⋇ 59 ⋇
⋇ Yoongi ⋇
Als ich realisiere, was ich getan habe, renne ich augenblicklich feige davon, anstatt Jimin zu helfen. Ich kann es nicht ertragen, was ich getan habe, auch wenn ich mich selbst grade dafür hasse, so feige zu sein.
Wie konnte es soweit kommen? Was habe ich nur getan??
Jimin hat mir nichts getan, aber ich bin trotzdem wieder auf ihn losgegangen. Wieso?
Noch nie waren die Erinnerungen so heftig, noch nie habe ich den Schmerz so heftig gespürt, aber das ist trotzdem keine Entschuldigung für das, was ich getan habe.
Und jetzt?
Jetzt liege ich mal wieder auf dieser verschlissenen Matratze im Freibad und überlege, dass es endlich Zeit ist, diesem armseligen Leben ein Ende zu bereiten. Ich habe rein gar nichts in meinem Leben erreicht. Ich kann nicht mal etwas zu Essen selbst bezahlen, geschweige denn die Wohnung. Das einzige, was ich wirklich richtig gut kann, ist Menschen um mich herum zu verletzen. Physisch, wie psychisch.
Das ist das einzige, was ich immer schon gut konnte, aber jetzt habe ich einen Punkt erreicht, der einfach nicht mehr zu verzeihen ist. Ich habe dem einzigen Menschen, für den ich jemals Liebe empfunden habe, lebensbedrohlich verletzt. Ich habe ihn immer nur verletzt, seit unserer ersten Begegnung.
Jimin bedeutet mir alles auf dieser beschissenen Dreckswelt. Alles. Und was tue ich? Ich zerstöre ihn. Es wird Zeit, Jimin zu beschützen. Vor mir selbst. Meine letzten Versuche haben ihn nicht überzeugt, selbst die Sache mit Hobi hat ihn nicht von mir abwenden können. Es gibt nur noch eine Möglichkeit, wie er von mir los kommt.
Ich bleibe noch einige Zeit liegen, ehe ich mich endlich aufgerafft kriege und zurück zu meiner Wohnung gehe. Eilig habe ich es nicht, aber es ist jetzt eh alles egal. Ich werde das, was ich Jimin angetan habe, niemals mehr gut machen können.
In meiner Wohnung angekommen, muss ich ein weiteres Mal mit den Tränen kämpfen, doch noch schaffe ich es, sie zu unterdrücken.
In meinem Chaos suche ich nach einem Stift und einem unbeschriebenen Blatt Papier, jedoch dauert es ewig, bis ich endlich alles gefunden habe.
Ich denke die ganze Zeit an Jimin. Dieser Mann, der von der ersten Minute an nur von mir verletzt wurde. Er wollte mir helfen, so oft, doch ich habe ihn nur immer weiter zerstört. Ich hoffe nur, dass er das irgendwann einfach vergessen kann und davon keine bleibenden Schäden zurück behält.
In Gedanken an ihn versunken, schreibe ich einige Zeilen auf, die mir in den Sinn kommen und falte den Zettel, um ihn im Anschluss in meine Hosentasche zu stecken. Ich sehe auf einmal alles völlig klar, und weiß genau, was ich nun tun werde.
Allerdings muss ich dafür wieder zurück zum Schwimmbad, denn nur Jimin und Hoseok kennen diesen Ort, doch Hoseok wird es nicht sein, der dort nach mir sucht.
Hier in der Wohnung kann ich ihn immerhin nicht lassen, daher mache ich mich neu motiviert auf den Weg zurück an den Ort mit den blauen Kacheln, die mich genauso an Wasser erinnern, wie Jimins Augen.
Diese Augen, die mir von Anfang an den Verstand geraubt haben.
Ein Lächeln huscht über meine Lippen, als ich merke, wie die Last von meinen Schultern fällt. Es tut gut, diese Zeilen geschrieben zu haben und ich sehne mich danach, mein Vorhaben endlich in die Tat umzusetzen.
