~Und in diesem Moment sah er aus wie ein Ungeheuer der Hölle...~
Adrian
Ich ließ meine Magie den Stein der Wand erfüllen, dabei beobachtete ich Lucian aus dem Augenwinkel. Er hatte sein Oberteil aufgehoben, wahrscheinlich um es später anzuziehen. Ich lenkte, nach kurzem zögern, meinen Blick von seinem schon recht ansehnlichen Oberkörper zu der Wand zurück und suchte weiter. Kurz darauf fand ich wonach ich suchte und setzte meine Magie dazu ein, die Geheimtür zu öffnen.
Mit einem Knirschen öffnete sich die Wand und offenbarte einen dunklen Gang, der uns aus dem Anwesen führen würde. Zufrieden trat ich ein paar Schritte zurück und sah zu Lucian, der unruhig mit seinen Flügeln schlug. Ihm schien es nicht zu gefallen, dass ich einen Geheimgang hatte, er schien eher beunruhigt.
Ich schüttelte bloß den Kopf, dann nickte ich in Richtung des Ganges.
„Nach dir."
Lucian zögerte kurz, dann trat er in den dunklen Gang. Ich folgte ihm mit einem knappen Schritt Abstand, blieb dann aber stehen.
„Warte mal kurz."
Lucian blieb stehen und drehte sich in dem engen Gang um. Ihm schien es hier nicht zu gefallen, wahrscheinlich weil er nicht viel Platz hatte und nicht fliegen konnte. Ich reichte ihm zwei Fackeln und drehte mich dann wieder zur Tür. Während meine Magie daran arbeitete, den Gang wieder zu verschließen, spürte ich hinter mir Lucians Magie. Es war vollkommen anders wie die Magie, die ich kannte. Selbst anders als die Magie seiner Eltern.
Ich schüttelte den Kopf und machte weiter. Als die Tür endlich verschlossen war drehte ich mich zu Lucian um, der mir schweigend eine der Fackeln reichte. Dann lief er los, ich ihm dicht auf den Fersen. Einige Zeit lang hörte man nur das Knistern der Fackeln, die unruhige Schatten an die dunklen Wände warfen. Es wirkte düster und das gefiel mir auch so, ich fühlte mich hier wohl. Vielleicht klischeehaft, aber wahr.
Schließlich brach Lucian die Stille: „Was machen wir, wenn wir hier raus sind?"
Ich lächelte fies.
„Wenn wir hier herausgefunden haben sind wir nicht mehr auf dem Grundstück. Das bedeutet ich werde die magische Barriere so umkonstruieren, dass die Wesen im inneren, wenn sie raus wollen, verbrennen."
„Du sperrst sie also ein. Und danach?"
Ich sah, wie Lucian sich noch etwas mehr angespannt hatte. Der Kleine sollte sich wirklich mal entspannen, es war nicht gut die Muskeln so zu überfordern.
„Danach werden wir an einen Ort fahren, den ich dir noch nicht nennen werde."
Der Engel presste seine Lippen zusammen, nickte aber dann. Eine gute Entscheidung. Wieder trat Stille ein und jeder von uns hing wieder seinen eigenen Ideen nach. Gedankenverloren lief ich hinter Lucian und rannte beinahe in ihn hinein, als er abrupt stehen blieb.
„Es geht nicht weiter", stellte er leise fest.
Ich verdrehte bloß die Augen. Dann schob ich ihn zur Seite und zwängte mich an ihm vorbei, wobei ich seine, zugegebenermaßen sehr weichen, Flügel streifte. Lucian zuckte zusammen und drängte sich etwas weiter gegen die Wand. Ich schnaubte bei seiner Reaktion bloß. Ich hatte schon kleine Kinder gesehen, die weniger schreckhaft reagiert hatten.
Seufzend presste ich meine Hände wieder gegen den rauen Stein und öffnete damit eine weitere Tür, die aufschwang und einen Schwall frischer Luft in den Gang ließ. Ich atmete einmal kurz durch und genoss den Geruch von Wald und feuchtem Stein.
