Kapitel 26 - Ein neues Kapitel

Die Stunden waren zäh, wollten einfach nicht vergehen. Der Schmerz in meiner Brust ließ nicht nach, und ich war ungeduldig. Ich setzte mich auf eine der harten Kunststoffbänke und starrte auf die Anzeigetafel, als könnte ich durch bloßes Wünschen die Zeit schneller vergehen lassen. Die Minuten zogen sich wie Kaugumm. Das gedämpfte Geräusch der anderen Reisenden, das Rauschen der Klimaanlage – alles schien mich an den Knoten in meinem Bauch zu erinnern.

Ich konnte nicht aufhören, an Adrian zu denken. An die Art, wie er mich angesehen hatte, an das Lächeln, das er mir geschenkt hatte, als ich ihm geholfen hatte, sein Jacket zuzuknöpfen. Ich hatte in seinen Augen gesehen, dass da mehr war als nur Freundschaft. Und jetzt, da ich wusste, was ich für ihn fühlte, war ich hier, allein und voller Bedauern.

Um mich abzulenken, stand ich auf und ging in den kleinen Laden, um etwas Wasser zu kaufen. Der Verkäufer hatte ein freundliches Lächeln, aber ich konnte nicht zurücklächeln. Stattdessen starrte ich auf die Regale mit Snacks und Souvenirs, die in meinen Augen nichts als leere Hüllen waren. Ich fühlte mich, als ob ich in einer Parallelwelt gefangen war, während die Realität außerhalb des Flughafens weiterging.

Ich setzte mich schließlich in das Café, bestellte mir einen einfachen Kaffee und starrte in die Tasse, während ich überlegte, wie ich Adrian meine Gefühle klarmachen konnte. Was würde ich ihm sagen? Wie könnte ich ihm erklären, dass ich ihn nie loslassen wollte, dass ich in den letzten Tagen eine Zukunft mit ihm gesehen hatte, die ich für unmöglich gehalten hatte?

Und während die Stunden langsam vergingen, wurde ich mir immer sicherer, was ich zu tun hatte. Ich würde nicht eher ruhen, bis er mir glaubte.

Der Flughafen der Isle of Skye lag hinter mir, während ich in das kleine Flugzeug stieg.

Ich war bereit, alles zu riskieren, um Adrian zu zeigen, dass ich nicht mehr länger zögern konnte. Dass ich bereit war, mein Herz wieder zu öffnen.

Die Gedanken an Noah verblassten, während ich mich auf die bevorstehende Begegnung mit Adrian konzentrierte. Es wurde Zeit, die Vergangenheit hinter mir zu lassen und mich auf das zu konzentrieren, was vor mir lag. Ein neuer Anfang, eine neue Chance.

Als das Flugzeug abhob, fühlte ich, wie sich die Anspannung in mir löste. Ich war entschlossen, und nichts würde mich davon abhalten, Adrian zu finden und ihm zu sagen, was ich für ihn fühlte. Der Flug nach London war die erste Seite eines neuen Kapitels und ich würde alles daransetzen, es diesmal richtig zu machen.


Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich aus dem Taxi stieg und vor unserer Haustür hielt. Ich hatte noch einen kleinen Abstecher bei unserer Lieblingspizzeria gemacht und hielt in der einen Hand den Koffer und in der anderen zwei Schachteln: Pizza Hawaii und Pizza Tonno. Der Duft von frisch gebackenem Teig stieg mir in die Nase, ein bekannter und beruhigender Geruch. Doch selbst das vermochte nicht, mir die Nervosität abzunehmen. Es war bereits dunkel draußen, die Luft ein wenig frisch, hinterließ eine Gänsehaut auf meinem Körper.

Mit einem tiefen Atemzug sammelte ich meinen Mut und schloss die Haustür auf. Ich stemmte meinen Koffer über den Rand und lief durch das Treppenhaus. Mit jeder Treppenstufe, die ich nahm, wuchs meine Nervosität, bis ich an unserer Wohnungstür ankam. Mit zitternden Händen sperrte ich sie auf und öffnete sie vorsichtig. Es war dunkel, doch ich konnte durch Adrians Türschlitz das Licht erkennen, welches sein Zimmer beleuchtete. Mit klopfendem Herzen stellte ich meinen Koffer im Flur ab, zog langsam die Tür hinter mir zu. Meine Hände waren schwitzig vor Nervosität und mein Atem ging flach.

