06

PoV. Hyunjin

Ich höre die Tür knallen. Ist Jisung weg? Ich mache mir nicht die Mühe nachzusehen. Innerlich koche ich noch immer vor Wut. Der Schoßhund der Company? Wenn er mich noch einmal so nennt, wird er nicht so glimpflich davon kommen...

Um meinem Ärger Luft zu machen stehe ich auf und gehe rastlos im Zimmer auf und ab. Hoffentlich kommt Jisung nicht wieder. Er ist bestimmt zu Chan gerannt, wie immer, wenn ihm etwas nicht passt. Es ist echt erbärmlich, wie weinerlich Jisung ist.

Wieder flammt Wut in mir auf und ich schreie vor Frustration. Wer ist auf diese bescheuerte Idee gekommen, mich ausgerechnet zu ihm zu stecken? Es gibt so viele andere, es ist doch bekannt, dass wir uns nicht leiden können! Warum noch Öl ins Feuer gießen?

Ich lasse mich wieder ins Bett fallen und stöhne.  Jetzt bin ich viel zu wütend um einzuschlafen. Und außerdem trage ich noch immer das Outfit, dass ich für die Dreharbeiten anziehen musste und es zwickt mich überall. Viel zu unbequem um darin zu schlafen.

Dieser Tag fing schlimm an und dann ging es nur noch bergab, aber ich dachte, zumindest abends würde ich mich etwas entspannen können.

'Aber nein. Jisung muss wieder alles ruinieren.' Ich nehme einen tiefen Atemzug. Sich jetzt noch aufzuregen bringt auch nichts. Ich sollte lieber das beste aus der Situation machen. Es gab schon viel stressigere Situationen, oder nicht? Und für eine Nacht sollte das ja wohl zu schaffen sein!

Mein Magen knurrt und mir fällt ein, dass ich seit heute Mittag nichts mehr gegessen habe. Missgelaunt sehe ich zur Tür. Jisung ist mein Gastgeber. Da sollte er mir wenigstens etwas zu Essen geben. Aber er scheint wirklich weg zu sein...

Vorsichtig spähe ich in das noch immer grauenhaft unordentliche Wohnzimmer. Ja, er ist wirklich rausgegangen. Kurz zögere ich noch, aber immerhin bin ich hier Gast, also sollte Jisung auch nicht rumheulen, wenn ich mir etwas zu essen nehme.

Ohne weiter zu überlegen, gehe ich durch das Wohnzimmer in die angrenzende Küche und beginne, die Regale durchzusehen. Sie sind ähnlich unordentlich, wie der Rest von Jisungs Appartement und von der Spüle, in der noch dreckiges Geschirr liegt, halte ich mich so weit fern wie es nur geht.

Schließlich finde ich ein bisschen Brot und Schinken im Kühlschrank. Nicht gerade das Essen, auf das ich nach dem langen Tag gehofft hatte, aber, denke ich mit einem Augenrollen, was soll ich auch anderes von Jisung erwarten?

Ich hole gerade einen Teller für mich heraus, als ich die Tür ins Schloss fallen höre. Ich verzeihe das Gesicht. Ist er also doch noch wiedergekommen. Eigentlich habe ich gehofft, er beleibt einfach weg, sodass ich eine ruhige Nacht hier verbringen kann. Ich entscheide, ihn erst einmal zu ignorieren und setze mich an den Küchentisch, doch es dauert nicht lange, bis Jisung hereinkommt. Er hat wohl erst im Schlafzimmer nach mir gesehen.

Halb erwarte ich, dass er wieder anfängt, mich anzuschreien, es wäre mir sogar recht, denn das gäbe mir immerhin einen Grund meine Frustration an ihm auszulassen. Stattdessen zuckt er nur die Schultern, holt sich ebenfalls einen Teller heraus und stellt verschiedenste Sachen auf den Tisch.

In mir brodelt es. Kann er mich nicht wenigstens beim Essen in Ruhe lassen? Er sieht selbst nicht gerade glücklich darüber aus, dass ich noch hier bin, also warum die Dinge unnötig verkomplizieren?

Nein, er muss sich zu mir setzen. "Na, hast du dich bei Chan ausgeheult?", frage ich giftig, in der Hoffnung, dass er verschwinden wird. Jisung antwortet nicht, aber ich sehe an seinen Augen, dass ich den Nagel auf den Kopf getroffen habe. Typisch. Er rennt mit jedem noch so kleinen Wehwehchen zu Chan.

"Hättest du da nicht bleiben können?" Irritiert sehe ich ihn an. Warum ist er überhaupt zurückgekommen? Aber Jisung ignoriert mich weiter. So will er es also haben? Gut, soll mir nur recht sein.

