Kapitel 5 - der beidseitige Blick

"Du kannst deine Augen wieder öffnen", sprach Anthony sie an. Zinnia fühlte sich nicht wirklich anders. Nun, eigentlich fühlte sie sich genauso wie davor. Wieso hatte es nicht funktioniert. Oder merkte sie die Veränderung vielleicht erst, wenn sie andere Leute traf, die Suongilia sprachen? Fragen über Fragen häuften sich in ihrem Kopf an und wenn sie nicht gerade Anthony damit belästigen wollte, müsste sich Zinnia noch ein wenig gedulden. Vielleicht bin ich auch nicht gut genug um die Sprache sprechen zu dürfen. "Hey", sprach sie da auf ein Mal der Mann an. Wie hatte sie ihn vergessen können? "Es ist ganz normal, wenn du noch keinen Unterschied merkst. Das Besondere an dieser Art von Verzauberung ist, dass sich Suongilia für dich anhören wird wie Englisch. Der Zauber passt deine Worte somit automatisch an, sodass auch nicht merkst, was du sprichst. Dieser Zauber hält jetzt erstmal 50 Tage. Quasi die Standardlaufzeit. Danach musst du zum TÜV. Nein, Spaß. Danach muss ich, oder ein anderer Weltenwandler, den Zauber nur erneuern.", erzählte ihr Anthony. Oh, wie lustig. Musste er immer unbedingt Witze reißen? "Es gibt also noch andere Weltenwandler außer dir?", erkundigte sie sich stattdessen. "Natürlich. Das müsstest doch ausgerechnet du am besten wissen.", antwortete er leicht verdutzt. "Wieso müsste ich das am besten wissen?" "Oh, am ups. Du weißt es nicht?", hakte er nochmal unsicher nach. "Was wissen?" "Ach, äh. Nicht so wichtig", versuchte Anthony sie vom Thema abzulenken, doch Zinnia ließ sich nicht so leicht abwimmeln. "Du lügst mich doch an. Was ist los?" "Wie ich schon sagte. Nichts. Ich hatte gerade etwas vertauscht". Dabei setzte er einen aufrichtigen Gesichtsausdruck auf. "Na gut". Zinnia glaubte ihm immer noch nicht wirklich, aber mal ganz ehrlich. So eine Disskusion würde doch jetzt eh nichts bringen, außer vielleicht Streit und Geschrei. "Ach ja stimmt. Ich sollte dir noch deinen Hotelplaneten zeigen" Durch diese Worte wurde Zinnia vom Thema komplett abgelenkt. "Ein was? Kann man sich das wie ein richtiges Hotel vorstellen?", fragte sie erstaunt nach. "Abgesehen davon, dass es von Makotauri und nicht von Menschen geführt wird, würde ich sagen ja. Ich war aber in noch nicht so vielen Hotels aus der Erde." Makotauri, das waren dann wahrscheinlich die Einwohner. Machte ja irgendwie Sinn.

"Boah ist der Garten schön" Begeistert blickte sich Zinnia um. Überall wuchsen verschiedene Blumen in allen möglichen Farben und umgaben somit das Hotel. Durch das Licht wurden sie zum Leuchten gebracht, was den magischen Effekt noch zusätzlich verstärkte. "Dieser Plant ist einer der wenigen, auf dem richtige Blumen wachsen. Da die Menschen hier Blumen genauso sehr lieben, wie auf der Erde, kommen regelmäßig Makotauri hierher und pflücken Blumen. Damit jedoch nicht alle Blumen gepflückt werden, muss man GBEÜHREN zahlen und darf maximal zwei Sträuße pro Woche pflücken. Besonders bekannt ist...", erklärte ihr Anthony, doch ab der Hälfte seiner Erklärungen hörte Zinnia nicht mehr richtig zu. Ihre Aufmerksamkeit war von etwas anderem gefesselt.

