08
PoV. Hyunjin
Mit einem Seufzen trete ich aus dem Appartement - meinem eigenen - und mache mich auf den Weg zu dem Hauptgebäude von JYPE.
Mein Comeback ist in nur wenigen Wochen. Heute werde ich die letzten Songs aufnehmen, dann kann ich mich voll und ganz auf die Promotion konzentrieren. Wie immer bringt mich ein Taxi zu dem Gebäude.
Es sind schon paar Tage vergangen, nachdem ich endlich das Appartement von Jisung verlassen durfte. Während der Fahrt starre ich auf mein Handy, tief in Gedanken versunken. Ich bin froh, wenn ich das Comeback hinter mir habe und hoffentlich für einige Tage Pause machen kann.
Wie sich herausgestellt hat, war der Anschlag tatsächlich nur ein schlechter Witz. Noch immer macht mich der Gedanke wütend, dass irgendein Idiot der sich wohl für witzig hielt, verantwortlich ist, für den schlimmsten Tag meines Lebens. Es war ja nicht damit gut, dass ich bei Jisung übernachten musste.
Am darauffolgenden Morgen haben wir uns wieder so heftig gestritten, dass mein Manager mich danach noch zu sich gerufen und mir einen Vortag über mein gutes Image gehalten hat. Es ist mir sowas von egal, was er redet. Wenn er will, dass mein Image so gut bleibt, dann soll er dafür sorgen, dass ich möglichst nicht in Jisungs Nähe gerate. Außerdem hat es doch neben den anderen in dem Appartement-Komplex niemand mitbekommen.
Der Streit war über irgendetwas Belangloses, aber Jisung war natürlich wieder eine Heulsuse wie immer. Ich schnalze verärgert mit der Zunge. Hätte er nicht so ein Theater gemacht, dann wäre es vielleicht nicht so schlimm geworden. Was kann ich denn dafür, wenn er mich anschreit? Dann schreie ich eben zurück. Als ob ich mir von dem Kerl etwas gefallen lasse.
Am Ende ist Chan gekommen und hat sich zwischen uns gestellt. Natürlich.
Ich kann Chan genauso wenig leiden, wie Jisung. Nicht, weil er mir persönlich irgendetwas getan hätte, sondern weil er einfach immer, immer auf Jisungs Seite steht und mich behandelt, als wäre ich irgendein Arschloch, das kaum besser ist, als irgendein Penner auf der Straße.
'Natürlich bin nur ich Schuld.', denke ich bitter. Dabei habe ich wirklich versucht mich zusammen zu reißen, nicht zuletzt, weil ich noch immer viel zu erschöpft gewesen bin um mich zu streiten. Außerdem bin ich ja kein Arschloch, ich kann es nur nicht leiden, wenn Menschen so verdammt naiv sind. Ich habe nur versucht die Schlafcouch wieder zusammenzuklappen!
Ich wollte ihn ja nicht schubsen, woher sollte ich denn wissen, dass er auf einmal ins Zimmer gekommen war? Und dann hat er angefangen mich zu beschuldigen, ich würde das mit Absicht machen!
'Eigentlich', denke ich grimmig, 'wünsche ich mir sogar, ich hätte ihn geschubst.'
Wir sind am Gebäude angekommen und ich steige aus. Ich muss Jisung jetzt aus meinen Gedanken verbannen, oder ich werde den ganzen Tag keinen vernünftigen Ton hinbekommen. Er nervt mich auch so schon genug.
Ich scheitere jedoch, kaum, dass ich einen Fuß in das Gebäude setze. Jisung läuft nur wenige Meter vor mir, er scheint in Gedanken versunken zu sein. Bei seinem Anblick steigt die Wut wieder in mir hoch. Wenn er meine Freundlichkeit damit erwidert, dass er rumheult, dann sollte er nicht verwundert sein, wenn ich mir diese Mühe jetzt nicht mehr mache.
Ich beschleunige meine Schritte, mein Gesicht zu einer angeekelten Fratze verzogen. "Na, ist dein Essen immer noch vergammelt oder hast du dir mal die Mühe gemacht Neues zu kaufen?", zische ich im Vorbeigehen.
Jisung erschrickt und ich lache gehässig. "Schönen Tag! Hoffentlich stirbst du an einer Lebensmittelvergiftung.", rufe ich noch über die Schulter. Zu gerne möchte ich sein Gesicht sehen, aber noch viel lieber möchte ich von ihm wegkommen.
Ab da schaffe ich es zwar immer noch nicht, meine Wut auf Jisung zu unterdrücken, aber immerhin hat es mir eine gewisse Befriedigung verschafft ihn zu erschrecken. Er bereut es hoffentlich, dass er so einen Aufstand gemacht hat.
'Träum weiter.', denke ich, 'Der heult sich gerade bei Chan aus.'
Der Morgen verläuft erstaunlich gut und zur Mittagspause habe ich schon weitaus mehr geschafft, als erwartet. Endlich läuft mal etwas so, wie es soll, denke ich, als ich in die Cafeteria gehe.
Wirklich Hunger habe ich nicht, aber ich weiß auch, dass ich nicht zu viele Mahlzeiten weglassen sollte, deswegen zwinge ich mich, wenigstens eine Kleinigkeit hinunterzubringen. In meinen Gedanken gehe ich noch einmal den Text von den neuen Songs durch und so achte ich nicht darauf, was um mich herum passiert. Erst als ich mich angestellt habe, bemerke ich meinen Fehler.
