Kapitel 9

Wir informierten die beiden Männer über alles, was wir bisher herausgefunden hatten und dementsprechend kurz fiel die Konversation auch aus. An dem verkniffenen Gesichtsausdruck Cherwoods erkannte ich einmal mehr, wie enttäuschend unsere Arbeit bisher gewesen war. Selbst Devan wirkte erleichtert, als wir den Raum wieder verlassen durften. Keiner der beiden hatte eine Idee, wie wir die Ermittlungen vorantreiben konnten und so rieten sie uns erst einmal dasselbe wie Stacey: Rumsitzen und nichts tun. Niemand war darüber glücklich, aber Alternativen hatte auch keiner vorzuweisen.

„Selten einen so liebenswürdigen Vater gesehen", kommentierte ich dieses Erlebnis, sobald wir wieder auf dem Flur standen. Devan bedachte mich mit einem scharfen Seitenblick. Es war verrückt. Jetzt, wo ich den Vorsitzenden ein zweites Mal getroffen hatte, erkannte ich die Gemeinsamkeiten zwischen Vater und Sohn.

„Sie haben jedes Recht, enttäuscht zu sein", lenkte Devan ab. Wahrscheinlich sprach er eher zu sich selbst.

„Was hätten wir denn noch tun sollen? Die beiden arbeiten doch auch im Hintergrund an der Geschichte. Wäre der Fall so einfach zu lösen, hätten sie den Mörder bestimmt schon gefunden", beruhigte ich ihn – oder versuchte es zumindest. Devan tigerte vor mir auf und ab.

„Es muss irgendetwas sein, was wir übersehen. Irgendeine Gemeinsamkeit muss es zwischen diesen Geistern doch geben", grübelte er. Ich zuckte mit den Schultern.

„Es waren alle Geister."

Devan blieb stehen und fixierte mich mit nachdenklichem Blick.

„Du hängst an der Rache-an-Geistern-Theorie, oder?", fragte er dann. Hätte fast wie ein Vorwurf klingen können.

„Sie begrenzen sich nicht auf bestimmte Orte, nicht einmal auf Länder, welchen Hintergrund sollte es sonst geben? Wir haben alles über die Vergangenheit dieser Geister gelesen, was es zu lesen gibt. Sie kannten sich nicht, sie kannten niemanden, der sie alle miteinander hätte verbinden können und sie waren auch alle Sünder verschiedener Klassen", zählte ich auf. „Und so ungerne ich es auch zugebe, aber wenn jemand Geister für ihre Sünden hätte bestrafen wollen, hätte er es dann nicht eher auf Schwerverbrecher abgesehen? Mörder oder so etwas?"

Devan vergrub die Hände in den Hosentaschen.

„Du hast Recht", gab er dann widerwillig zu. „Aber irgendetwas vergessen wir, da bin ich mir ziemlich sicher."

Ich seufzte.

„Denk ruhig was du willst, Columbo, aber für mich ergibt das alles keinen Sinn. Wenn wir etwas übersehen, dann muss es sehr essenziell sein und so etwas kann man doch gar nicht übersehen, oder etwa doch?"

„Ich weiß es doch auch nicht."

„Ich werde jetzt nach Hause gehen und Däumchen drehen", kündigte ich an und wandte mich noch einmal zu Devan, bevor ich mein Portal öffnete.

„Vielleicht halten dich ja ein paar neue Geister davon ab, in den Akten zu versinken", sagte ich und hoffte, er würde die enthaltene Warnung verstehen.

„Solange sie leben, wäre mir das recht", erwiderte Devan abwesend. Ich musste schmunzeln und verschwand dann wieder in mein Apartment, wo ich das anscheinend jahrhundertealte Popcorn aufaß.

🎶

Rumsitzen und Nichtstun war tatsächlich noch schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte. Meine Gedanken kreisten unentwegt um die Toten und ich war mir sicher, dass es Devan und Korrin genauso ging. Carlos hatte sich anscheinend ein neues Hobby gesucht und lungerte nicht mehr so häufig bei mir herum. Einerseits genoss ich die Ruhe, aber andererseits vermisste ich seine Gesellschaft. Sogar seine dauernden Kommentare fehlten mir ein wenig. Zusätzlich machte ich mir Sorgen, dass er vielleicht meine Freundinnen stalken ging. Bei über acht Millionen Menschen in dieser Stadt musste er sich natürlich auch genau meine Freundinnen als Opfer aussuchen. Das Schlimmste an der Sache war ja sowieso, dass die beiden es nicht einmal mitbekamen, wenn er in ihrer Wohnung umherlief und ihre Gespräche belauschte.

