Kapitel 4 - Eine neue Sprache

Diese Welt war ja echt riesig. Die Planeten reihten sich aneinander und in alle Richtungen war kein Ende zu erblicken. Fast schon geblendet von der Helligkeit starrte Zinnia doch gleichzeitig, wie magisch angezogen auf die Welt, die sich unter ihr erstreckte. Wie schon letztes Mal wurde sie wieder mit der Lichtwolke getragen und obwohl es jetzt schon das zweite Mal war, blieb der Nervenkitzel. Ein ganz kleiner Teil von Zinnia wollte sie ständig dazu bringen, das Wesen zu fragen, ob sie nicht lieber den Leuten mit der erloschenen Sonne helfen sollten, doch sie versuchte diese Gedanken zu unterdrücken. Die Familie und das Wesen werden sich schon etwas dabei gedacht haben. Aber wer weiß, ob sie wirklich recht haben. Selbst die schlauesten können sich täuschen, protestierte die Stimme in ihrem Kopf. Zinnia verabscheute diesen Teil von sich selbst. Diesen unsicheren und ständig schwankenden Teil. Nein, sie verabscheute ihn nicht, sie hasste ihn. Immer wurde gesagt, man solle zu seiner Meinung stehen, sich von niemandem abbringen lassen und den eigenen Weg gehen. Nun den eigenen Weg, den war Zinnia schon immer gegangen. Sie war noch nie ungewöhnlich beliebt gewesen oder talentiert in irgendwas und dadurch, dass sie aufgrund der Arbeit ihrer Eltern ein paar Mal umgezogen waren, hatte sie kaum Freunde, sodass sie zwangsläufig vieles allein entscheiden und machen musste. Doch das Problem war eher die eigene Meinung. Denn wie sollte man bitte zu seiner eigenen Meinung stehen, wenn man keine eigene Meinung hatte, da man selber so unentschlossen war. Jeder Psychologe würde jetzt bestimmt einen Tipp geben, der absolut einfach war, aber im echten Leben war das wenigste leicht. Besonders wenn es um die eigene Psyche ging. Das war auch einer der Gründe, warum Zinnia die Wissenschaft so liebte. Es gab für alles eine eindeutige Antwort und das war meistens nicht bei jedem Menschen unterschiedlich, sondern immer gleich.

Außerdem gab es Bücher, in denen man die genaue Lösung nachlesen konnte. Das gab es in der Psychologie nicht. Natürlich gab es auch hier Bücher, allerdings waren das meistens eher Ratgeber, voll mit Tipps, aber ohne genaue Anleitungen, was das Ganze so schwierig machte. Zinnia hatte genug von dieser Unsicherheit und wenn die Bücher so ungenau waren, dass sie selbst dort unsicher war, ob wirklich alles richtig machte, was sollte ihr dann das bitte helfen? Leider war es nicht so besonders leicht selbstbewusst zu werden und sich einfach mal zu entscheiden. Das klang auch, wie fast alles, in der Praxis super leicht, doch sobald Zinnia das versuchte überlegte ihr Gehirn gleichzeitig was die andere Lösung denn für Vorteile bringen würde, wodurch sie wieder unsicherer wurde. Nein, leicht war das definitiv nicht und bis jetzt auch ziemlich aussichtslos. Angestrengt riss sich Zinnia aus ihren trübseligen Gedanken. Mit ihrer komischen Psyche konnte sie sich auch noch später beschäftigen. Jetzt ging es erstmal zu einem Weltenwandler und auch wenn Zinnia nicht genau wusste, was das war, klang es cool und die Vorstellung daran einen echten zu treffen, ließ die Freude in ihr aufkeimen. Die negativen Gedanken rückten ganz in den Hintergrund, sodass sie noch immer da waren, immer spürbar, doch nicht wirklich stark belastend und Zinnia war so an diesen Zustand gewöhnt, dass sie es kaum noch bemerkte.

Kurze Zeit später erreichten sie einen riesigen Berg aus grauem Licht. Doch es war kein gewöhnlicher Berg, sondern ungefähr auf der Höhe, wo normalerweise eine Spitze wäre, hing in diesem Berg eine Art weiterer Planet. Er war zwar ziemlich klein, aber dennoch ein Planet mit Sonne und Lichtbrücke und drum und dran. "Das ist jetzt nicht ernsthaft ein Planet dort oben, oder?", fragte Zinnia erstaunt nach. "Doch, genau das. Wie jedes Wesen in dieser Welt, lebt auch dieser Weltenwandler auf einem eigenen Planeten." Oh, cool. Ein Planet in einem Berg. Das war ja mal...besonders. "Aber warte mal. Wenn du sagst jedes Wesen, wo ist dann dein Planet?", bemerkte Zinnia. "Nun ja. Alle bis auf mich, denn ich bin quasi diese Welt. Ich bin gesamte Energie hier und habe somit viele Planeten und irgendwie auch keinen." Warte, mal. Die ganze Energie?! Das war doch in so einer Lichtwelt bestimmt ganz schön viel. Oh mein Gott! Dann musste dieses Wesen ja extrem mächtig sein. Fast schon ehrfürchtig blickte sie auf die Lichtwolke um sie herum, während ihr Gehirn schon wieder begann zu überlegen, was passieren würde, wenn dieses Wesen ihr Feind wäre. Zinnia versuchte diesen leicht beängstigenden Gedanken wieder zu verdrängen. Was, zu ihrem eigenen Erstaunen, sogar funktionierte.