Direkt vor mir steht Jisung und starrt auf sein Handy. Er hat AirPods drin und bewegt abwesend seinen Kopf zur Musik. Unwillkürlich verziehe ich das Gesicht Verfolgt er mich denn heute überall hin?
Er bemerkt mich zunächst nicht, aber sein Anblick allein reicht schon, um mich zur Weißglut zu treiben. Ich habe ihm nicht verziehen, was an diesem Morgen passiert ist.
"Jisung.", knurre ich. Er dreht sich um. Zufrieden erkenne ich, dass er einen Schritt zurück macht, als er mich sieht, auch wenn gleich darauf unverkennbarer Trotz auf seiner Miene erscheint.
"Was willst du Hyunjin?", fragt er mit verschränkten Armen. Ich lächele sarkastisch. "Ich will hier essen. Was machst du hier? Solltest du nicht in deinem Studio sein und vergammeltes Zeug essen, während du deine Songs für die Mülltonne produzierst?"
Er verdreht die Augen und will sich wieder von mir wegdrehen, doch ich packe ihn am Arm, gerade fest genug, sodass ich weiß, dass es ihm weh tun muss. "Hey. Ich rede mit dir. Du bist noch immer so ein unhöflicher Idiot."
Jisung reißt sich los und rückt in der Schlange auf, aber ich folge ihm. "Du kannst einfach nicht anders, als anderen den Tag zu verderben, oder?", zische ich gehässig, während ich mir mein Essen nehme. "Entweder du zwingst sie deine grässliche Musik zu hören oder du nervst alle mit deiner puren Anwesenheit. Das ist wohl auch ein Talent. Vielleicht solltest du das professionell machen."
Jisung fährt herum. Zufrieden bemerke ich, dass das Tablett, dass er in den Händen hielt vor Wut zittert. "Halt deine Klappe, Hyunjin. Wenn hier jemand anderen den Tag verdirbt, dann bist das ja wohl du!"
Ich weiß, ich sollte ihn nicht weiter provozieren, aber der Teil von mir, der seit dem Morgen in seinem Appartement auf Rache sinnt, hat die Kontrolle übernommen. "Nein, ich verderbe nur deinen. Sieh es als eine Art Quittung. Ist doch schön, wenn die Welt mal gerecht ist oder?", sage ich und lächele breit.
Jisung macht einen Schritt auf mich zu, doch ich weiche kein Stück zurück. Denkt er wirklich, ich hätte Angst vor ihm?
"Gerecht wäre es, wenn man deinen Vertrag beenden würde. Ich darf ja hoffen. Vielleicht bemerken sie irgendwann, dass du nichts als ein eingebildetes Arschloch bist.", sagt er wütend.
Ich lache nur und drücke ihn weiter. "Du hältst die Schlange auf.", spotte ich belustigt. "Und nebenbei... solche Drohungen kannst du dir sparen. Im Gegensatz zu dir, bin ich nämlich erfolgreich."
Jisung beißt sich wütend auf die Lippe und wirbelt dann herum, stapft zur Kasse. Ich folge ihm auf den Fersen, mein Rachedurst noch nicht gestillt. "Was, jetzt ziehst du den Schwanz ein?", verhöhne ich ihn weiter.
Mir ist bewusst, dass die Leute die um uns herum anstehen, das alles mitbekommen, doch wen kümmert's? Ich habe hier sonst eh keine Freunde und ich habe auch nicht vor das zu ändern. Sollen sie doch sehen, was mit Leuten passiert, die mir Unrecht tun.
"Ach so, nein, du hoffst wahrscheinlich, dass Chan wieder auftaucht und dich rettet, was? Ohne ihn wärst du Nichts-"
Jisung dreht sich um. "HALT DEIN MAUL!", brüllt er und ich muss ein zufriedenes Lächeln unterdrücken. Endlich eine Gelegenheit meinen ganzen Frust loszuwerden.
"ODER WAS?", schreie ich zurück. "RENNST DU ZU CHAN, JA? HEULST DU DICH BEI IHM AUS?"
Jisung stelle sein Tablett ab und kommt auf mich zu. "KANNST DU NICHT MAL AUFHÖREN? WAS HABE ICH DIR BITTE GETAN?"
Ich schüttele nur den Kopf, plötzlich ist meine Wut wie verschwunden. Zurück bleibt nur Kälte.
"Nicht mal das weißt du.", sage ich verächtlich und stelle mein Tablett ebenfalls ab. "Ich nehme an, du bist wirklich so dumm wie du aussiehst."
Und damit stolziere ich davon. Die Augen aller Anwesenden folgen mir bis zur Tür, doch es kümmert mich nicht. Sie können denken, was sie wollen.
Zurück im Studio fällt es mir schwerer mich zu konzentrieren. Das Gefühl der Befriedigung, dass ich verspürt habe, nachdem ich meinen Ärger an Jisung ausgelassen habe, ist schnell wieder verschwunden und jetzt bin ich noch griesgrämiger und mürrischer als zuvor. Zudem leidet meine Konzentration darunter. Dafür, dass wir am Morgen gut vorangekommen sind, scheine ich am Nachmittag festzustecken.
Mitten in der Aufnahme, als ich mich gerade wieder in die Musik einfinde, unterbricht mich jemand. "Hyunjin? Komm kurz her." Verärgert lege ich die Kopfhörer ab.
"Was ist denn?", frage ich ungehalten.
Der Typ vom Tonstudio sieht mich ernst an. "JYP will dich sprechen."
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