„Am Trübsal blasen?"

Verfluchte .... Ich dachte den Gedanken nicht zu Ende, sondern starrte nur völlig perplex auf die Person, die gerade wie aus dem Nichts in meinem Wohnzimmer aufgetaucht war. Es gab nur eine Person, die das konnte und die hätte ich für diesen Beinahe-Herzinfarkt gerne mit einem Tritt aus dem Fenster befördert.

„Die Klingel wurde nicht ohne Grund erfunden", zischte ich Korrin zu. Der winkte nur lässig ab und musterte meinen Raum.

„Schöne Wohnung hast du hier", kommentierte er dann. Ich sah ihn skeptisch an.

„Woher weißt du, wo ich wohne?", hinterfragte ich und stand auf. Er warf mir seinen Lieblingsblick zu – nämlich den, der einen fragte, ob man denn glaube, er sei dumm – und stolzierte vor mir umher. In diesem Moment erinnerte er mich das erste Mal an die Wisser, die ich kannte. Genauso hochnäsig, genauso arrogant und genauso überheblich. Wahrscheinlich alles Synonyme, aber das waren die Worte, die mir zu diesem Bild in den Kopf fielen.

„Sind Wisser in England grundsätzlich weniger arrogant?", fragte ich Korrin, der diese Frage bestimmt schon am ersten Tag in meinem Kopf gelesen hatte. Er sah mich belustigt an.

„Ich bin also nicht arrogant?", fragte er neckend. Ich verdrehte die Augen.

„Ich sagte, weniger arrogant, also krieg nicht gleich einen Höhenflug und außerdem hast auch du manchmal diese Anwandlungen. Und dann bist du wieder nett, dann wieder reizbar und dann so aufgeregt wie ein kleines Kind", fasste ich seine chaotischen Erscheinungen zusammen. Korrin zog die Augenbrauen hoch und wandte sich von mir ab.

„Das ist die Pubertät", erklärte er mir. „Die entscheidet, ob ich weniger arrogant werde als die Wisser, die du so kennst", fügte er feixend hinzu. Ich sah ihn überrascht an.

„Pubertät?" Korrin sah aus, als hätte er seine ewigen Zwanzig bereits erreicht. Jetzt hob er wieder diese perfekten weißen Augenbrauen und schien mich für meine Unwissenheit zu verachten. Jedenfalls ein bisschen. Ein wenig Freundlichkeit lag noch immer in seinen Augen. Durch und durch schlecht konnte er bestimmt nicht.

„Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt, was hast du erwartet?"

„Siebundzwanzig?", hinterfragte ich überrascht. Siebenundzwanzig war für einen Wisser noch ziemlich jung. Warum hatte der englische Rat ihn geschickt, wenn es sich doch um einen so ernsten Auftrag handelte? Korrin schnaubte und ich verfluchte meine – nach Korrins Aussage – lauten Gedanken.

„Ich bin nun einmal gut in dem, was ich tue", beantwortete er meine unausgesprochene Frage.

„Also heißt das, als Mensch wärst du noch ein Teenager?", fragte ich neugierig. Korrin konnte ich mir nicht als Jugendlichen vorstellen. Als ich ihn kennengelernt hatte, hatte ich nicht gedacht, dass er erst so jung war. Es war unmöglich, den Wissern ihr Alter anzusehen, schließlich alterte ihr Körper nicht weiter als zu dem Stand eines Zwanzigjährigen, aber schätzen konnte man dennoch. Und in diesem Fall hatte ich mich gewaltig verschätzt.

„Die Pubertät der Menschen ist mit der der Wisser nicht zu vergleichen", klärte Korrin mich auf, als wäre ich der ungebildetste Mensch auf Erden. „Unsere Fähigkeiten erwachen erst mit unserem zwanzigsten Geburtstag vollständig und da beginnt auch irgendwie unsere Pubertät. Wenn du es also so genau nehmen möchtest, sind wir Kinder, bis wir zwanzig sind. Da wir aber länger leben als ihr Menschen, können wir uns auch Zeit fürs Erwachsenwerden lassen."

Ich sah ihn staunend an. Es gab offensichtlich noch so viel, was ich nicht über Wisser wusste.

