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PoV. Hyunjin

Kaum hat JYP uns entlassen, stürme ich schon aus dem Raum, noch immer den Zettel in der Hand, den er uns gegeben hat. Das darf nicht wahr sein. Eine Verwarnung, damit wäre ich klargekommen, von mir aus auch irgendeine Bestrafung, aber das, das ist etwas vollkommen anderes.

Ich soll mit Jisung einen Song schreiben? JYP muss vollkommen irre sein, wenn er glaubt das würde uns dabei helfen, uns zu vertragen. Es müsste ein Wunder geschehen, ehe ich mich mit Jisung verstehe. Aber scheinbar erwartet er von uns, dass wir genau dieses Wunder vollbringen... und dann nur in drei Wochen!

"He! Warte auf mich!" Jisung schließt zu mir auf und greift nach dem Zettel. Verärgert ziehe ich meine Hand weg.

"Halt dich fern von mir!", fauche ich ihn an und beschleunige meine Schritte noch. Jisung muss fast rennen, um Schritt zu halten, aber er bleibt mir dicht auf den Fersen. "Hyunjin, hast du ihn nicht gehört? Wir müssen einen Song zusammen schreiben!", ruft er entnervt.

Natürlich habe ich gehört. Aber glaubt er wirklich, dass ich jetzt mit ihm zusammen arbeiten würde? Da kennt er mich schlecht.

Ohne Vorwarnung bleibe ich stehen und drehe mich um, sodass Jisung fast in mich hineinläuft. Mit kaltem Blick, sehe ich ihn an. "Es ist mir sowas von egal, was er gesagt hat. Von dir werde ich mir ganz bestimmt nicht meine Karriere versauen lassen.", knurre ich und bringe etwas Abstand zwischen uns. "Wer ist jetzt das Schoßhündchen?"

Jisung ignoriert meine Beleidigung und ich hasse es, dass er das in letzter Zeit so oft tut. "Du wirst eher deine Karriere versauen, wenn du dich weigerst mit mir zu arbeiten!", ruft er aufgebracht.

Wütend drehe ich mich um. Ich weiß natürlich, dass er recht hat, aber ich will mich noch nicht damit abfinden, dass ich mit ihm - ausgerechnet mit ihm - einen Song schreiben soll.

Und das so kurz vor meinem Comeback! Die Vorbereitungen sind alle getroffen, es ist alles geplant und jetzt... jetzt muss ich diesen bescheuerten Song schreiben!

Es hätte ein gutes Comeback werden können, ich habe so hart dafür gearbeitet. Die ganzen schlaflosen Nächte... Alle umsonst.

Ich erreiche den Aufzug und steige ein. Zu meiner Verärgerung folgt Jisung mir.

"Ich habe doch schon gesagt, ich werde diesen Song nicht schreiben. Dein Müll passt doch gar nicht zu meiner Musik.", sage ich mit verschränkten Armen. Jisung hat ebenfalls die Arme verschränkt und obwohl er mir hierher gefolgt ist, lehnt er sich in der gegenüberliegenden Ecke an die Wand, als wolle er so weit von mir entfernt stehen wie nur möglich. Warum ist er überhaupt hier, wenn er mich doch so verabscheut?

"Glaubst du ich habe Lust, Musik für einen Typen zu produzieren, der nichts anderes kann als andere Leute zu beleidigen und den hübschen Prinzen zu spielen?", sagt er verärgert. "Aber im Gegensatz zu dir bin ich eben nicht so ein Baby und kann auch Dinge machen, wenn mir nicht danach ist!"

Ich starre ihn an. Er will es einfach nicht kapieren oder? Mit ihm zusammenzuarbeiten wird nichts ändern, rein gar nichts. Es ist irgendein sinnloser Plan von JYP um das Company-Image aufrecht zu erhalten, aber es wird nicht funktionieren. Vermutlich wird es sogar alles nur noch schlimmer machen und dann fliegen wir beide raus!

Jisung kann das wahrscheinlich egal sein, er ist ja Produzent, er kann auch ohne Company weiter Musik machen, aber ich-

Ich schüttelte den Kopf. So darf ich gar nicht erst denken. Es muss einen anderen Weg geben, einen Weg, JYP umzustimmen. "Es ist nicht fair, mein Comeback so durcheinanderzubringen.", murmele ich leise.

Jisung hat es natürlich trotzdem gehört. "Du hast ein Comeback?", fragt er. Ich sehe ihn mit einem seltsamen Blick an. Warum überrascht ihn das?

"Ja. In ein paar Wochen.", sage ich knapp. Jisung nickt, geht jedoch nicht weiter darauf ein. Schweigen legt sich über uns.

Mit einem Mal habe ich das Gefühl eingesperrt zu sein. Ich will raus, ich muss raus. Ich hasse es, hier mit Jisung zu sein und diesen Song mit Jisung machen zu müssen, das Leben hasst mich, dass es mir das antut... Wie soll ich das alles schaffen?