Dann schob ich mich in die kleine Höhle, die sich eben aufgetan hatte. Lucian lief dicht hinter mir und bewegte sich bewusst langsam. Die Fackeln waren ausgegangen als sich die Tür geöffnet hatte, also mussten wir uns langsam durch die dämmerige Dunkelheit schieben.
Eine kühle Brise wehte und automatisch sah ich mich nach Lucian um. Ihm musste doch kalt sein. Tatsächlich zitterte er leicht in dem Halbdunkel des Waldes, den wir soeben betreten hatten.
„Du solltest dir etwas überziehen, es wird noch kühler."
Es wunderte mich selbst, dass ich so etwas erwähnt hatte. Es war nicht meine Art, mich um jemanden zu kümmern. Ich hatte bestimmt nur Sorge, dass er mir bei meinem Plan, den ich mir in aller Eile zurechtgelegt hatte, nicht mehr nützlich sein könnte.
Mit diesem Entschluss zufrieden drückte ich meine Handflächen gegen einen gewaltigen Eichenstamm und murmelte einige längst vergangene Worte. Der Schutzzauber, der um mein Anwesen lag, leuchtete nur wenige Meter von uns entfernt feuerrot auf, ein ganz klares Zeichen, dass er sich meinem Willen gefügt hatte.
Als mein Blick zu dem Engel fiel beobachtete ich, wie die Flammen, die noch einige Minuten tanzen würden, einen roten Schleier über seinen Oberkörper jagten und sich das Feuer in seinen Augen spiegelte. In diesem Moment sah er aus wie ein geflügeltes Ungeheuer der Hölle, nicht wie ein himmlischer Engel. Es gefiel mir ihn so zu sehen. Als hätte der Kleine meinen Blick bemerkt trat er einige Schritte zurück und sah zu mir.
„Lass uns von hier verschwinden."
Ich nickte zustimmend und führte ihn leise an den dunklen Bäumen vorbei. Wir bewegten uns lautlos durch das Geäst, wichen tief hängenden Ästen und hohen Felsen aus. Zwischendurch warf ich einen Blick nach hinten, um mich davon zu überzeugen, dass er mir noch folgte. Nur einmal war er ein paar Meter zurückgefallen und das auch nur, um sich das Hemd anzuziehen.
Auch ohne Flügel hatte er etwas majestätisches, etwas was nur wenige Wesen ihr eigen nennen durften, bemerkte ich staunend. Ob ich es wollte oder nicht, er war etwas besonderes, vielleicht sogar außergewöhnliches. Doch momentan wurde ich von anderen Sorgen geplagt, die um einiges dringender zu zerstreuen waren. Mit dem seltsamen Gefühl, das mich beschlich, musste ich also folglich noch etwas leben.
Der Mond hatte lange schon seinen Zenit überschritten, als der Boden langsam anstieg und sich der Wald lichtete. Nach einigen weiteren schweigsamen Minuten erreichten wir eine Lichtung, in deren Mitte ein kleines Steinhaus düster aufragte. Bei der unheimlichen Atmosphäre musste ich wieder leicht lächeln. Ach ja, die guten alten Zeiten.
Ich bedeutete Lucian zu warten und hob dann meine Hände. Der Zauber, der diesen Ort umgab, begann zu schimmern und seine Grenzen zu offenbaren. Es dauerte nicht lange, da hatte ich eine Art Portal geschaffen, durch das wir gefahrenlos treten konnten.
Der Engel zögerte, er musste wissen das er den Zauber nicht überwinden konnte, sobald er erst einmal durch das Portal getreten war. Schließlich presste er die Lippen zusammen und folgte mir. Ich schloss das Portal und ging dann mit schnellen Schritten zu Lucian, der bereits an der dunklen Holztür wartete. Ich schob sie auf und bedeutete Lucian, als erster einzutreten. Dann folgte ich ihm ins Dunkel der Hütte.===================
Ich habe ein neues Kapitel geschrieben, jayyyy. Sogar bevor ich eigentlich wollte. Ich hoffe es gefällt euch, habe mich etwas von Sekt inspirieren lassen. Das Zeug fördert echt meine Kreativität :)
Over and Out, _Amnesia_Malum_
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