„Kommen wir lieber zu dem, weshalb ich hergekommen bin", rief Korrin nun aus und klatschte in die Hände. „Du willst nicht, dass ich deinem Privatleben nachspioniere und ich will nicht ständig von deinen Gedanken angebrüllt werden, also tun wir doch einfach mal etwas dagegen", fuhr er fort. Ich begutachtete ihn misstrauisch. An sich war das wirklich eine gute Idee, denn das würde unsere Streitquote um einiges verringern, aber ich konnte mir noch nicht vorstellen, wie er es anstellen wollte, meine Gedanken leiser zu machen. Allein bei dem Gedanken daran musste ich schmunzeln.

„Du musst lernen, deine Gedanken vor deiner Umwelt zu verschließen." Korrin sah mich eindringlich an und setzte sich neben mich auf die Couch.

„Es können nicht alle Wisser deine Gedanken hören, aber ich bin mir sicher, du möchtest nicht, dass überhaupt irgendwer es tut."

Ich nickte. Meine Gedanken waren nun einmal Privatsache und was Korrin bereits gelesen hatte, reichte auch gut für den Rest meines Lebens an verschenkten Informationen.

„Wieso kannst du nicht die Gedanken von Devan hören?", wollte ich wissen und erhoffte mir diesmal eine genauere Antwort als die, die ich bereits bekommen hatte.

Korrin senkte den Kopf und wirkte etwas bedrückt. Sofort fragte ich mich, was ich Falsches gesagt hatte. Korrin winkte ab.

„Devan wusste seit seiner Geburt von seiner Zukunft als Mitglied der Gemeinschaft und wurde auch dementsprechend erzogen und gebildet. Er hat früh gelernt, seine Gedanken zu verbergen."

„Es kann also niemand sehen, was in ihm vorgeht?", fragte ich interessiert. Dass so etwas möglich war, weckte meine Neugier.

Korrin schüttelte jedoch den Kopf.

„Ganz so einfach ist das nicht. Das Verbergen der Gedanken fordert eine Art der Dauerkonzentration und diese wird manchmal geschwächt."

„Wann?"

„Wenn die Person emotional wird. Schmerz, Wut, Freude. All das kann die Mauern ein wenig fallen lassen. Meistens hat sich das aber schnell wieder erledigt."

„Hast du bisher irgendetwas in ihm lesen können?" Ich fragte mich wirklich, was in dem Kopf eines so nüchternen Menschen wie Devan vorgehen würde. Er schien immer um Fassung zu ringen. Manchmal verlor er sie, aber ich kannte niemanden, der so schnell zwischen Mensch und Roboter umschalten konnte.

„Warum interessiert dich das so?", fragte Korrin wachsam. Ich zuckte mit den Schultern.

„Es ist halt einfach ein spannendes Thema", antwortete ich vage. Genauer wollte Korrin es auch nicht wissen – vermutlich hatte er in meinem Verstand gelesen, dass ich keine genauere Antwort parat hatte. Stattdessen fuhr er fort.

„Wenn du willst, werde ich versuchen, dir die Grundlagen beizubringen. Es ist viel Arbeit, aber mit etwas Glück brüllt dein Kopf mich danach nicht mehr so an."

Ich blickte ihm etwas entrüstet entgegen, aber eigentlich war ich froh über dieses Angebot. Ich hatte bis zu dem Tag, an dem ich erfahren hatte, dass ich eine Hüterin war, keinen Schimmer von dieser ganzen Geistwelt gehabt. Ich hatte sie zuvor nicht einmal gesehen. Anscheinend hatte meine Mutter es nicht für nötig gehalten, mich in all dem, was Devan offensichtlich gelernt hatte, zu unterrichten. Sie stieß mich lieber an meinem Geburtstag ins kalte Wasser. Ich schauderte - wie immer, wenn auch nur der kleinste schlechte Gedanke an meine Mutter sich in meinem Verstand einnisten wollte. Meine Mutter hatte bestimmt einen guten Grund gehabt, mich fernab von all dem zu erziehen. Sie hätte niemals etwas getan, was mir geschadet hätte.

„Das Allererste, was du lernen musst, ist deine Konzentration zu stärken", erklärte Korrin und riss mich damit aus meinen Gedanken. „Konzentration ist das A und O in der Sache."

Ich nickte und sah ihn erwartungsvoll an. Er machte ein paar Übungen mit mir, von denen man die meisten auch kannte, und zwang mich dazu, mich dauerhaft auf eine Sache zu fokussieren, egal wie sehr ich abgelenkt wurde. Mein Gehirn kannte solch ein Gehirnjogging nicht und schon bald schien es nur noch aus Wackelpudding zu bestehen.

„Ich denke, das reicht an Konzentrationsaufgaben", befreite Korrin mich nach einiger Zeit. Ich sah ihn dankbar an. Noch brüllten meine Gedanken ihn wahrscheinlich noch an, aber nach der nächsten Stunde würde es bestimmt besser werden. Auf Korrins Gesicht schlich sich ein Grinsen.