Neben dem Gebäude mit dem Gesichte in ihre Person. Aber es war nicht irgendeine Person, es war ihre Tante. Ihr Mund klappte auf und Zinnia riss ihre Augen auf. Was um alles in der Welt machte ihre Tante hier. Oder wurde sie jetzt endgültig verrückt? Das wäre wahrscheinlich noch die logischste Erklärung. Langsam kam die Frau näher, und je näher sie kam, desto sicherer wurde sich Zinnia, dass das ihre Tante war. "Ah. Hallo Amanda", begrüßte sie da plötzlich Anthony. Amanda, so hieß ihre Tante, bzw. So hatte sie geheißen. Sie hatte den Namen gehasst, weshalb sie jetzt von jedem nur noch Mandy genannt wurde. Ihr alter Name war verblasst. In dem wirklich unwahrscheinlichen Fall, dass das hier tatsächlich ihre Tante war, warum wurde sie Amanda genannt? "Weißt du, deine Nichte hier wollte mir eben erzählen, dass sie keine anderen Weltenwandler kennt. Ich hätte doch gleich wissen müssen, dass das nicht stimmt", plapperte er fröhlich weiter und lachte, als wäre das gerade ein richtiger Scherz gewesen. "Meine Nichte?", fragte die Person und fuhr herum, sodass sie nun Zinnia anblickte und ohne Zweifel, das war ihre Tante. "Zinnia, was machst du denn hier?", fragte sie entsetzt. Doch zu Zinnias entsetzten klang es nicht so, als wäre sie selber auch unerfreut hier zu sein, sondern eher, als hätte Zinnia sie bei etwas wichtigem gestört. "Spannende Gegenfrage. Was machst du hier?" "Wartet, wartet. Ich komme gerade nicht hinterher. Du wusstest wirklich nichts von deiner Tante?", fiel ihnen Anthony ins Wort und klang dabei fast schon enttäuscht. Was soll ich von meiner Tante wissen?", hakte Zinnia ungeduldig nach. In ihr drin hatte sie eine Ahnung, aber wenn es das wäre, dann hätte ihre Tante sie alle Jahre angelogen und das wollte sich Zinnia ehrlich gesagt nicht mal mehr ansatzweise vorstellen. Mandy warf Anthony einen bösen Blick zu und meinte dann:" Nun eigentlich hatte ich nicht wirklich vor, es dir jetzt schon zu sagen, aber wenn wir schon mal dabei sind..." "Etwa, dass du Weltenwandlerin bist?", unterbrach Zinnia ihre Tante. Diese blickte sie überrascht an. "Woher weißt du das?" "Also erstens bin ich nicht auf den Kopf gefallen und zweitens hat das Anthony vorhin erwähnt" "Dieses Plappermaul", murmelte Mandy leicht genervt vor sich hin. "Aber kannst du mich dann nicht Nachhause bringen?", fragte Zinnia bei Mandy nach. Soweit sie wusste, lag das schließlich im Aufgabenbereich einer solchen Weltenwandlerin. "Ganz so leicht ist das leider nicht. Ich muss erst die Zustimmung von der Familie der Weisen erhalten und da müsste dich dann Acardius hin transportieren. Ich habe allerdings keine Ahnung, wo er sich schon wieder rumtreibt, also müsstest du wahrscheinlich eine Nacht in diesem Hotel verbringen"

Skeptisch blickte Zinnia ihre Tante an, so klang sie sonst nie. Ihr fehlte irgendwie fast schon die Freundlichkeit. "Aber gäbe es nicht vielleicht doch noch irgendeinen Weg?", fragte Zinnia leicht verzweifelt nach. Verdammt, sie wollte nicht in einer fremden Welt schlafen und erst recht nicht, wenn der Weg nach Hause so nah war. "Schau mal. Ich wüsste nicht wie das funktionieren sollte. Regelverstöße werden hier ziemlich streng bestraft und selbst wenn Arcadius selbst nicht gerade an den Grenzen dieser Welt ist, bewacht er sie trotzdem irgendwie mit seinem Unterbewusstsein", erwiderte Mandy fast schon ungeduldig. Was ist nur mit ihr los? "Ach ja, und bevor ich es vergesse. Dein Onkel ist auch gerade hier", warf sie da noch in die Runde, bevor sie in Richtung des Hauses lief. Warte, was? Ähm, hatte sie das gerade richtig verstanden? Wusste etwa ihre ganze Familie von dieser Welt, außer ihr? Also natürlich abgesehen von ihren Eltern, aber die waren eh die meiste Zeit weg. Warum zur Hölle hatte ihr niemand hiervon erzählt. Anthony vorhin hatte nicht so gewirkt, als würde man normalerweise ein reisen Geheimnis um diese Welt machen und er kannte sich ja offensichtlich auch auf der Erde aus. Frustration staute sich in ihr an. Auf ihre Tante, ihren Onkel, Anthony, diese Welt, eigentlich alles. Am liebsten würde Zinnia jetzt mit dem Fuß aufstampfen, aber das wäre dann doch ein wenig zu kindisch. Trotzdem blickte sie ihrer Tante empört hinter her, die nun fast beim Haus angekommen war, als plötzlich eine zweite Person dazu trat. Gespannt beobachtete sie die beiden. Ob ihre Tante in dieser Welt wohl viele kannte? Vielleicht konnte sie ihr ja ein paar Leuten vorstellen, wobei Zinnia immer noch enttäuscht war, dass ihr niemand von dieser zweiten Seite ihrer Tante erzählt hatte. Sollte sie ihr hinterherlaufen oder nicht? Sie hatte sich gerade entschieden, dass ihre Neugierde tatsächlich größer war, als der Frust, als sie plötzlich hektische Bewegungen aus dem Augenwinkel wahrnehmen konnte. Was ist denn jetzt schon wieder los. Angespannt fuhr Zinnia herum, in Erwartungen eines Feindes oder sowas ähnlichem, doch es war nur ihre Tante mit dieser anderen Person. Die Beiden schienen nun angeregt zu diskutieren, da sie viel mit ihren Händen fuchtelten. Worüber die wohl gerade reden? Langsam lief Zinnia näher, darauf bedacht nicht die Aufmerksamkeit beider Leute auf sich zu lenken. Aber sie war immer noch zu weit weg. Ihr Herz pochte ein bisschen schneller. Irgendwie machte dieses Detektivspielen Spaß.

