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∞ Taehyung ∞
Obwohl gestern Sonntag war und Jimin dementsprechend frei hatte, habe ich versucht, ihm so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Zwar haben wir vorgestern wieder miteinander geredet und er hat mich getröstet, doch ich habe mich einfach noch nicht dazu bereit gefühlt, das klärende Gespräch zu führen.
Jimin bedeutet mir alles, aber unser Streit und die Sache mit Jungkook nagen einfach viel zu stark an mir.
Ich habe heute vormittag nochmal einen Termin bei Dr. Jung und hoffe, dass er mir irgendwie helfen kann. Natürlich geht es in erster Linie darum, dass ich meine Probleme angehe, was meine Bindungsfähigkeit angeht, doch Dr. Jung hat mir letztes Mal auch schon geholfen, als ich wegen Jungkook einfach jemandem zu reden brauchte.
Ich hab echt Glück, dass ich mich mit dem weiterbehandeldem Arzt so gut verstehe, aber ich denke mal, Dr. Kim hat das schon vorhergesehen und mich genau aus diesem Grund zu ihm geschickt.
Ich fiebere dem heutigen Termin entgegen, weil ich mir erhoffe, dadurch meine zerstreuten Gedanken irgendwie wieder sortieren zu können.
Jimin muss direkt morgens wieder zur Arbeit, daher verkrieche ich mich so lange in meinem Zimmer, bis ich die Haustüre höre und mir sicher bin, dass er weg ist. Natürlich habe ich mitbekommen, dass er einmal kurz in meinem Zimmer war, aber als ich so getan habe, als würde ich noch schlafen, ist er wieder gegangen.
Es tut mir in der Seele weh, dass ich ihn weiter so abweise, nachdem ich mich bei ihm wegen Jungkook schon ausgeheult habe, aber ich schaffe es einfach noch nicht.
Ich brauche das Gespräch mit Dr. Jung und hoffe, dass ich danach endlich dazu in der Lage bin, sowohl mit Jimin, als auch Jungkook zu reden.
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"Dr. Jung", begrüße ich meinen behandelnden Arzt leise, als ich endlich in das Zimmer darf. Ich erte dafür jedoch nur ein fröhliches, aufmunterndes Lächeln. "Taehyung, wann lernst du endlich, dass du mich Hoseok nennen kannst?"
Seine Stimme hat etwas positives und mal wieder frage ich mich, wie er es schafft, mich mit so wenigen Worten zu beruhigen.
"Ich weiß... aber es ist so komisch", antworte ich, weil ich mich nicht daran gewöhnen kann, ihn beim Vornamen zu nennen.
"Ja und auch von anderen Ärzten nicht besonders gerne sehen, wegen der Distanz zu seinen Patienten und so, ich weiß. Aber wie soll ich dir helfen, wenn du immer nur diesen Doktortitel siehst? Das führt nur zu einer Distanz, die uns nicht weiter bringen wird", erklärt er mir nicht zum ersten Mal.
"Du bist so ganz anders, als Dr. Kim", sage ich mit einem Schmunzeln, ehe Dr. Jung mich bittet, mich zu setzen. Sofort nehme ich auf dem schwarzen Ledersessel platz und sinke etwas in mich zusammen.
"Ich bin immer schon anders gewesen", lacht er verlegen und ich weiß, wie viel Wahrheit in dieser knappen Aussage steckt. Er ist wirklich anders, hält sich nicht an die Normen der Psychotherapie und schafft es, wie immer, dass ich mich von der ersten Minute an wohl fühle.
"Aber es geht nicht darum, warum ich anders bin, als andere Ärzte, sondern darum, wie es dir geht. Du siehst nämlich aus, als würde dich etwas sehr belasten."
Dr. Jung sieht sofort, wenn mich etwas beschäftigt. Ich weiß nicht, wie er es schafft, aber ich kann nichts vor ihm geheim halten. Aber das will ich ja auch gar nicht. Ich weiß, dass er gerade der Einzige ist, der mir helfen kann.
"Das ist alles so kompliziert. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll", gebe ich daher offen und ehrlich zu. Als Antwort erhalte ich zunächst ein langgedehntes Seufzen, ehe seine beruhigende Stimme ein weiteres Mal erklingt. "Ach Taehyung. Das Leben ist immer kompliziert. Wenn es das nicht wäre, gäbe es meinen Job nicht. Fang einfach an dem Punkt an, der dich grade am meisten beschäftigt."
"O...okay", murmel ich leise und versuche meine wirren Gedanken zu einem halbwegs vernünftigen Satz zu formulieren. "Ich hab mich mit Jimin gestritten und ich weiß nicht mal, warum. Also schon, aber eigentlich verstehe ich es selbst nicht. Ich hab mich noch nie mit ihm gestritten und mit Jungkook. Naja. Da ist auch etwas passiert und jetzt bin ich einfach total verwirrt und zerstreut und weiß gar nicht mehr, was ich denken soll."
"Eins nach dem anderen. Wie ist es denn zu dem Streit mit Jimin gekommen?"
