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Nach dem Streit mit Yoongi überkommt mich das schlechte Gewissen. Ich wollte ihn nicht so anpampen, aber ich merke, dass ich die Sache mit Tae immer noch nicht ganz verarbeitet habe. Wenn ich so darüber nachdenke, war meine Reaktion völlig überzogen. Dabei hatte Yoongi seine Worte sicher nicht abwertend gemeint.
Aber ich weiß auch grade überhaupt nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Ich vermisse meinen besten Freund, der zur Zeit viel lieber bei Jungkook ist, als bei mir. Natürlich gönne ich ihm sein Glück und ich freue mich, dass die beiden ihre anfänglichen Startschwierigkeiten behoben haben und nun noch viel besser zueinander passen.
Trotzdem würde ich mir im Augenblick wünschen, jemanden zum reden zu haben, um meine Gedanken irgendwie zu sortieren.
Frustriert schlurfe ich nach Hause, doch in meiner Wohnung angekommen, muss ich feststellen, dass in der Küche Licht brennt. Dabei bin ich mir sicher, dass ich es ausgemacht habe, als ich gegangen bin.
"Jiminie!", höre ich wie aus dem Nichts eine erfreute Stimme und erst da kapiere ich, was los ist. Tae ist ebenfalls hier.
"Was... machst du denn hier? Nicht, dass ich mich nicht freuen würde. Aber solltest du nicht bei Jungkook sein?"
Kommunikation gehört heute definitiv nicht zu meinen Stärken, denn ich habe Bedenken, dass es zu sehr nach einem Vorwurf klingt, obwohl es das gar nicht sein soll.
"Ich... brauchte einen Freund, mit dem ich reden kann", flüstert er mit einem Hauch Schuldbewusstsein in seiner Stimme. Ein verständnisvolles Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, denn ihm scheint es nicht anders zu gehen als mir. "Ich habe genau das selbe gedacht. Na komm, lass uns setzen und dann erzählst du mir, was los ist."
Tae nickt und wenig später sitzen wir zusammen bei einer Tasse warmen Kakao auf der Couch.
"Ich glaube, ich sollte mich besser von Jungkook trennen... aber..."
"Was ist denn passiert?", unterbreche ich ihn schockiert, denn ich hatte mit allem gerechnet, aber sicherlich nicht damit. Tae kaut nervös auf seiner Unterlippe herum und scheint nicht zu wissen, wie er mir meine Frage beantworten soll.
"Er hat mich gestern Abend noch mit einem Päckchen überrascht. Ich wollte mich nächste Woche in einem Laden bewerben und da meinte er, ich brauche was neues zum Anziehen. Jiminie... die Sachen waren unglaublich schön. Er hat mir gesagt, wie stolz er auf mich ist und... wie froh er ist, dass ich bei ihm bin." Tae Stimme wackelt bedrohlich, während er erzählt.
"Aber? Also versteh mich nicht falsch, aber das klingt doch gut."
"Das ist es ja. Ich hab solche Angst, ihn zu verlieren. Es wird von Tag zu Tag schlimmer und gestern habe ich einfach nur noch geheult. Ich vermisse ihn, sobald er aus dem Haus ist und weiß dann nichts mit mir anzufangen. Er ist so lieb zu mir, er beschenkt mich, er macht mir Komplimente. Aber ich kann ihm nichts zurück geben."
Taehyungs Augen füllen sich mit Tränen. Es schmerzt mich, ihn so zu sehen und gleichzeitig bekomme ich Hass auf Baek. Er hat meinem lieben Tae damals so schrecklich das Herz gebrochen und sein ganzes Selbstbild zerstört.
"Weißt du was ich glaube? Jungkook sieht, wie dankbar du ihm für alles bist. Ihm scheint es selbst eine Freude zu machen, wenn er dir eine Freude machen kann. Er liebt dich, Tae. Da ist es ganz normal, dass er alles für dich tut. Er wird dich nicht fallen lassen, weil du für ihn perfekt bist, so wie du bist. Ich weiß, dass du das anzweifelst, aber du musst Jungkook einfach vertrauen."