Vielleicht konnte sie sich auch noch ein bisschen mehr trauen. Mutiger lief sie immer schneller, bis sie fast schon rannte, jedoch noch rechtzeitig stehen blieb. Nun stand ihre Tante etwa fünf Meter von ihr entfernt und während Zinnia noch mitten im Blumenfeld hockte, stand ihre Tante auf einer Art Weg, welcher zum Hotel führte. Gespannt spähte das Mädchen aus ihrem Versteck hervor, leider verdeckte ihre Tante den Gesprächspartner. Zinnia wollte sich gerade einen neuen Plan überlegen, wie sie die beiden umranden konnte, ohne ihre Aufmerksamkeit zu erwecken. Als plötzlich Mandy die andere Person anfauchte und dabei einen kleinen Schritt zur Seite ging. Meine Güte, was hat sie denn so aufgeregt? Erschrocken über die Aggressivität ihrer Tante wich Zinnia einen Schritt zurück fuhr jedoch kurz danach wieder hoch und sprang fast schon nach vorne. Jetzt hatte sie gleich das Gesicht. Gleichzeitig schallte die Stimme ihrer Tante an Zinnias Ohr:" Wo warst du Isaac?" Oh, nein. In Zinnia keimte ein Verdacht. Was wäre wenn.... Was wäre, wenn das ihr Onkel ist? In diesem Moment konnte sie das Gesicht erkennen und obwohl sie wusste, dass er hier war und Zinnia den Verdacht hatte,war es irgendwie trotzdem ein Schock ihren Onkel hier so stehen zusehen. Davor war es ihr irgendwie unwirklich erschienen. Mehr wie ein Scherz, doch jetzt war es eindeutig. Jeder hatte von dieser Welt gewusst nur sie nicht. Warum? Hielten sie sie für zu schwach? Zinnia war kein Kind mehr und konnte ruhig ein paar Sachen verkraften.

Während sie in ihren tristen Gedanken schwelgte und ein leichtes Gefühl nach Verrat ihr Herz umklammerte, nahm sie das Gesicht ihres Onkels genauer wahr. Es war übersäht von blauen Flecken und er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Was war nur mit ihm passiert? Sonst war er immer ein lebensfroher Mensch, der immer ausgeschlafen aussah. Was, wenn ihm etwas passiert war? Bei dem bloßen Gedanken dran zog sich Zinnias Herz zusammen und verkrampfte, denn so sauer und enttäuscht sie auch von den Beiden war, sie waren wie Vater und Mutter für sie und so liebte Zinnia sie auch. Der Gedanke, dass einem von ihnen etwas zugestoßen war. Das konnte sie nicht ertragen. Am liebsten wollte Zinnia aufspringen zu ihnen rennen und eine Runde Gruppen kuscheln, aber das Gespräch wirkte eher geheim. Als sollte es niemand mitbekommen und so gesehen, tat sie ja eh schon etwas Verbotenes und Ungewolltes. Plötzlich hörte sie ein Geräusch hinter sich und erblickte Anthony welcher in einiger Entfernung stand und wie verrückt winkte. Am liebsten wollte sie ja dableiben und weiter zuhören, aber das käme wahrscheinlich eher weniger gut an. Mit einem bedauernden Blick drehte sie sich um und schlich sich leise in Richtung Anthony, welcher immer noch Faxen machte. Konnte der nicht mal aufhören, er würde ist noch verraten. Immer wieder blickte sie unsicher zurück, doch ihre Tante und ihr Onkel diskutierten weiter und so schlich sie immer weiter.