Ich würde ihm meine Liebe gestehen. Hier und Jetzt. Das hatte ich mir vorgenommen und ich würde keinen Rückzieher mehr machen. Langsam näherte ich mich seiner Zimmertür und klopfte zaghaft.

"Herein"

Adrians Stimme war nicht mehr als ein Brummen, ließ mein Herz kurz stolpern. Vorsichtig schob ich dir Tür auf. Er lag auf seinem Bett, mit einem Buch in der Hand, schaute jedoch nicht auf.

"Mir ist nicht nach reden, Helen", sagte er genervt. Ich schluckte.

"Ich habe Pizza mitgebracht", erwiderte ich leise. Hatte ich gehofft, ihm damit ein Friedensangebot bereiten zu können – Schließlich war ich ihm noch eine Pizza schuldig.

Überrascht schaute er von seinem Buch auf, sein Blick kreuzte meinen.

Seine Haare standen in allen Richtungen ab, als hätte er sie noch kurz zuvor gerauft und er hatte seinen Anzug gegen eine karierte Pyjamahose und ein enges T-Shirt getauscht.

"Elly", seine Stimme wankte, klang bitter. Er schien nicht sonderlich begeistert mich zu sehen.

"Pizza Hawaii", fügte ich dann hinzu, versuchte zu Lächeln.

"Mir ist nicht danach", sagte er kühl und distanziert. Mein Herz zog sich zusammen. Ich durfte jetzt bloß nicht den Mut verlieren.

"Adrian, ich...", fing ich an, aber er schüttelte den Kopf.

"Ich will es nicht hören, Elly." Er klang müde und erschöpft.

"Bitte, hör mir zu", flüsterte ich.

"Was, dass du und Noah jetzt wieder zusammen seid? Das das mit uns für dich bloß Show war. Nein, das brauche ich nicht hören", angeregt stieß er die Worte mit so einer Wucht heraus, dass ich die Wut in der Luft spüren konnte.

"Nein", erwiderte ich mit fester Stimme. Ich legte die Pizza auf seinen Schreibtisch, ehe ich mich zu ihm wandte.

"Ich bin nicht mit Noah zusammen und ich habe das auch nicht mehr vor. Das mit uns war nicht nur Show für mich." Es verärgerte mich beinahe, dass er dachte, ich würde einfach so mit ihm schlafen, als hätte ich keine Gefühle für ihn.

"Ach nein, das sah aber ganz anders aus", seufzte er, stand auf und vergrub seine Hände in seiner Pyjama-Hose.

"Adrian", flüsterte ich leise, Tränen sammelten sich in meinen Augen.

„Ich weiß, ich bringe alles durcheinander, was mir wichtig ist. Und vielleicht werde ich diesmal auch alles zerstören. Aber ich werde nicht klein beigeben. Nicht, bevor ich dir gesagt habe, was ich empfinde", begann ich und sah ihm direkt in die Augen. Sein Blick war undurchdringlich, ernst, als wollte er sich selbst vor den Worten schützen, die ich aussprechen wollte. Ich konnte bloß hoffen, dass er mir glaubt.

„Ich liebe dich, Adrian. Die letzten vier Jahre habe ich dich geliebt, und in den letzten Tagen ist mir klar geworden, dass ich es nicht länger verstecken und verdrängen kann. Ja, ich habe an Noah festgehalten, das stimmt. Aber in dieser Woche – verdammter Mist – Noah war mir egal. Es war mir egal, dass er heiratete, und es war mir egal, dass er eine wunderschöne neue Freundin hatte. Denn ich hatte dich an meiner Seite. Du gibst mir Halt, ich kann dir vertrauen, und ich liebe nur dich. Nicht Noah und auch niemanden sonst."

Ich spürte, wie sich die Emotionen in mir entluden, und der Ausdruck auf Adrians Gesicht veränderte sich. Seine Augen wurden größer und sein Mund öffnete sich kurz. Er trat einen Schritt näher, als könnte er die Intensität meiner Worte spüren.

"Er hat dich geküsst", sagte er dann leise, während er näher an mich herantrat.

"Ja, aber ich ihn nicht. Ich habe ihn von mir geschoben, Adrian", flüsterte ich, während ich zu ihm hochschaute. Der Duft von Zedernholz und Bergamotte hüllte mich ein, ließ mein Herz schneller schlagen.