Der Planet selber sah von der Grundstruktur ähnlich aus, wie die anderen. Er war aus grauem Stein, welcher von der zugehörigen Sonne erhellt wurde. Der einzige Unterschied war, dass sich auf dem Planeten eine art Loch aus Licht befand. Irgendwie erinnerte Zinnia das Ganze ein wenig an ein Portal. Aber selbst, wenn es so wäre, warum war dann ausgerechnet hier ein Portal bzw., wo führte es hin? In diesem Moment vergrößerte sich das Loch. Angespannt und unsicher, ob sie das hier beobachten oder wegrennen sollte, blickte Zinnia darauf. Doch bevor sie sich weiter den Kopf über so bescheuerte Dinge zerbrechen konnte, trat ein Mensch aus diesem Portal, als würde er eine Treppe herunterlaufen. Wo kommt jetzt bitte der her? Aber das musste ja dann der Weltenwandler sein. Grundsätzlich sah er erstmal aus, wie jeder andere, wobei das äußere ja bekanntlich täuschen konnte. Unsicher was sie jetzt tun sollte, lief Zinnia ganz langsam auf den Menschen zu. Falls das überhaupt ein Mensch war. Vielleicht war er oder sie ja auch ein Außerirdischer, bzw. Alien. Das wäre jetzt nicht so weit hergeholt, angesichts der Tatsache, dass sie hier in einer parallel Welt war. Oder sagen wir lieber Traumwelt. Zinnia war der Gedanke an andere Welten noch nie sonderlich geheuer gewesen und da sie eh so ein ängstlicher Mensch war, musste sie ja nicht sich selbst noch Angst machen. Ein bisschen Optimismus wäre besser, denn das war ja natürlich auch ihr aller größtes Talent. Bevor das Mädchen wieder in irgendwelchen tristen Gedanken versinken konnte, sprach das Lichtwesen wieder: "Der Weltenwandler ist nun so weit. Du solltest ihn nicht warten lassen, denn er ist ein viel beschäftigter Mensch, der auch noch andere Aufgaben hat." Gut, also schien er schon mal ein Mensch zu sein. Aber stammte er dann auch von der Erde? Und wenn ja, konnte er sie vielleicht zurückbringen? Denn natürlich, diese Welt war ziemlich cool, aber Zuhause war es immer noch am besten. Zinnia drehte sich um, um den Menschen zu sehen, doch dort wo er eben stand, war nun niemand mehr. "Ähm, wo ist der Weltenwandler denn hin?", fragte sich stirnrunzelnd nach. "Na in seinem Haus natürlich, wo denn sonst?" Wo denn sonst? In seinem Haus natürlich Zinnia. Wie konntest du nur so dumm sein und nicht auf die Idee kommen, dass er in seinem unsichtbaren Haus ist? Das ist doch so naheliegend. Oh man ey. Diese Welt war schon ziemlich verrückt. "Folge mir einfach. Ich führe dich zu dem Haus", sprach das Wesen mit so einer Resignation in der Stimme, dass Zinnia sich gleich noch viel bescheuerter vorkam. Na super. Jetzt fanden selbst die Leute die sie noch nicht wirklich lange kannten, blöd. Um nicht noch bescheuerter rüberzukommen, beeilte sich Zinnia dem Licht zu folgen, welches wie eine Kugel in der Luft hing. Plötzlich bewegte sich der Boden. Zinnias Herz begann zu rasen und ohne dass sie es merkte stieß sie einen spitzen Schrei aus. Panisch schnappte sie nach Luft. Verdammt Zinnia, beruhig dich. Es ist nur ein blöder Boden. Doch ihr Körper hyperventilierte. Ihre Lunge schrie nach Luft, obwohl reichlich davon vorhanden war und ihre Hände zuckten unkontrolliert. Laut hörte das Mädchen ihr eigenes Herz pochen und ihr natürlicher Sinn für Ordnung und Ruhe wurde von der Panik, die sich wie ein Nebelschleier in ihr ausbreitete, beiseitegedrängt. Ganz leise konnte sie eine Stimme hören, die mit ihr sprach, aber obwohl ihr Gehirn den Sinn war nahm machte Zinnias restlicher Körper nicht so ganz mit.

