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Ich warte nun vor dem Gebäude, in dem sich meine Wohnung befindet. Als Wiedergutmachung will er mich von jetzt an immer von zu Hause abholen, damit ich nicht immer mit dem Bus fahren muss. Und es macht ihm nicht einmal etwas aus, dass er für mich Sprit verbraucht, weil er ein Stück weiter von mir weg wohnt. Mein Herz rast vor lauter Aufregung. Ich kann nicht in Worten beschreiben, wie sehr mich darüber freue, ihn wiederzusehen. Er hat mir noch etwas versprochen, worauf ich mich nur freuen kann: Eine lange Umarmung.
Und nun befindet sich sein Auto in meinem Sichtfeld. Ich fange an, zu zittern, obwohl ich dick angezogen bin. Wahrscheinlich die Nervosität. Nachdem Jisung eingeparkt hat, gehe ich vorsichtig auf ihn zu und automatisch bildet sich auf meinen Lippen ein breites Lächeln. Er ist es. Han Jisung, höchstpersönlich. Und sein Lächeln wieder zu Gesicht zu bekommen ist herzerwärmend.
,,Hyung!" ruft Jisung, ehe er sich auf meine Arme schmeißt, die ich bereits ausgestreckt habe. ,,Sungie!" murmele ich eher, bevor ich ihn mehr an mich drücke und mein Gesicht in seinem Oberarm vergrabe. Ich seufze erleichtert, da ich seinen Geruch viel zu sehr vermisst habe. Ich kann mich noch haargenau daran erinnern, als ich jeden dafür verurteilt habe, wenn er geraucht hat, weil es stinkt. Aber wenn hinter einem Raucher ein Mensch steckt, der dir unfassbar stark an Herz gewachsen ist, dann fängst du gleichzeitig an, diesen Geruch zu lieben. Bei diesem Geruch merkst du, dass er bei dir ist und mich niemals mehr loslässt. So empfinde ich es im Moment. Und diese Gedanken sollten illegal sein aufgrund dessen, dass ich eine Freundin habe.
Ich schüttele den Kopf. Das ist natürlich alles platonisch. Jisung ist mir in letzter Zeit einfach nur wichtig geworden und ich weiß, dass ich daran kaputt gehen würde, wenn sich unsere Wege wieder trennen müssen. Sei es aus verschiedensten Gründen. Und der Grund selbst muss keine gewisse Relevanz haben. Er kann nachvollziehbar sein oder auch nicht. Und trotzdem will ich alles dafür tun, dass wir zusammenhalten und das werden wir tun, indem ich die Initiative ergreife und seinem Wünschen nachgehe.
Wir sind nun mit dem Auto auf dem Weg zur Uni und ich lehne mich an den Beifahrersitz, während Jisung sich vollkommen auf das Verkehr konzentriert und wir gleichzeitig miteinander sprechen. ,,Es tut mir noch einmal Leid wegen meiner Aktion von gestern. Von jetzt an werde ich alles dafür tun, um es wiedergutzumachen. Wie wäre es damit: Wie treffen uns heute einfach zum lernen. Heute halte ich tatsächlich auch viel aus. Wie sieht es bei dir aus, hyung?"
,,Jisung.. hör auf dich zu entschuldigen. Ich habe dir verziehen, schon vergessen? Wir machen jetzt beide das Beste draus. Und ja, ich hätte heute Zeit, allerdings werde ich nur nicht lange bleiben können, da ich heute Abend bei Boram zu Hause bin." erwähne ich. Direkt geht Jisung auf meine Antwort ein: ,,Also wenn du mir die Adresse von Boram geben würdest, dann kann ich dich gerne nach unserem Treffen zu ihr bringen. Dann wäre es weniger Busfahren für dich." ,,Das ist wirklich nett. Danke, Sungie." gebe ich erleichtert von mir, da Boram wirklich nicht nah an Jisung wohnt. Sie wohnt einfach auf der anderen Seite von Seoul.
Irgendwann sind wir angekommen und nachdem wir ausgestiegen ist, raucht Jisung seine erste Kippe am Unigelände. ,,Darf ich auch?" frage ich und strecke meine Hand dabei nach vorne. ,,Klar.." gibt Jisung kurz von sich, ehe er die Kippe anzündet, die ich mir in den Mund gesteckt habe. ,,Ich dachte eigentlich ganz am Anfang, dass es nichts für dich wäre, Hyung." Äußert Jisung relativ belustigt, nachdem er das erste Mal gezogen habe. ,,Weißt du? Das dachte ich auch." kommentiere ich und nehme ebenso einen Zug zu mir. Aber wenn man einen Grund dafür hat, dann kann man seine Meinung schnell ändern. Und ich bereue es nicht, damit angefangen zu haben. Zumal rauche ich wahrscheinlich eins bis drei am Tag. Wie viele Jisung nimmt, will ich eigentlich sehr ungern wissen, wenn ich mir nicht die Laune verderben will.