"Ich will mit dir zusammen sein, Adrian. Das wünsche ich mir schon so lange. Und wenn du nicht dasselbe für mich empfindest, dann werde ich damit leben müssen. Aber du sollst wissen, was ich für dich fühle", hauchte ich.

„Du glaubst also, ich empfinde nicht dasselbe für dich?" Er lachte leise und schüttelte den Kopf. „Ich liebe dich seit dem ersten Moment, als ich dich gesehen habe. Aber ich war mir nie sicher. Du hattest immer wieder neue Männer an deiner Seite, und ich wusste, dass du noch an etwas aus der Vergangenheit festgehalten hast. Du hast nie darüber gesprochen, warum du Cornwall verlassen hast. Aber ich war mir sicher, dass da eine alte Liebe schlummerte.

Ich hatte Angst, dass ich nur einer der Männer auf deiner Liste wäre, den du irgendwann verlassen würdest. Also entschied ich mich, lieber dein Freund zu sein, als jemand, der verletzt wird."

"Ich war mir nie sicher, du warst so distanziert"

"Damit ich mich in deiner Nähe beherrsche. Weißt du eigentlich, was für eine Anziehungskraft du auf mich hast?", knurrte er, ehe er seine Hände an meine Hüfte legte und mich an sich zog. Hitze stieg mir in die Wangen, während ich meine Hände auf seinen Oberkörper legte.

Adrian betrachtete mich intensiv, seine grünen Augen funkelten.

"Du liebst mich?", flüsterte ich leise.

"Verdammt, Elly. Ja, ich liebe dich", sagte er, lächelte dabei.

"Gut, ich dich nämlich auch", wollte ich nochmal sicherstellen, was ihn zum Lachen brachte.

Er beugte sich zu mir hinunter und legte seine warmen Lippen sanft auf meine. Der Kuss war sowohl gefühlvoll als auch stürmisch, gefüllt mit all der Liebe, die er für mich empfand. Er überwältigte mich, ließ mich schweben. Wie hatte ich jemals an seinen Gefühlen für mich zweifeln können, jetzt, wo er sie so offen vor mir ausbreitete? Ich klammerte mich an ihn, als wäre er der einzige Anker in meinem Leben. Meine Lippen prickelten, während mein Herz einen Salto nach dem anderen machte.

Keuchend löste er sich von mir und sah mir in die Augen. „Pizza?", fragte er dann mit einem schelmischen Grinsen.
„Mhm", gab ich nur murmelnd zurück, bevor ich ihn wieder zu mir hinunterzog, um ihn erneut zu küssen.

So saßen wir dort, verloren in diesem Moment, während die Pizza neben uns wartete – doch nichts anderes zählte mehr. An diesem Abend zählte nur die Vertrautheit und Ruhe zwischen uns, und die Welt um uns herum konnte warten. Die Pizza war kalt, als wir sie aßen und doch, war es die beste, die ich je gegessen hatte.

[ ENDE ] 

︵‿︵‿୨♡୧‿︵‿︵

Meine Lieben ♥︎

Es war mir eine riesengroße Freude euch auf diese kleine Reise auf die Isle of Skye mitzunehmen. Das Abenteuer um Elly und Adrian ist vorüber, wobei sie mit Sicherheit abseits von unserer Geschichte noch einige wundervolle Sachen erleben werden.

Dieser Roman hat als kleines Spaß-Projekt neben meinen größeren Fantasy-Romanen angefangen, aber es hat sich ganz still und heimlich in mein Herz geschlichen. Die Wörter haben sich hier wie von selbst geschrieben und auf einmal fand ich mich Abends immer wieder an der Tastatur wieder, um endlich weiterschreiben zu können. 

Dieses Projekt nun abgeschlossen zu haben füllt mich mit Freude und Trauer zugleich. Aber ich bin froh, dass Adrian und Elly endlich ihr Happy Ending gefunden haben.

Ich möchte mich nochmal ganz herzlich bei euch bedanken! Eure Gedanken und Meinungen in Form von Kommentaren, eure Votes und auch das stumme Mitlesen, haben mich ungemein motiviert und mir immer wieder ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. 

Es war mir eine wahre Freude!

Bis zur nächsten Geschichte ♥︎

Eure Suzan

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