdings scheint meine Meinung nicht zu teilen, denn er fängt mal wieder an zu heulen, als er das mit dem Besuchsverbot hört.

Wenn ich eins hasse, ist das dieses Affentheater am frühen Morgen.

Meine Nacht war echt kurz. Ich habe mal wieder diesen Albtraum gehabt. Eine schlechte Kombination, denn meistens bin ich danach den Tag erst recht auf Krawall aus. Hoffentlich lassen diese Idioten mich heute einfach in Ruhe, sonst garantiere ich für nichts mehr.

"Min Yoongi! Auch du bewegst deinen Hinern gleich zum Frühstück, verstanden?", fordert mich die Männerstimme auf, worauf ich nur meine Hand aus der Decke gleiten lasse, um dem Kerl meinen Mittelfinger zu präsentieren.

Die plötzliche Kälte, als er meine Decke ruckartig wegzieht, sorgt nicht unbedingt dafür, dass meine Laune sich bessert und ich kriege grade Lust, dem Kerl das Genick zu brechen.
Zornig funkel ich den Übeltäter an und erkenne erst dann, dass es sich dabei um Dr. Kim höchstpersönlich handelt.

Super, genau den will ich morgens an meinem Bett stehen haben. Der Tag kann echt nicht mehr schlimmer werden.

"Fick dich!", knurrte ich, schlage die Hand des Arztes, die sich auf meiner Schulter ablegt, erbost weg. Ich ignoriere seine darauffolgenden Worte so gut es geht, während ich versuche, es mir ohne Decke wieder halbwegs gemütlich zu machen.

Endlich höre ich, wie die Tür zufällt und da öffne ich erneut meine Augen. Ich halte nach meiner Decke Ausschau und als ich sie auf dem Stuhl liegen sehe, quäle ich mich schwerfällig aus dem Bett. Taehyung versucht, nachdem er sich anscheinend wieder gefangen hat, mit mir zu reden, doch ich ignoriere auch ihn, während ich mich samt Decke wieder hinlege. Mein Körper fühlt sich an, als wäre ich mehrfach überfahren worden, meine Knochen wiegen gefühlt das dreifache, als sonst, alles schmerzt und ich bin so schwach, dass ich von Glück reden kann, den weiten Weg zum Stuhl und wieder zurück überhaupt geschafft zu haben.



Eine gute Stunde später schaffe ich es tatsächlich, aufzustehen und am gemeinsamen Frühstück teilzunehmen.
Ich hab es Taehyung zu verdanken, dass meine Laune nun erst Recht im Keller ist, weil er meinte, die gesamte Stunde auf mich einreden zu müssen.

Die Anwesenheit der vielen anderen Patienten beim Frühstück sorgt dafür, dass meine Geduld am Ende ist und ich kurz davor bin, alles kurz und klein zu schlagen.

Ich habe keine Ahnung, wie Taehyung es geschafft hat, mich dazu zu kriegen, aber er hat so lange auf mich eingeredet, versucht mich davon zu überzeugen, wie wichtig Frühstück ist und dass er mir helfen möchte, bis ich endlich einfach zugestimmt habe, ihn zu begleiten.

Nicht, weil er mich mit seinen Argumenten überzeugt hat, sondern weil ich das viele Gelaber am Morgen nicht länger ertragen habe. Bei Taehyung ist definitiv ganz gehörig etwas falsch gelaufen. Sein Knacks ist ja noch größer, als meiner.

Ich habe ihn fast erwürgt und was macht er? Will mir helfen, macht sich Sorgen um mich und hilft mir aus meinem Albtraum heraus.

Er erinnert mich immer mehr an Jungkook. Kein Wunder also, dass die beiden sich anscheinend recht gut verstehen. Vielleicht, wenn ich nur genug Glück habe, verstehen sie sich so gut, dass sie mich einfach in Ruhe lassen. Sollte ich aber Pech haben, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass sich Jungkook mit Taehyung verbündet und sie sich gegen mich verschwören, so wie Jungkook es auch schon bei Dr. Kim gemacht hat.

Nach dem Frühstück und einer anschließenden Zigarette verkrieche ich mich wieder in unserem Zimmer, liege auf dem Bett und geniesse die kurze Ruhe, weil Taehyung ziemlich früh zur Einzeltherapie muss. Nachdem ich, von Neugier getrieben, auf Taehyungs Plan geguckt habe, habe ich gesehen, dass er ebenfalls von Dr. Kim persönlich behandelt wird.

