~Vom Regen in die Traufe~
Lucian
Mein Blick huschte von einem Detail zum nächsten. Auf der einen Seite des Raumes, den Rücken dem Tisch zugewandt, stand Adrian. Ihm gegenüber befand sich ein Typ, fast so groß wie er. Er hatte hellblonde Haare und schien recht muskulös zu sein. Zudem war Blondie in einer einfachen Jeans und einem lockeren Shirt gekleidet. In seiner Hand hielt er ein langes, schlankes Schwert, seine drei Begleiter ebenfalls.
Doch diese Typen waren nicht das, was meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Nein, die Person, die hinter ihnen stand, war viel interessanter. Talia. Sie tippte wieder nervös mit ihrem Fuß auf dem Boden herum und ließ ihren Blick unruhig herumschweifen. Mir fiel auf, dass sie nie in Adrians Richtung sah.
Wieder wanderte mein Blick zu dem wahrscheinlichen Anführer der 4 Messerstecher. Er schien etwas zu sagen, was ich jedoch nicht ganz verstand. Ich spürte Neugier in mir hochkommen und ehe ich wusste was ich tat suchte ich mit meinem Blick den Raum nach einem geeigneten, etwas näher liegenden, Versteck ab.
In Gedanken beschimpfte ich meine Neugier und sagte mir selbst, dass ich lieber verschwinden sollte, doch machte ich weiter. Durch Zufall glitt mein Blick an die Decke. Sofort fielen mir die schweren Querbalken auf, die sich einige Meter über dem Boden befanden. Kurz zögerte ich und warf einen Blick zu den großen Türflügeln, dann wieder zu Adrian und dann die Decke hinauf.
Schließlich ergriff ich die Säule vor mir mit beiden Händen und zog mich etwas in die Höhe. Dann presste ich meine nackten Füße gegen die Säule und drückte mich in die Höhe. Als nächstes schob ich meine Hände wieder etwas hoch, dann die Füße.
So machte ich mich langsam auf den Weg hoch. Währenddessen verfluchte ich meine Neugier, hoffte das ich nicht herunterfiel und mir das Genick brach und sah immer wieder zu Adrian um mich zu vergewissern, dass mich niemand sah.
Da sag doch mal einer Männer seien nicht Multitaskingfähig.
Ich hatte fast den oberen Balken erreicht, als plötzlich eine laute Frage durch den Raum scholl: „Wo ist eigentlich der Erdengel?"
Ich zuckte zusammen und verharrte an meinem Platz.
„Keine Ahnung, wahrscheinlich hat er sich aus dem Staub gemacht oder so."
„Vielleicht, vielleicht aber nicht."
Kurz herrschte Stille, dann hörte ich Schritte in meine Richtung kommen.
„Ich könnte schwören, dass der sich eben hier versteckt hat."
Die Stimme, männlich, musste von einem der schwertschwingenden Typen kommen. Ich runzelte die Stirn. Wenn er zu mir kam, war dann alles okay mit dem Dämon? Warum zum Teufel interessierte mich das überhaupt?
„Und, siehst du etwas?", hörte ich plötzlich eine klare Stimme durch den Raum hallen. Erschrocken setzte ich mich in Bewegung, da ich am Boden unter mir bereits einen Schatten sah. Gerade als ich mich auf den Querbalken zog erschien eine Person unter mir.
Angespannt sah ich runter und bewegte mich keinen Millimeter. Währenddessen hoffte ich, dass der Typ nicht hoch sah. Er drehte sich im Kreis und ging schließlich in die Hocke. Dann richtete er sich wieder auf. Einige unglaublich schreckliche Momente lang befürchtete ich, dass der Typ zu mir hoch sah, doch drehte er sich schließlich weg.
„Da ist nichts, er muss weg sein."
Meine Haltung entspannte sich sichtlich und ich stieß meinen unbewusst angehaltenen Atem wieder aus. Er hatte mich nicht bemerkt. Idiot. Langsam richtete ich mich auf und balancierte auf dem etwa einen halben Meter breiten Balken. Mein Herz schlug wie wild und ich musste mich zusammenreißen, nicht runter zu sehen. Ohne meine Flügel hatte ich schreckliche Höhenangst.
Langsam glitt ich über den Balken, bis ich an einer weiteren Säule ankam und die Worte hörte, die mir bis dahin verwehrt geblieben waren. Ich ließ mich langsam in die Hocke nieder und lauschte angestrengt.
Als erstes hörte ich Adrians Stimme: „...alles schön und gut, nur verstehe ich nicht ganz, wieso ihr in mein Haus eingebrochen seid. Und was Talia damit zutun hat."