"Ich weiß auch nicht. Ich hab ja in der Klinik diesen Kerl kennen gelernt, meinen Zimmernachbarn, und mich eigentlich sehr gut mit ihm verstanden. Aber Jimin verhält sich total komisch, was ihn angeht. Erst will er nicht, dass ich mich mit ihm treffe, dann will er ihn mit mir aus der Klinik abholen und dann rennt er einfach weg. Ich weiß nicht, was im Moment mit Jimin los ist. Er hat sich noch nie so verhalten!", platzt es mit einem Mal aus mir heraus und jetzt, da ich einmal angefangen habe, zu reden, kann ich kaum mehr aufhören.
"Weist du, wann das angefangen hat, dass Jimin sich anders verhält?", fragt Hoseok nach. Ich muss wirklich überlegen. "Ähm.. Ich weiß nicht genau. Eigentlich schon, seit ich in der Klinik gewesen bin."
"Jimin hat dich gefunden, oder? Als du versucht hast, dir das Leben zu nehmen?", fragt er gerade aus, ohne das Thema großflächig zu meiden.
Auch in diesem Punkt unterscheidet sich Hoseok von allen Anderen Therapeuten.
Während andere das Thema erstmal so gut es geht aus dem Weg gehen, um keine alten Gefühle aufkommen zu lassen, weil sie in erster Linie emotionale Stabilität als Ziel haben, spricht Hoseok darüber offen, als wäre es das normalste der Welt.
Er hat mir mal erklärt, dass ich lernen muss, das als einen Teil von mir zu akzeptieren, weil es mich sonst immer wieder heimsuchen wird. "Ein guter Therapeut sollte beim Verarbeiten helfen und nicht den Verdrängungsmechanismus noch verstärken!", hat er mir daraufhin mal erklärt.
"J..ja", stimme ich ihm leise zu und kann daraufhin erkennen, wie es in Hoseoks Kopf zu arbeiten scheint.
"Habt ihr mal darüber gesprochen? Ich weiß, dass das kein leichtes Thema für dich ist, aber Jimin bedeutet dir viel und du solltest mal mit ihm offen darüber reden, wie es ihm dadurch ergangen ist. Weißt du. Manchmal haben Angehörige, die einen Selbstmordversuch mitbekommen haben, danach ebenfalls ein ziemliches Trauma."
Es trifft mich, wie ein Blitz.
Ich habe die ganze Zeit nur daran gedacht, wie es mir dabei geht, aber dass Jimin an meinem Selbstmordversuch ebenfalls zu knacken hat, soweit habe ich natürlich mal wieder nicht gedacht. Mein schlechtes Gewissen wird noch viel größer, als mir bewusst wird, was er die ganze Zeit durchgemacht haben muss.
"Shit... darüber habe ich noch nie nachgedacht", sage ich wehmütig.
"Das ist ganz normal, mach dir keine Vorwürfe. Du musstest das selbst erstmal verarbeiten, beziehungsweise du musst es auch immer noch. Es ist ganz normal, dass du dich dann noch nicht mit Jimins Gefühlslage auseinander setzen konntest. Du hättest dich damit nur überfordert."
"Trotzdem... ich... es tut mir so Leid, dass ich daran gar nicht gedacht habe! Ich hab Jimin echt lieb und dieser Streit macht mich wahnsinnig. Ich werde ihn auf jeden Fall darauf ansprechen."
"Und du wirst das auch sicher gut meistern, Taehyung. Ihr werdet euch schon wieder vertragen, ihr müsst nur ehrlich zueinander sein", fügt er hinzu und schafft es dadurch, dass ich dem Gespräch mit Jimin wirklich etwas weniger ängstlich gegenüberstehe.
"Aber du meintest, dass daneben mit Jungkook noch etwas vorgegallen ist. Magst du mir erzählen, was passiert ist?", beginnt er und ich weiß, dass es jetzt unangenehm wird. Ich habe ihn in den letzten Sitzungen immer mal wieder von Jungkook erzählt, daher weiß er, wie gerne ich ihn mag.
"Stimmt. Also. Oh Mann, das ist echt unangenehm. Also, ich hab dir ja erzählt, dass ich mich mit Jungkook wirklich gut verstehe und ich mich wirklich wohl und sicher bei ihm fühle. Das habe ich noch nie gehabt, aber Jimin hat Angst, dass ich mich da wieder verrenne und am Ende so leide wie nach der Trennung von Baek. Aber Jungkook ist nicht so."
"Was ist vorgefallen mit ihm?"
"Ich bin zu ihm, weil ich jemanden zum reden brauchte, nachdem Jimin vor der Klinik einfach abgehauen ist. Und er hat mit zugehört, mich getröstet und es geschafft, dass ich ich besser gefühlt habe. Naja und dann... dann haben wir uns geküsst", erzähle ich und werde immer leiser, bis ich zum Ende hin beinahe nur noch flüster. Aber wie immer ist Hoseok sehr einfühlsam und weiß, welche Fragen er stellen muss. "Und was hast du dabei gefühlt? War es angenehm oder unangenehm?"