Ich hoffe nur, Jimin wird mir eines Tages vergeben können, auch wenn ich das dann nicht mehr mitbekommen werde.
Ein Klingeln reißt mich aus meinen Gedanken, bevor ist lustlos auf meinem Handy nachschaue, wer mir geschrieben hat. Es ist Jungkook und er scheint ziemlich sauer zu sein. Zurecht.
Er schreibt mir, dass sie Jimin gefunden haben und es ihm ziemlich schlecht geht. Jungkook hat noch nie so sauer geklungen, wie jetzt. Wenn ich gerade nicht sowieso vor hätte, alles zu beenden, würde ich wahrscheinlich ziemlich Schiss vor ihm bekommen, doch jetzt gerade ist es mir ziemlich egal.
Ich antworte ihm, dass er an meiner Wohnung warten soll und bin im selben Moment froh, dass er mich vorhin verpasst hat, damit ich den Zettel wenigstens noch zum Freibad bringen konnte.
⋇
Jungkook wartet tatsächlich an meiner Wohnung und zusammen gehen wir rein. Ich überlege, ob ich ihn fragen kann, wie es Jimin geht, doch gleichzeitig habe ich auch Angst vor der Antwort. Jungkook sieht nervös, sauer, enttäuscht und geladen aus, sodass ich einen inneren Kampf mit mir ausfechte, bis ich endlich die Worte über meine Lippen bringe. "W-wie... wie geht es...ihm?"
Die Antwort, die aus Jungkook herausplatzt, trifft mich wie Messerstiche, an denen ich elendig verblute. Doch es geschieht mir Recht. Jungkook hat Recht, mit jedem Wort, das er sagt, hat er Recht. Es ist nicht zu entschuldigen und ich bin diesmal definitiv zu weit gegangen. Ich kann es nicht rückgängig, und schon gar nicht wieder gut machen.
Ich fixiere einen Punkt auf dem Boden, während Jungkook mit seinen Worten immer wieder auf mich einsticht.
Ich möchte heulen, doch stattdessen bleibe ich regungslos sitzen und starre weiter auf den Punkt vor mir. Ich weiß nicht, ob das nur irgendein Selbstschutz-Mechanismus ist oder dergleichen, doch ich bin in dieser emotionalen Taubheit gefangen.
Das scheint auch Jungkook zu bemerken und er fordert mich auf, etwas dazu zu sagen, doch welche Worte sollte ich wählen? Es gibt keine Worte für das, was ich getan habe.
Es dauert nicht lange, da beginnt meine Maske zu bröckeln. Ich habe so viele Dinge im Kopf, so vieles, was ich sagen möchte, doch letztendlich bringe ich nur wenige Worte wirklich über meine Lippen. "Jungkook? Darf ich dich um einen letzten Gefallen bitten? Kannst du bitte aufpassen, dass Jimin zum Arzt geht? Sag ihm, dass er mich nicht in Schutz nehmen muss. Bitte...", wispere ich leise und höre selbst, wie wackelig meine Stimme ist. "Bitte... pass auf ihn auf"
Meine Gefühle und Gedanken überschlagen sich so heftig, das ich mich nicht mehr länger auf den Beinen halten kann und schluchzenderweise zu Boden gleite. Es ist mir egal, was Jungkook nun von mir hält, es macht jetzt eh keinen Unterschied mehr. Wahrscheinlich denkt er sowieso schon, dass ich ein gefühlsloses Monster bin.
"Sag es ihm selber!", zischt er mir entgegen, bis er auch schon wieder die Wohnung verlässt. Ich hatte ehrlich gesagt damit gerechnet, dass er mich in die Klinik schleift oder zumindest zur Polizei, doch nichts dergleichen hat er getan. Zum Glück, denn so kann ich immer noch meinen Plan in die Tat umsetzen.
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Lesenacht Teil 4
1062 W
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