"Hey. Alles gut" Langsam beruhigte sich Zinnia und ihre Gedanken fingen wieder an zu kreisen. Obwohl sie nicht mehr so panisch war, pumpte ihr Herz immer noch wie verrückt und sie fühlte sich, als wäre sie einen Marathon gerannt. "Mir geht es gut", meinte sie mit zittriger Stimme, während Zinnia verzweifelt versuchte aufzustehen, um zumindest sehen zu können, wo sie war. "Halt, halt, halt. Bleib bloß schön liegen", rief da auf einmal eine Stimme aus dem Nichts und als wäre sie vor ihr entstanden erschien eine Person direkt vor Zinnia. "Es tut mir leid, dass ich in Ihrem Haus bin. Ich wollte wirklich nicht...", fing Zinnia an zu erklären, wurde jedoch von der Person abgewürgt:" Um Himmels Willen. Du musst dich doch nicht entschuldigen. Ich heiße übrigens Anthony und bin der Weltenwandler nach dem ihr glaube ich gesucht habt" Dabei trat er aus dem Schatten, sodass sie sein Gesicht gut sehen konnte, mit der geraden Nase und den leichten Locken. "Ja, ähm ich bin Zinnia, aber woher weißt du, dass wir nach dir gesucht haben?" "Nun ja, ich habe eben meine Quellen, erwiderte dieser geheimnisvoll, doch gleichzeitig in einem Tonfall, der zeigte, dass für ihn dieses Thema damit beendet war. Zinnia war extrem neugierig, ob sie ihn noch weiter fragen sollte. Denn, woher wusste er das bitte? Und wurden sie dann die ganze Zeit beobachtet, aber ihr normalerweise gutes Benehmen, zeigte sich jetzt mal, weshalb sie nicht nachfragte. "Nein, Spaß. Ich habe euch lediglich gehört, als ihr auf einem Planeten angekommen seid", erzählte der Mann schmunzelnd. Zinnia bemühte sich um ein Lächeln, aber es wirkte wohl er skeptisch als sonst irgendwas, da der Mensch sie lediglich komisch anschaute. "Nun gut, wie auch immer. Was willst du nun also von mir? Wohl kaum eine Sightseeing-Tour. Dafür ist Acardius ja viel besser geeignet.", kam dieser auch direkt zum Punkt. Das ging ja schnell. Sie hatte gedacht, es würde länger dauern, bis sie zu dem wirklichen wichtigen Thema kamen, aber um ehrlich zu sein war es Zinnia auch sehr recht. "Ähm nein, sind wir nicht, aber wer ist Arcadius?", fragte Zinnia nach. "Hat er dir das nicht erzählt? Arcadius ist das Lichtwesen, bzw. das ist sein Spitzname. Er mag es nämlich nicht besonders gerne so genannt zu werden", flüsterte Anthony ihr verschwörerisch zu, grinste dabei jedoch wie ein Verrückter.

Ah, ja. Der findet sich wohl besonders lustig. "Nein, das hat er mir nicht erzählt. Um aber nochmal zum Thema zurück zu kommen, ich bin neu in dieser Welt und kann deshalb natürlich auch kein... äh.... wie hieß das doch gleich", erklärte Zinnia wurde zum Ende hin jedoch unsicherer. Wieso muss sowas immer ihr passieren. "Du meinst wahrscheinlich die Sprache, welche hier gesprochen wird. Sie heißt Suongilia." "Kannst du mir jetzt helfen?" Zinnia wurde langsam ungeduldig. "Natürlich kann ich das. Sonst hätte die Familie der Weisen dir sonst bestimmt nicht davon erzählt, denn sie sind, wie ihr Name schon sagt, ziemlich weise.", meinte Anthony und kicherte über seinen eigenen Witz, als wäre er das lustigste gewesen, was er seit Jahren gehört hatte. Zinnia blickte in mit hochgezogenen Augenbrauen an, er kriegte sich jedoch überhaupt nicht mehr. Also so witzig war das jetzt auch nicht. Wobei, wer weiß wie lustig die hier in dieser Welt waren, vielleicht setzt man dann ja die Maßstäbe niedriger. "Ent...entschul...entschuldige...mi...mich", brachte Anthony da gerade so raus. Er schüttelte den Kopf und setzte eine ernstere Maske auf, welche ziemlich durch seine zuckenden Mundwinkel zerstört wurde. "Nun gut. Du musst dich einfach nur hinstellen, Äuglein schließen und ja. Dann wars das von deiner Seite aus eigentlich schon", erklärte er dann aber, als der Mann sich endlich beruhigt hatte. Zinnia traute dem Ganzen jetzt noch nicht so ganz. "Und kann dabei irgendwas passieren?" "Was glaubst du denn. Das ich hier eine Bombe hochgehen lasse?", scherzte er. Das war jetzt eher weniger witzig. Ihre Augenbrauen zogen sich wieder hoch während sie ihm einen deutlich skeptischen Blick zu warf. "Puh. Bist du misstrauisch. Ganz ehrlich mal, was soll ich dir denn tun. Du musst die Augen auch übrigens nur schließen, da es sonst u hell wird, außer du hast eine spezielle Sonnenbrille, mit noch stärkerem UV-Strahlen Filter dabei." "Nein, habe ich nicht", schnappte Zinnia leicht zurück. Stand dann aber auf, ihre Beine wackelten erstaunlicherweise nicht mehr, und machte die Augen zu. Wie sich das wohl anfühlt.  

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