Wir essen schweigend und danach stehe ich ohne ein Wort auf. Soll er doch selbst alles wieder wegräumen. Ach nein, das geht ja nicht. Dafür ist er zu faul.

Im Schlafzimmer lege ich mich wieder ins Bett. Wenn er glaubt, ich hätte jetzt genug von unserem Streit und würde ihm das Bett einfach so überlassen, dann hat er sich getäuscht. Doch als Jisung ins Zimmer kommt, wirft er nur einen kurzen Blick auf mich und geht dann zum Kleiderschrank.

"Deine Sachen sind sicher unbequem. Willst du was von mir?", fragt er plötzlich. Überrascht sehe ich ihn an. Er hat eine weite Jogginghose und ein großes, weißes T-Shirt in der Hand und hält sie mir entgegen. Meint er das ernst? Trotz meiner Verärgerung, bin ich für einen Moment verunsichert, angesichts seines plötzlichen Sinneswandels. Ich nicke nur knapp.

Jisung scheint auch keinen großen Dank zu erwarten, achtlos wirft er mir die Kleider entgegen und schnappt sich dann seine eigenen Sachen vom Boden. "Ich gehe zuerst ins Bad.", sagt er und verlässt den Raum eilig.

Als er weg ist, warte ich noch einen kurzen Moment, dann schließe ich die Tür noch einmal richtig und beginne, mich umzuziehen. Das T-Shirt passt mir einigermaßen, doch die Hose ist um einige Zentimeter zu kurz.

Dennoch ist es eine Erleichterung, aus dem unbequemen Kostüm herauszukommen. Dieses falte ich ordentlich zusammen und packe es in meine Tasche, die ich ans Fußende des Bettes gestellt habe. Etwas ratlos setze ich mich auf die Bettkante. Immerhin reißt Jisung sich jetzt zusammen, denke ich mürrisch. Wurde auch Zeit.

"So, du kannst.", sagt Jisung, als er wiederkommt. Er trägt auch seinen Schlafanzug und setzt sich ohne einen weiteren Klagelaut auf die Schlafcouch. "Ich habe dir eine Ersatzzahnbürste hingelegt und du kannst mein Zeug benutzen, falls du das loswerden willst." Er deutet vage auf mein Gesicht und erschrocken erinnere ich mich, dass ich auch noch mein Make-Up trage. Das habe ich vollkommen vergessen.

Ich stehe auf und will aus dem Zimmer gehen, zögere jedoch. Ich sehe zu Jisung, der damit begonnen hat, die Schlafcouch zu beziehen. Als er bemerkt, dass ich nicht gehe, sieht er mich an und verschränkt die Arme. "Was? Brauchst du noch etwas?", fragt er.

Schnell wende ich den Blick ab und schüttele den Kopf. "Nein", sage ich etwas zu laut und knalle die Tür hinter mir zu.

Im Bad finde ich eine noch verpackte Zahnbürste vor, die auf dem Waschbecken liegt. Während ich mir die Zähne putze, bin ich mit den Gedanken ganz woanders. Immerhin sieht es so aus, als hätte Jisung vor, mich auf dem Bett schlafen zu lassen. Gut so. Und wenn sonst alles gut geht, dürfte ich ihn morgen früh wieder los sein.

Es dauert eine Weile, bis ich Zeug zum Abschminken finde und dann zögere ich noch. Normalerweise schminke ich mich nur ab, wenn ich alleine in meinem Appartement bin. Es jetzt hier zu tun, fühlt sich so ähnlich an als würde ich nackt rumlaufen.

'Ach, jetzt reiß dich doch zusammen.', wies ich mich selbst zurecht und begann mich abzuschminken. Jisung hat sich, soweit ich eben sehen konnte, auch abgeschminkt. Es ihm nicht gleich zu tun, bedeutet, Schwäche zu zeigen. Und es gibt nichts, was ich mehr verabscheue, als das.

Dennoch fühlt es sich seltsam an, als ich zurückkomme. Mein Gesicht brennt an einigen Stellen noch, weil das Make-Up schwer abzukriegen war und unwillkürlich vermeide ich es, Jisung direkt anzusehen. Er ist fertig damit, die Schlafcouch zu beziehen und hat sich hingelegt.

"Mach bitte das Licht aus.", sagt er ohne mich anzusehen. Kurz zögere ich, dann mache ich das Licht aus und taste mich zu Bett vor. Erleichtert sinke ich auf mein Kissen. Dieser Tag ist eindeutig lang genug gewesen.

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