Wenn ich Jisung besser kennengelernt habe, dann will ich ihm helfen, dass Rauchen nur zu reduzieren, denn seine Begründung von gestern hat mir geklungen, als wäre er nicht gerade ein Mensch ohne Sorgen und Problemen.
Irgendwann sind wir beide auch fertig und wir machen uns gemeinsam auf dem Weg zu unserer ersten Vorlesung für heute. Es ist gerade elf Uhr und heute stehen für uns beide drei Blöcke an. Heute ist der kürzeste Tag und der Tag, wo wir am besten ausschlafen können.
Nun sitzen wir und Jisung greift eine Flasche Wasser aus dem Rucksack, da er wohl durstig geworden ist. Ich schnappe mir meinem Notizblock und nach meinem Laptop aus meinem Rucksack, um mir Notizen zu machen und mit zu programmieren. Heute wird es endlich praktischer, was für mich zum Vorteil scheint. ,,Scheiße.." flucht Jisung und blickt zur Seite. ,,Was ist los, Sungie?" frage ich ein wenig besorgt, ehe ich einen Arm um ihn lege, um ihn ein Stück an mich zu drücken. ,,Ich habe meinen Laptop zu Hause vergessen."
Ich lächele sanft und streiche mit meiner Hand, dessen angebundener Arm um Jisungs Körper liegt, über Jisungs Schulter. Ich schlage ihm folgendes vor: ,,Du kannst mir ja ein wenig näher rücken und mit mir gemeinsam Programmieren oder übernehmen. Oder ich schicke dir später die Klassen." ,,Du kannst mir die Klassen einfach schicken. Ich danke dir, Hyung." schleicht sich erleichtert aus Jisungs Mund und seufzt dabei erleichtert. ,,Nicht dafür, Kleiner!" murmele ich vor mich hin, ehe die Vorlesung beginnt.
Mein Arm befindet sich immer noch bei Jisung. Ich bin trotzdem relativ fokussiert. Der linke Arm wird zum Glück gerade nicht benutzt und deswegen kann ich mir nebenbei ganz gut Notizen machen. Jisung dreht sich mit seinem Kopf ein Stück zu mir, ehe er sich daran erinnert: ,,Ich vergesse manchmal, dass du Linkshänder bist. Du bist etwas Besonderes." Dabei zwinkert mir Jisung charmant zu, wenn sein Lächeln schon nicht ausreicht, um für ihn zu fallen. Jedes kleine Kompliment von ihm löst etwas in mir aus und ich weiß nicht, was es ist. Vielleicht ist es einfach diese Erleichterung, dass mich endlich jemand so mag, wie ich bin. Ich habe noch nie wirklich Freunde gehabt. Boram und ich sind zum Beispiel nie Freunde gewesen, sondern haben uns sofort gedatet. Aber Jisung... das zwischen mir und ihm... das empfinde ich als was Besonderes.
Wenn er nur wüsste, dass er mein erster richtiger Freund ist.
,,Danke.." murmele ich nervös vor mich hin, doch das hindert mich jetzt nicht unbedingt daran, fleißig Notizen zu machen, um später mit diesen zu lernen. Ich bin da, realisiere ich. Ich bin da, wo ich sein soll: In der Realität. Seitdem ich mit Jisung telefoniert habe, fühle ich mich hervorragend. Nicht einmal kurz dissoziiert habe ich. Es fühlt sich an, als wäre ich auch gestern nie weg gewesen. Ich kann nicht in Worten beschreiben, wie schön sich diese Tatsache anfühlt, wegen Jisung das Gefühl von Realität richtig zu spüren, ohne dass sie mir schadet. Keine Verzerrung. Alles nehme ich so wahr, wie es sein soll. Mein Bauch kribbelt vor Freude. Jisung drückt sich mehr an mich, um schlussendlich doch passend zu der Vorlesung zu programmieren, was ich einfach nur bezaubernd finde. Der Anblick ist schön, denn auch er wirkt mindestens genauso entspannt, wie ich es bin. Mit meinem rechten Arm streiche ich langsam über seinen Rücken, während ich mit der linken Hand weiterschreibe. Ich wünschte, es kann von jetzt an immer so laufen. Der Utopie näher denn je
und das nur, weil Jisung mich ins Leben zurückgebracht hat.
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