„So leicht kommst du nicht davon."

Ich stöhnte auf und Korrin konnte sein doch etwas gehässiges Grinsen nicht verbergen.

„Wo wir schon dabei sind, zeige ich dir auch gleich, wie du die Mauer aufrechterhältst."

Ich sah ihn skeptisch an.

„Dann lese ich auch nicht mehr ungefragt deine Gedanken", überzeugte Korrin mich.

„Es ist eigentlich ganz simpel", begann er dann. „Du musst dir einfach vorstellen, wie sich eine Mauer um deine Gedanken legt, die sie absorbiert, sodass sie leise sind. Leise für Wisser wie mich."

„Ganz simpel, hm?", hinterfragte ich weiterhin misstrauisch und schloss zur besseren Konzentration die Augen.

„Ganz simpel. Stelle sie dir bildlich vor. Das macht immer schon den Anfang", hörte ich Korrin sagen. Ich tat, was er mir sagte und in meinen Verstand schlich sich das Bild einer durchsichtigen Mauer, die sich um meinen Kopf legte. Ich spürte, wie Korrin grinste und schüttelte mürrisch den Kopf. Jetzt, wo er es auch noch darauf anlegte, meine Gedanken zu lesen, hatte ich erst recht keine Chance mehr, sie zu verstecken.

„Denk gar nicht erst so. Konzentrier dich einfach auf die Mauer. Wenn du zu viel nachdenkst, verlierst du die Konzentration", wies Korrin mich an.

„Wie soll ich mich denn für den Rest meines Lebens auf meine Gedanken konzentrieren?", schnaubte ich und versuchte, mir die Mauer wieder vor Augen zu rufen.

„Das ist nur am Anfang so, irgendwann machst du das so nebenbei", erklärte Korrin etwas ungeduldig. Ich erwiderte nichts, sondern konzentrierte mich auf meine Vorstellung. Lange hielt diese Konzentration aber nicht an, denn wir vernahmen ein Klopfen an der Tür. Ich öffnete die Augen und sah gerade noch, wie Korrin mir zum Abschied zunickte und ohne weitere Worte verschwand. So viel zu dem heutigen Training. Ich rappelte mich auf und öffnete meine Tür, hinter der mich eine gehetzt wirkende Cindy erwartete.

„Ich komme gerade von der Uni und muss direkt zur Arbeit und ich hatte keine Zeit mehr, nach Hause zu gehen und deswegen wollte ich fragen, ob ich meine Sachen hierlassen kann, das ist mir zu viel, um es im Restaurant rumliegen zu lassen", redete sie direkt auf mich ein. Ich nickte nur etwas perplex und sie schob sich an mir vorbei in die Wohnung. Ich schloss die Tür und folgte ihr in den Raum hinein. Sie nahm sich die prall gefüllte Tasche von den Schultern und ließ sie neben mein Sofa fallen. Dann lief sie zu meinem Kühlschrank und stöberte stirnrunzelnd darin.

„Wieder im Dauerstress?", fragte ich mitfühlend und ließ mich auf die Couch fallen. Mit dem Kopf auf der Lehne beobachtete ich meine Freundin, die etwas aus dem Kühlschrank zog, das aussah wie eine Kiwi aber auch eine etwas vergammelte Kartoffel hätte sein können. Anscheinend war es tatsächlich eine Kiwi, denn Cindy holte einen Löffel aus der Schublade und setzte sich an den Küchentisch. In einem Tempo, das ich ihr gar nicht zugetraut hätte, löffelte sie die Kiwi und nickte mir währenddessen zustimmend zu.

„Uni ist gerade echt stressig und dann die ganze Arbeit, ich bezweifle stark, dass ich mich völlig auf die Prüfungen konzentrieren kann", eröffnete sie mir zwischen zwei Löffeln. Ich legte den Kopf schief und sprach das Thema an, das Cindy schon seit Beginn unserer Freundschaft zu vermeiden versuchte – und wahrscheinlich auch schon vorher.

„Hast du mal mit Stella gesprochen? Sie könnte dir bestimmt etwas helfen."

Wie ich erwartet hatte, schüttelte Cindy sofort heftig den Kopf.

