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Chan;
„Du erkundigst dich nicht über ihn? Keinerlei Interesse?", „Wir sind nicht hier um über ihn zu reden."
Ich hatte keine Lust auf diese Art von Gespräch. Es ging nicht um Minho. Es ging um die Geschäfte und wie wir sie weiterführen konnten. Changbin hatte alles im Griff und ich vertraute ihm da auch. Während er sein Gesicht zeigte, zog ich hinter ihm die Fäden und legte ihm meine Entscheidungen auf. Es passierte nichts ohne meine Zustimmung und das wussten nur die Wenigsten. Zwar war ich nicht körperlich anwesend in unserer Stadt aber ich wusste über alles Bescheid. Ständig wurde ich mit Informationen gefüttert auf verschiedenste Weise. Immerhin mussten wir aufpassen, dass nichts nachzuweisen war. Ein ständiger Handy Wechsel aus Prepaid-Telefonen war damit nicht gemacht.
Changbin teilte mir mit wo wir uns treffen würden und ich kam dieser Bitte nach, stieg unauffällig in das Auto und schon fuhr ich weiter. Nicht mal Changbin wusste wo mein Aufenthaltsort war und es war besser so. Wir trafen uns nur wenn es wirklich notwendig war ansonsten verzichteten wir darauf weil es zu gefährlich erschien.
So gabelte mich der Fahrer an dem zufällig, ausgewählten Treffpunkt ein und ließ mich später ganz woanders wieder raus. Ich wusste genau wo man mich erkennen konnte und wo nicht. Ich hatte mich nicht das erste Mal in meinem Leben versteckt. Jedes Imperium musste aufgebaut werden. In diesem Leben passierte das nicht weil es einem zu geworfen wurde. Man musste es sich hart mit Schweiß und Blut erkämpfen. Ich wusste nicht wie viele Leben in dieser Zeit gefallen waren aber es interessierte mich auch nicht. In der Natur hieß es immerhin auch, der Stärkere überlebte. So war es bei den Menschen auch schon immer gewesen. Nur dass du selbst entscheiden kannst ob du die Antilope oder der Löwe warst.
Changbin verzog keine Miene, musterte mich nur interessiert und versuchte zwischen den Zeilen zu lesen. Doch in meinem Gesicht gab es nichts zu lesen. Ich war es satt jegliche Regungen in diesem zu zeigen. Auch wenn mein Verbündeter direkt vor mir saß. Vor ihm brauchte ich mein Pokerface nicht aufsetzen. Changbin und ich kannten uns schon seit dem wir klein waren. Wir hatten uns damals zusammen durch die Straße gekämpft, nachdem wir kein Zuhause mehr hatten. Wir hatten uns zu der Zeit gegenseitig am Leben gehalten bis wir einen nach den anderen aus unserer Gruppe trafen. Es war ein harter Weg gewesen und dieser Weg hinterließ tiefe Spuren in unserem da sein.
An manchen Tagen hatte ich das Gefühl gar nichts in mir zu fühlen.
Es hieß, je mehr Menschen du vor deinem Auge sterben sahst, desto abgestumpfter wurdest du. Und genauso war es auch. Ich hatte in meinem Leben schon viele Leute sterben sehen. Ob es durch meine Hand war oder durch andere. Mittlerweile sah ich den Wert des Lebens mit anderen Augen. Die, die mir nichts bedeuten, die waren auch nichts wert. Also war es mir egal ob sie eine Kugel in den Kopf bekamen oder eben auch nicht.
„Du lügst. Ich durchschaue dich, Chan. Vielleicht weilt er schon nicht mehr unter uns?", „Wenn etwas mit ihm passiert wäre, hättest du oder einer der anderen es mir schon längst gesagt. So lange ihr mir nichts über ihn erzählt, scheint es ihm gut zu gehen und ich will nichts darüber hören. Es hat keine Priorität."
Mit kalter Miene schaute ich aus den verdunkelten Scheiben und wartete auf das eigentliche Gespräch. Nämlich die Geschäfte. Ich versuchte kein Interesse an diesem Thema zu entwickeln aber leider sprach mein Herz eine andere Sprache.
Wenn es jemanden gab, der mein Herz zum auftauen gebracht hatte, dann war es eine ganz bestimmte Person. Und diese Person hatte mich im ersten Moment schon verzaubert.
Vielleicht hatte ich ihn in den ersten Moment nur als kleinen Mitternachtssnack gesehen aber sobald mich diese unschuldigen Rehaugen ansahen, war es um mich geschehen. Etwas an diesem Jungen hatte mich fasziniert und auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte, geschah es in kurzer Zeit.
Deswegen wollte ich nicht über diesen Jungen sprechen.
Es tat weh wenn ich an ihn dachte.
Solche Gefühle kannte ich zuvor nicht und mir war auch nicht bewusst gewesen, jemals so empfinden zu können. Bis heute war es mir ein Rätsel.
Deswegen wollte ich diese Truhe verschließen und den Schlüssel begraben. Am besten in der Mitte durchbrechen und die beiden Teile in entgegengesetzte Richtungen vergraben. So dass sie nie wieder geöffnet werden konnte. Denn ich hatte zuvor nie einen Schwachpunkt in meinem Leben gehabt und plötzlich hatte ich einen.
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