Ich erinnere mich automatisch daran zurück, welche Glücksgefühle in mir aufgekommen sind, als wir uns immer näher gekommen sind. Wie sanft und liebevoll er zu mir war und wie sehr ich das in diesem Moment auch wollte.
"Erst war es unglaublich schön und ich hab geglaubt, dass ich noch nie so glücklich war in meinem Leben."
"Aber?"
"Aber dann... Ich weiß auch nicht. Hab ich auf einmal Angst bekommen. Ich bin einfach weggelaufen", erzähle ich weiter und beisse mir fest auf die Unterlippe, als ich mich an Jungkooks verletzten Gesichtsausdruck erinnere.
"Kannst du genauer beschreiben, wie du dich da gefühlt hast? Hattest du vor etwas bestimmtes Angst? Oder war es eher ein diffuses Gefühl?", fragt Hoseok vorsichtig nach. Er scheint zu merken, wie sehr mich das gerade wieder aufwühlt.
"Ich... Nein, es war eher diffus. Also ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich weggelaufen bin. Es war so, als hätte mein Körper einfach ohne mich gehandelt."
"Wie intensiv hast du dich bis jetzt damit auseinander gesetzt, was bei deiner Trennung von Baek mit dir passiert ist?"
Ich muss einige Zeit nachdenken, bevor ich auf Hoseoks Frage antworten kann. Ich hab das Gefühl, dass mein Kopf vor lauter Gedanken gleich platzt und denke natürlich augenblicklich an den Tag zurück, als Baek sich von mir getrennt hat. "Ähm... noch nicht sehr viel", schaffe ich endlich hervor zu bringen. "Dr. Kim meinte, ich solle erst mal wieder auf die Beine kommen, bevor ich mich damit genauer beschäftige."
"Und da hat er auch erstmal vollkommen Recht. Ziel der Akutstationen ist emotionale Stabilität, daher wird oft erst im Anschluss tiefgehendere Therapie gemacht. Ich befürchte nur, dass der Zeitpunkt jetzt gekommen ist, Taehyung. Du sagtest, du hast dich sehr wohl gefühlt bei Jungkook, richtig?"
"Ja. Ja, ich hab bei Jungkook einfach das Gefühl, dass ich ihm vertrauen kann. Deswegen verstehe ich auch nicht, wieso ich dann doch Angst bekommen habe. Ich meine, ich hab keine Angst, dass er mir wehtut oder sowas."
"Das ist auch keine rational begründbare, sondern eine unterschwellige Angst, weil du die Trennung von deinem Ex noch nicht verarbeitet hast. Die Angst wird mehr oder weniger immer etwas bleiben, bis du eine andere Erfahrung gemacht hast. Und selbst dann kann sie manchmal auftauchen. Du hast danach eine sehr schwere Zeit durch gemacht, das muss erst mal verarbeitet werden. Und das ist kein leichter und auch kein kurzer Weg."
"Und was soll ich jetzt machen?", frage ich verzweifelt. Ich weiß ja, dass ich die Sache mit Baek noch mit mir rumschleppe, aber ich habe grade einfach zu große Angst, dass ich Jungkook nun dadurch verloren habe.
"Vielleicht redest du nochmal mit ihm. Ich schätze mal, so wie du von ihm sprichst, willst du das nicht aufgeben. Und das musst du auch gar nicht, aber Jungkook muss wissen, dass du Zeit brauchst. Und du musst wissen, ob er diese Zeit und Geduld investieren will."
Wie immer klingt für mich jedes von Hoseoks Worten sehr plausibel und dennoch breitet sich nun dieses beklemmende Gefühl in meiner Brust aus, weil mir sowohl mit Jimin, als auch Jungkook schwierige Gespräche bevor stehen.
"Taehyung? Du schaffst das. Ich weiß, dass das erstmal nicht leicht für dich ist. Aber es wird sich lohnen. Vertrau mir. Und wenn irgendwas ist, dann melde dich bei mir."
Hoseoks letzten Worte machen mir Mut und erfüllen mich mit Dankbarkeit. Ich bin wirklich froh, dass mir Dr. Kim ihn empfohlen hat, denn sonst wüsste ich nicht, wie ich das alles noch länger ertragen sollte.
"Danke", sage ich leise, ehe wir uns langsam voneinander verabschieden.
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Ich bin zurück, endlich.
Es tut mir leid, dass so lange nichts mehr von mir kam, aber ich brauchte einfach mal eine Pause. Ich musste mal etwas anderes machen (wie Worldmaps und Trailer basteln), aber nun macht das schreiben wieder Spaß ^-^
Die Kapitel sind etwas anstrengend, finde ich. Vor allem, weil ich von der eigentlichen Storyline mal wieder voll abgedriftet bin XD
Aber da müssen wir nun durch und dann geht es auch bald weiter mit Yoonmin.
Ich hoffe, ihr habt Nachsicht mit mir >.<♡
2009 W
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