Seine Stimme klang unglaublich kühl, wie eigentlich immer, doch dahinter schwang ein bedrohlicher Tonfall, der mich aufhorchen ließ. Nicht nur das. Was war schön und gut?
Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte erklang schon eine leise Antwort: „Wir sind hier, weil du uns dieses Buch nie freiwillig geben würdest."
Aha, es ging also um ein Buch. Ich befürchtete nur, dass es in dem Buch nicht um Kindermärchen ging. Eher um schwarze Magie oder verbotene Bannsprüche. Alles gar nicht gut. Überhaupt gar nicht gut.
„Wir wollen das Buch der Arte negro, der schwarzen Kunst. Und du wirst es uns geben."
Der Dämon besaß diese uralte Schrift? Das war auch gar nicht gut. Noch schlimmer war allerdings, dass diese Kerle wussten, wo es war, der Rat aber nicht.
„Weshalb sollte ich euch diese Schrift geben?"
„Weil wir sonst dem Engel den Bannspruch für dein Grab geben. Mal sehen, wie lange du dann diese Schrift hast."
Der Spruch zu Adrians Grab? Das hörte sich echt interessant an. Vorsichtig lehnte ich mich über den Balken um die Diskussionsgegner besser im Blick zu haben. Die Männer und Talia standen mit dem Rücken zu meinem Balken, Adrian ihnen, und mir somit, gegenüber. Er wirkte angespannt und sah aus, als wollte er sich jeden Moment auf die anderen stürzen.
„Wie ihr selbst gerade bemerkt habt ist er nicht da, wie wollt ihr ihm also den Zauber bringen?"
Adrian hörte sich berechnend an und mit der hochgezogenen Augenbraue wirkte er fast schon spöttisch. Die Männer wirkten plötzlich nervös, wahrscheinlich weil sie nicht über diese Konsequenz nachgedacht hatten.
Nur der Anführer wirkte noch zuversichtlich, da er meinte: „Wir werden ihn schon herlocken, warts nur ab. Die Aussicht auf deinen Tod wird ihn ganz blind hertreiben, da bin ich mir sicher."
Ich war mir da tatsächlich nicht so sicher. Vorher müsste ich nämlich noch herausfinden, wie gefährlich die Schrift war und was Adrian damit vorhatte. Wenn er nur darauf aufpasste, dann könnte er von mir aus weiterleben, aber wenn er sie für sich nutzen wollte, dann...
„Interessant, dass du auf alles eine Lösung findest. Nenne mir bitte die Lösung zu folgendem Problem: Seine Eltern waren zu zweit und wurden von einem Zirkel mächtiger Hexen und Hexer unterstützt, doch alle starben aufgrund der enormen Anstrengung. Lucian ist ein einzelner, gerade erst 18-jähriger Erdengel, der sich selbst ausgebildet hat. Außerdem gibt es keinen auch nur ansatzweise so starken Zirkel wie den Gemini-Zirkel, die Unterstützer seiner Eltern. Nicht mal der círculo del demonio ist auch nur ähnlich stark."
Adrian sah den Mann an, nur kam es mir fast so vor, als würde er zu mir reden. Selbst wenn er es nicht zu mir gesagt hatte, was ich stark hoffte, blieb ein Problem: Ich wusste selbst, dass ich das alleine nicht stemmen konnte.
Ein plötzliches Zischen in meiner Nähe ließ mich zusammen zucken. Was war denn das? Ich sah mich um, fand aber nichts. Verwirrt warf ich einen Blick auf die Personen unter mir. Von ihnen schien das nicht zu kommen.
Plötzlich durchzuckte meine Handgelenke ein leichtes Stechen und ich sah mit zusammengebissen Zähnen herunter. Was ich erblickte ließ mich verwundert die Augenbrauen zusammen ziehen. Irgendjemand schmolz das Eisen der Fesseln weg!
Ich hob meinen Blick wieder von dem warmen Metall und suchte unter den Anwesenden nach dem oder der Schuldigen. Schließlich blieb mein Blick an einem schwarzen Augenpaar mit rotem Kranz zwischen Pupille und Iris hängen. Dieses Augenpaar blitzte mich wissend und etwas bedrohlich an.
Wenn Adrian meine Fesseln schmolz, musste wirklich etwas schlimmes passiert sein. Er war anscheinend vom Regen in die Traufe gekommen.
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So, dass neue Kapitel ist endlich geschrieben. Ich hoffe es gefällt euch.
Bevor mir das jemand unter die Nase reibt, ja, ich habe von The Vampire Diaries geklaut, als ich Gemini-Zirkel geschrieben habe.
Für alle Fans von TvD: Ich finde Kay cool, egal was alle gegen ihn haben. Und Livs Aktion mit Taylor war jawohl einfach unterirdisch...
Over and Out, _Amnesia_Malum_
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