Mein Comeback, ein zusätzlicher Song und es noch irgendwie schaffen, mit Jisung soweit klarzukommen, dass ich nicht aus der Company geworfen werde... Es ist zu viel.

"Was steht jetzt eigentlich auf dem Zettel?", fragt Jisung auf einmal.

In diesem Moment gehen die Türen auf - endlich. So schnell ich kann, fliehe ich aus dem Aufzug und schiebe Jisung den Zettel im Vorbeigehen rücksichtslos in die Arme.

Die Leute die in den Aufzug einsteigen wollten, sehen mich verwundert an, als ich mich zwischen ihnen her drängele. Ein Blick auf das Schild an der Wand neben den Aufzügen sagt mir, dass ich zu früh ausgestiegen bin, doch ich habe das Gefühl, dass ich erstickt wäre, wäre ich länger in diesem Aufzug geblieben.

Ich achte nicht wirklich darauf, wohin ich renne und werde mich wahrscheinlich schon bald hoffnungsvoll verlaufen haben, aber das ist nicht meine größte Sorge.

Meine Gedanken drehen sich im Kreis, wie auf einem Karussell und immer wieder komme ich zum selben Schluss. Natürlich kann ich JYPs Anweisung nicht einfach ignorieren. Aber es scheint unmöglich, dass Jisung und ich miteinander auskommen, ich will auch gar nicht mit ihm auskommen.

Aber wenn Jisung entscheidet, dass er Rache üben möchte, kann er den schlechtesten Song aller Zeiten produzieren und ihn würde es wahrscheinlich kaum beeinflussen, außer dass er in der Achtung von JYP ein wenig sinken würde.

Wut schnürt mir bei diesem Gedanken die Kehle zu. Allein der Gedanke, ihm hilflos ausgeliefert zu sein, macht mich rasend. Wenn er das versucht, dann schwöre ich, ich-

"Könntest du bitte mal aufhören, die ganze Zeit wegzulaufen?" Ich drehe mich um und sehe Jisung auf mich zukommen. Warum ist er mir jetzt gefolgt? Denkt er, er könnte jetzt den Ton angeben?

Unwillkürlich richte ich mich ein bisschen auf und lasse mein Gesicht ruhig erscheinen. "Was willst du?", frage ich tonlos. Jisung hält den Zettel in der Hand, er muss ihn gelesen haben. Stehen da noch mehr Anweisungen drauf?

"Auf dem Zettel steht, dass wir drei Wochen haben, um diesen Song zu produzieren. Wir müssen selber gucken, wie es in unsere Zeitpläne passt. Am Ende der drei Wochen müssen wir JYP den Song zeigen und..."

Er zögert und ich bekomme eine ungute Vorahnung. "Und was?", frage ich. Ehe er antworten kann, habe ich ihm den Zettel schon aus der Hand gerissen und überfliege ihn kurz.

Am letzten Satz bleiben meine Augen hängen. 'Nein...' Mit einer Mischung aus Abscheu und Wut sehe ich ihn an. "Wir sollen ihn zusammen performen?", frage ich entsetzt.

Jisung nickt.

"Ich nehme an, das macht nur Sinn.", sagt er schulterzuckend, obwohl man ihm ansieht, dass er von der Idee alles andere als begeistert ist. Genauso wie ich.

'Was denkt sich JYP nur dabei?' Das ist eine Katastrophe. Ich spüre schon, wie sich die Wut wieder in mir aufbaut und sie ist ganz allein auf Jisung gerichtet, denn es ist seine Schuld, seine blöde Schuld, dass wir jetzt in dieser Situation ist, weil er immer alles so ernst nimmt, weil er so sensibel ist-

"Wann wollen wir anfangen?" Jisung sah mich fragend an. Man hört das Widerstreben in seiner Stimme, aber er schien beschlossen zu haben, das Ganze für's erste einfach über sich ergehen zu lassen.

Ich starre ihn eine ganze Weile einfach nur an und versuche den ganzen aufkommenden Hass in mir zurückzuhalten. "Frag doch meinen Manager. Ist mir egal.", flüsterte ich und drehe mich um und dieses Mal, folgt Jisung mir nicht.

Jetzt wo ich alleine bin, wirbeln meine Gedanken kopflos in meinem Hirn herum. Was soll ich tun, was soll ich tun, was soll ich tun? Dieses Comeback ist wichtig für mich! Ich hatte mir vorgenommen es zu dem besten Comeback zu machen, dass ich je hatte! Wie soll das jetzt gehen, wo ich Jisung am Hals habe?

Die Enttäuschung sitzt mir wie ein dicker Kloß im Hals. Das Comeback hätte mir so viel bringen können, einen Award, mehr Bekanntheit, es hätte mir neue Möglichkeiten eröffnen können., es hätte meine Karriere voranbringen können.

Auf einmal kommen mir die Worte in den Sinn, die ich Jisung vor einigen Tagen ins Gesicht geschrien habe:

'Werde dir klar, was die Realität ist. Hör auf zu träumen!'

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