Als sie bei Anthony ankam schaute der sie schon ganz erwartungsvoll an. "Was ist?", fragte Zinnia misstrauisch nach. "Und, was hast du behört?", antwortete dieser mit einem Grinsen. Sie wusste sofort, worauf sich, dass bezog und wurde ziemlich rot, woraufhin sie schnell den Kopf senkte. "Ach, das muss dir nicht peinlich sein, aber ich möchte dir eigentlich etwas erzählen", fing er an. Zinnia fand es beeindruckend wie schnell sein Gesichtsausdruck von belustigt zu ernst wechseln konnte. "Es geht um die Erde" Und sofort hatte er Zinnias gesamte Aufmerksamkeit. Welchen Blick er wohl so auf die Welt hat? Gebannt hing sie an Anthonys Lippen und wartete drauf, dass er fortfuhr. "Die Sache ist, die, du kannst nicht nur nicht zur Erde zurück, weil die Familie der Weisen es dir nicht erlaubt hat. Also das ist schon auch ein Grund, aber eben nur ein Teil der Wahrheit, denn eigentlich liegt es an der Erde. Dort ist es nicht mehr so, wie es war, als du sie verlassen hast."

"Aber das ist doch erst einen Tag her? Und was meinst du mit, es ist nicht mehr so?", hakte Zinnia sofort angespannt nach. "Eins nach dem anderen. Allerdings ist es so, dass die Zeit zwischen den beiden Welten unterschiedlich verläuft. Ein Tag auf der Erde entspricht fünf Tagen in Suona. Und jetzt zur Veränderung. Wir wissen um ehrlich zu sein nicht genau was passiert, lediglich, dass seit eben dem sehr viele Menschen in Krankenhäuser eingeliefert werden mit Krampfanfällen und verrücktspielenden Nervensystemen, was lebensgefährlich, wie du dir vielleicht vorstellen kannst." Geschockt blickte Zinnia ihn an. Es dauerte einige Momente, bis die Wahrheit sie erreichte. "Was ist mit meinen Eltern?", fragte sie sofort panisch nach. "Da kann ich dich beruhigen. Wir wissen zwar nicht hundertprozentig, ob es ihnen gut geht, doch bisher sind diese Schäden nur um einige der größten Weltentore aufgetreten, welche in Malibu, London, Frankfurt und Kopenhagen liegen. Somit müssten deine Eltern in New York relativ sichern sein." Zum Glück. Erleichtert atmete Zinnia aus. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie gerade die Luft angehalten hatte und ein riesen Felsgebirge fiel von ihrem Herzen. Denn genauso wie sie es schrecklich findet ihren Onkel oder ihre Tante verletzt zu sehen so geht ihr das auch so mit ihren Eltern, denn obwohl diese oft weg waren, hatte sie trotzdem eine sehr enge Bindung zu ihnen. "Aber woher weißt du das meine Eltern in New York sind?" "Deine Tante erzählt ziemlich viel, wenn der Tag lang ist?" "Aber nochmal zum Thema zurück. Weißt du warum das auf einmal passiert?" "Um ehrlich zu sein nein. Das ist ja nicht mal mehr alles. Alle möglichen Pflanzen verwelken und immer mehr Menschen im direkten Umkreis um die Tore, welche als verschiedenste Gebäude getarnt werden, verschwinden. Das Problem ist, dass so etwas noch nie geschehen ist. Deshalb können wir die Auswirkungen nicht einschätzen und inwiefern vielleicht auch die Erlischung der Sonne heute Nachmittag damit zu tun haben könnte, womit wir auch schon zu unserem nächsten Problem kämen. Es kann leider gut sein, dass die Tore zwischen den Welten instabil geworden sind. Wir Weltenwandler können zwar trotzdem noch reisen, aber die normalen Tore, wie der Spiegel durch den du gekommen bist, beispielsweise, sind zu gefährlich. Das können wir nicht riskieren", erzählte Anthony. Er klang selbst ziemlich fassungslos und auch Zinnia konnte nicht ganz glauben, was sie gerade gehört hatte. Wie hatte es so schnell vom kurzen Tripp in die Parallelwelt in ein riesen Chaos zwischen beiden Welten enden können. Sie konnte sich die Zustände ehrlich gesagt nicht ganz vorstellen, doch wer wusste schon, was in Suona och alles passieren würde, denn so wie das klang, waren sie hier auch nicht sicher. Und wenn Sonnen erlischen erst der Anfang kam, worauf würde das hinauslaufen? Und vor allem, der Gedanke, der Zinnia am meisten Angst machte, sie war hier gefangen, in einem fremden Universum, voller Gefahren, die keiner kannte.  

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top