Zumindest hoffe ich, dass es nur Neugier ist, weil ich mir nicht eingestehen will, dass ich nun doch etwas Angst bekomme. Es wäre ein leichtes für Taehyung, unserem Doc zu erklären, was ich ihm angetan habe und dann wäre es dahin mit meiner letzten Chance.

Ich versinke viele Minuten lang in meinen Gedanken, als ich höre, wie Taehyung wieder ins Zimmer kommt. Meine Hoffnung, dass er mich einfach in Ruhe lässt, wird augenblicklich zerschlagen, als er die Tür schließt und sich danach direkt zu mir aufs Bett setzt.

"Dr. Kim hat mich gefragt, wie ich mit dir klar komme."

Ich mache mich darauf gefasst, dass er mir nun gestehen wird, das er ihm alles gesagt hat und ich direkt meine Tasche packen kann, um in die Geschlossene abgeschoben zu werden.

Doch Taehyung hat tatsächlich einen noch größeren Knall, als ich dachte.

"Ich hab lange überlegt, weißt du. Ob ich ihm sagen soll, was im Musikzimmer passiert ist. Aber... dann dachte ich an Jungkook. Er scheint wirklich nett zu sein und ich frage mich, weshalb er mit dir befreundet ist. Aber ich glaube, er wird seine Gründe haben. Und wenn Jungkook an dich glaubt, dann tue ich das auch. Zumindest, wenn du mir versprichst, dass das nie wieder passieren wird."

"Du bist anstrengend", grummel ich genervt nach seinem Vortrag. Wie kann ein Mensch nur so naiv sein? Und überhaupt, wie kommt er dazu, sich einfach zu mir aufs Bett zu setzen?

"Du weißt, dass ich das nicht versprechen kann", gebe ich offen und ehrlich zu. Taehyung holt einmal tief Luft und wendet seinen Blick von mir wieder ab, ehe er antwortet. "Probier es einfach, okay?"

"Taehyung, ganz ehrlich", sage ich und richte mich aus meiner Liegeposition auf, um ihn ansehen zu können. "Du hast echt 'nen Knall, weißt du das? Du hättest ihm sagen sollen, was passiert ist. Dann wärst du mich ganz schnell los und hättest deine Ruhe. Und dann müsstest du auch keine Angst mehr haben."

"Aber ich will dir helfen", erwidert er und ich kann nicht anders, als auf seine naive Aussage zu lachen. "Helfen?? Taehyung, keiner kann mir helfen, kapierst du's nicht?", lache ich gehässig und meine jedes Wort genau so, wie ich es sage.

Jungkook probiert seit Jahren, mir zu helfen.

Dr. Kim versucht seit Jahren mir zu helfen.

Und er denkt wirklich, dass er es durch ein bisschen Freundlichkeit schafft, meine kaputte Seele zu retten?
Und da habe ich meine Bestätigung: Taehyung tickt nicht mehr ganz sauber.

"Lass es mich wenigstens versuchen", sagt er mit kräftiger Stimme und als ich seine aufrichtigen Augen sehe, die mich voller Überzeugung anstarren, kann ich kein Wort mehr entgegen bringen. Ich weiß nicht genau, was es ist, doch sein Blick verschlägt mir kurzzeitig die Sprache. Ich habe so einen Blick noch nie gesehen. Er strotzt vor Entschlossenheit und ich weiß jetzt schon, dass er irgendwann am Boden zerstört sein wird, wenn auch er an mir scheitert.

"Wenns dich glücklich macht...", grummel ich undeutlich, weil ich aus Überfordrung keine andere Idee habe, was ich sonst darauf antworten soll. Ich will mich grade wieder hinlegen, als ich seine Arme um mich spüre. Ich ziehe scharf die Luft ein, spüre augenblicklich, wie mein Herz sich beinahe überschlägt und die Panik sich in mir ausbreitet. Ich balle die Hände zu Fäusten, aber da lässt er zum Glück wieder von mir ab und geht zu seinem Bett zurück.

Zum Glück. Denn sonst hätte ich nicht gewusst, was passiert wäre.

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Ein Kap, das ziemlich unspektakulär ist, finde ich XD naja. Es kommen noch genug spannende ;D

1398 W

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