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Ich denke noch lange darüber nach, was Kookie und Tae zu mir bezüglich Jennie gesagt haben, doch allein der Gedanke daran macht mir noch immer ein schlechtes Gewissen. Ich mag Jennie. Wirklich.
Aber ich könnte es niemals mit meinem Gewissen vereinbaren, etwas mit ihr anzufangen, während Yoongi darum kämpft wieder aufzuwachen.
Hätte ich niemals diese tiefen Gefühle für ihn entwickelt, sähe das vielleicht anders aus. Verdammt...
Dabei sehne ich mich doch einfach nur nach ein bisschen Nähe und Liebe. Ich halte es nicht mehr aus, den Mann, den ich so sehr liebe, dass ich ihm alles verzeihe, dabei zuzusehen, wie er stirbt. Ich will mich doch einfach nur bei ihm für alles entschuldigen, ihm sagen, dass ich ihm seine Fehler verzeihe und wir von vorne beginnen können.
Ich will ihn zurück.
Ich merke gar nicht mehr, wie sich mal wieder Tränen aus meinen Augen schleichen. Ich habe in letzter Zeit zu viel und zu oft geweint, als dass es mich noch interessieren würde. Ich weine sowieso bei jeder Kleinigkeit los, ich habe mich daran gewöhnt.
Bevor ich jedoch noch tiefer in meinen dunklen Sehnsüchten verliere, mache ich mich auf den Weg ins Krankenhaus, um Yoongi meinen täglichen Besuch abzustatten.
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Ich betrete Yoongis Zimmer und begrüße ihn, wie immer, indem ich ihm einen Kuss auf die Stirn gebe. Er liegt etwas seitlich, weil die Nachtschwestern ihn nochmal gelagert haben. Sie haben mir erklärt, dass es wichtig ist, weil er sonst weitere Wunden bekommen könnte.
Ich stelle den Stuhl auf die andere Seite des Bettes, damit Yoongi nicht von mir abgewandt liegt und erzähle ihm, dass ich diese Nacht wieder nicht schlafen konnte. Welche Gedanken mich wach gehalten haben, lasse ich natürlich weg, denn ich könnte ihm davon niemals erzählen, dass sie sich auch um Jennie kreisten. Dafür berichte ich, wie jeden Tag, was heute ansteht, ob ich arbeiten muss und wie es unseren Freunden geht.
"Ich soll dich übrigens lieb von den beiden grüßen und entschuldigen, dass sie so lange nicht mehr hier waren. Ich glaube, sie schaffen es einfach nicht länger zu sehen, wie du immer weiter schläfst. Sie sind anders als ich. Ich würde niemals einfach wegbleiben, ich hoffe, das weißt du."
Ich seufze, lehne mich in dem Stuhl nach hinten und überlege, was ich ihm noch erzählen kann. Ich habe nicht viel zu berichten und alles, was er noch nicht wusste, habe ich beteits etzählt. Drei Monate sind eine lange Zeit, da ist es nicht verwunderlich, dass mir die Gesprächsthemen langsam ausgehen.
"Ich weiß gar nicht, was ich dir noch erzählen soll, Yoongi. Du weißt schon alles über mich jetzt... Wenn du nur endlich aufwachen würdest..." Meine Stimme wird zu Ende des Satzes hin immer leiser und wackeliger, denn meine Nerven liegen schon so lange blank, dass ich kaum mehr einen Anreiz brauche, um los zu weinen.
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Der Tag zieht sich ins Unermessliche, während ich weiter einfach dort sitze, mich mich Lisa unterhalte, die heute Frühdienst hat, und ihr zwischenzeitlich etwas zur Hand gehe. Sie schickt mich, so wie Jennie es auch so oft getan hat, in die Kantine, damit ich wenigstens etwas esse. Appetit habe ich schon lange keinen mehr, daher zwinge ich mir die Nudeln eher rein, als dass ich sie mir schmecken lasse.
Zum Spätdienst kommt Jennie wieder rein und stemmt augenblicklich ihre Hände in die Seite, als sie mich schon wieder am Krankenbett sitzen sieht.
"Jiminie! Was haben wir gestern besprochen? Du sollst dich ausruhen! Seit wann bist du denn jetzt schon wieder hier!?", prasseln ihre Worte auf mich ein, während mir die Gedanken von gestern wieder in den Sinn kommen. Ich schaffe es nicht, weder sie noch Yoongi anzusehen, sondern schaue stattdessen auf meine Hände, die nervös mit dem Zipfel von Yoongis Decke spielen.
"Seit heute morgen um zehn", antworte ich lediglich, was dazu führt, dass die Krankenschwester besorgt seufzt. "Du bleibst morgen zu Hause! Verstanden?", ermahnt sie mich, doch sie weiß genauso gut wie ich, dass ich mich daran nicht halten werde.
"Bitte! Ich mache mir echt Sorgen um dich."
Jennie hat sich mittlerweile zu mir gestellt und zieht mich in eine lockere Umarmung. Es fühlt sich extrem komisch an, ihr so nah zu sein, nachdem ich gestern überlegt habe, wie eine Beziehung mit ihr wäre, daher löse ich mich schnell wieder. Ich kann das nicht, schon gar nicht, wenn Yoongi direkt vor mir liegt, auch wenn er von alledem natürlich nichts mitbekommt.
"Ich glaube, du hast recht. Vielleicht sollte ich nach Hause", gebe ich zu, doch eher aus dem Grund, weil ich ihre Nähe grade nicht ertrage, und nicht, weil ich mich ausruhen will.
Ich gehe auf die andere Seite des Bettes, um mich noch von Yoongi zu verabschieden, gebe ihm einen sanften Kuss auf die Stirn, der sich in diesem Moment jedoch äußerst seltsam anfühlt, ehe ich meine Sachen packe und gehen will.
Ich atme nochmal tief durch und hoffe, dass ich das mit Jennie schnell wieder vergessen kann, denn sonst wird die nächste Zeit noch mehr zur Tortur werden, als sie eh schon ist.
"Bis morgen", murmele ich leise, als ich das Zimmer verlassen will, doch da fängt es auf einmal an, irgendwo hektisch zu piepen. Augenblicklich schnellt mein Kopf wieder Richtung Yoongi und ich sehe, wie Jennie bereits aufgesprungen ist und irgendwas an den Maschinen macht.
"Was ist los!?", frage ich panisch, als ich wieder ans Bett zurück renne. Jennie ist jedoch viel zu vertieft, um mir irgendwie zu antworten und tippt stattdessen weiter irgendwelche Knöpfe. "Jennie!", keife ich sie panisch an, denn ich will wissen, was mit Yoongi los ist.
Die Geräte haben bis jetzt noch nie so wild durcheinander gepiept, zumindest nicht so, und das macht mir Angst. Irgendwas ist anders und ich habe keine Ahnung, ob das jetzt nun gut ist oder nicht.
"Was ist los, Jennie!? Was hat das zu bedeuten!?", fragte ich sie erneut, jedoch klinge ich dabei ziemlich hysterisch. Sie winkt mich nur ab, ehe das Piepen endlich wieder verstummt und sie tief durchatmet.
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Lesenacht Teil 2 :D
Nächstes Kap kommt um 8 Uhr ^-^
1000 W
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