„Ich nehme kein Geld von meiner Freundin. Ich habe mir geschworen, dass ich dieses Studium allein schaffe, und das werde ich auch", bekräftigte sie und ich konnte auch irgendwie verstehen, worum es ihr hier ging. Sie und Stella waren seit der frühen Kindheit beste Freundinnen, egal wie unterschiedlich ihre Familien auch waren. Stellas Familie war sehr wohlhabend und es war von ihrer Geburt an klar gewesen, dass sie irgendwann einmal eine gute Universität besuchen würde. In Cindys Familie dagegen hatte fast keiner überhaupt ein Studium begonnen geschweige denn einen Abschluss gemacht – besonders nicht in einem solchen Fach wie Medizin. Aufgrund dieser Unterschiede hatte Stella Cindy oft gesponsort in kleineren Sachen wie Kino- oder Restaurantbesuche, aber so etwas Essentielles wie das Studium hatte Cindy sich immer selbst finanzieren wollen, auch wenn sie genau dieser Wille wahrscheinlich noch in einen Burn-Out zwingen würde.

„Ich muss dann jetzt auch wieder", erklärte Cindy und ich staunte über ihre Fähigkeit, eine Kiwi innerhalb so kurzer Zeit zu vertilgen.

„Danke nochmal wegen der Sachen", schob sie noch hinterher und war dann schon wieder an der Tür. Ich konnte gerade noch Tschüss sagen, da war sie schon in den Flur verschwunden. Ich schüttelte etwas besorgt den Kopf und ließ mich zurück in die Kissen sinken. Müde von Korrins mentaler Schinderei kämpfte ich mich dann auf und ging in mein Schlafzimmer, um in meinen Pyjama zu schlüpfen.

🎶

„Du meinst das wirklich ernst, oder?", fragte Devan verständnislos und starrte mich an, als wäre mir plötzlich ein drittes Auge gewachsen. Im Angesicht dessen, was ich hier tat, hätte ich das wahrscheinlich auch mehr als verdient.

„Du hattest dich doch schon mehr oder weniger damit abgefunden", erinnerte ich ihn und zog den Reißverschluss meiner Jacke zu. Wir hatten uns zwar einen sonnigen Tag für unseren Zoobesuch ausgesucht, aber wirklich sommerlich warm war es noch immer nicht.

„Ich weiß überhaupt nicht, warum ich das hier tue", sprach Devan mehr zu sich selbst und tigerte vor mir umher.

„Weil du dich ganz tief in dir nach etwas Kontakt zu normal menschlichen Leuten sehnst", griff ich seinen Kommentar zu Louis wieder auf. Für diese Bemerkung bekam ich einen vielsagenden Blick von Devan, der erschrocken den Kopf hob, als Stellas Stimme aus noch sicherer Entfernung an unsere Ohren gelangte.

„Ich wusste, dass ihr es schafft", begrüßte sie uns begeistert, doch ich konnte sagen, dass sie sich da alles andere als sicher gewesen war. Sie und Cindy, die einen Mann am Ärmel hinter sich herzog, steuerten zielsicher auf uns zu und ich erinnerte Devan mit meiner Hand auf seinem Arm daran, ruhig zu bleiben. Was für mich eine schon fast lustige Gelegenheit bedeutete, stellte für ihn eine pure Stresssituation dar. Wie Korrin bereits im Krankenhaus angedeutet hatte, schien er nicht der Experte im Umgang mit seinen Mitmenschen zu sein.

„Das wird bestimmt ein lustiger Tag", kommentierte eine vertraute Stimme neben mir auf ihre gewohnt höhnische Art und Weise und ich musste mich stark zusammenreißen, um nicht herumzufahren und ihr die Meinung zu diesem Auftritt zu geigen. Devan neben mir schien mit der Situation ebenso beschäftigt zu sein. Wir ignorierten Carlos so gut es ging, während ich Stella und Cindy umarmte und daraufhin Cindys Anhängsel einer Musterung unterzog, die auch Devan über sich ergehen lassen musste.

„Du bist also Jonathan", begrüßte ich den Mann, der uns allen freundlich zulächelte. Er bejahte und wir schüttelten uns förmlich die Hände. Währenddessen musste ich feststellen, dass er tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit zu Will Smith aufzuweisen hatte. Dabei hatte ich doch immer gedacht, das wäre exakt Stellas Typ gewesen. Eine kurze Vorstellungsrunde entstand, in der wir mit Namen um uns warfen, und dann steuerten wir auf den Eingang des Zoos zu, vor dem Devan und ich bereits seit zehn Minuten – weil der Herr bloß nicht unpünktlich sein wollte – gewartet hatten. Carlos marschierte mit Dackelblick neben uns her und ich verlor jetzt schon die Lust auf das Wolfs-Gehege.

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