Tae sieht mich mit großen Augen an, ehe er sich in meine Arme flüchtet und weint, wie ein kleines Kind. Ich wünschte, ich könnte ihm diese negativen Gedanken irgendwie nehmen, aber das muss er letztendlich irgendwie selbst schaffen. Wir verharren einen Moment stillschweigend, in dem wir unseren Gedanken nachhängen, ehe Tae wieder das Wort ergreift.
"Du meintest... du könntest auch einen Freund gebrauchen? Was ist los?"
Typisch für Tae, kaum hat er sich beruhigt, sorgt er sich wieder um andere. Und da fragt er sich noch, was Jungkook an ihm findet?
"Ist nicht so wichtig", wimmel ich ihn ab. "Du solltest lieber wieder zu Jungkook. Er macht sich sicher schon Sorgen."
Tae vergewissert sich noch einige Male, ob es wirklich okay ist, ehe er endlich zustimmt. Kaum bin ich wieder alleine, kreisen meine Gedanken nur um eines.
Yoongi.
Um irgendwie den Kopf frei zu kriegen, entscheide ich mich dafür, endlich mal wieder tanzen zu gehen. Ich habe das eh schon viel zu lange nicht mehr gemacht und dabei habe ich das früher mindestens einmal die Woche gemacht. Meine Sachen sind schnell gewechselt und meine Jeans einer lockeren Jogginghose gewichen.
Im Gehen stopfe ich noch eine kleine Wasserflasche in meine Sporttasche und mache mich eilig auf den Weg ins Tanzstudio. Gut, es ist kein offizielles Tanzstudio, sowas kann ich mir beim besten Willen nicht leisten. Aber ich habe einen Ort gefunden, den ich jeder Zeit aufsuchen kann, um dort zu tanzen.
Kaum sehe ich das Gebäude schon aus der Ferne, spüre ich die Vorfreude in mir auflodern. Mit eiligen Schritten laufe ich auf das Gebäude zu, doch kurz bevor ich dort ankomme, bremse ich ab.
Ich sehe einen Mann dort stehen und brauche keine zwei Sekunden, um zu erkennen, wer es ist.
"Yoongi? Was machst du denn hier?", frage ich verwundert. Dieser dreht sich schwungvoll um und starrt mich völlig irritiert über unser ernuetes Aufeinandertreffen an diesem Tag an. "Jimin...", murmelt er leise, ehe er seinen Blick gen Boden richtet.
Ich überlege, was ich sagen soll, denn es herrscht kurz Stille zwischen uns, nur diesmal keine der angenehmen Sorte.
"Ich wollte mich noch für meine Reaktion entschuldigen, Yoongi. Tut mir Leid. Ich hab mich echt blöd verhalten", sage ich leise, während ich auf ihn zugehe. Yoongi hebt seinen Blick, starrt mich völlig entgeistert an und scheint nach passenden Worten zu suchen.
"Wieso entschuldigst du dich? Ich bin derjenige, der mal wieder Mist gebaut hat." Ein Grinsen schleicht auf meine Lippen, als ich sehe, dass er ernsthaft betroffen wirkt. Mein Herz beginnt zu flattern, so sehr ich auch versuche, mich selbst zu beruhigen. Irgendwie schmerzt es mich, ihn so betroffen zu sehen. Er sieht aus, als hätte er sich mal wieder sehr viele Gedanken gemacht. Nicht, dass ich da besser wäre. Aber trotzdem freue ich mich, dass es so ist, denn das bedeutet, dass ich ihm tatsächlich wichtig bin.
"Sagen wir einfach, dass wir beide mal wieder etwas blöd reagiert haben? Das hatte nicht mal was mit dir zu tun. Ich erklär es dir später, okay?" Yoongi nickt leicht. Da kommt mir plötzlich eine Idee.
"Komm!", sage ich, ohne ihm weiter zu erklären, was ich vorhabe.
"Was... wird das!?" Yoongi versucht mich zu bremsen, doch da habe ich den Schlüssel bereits hervor geholt und ihn mit ins Gebäude gezogen. "W-warte! Jimin! Was wird das!?", höre ich ihn immer wieder fragen, doch wirklich wehren tut er sich nicht dagegen.
"Na! Wir gehen tanzen!", grinse ich frech. Yoongi bleibt ruckartig stehen, sodass ich ebenfalls stehen bleiben muss, weil ich noch immer seine Hand halte.
"Vergiss es!"
"Ach komm schon!"
"Nein!"
"Spielverderber! Du musst mitkommen, Yoongi! Ich brauche nämlich noch jemanden, der mir ein Feedback gibt. Keine Widerrede! Du hast eh nichts besseres vor!"
"Woher willst du das wissen? Vielleicht habe ich ja gleich ein Date oder sowas..."
Ich ziehe überspielt eine Augenbraue hoch und muss nichts weiter mehr darauf erwidern, da Yoongi schwer seufzend klein beigibt.
Mich meines Sieges bewusst, ziehe ich ihn weiter den Gang entlang, um zum Tanzraum zu gelangen, doch da bremst Yoongi ein weiteres Mal ab. Sein Blick hat sich verändert und er scheint in Gedanken versunken zu sein.
"Alles okay?", frage ich vorsichtig nach und da erklärt er mir, dass er mit Jungkook schon mal hier war. Er erzählt mir auch von dem Flügel, auf dem er damals spielen durfte. Ich kenne den Raum und überlege, ob ich meinen Plan verwerfen soll und lieber mit ihm dorthin gehen soll.
Er hat nämlich auf einmal ein Funkeln in den Augen, dass ich so vorher noch nie gesehen habe.
"Warte kurz", teile ich ihm mit, bevor ich mein Handy heraushole und den Besitzer anrufe. Yoongi starrt noch immer unentwegt auf die verschlossene Tür, als ich wieder zu ihm gehe. "Hast Glück. Wir dürfen rein."
Yoongi scheint auch Minuten später noch immer ziemlich überwältigt zu sein. Er sitzt auf dem Klavierhocker, doch bislang hat er noch nichts darauf gespielt. "Wieso spielst du mir nicht etwas vor?", frage ich daher und endlich scheine ich Yoongi aus seinen Gedanken reißen zu können.
"Tanzt du gerne, Jimin?"
"Ja! Für mein Leben gerne! Ich hab es in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt, aber das ist das, wo ich vollkommen abschalten kann."
"So geht es mir mit Musik. Sie lässt die Stimmen in meinem Kopf verstummen", erklingen Yoongis leisen Worte. Mit einem Lächeln lasse ich mich neben ihn auf dem Hocker nieder und lehne mich vorsichtig an ihn. Ich würde ihn gerne fragen, was es mit diesen Stimmen auf sich hat, aber gleichzeitig hab ich Bedenken, ob das der richtige Zeitpunkt ist. Er meinte, ich solle nicht nachfragen. Er hat diese Regel sicherlich nicht umsonst aufgestellt, daher frage ich stattdessen, ob er mir etwas verspielen möchte.
Als wäre dies der fehlende Startschuss gewesen, beginnt Yoongi auf dem Flügel eine ruhige Melodie zu spielen. Ich schließe die Augen, lausche den Klängen und bin überrascht, wie gut er spielen kann. Ich traue mich nicht, etwas zu sagen, aber dafür fasse ich genug Mut, um vorsichtig meine Arme um seinen Bauch zu schlingen. Ich lege den Kopf auf seinem Rücken ab, während die Melodie das einzige ist, was in dem Moment im Raum erklingt.
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:D applaus, trommelwirbel.... noch ein Kap.
Nein scherz... aber erstaunlich, dass ich mal produktiv bin oder? XD
Btw bei den nächsten Kapiteln werde ich definitiv meinen Spas haben und gleichzeitig ein schlechtes Gewissen haben XD haha
1543 W
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