Kapitel 17 - Ananas-Pizza
Einige Läden später und ein paar Scheine weniger fanden wir uns in einem ulkigen kleinen Café wieder. Ich war in einer kleinen Boutique fündig geworden und hatte den Wollpulli meiner Träume gefunden – dunkelrot mit Strickmuster.
Der Geruch von Kakao mit Marshmallows drang mir in die Nase und ich seufzte wohlig warm auf. Draußen hatte es angefangen zu regnen und die Fenster des Cafés waren leicht beschlagen. Drinnen war es jedoch gemütlich, fast schon heimelig. Die Wände waren mit alten Fotografien von Fischern und Segelschiffen dekoriert, und auf den Tischen standen kleine Kerzen, die flackernd für ein sanftes Licht sorgten.
Adrian saß mir gegenüber und starrte aus dem Fenster, während er an seinem Kaffee nippte. Das gab mir die Gelegenheit ihn heimlich zu mustern. Seine hellbraunen Haare lagen wirr vom Wind. Er trug einen dunkelblauen Pulli, da es heute etwas kühler, als die Tage zuvor war und ein Drei-Tage Bart zierte sein Gesicht. Mir wurde direkt warm, aber nicht vom Kakao.
Wenn es nach mir ginge, könnten wir hier noch ewig sitzen, über Bücher und Essen philosophieren. Seine Leidenschaft für das geschriebene Wort und sein Interesse an Kunst und Kultur hatten mir schon immer gefallen, und wir glichen uns da auf mehreren Ebenen. Ich genoss diese tiefgründigen Gespräche, die uns immer näher zusammenbrachten. Doch das Whiskey Tasting stand auf dem Plan, und ich wusste, dass wir uns langsam auf den Weg machen mussten. Daher trank ich den letzten Schluck aus meinem Kakao, der mich mit seiner cremigen Süße umhüllte, während ich Adrian beobachtete, der nach der Rechnung fragte. Seine Stimme war warm und freundlich, und ich konnte nicht anders, als ihn anzuschmachten.
"Ich lade dich ein", sagte er mit einem Lächeln, das seine Augen zum Funkeln brachte.
"Na gut, aber nur, wenn ich dich dann irgendwann auf eine Pizza einladen darf", antwortete ich mit einem Grinsen
"Nur zu gerne", stimmte er dem Deal zu und zahlte für uns gemeinsam, ehe wir das Café verließen.
"Auch wenn es eine Ananas Pizza ist?", fragte er dann frech, während wir auf das Taxi warteten.
Ich zog meine Nase kraus und schaute ihn skeptisch an: "Ich werde nie verstehen, was Ananas auf einer Pizza zu suchen hat."
Er lachte herzlich auf, zuckte dann mit der Schulter, ehe er seine Hände in den Taschen seines Mantels vergrub.
"Ist ziemlich lecker", antwortete er dann.
"Na gut, auch wenn du eine Ananas Pizza bestellst." Ein Grinsen legte sich auf meine Lippen.
Ich machte mich gerade im Bad für den Whiskey-Abend fertig, als mein Handy auf einmal klingelte. Überrascht blickte ich auf den Bildschirm. Es war Helen. Mit einem schnellen Fingertipp nahm ich ab.
"Hey, Elly! Ich hoffe, ich störe nicht", kam ihre fröhliche Stimme, die sofort ein Lächeln auf mein Gesicht zauberte.
"Nein, überhaupt nicht! Ich mache mich gerade für den Abend fertig. Was gibt's?"
"Was es gibt? Na, das sollte ich dich wohl besser fragen? Wie geht es dir? Wie ist die Insel so? Wie ist es mit Adrian?", ertönte sie neugierig aus dem Hörer meines Telefons.
"Mit Adrian?", fragte ich verwirrt und runzelte die Stirn.
"Jaaa." Ich konnte ihr Grinsen durch den Hörer sehen.
"Wir verstehen uns gut, so wie immer", antwortete ich dann gedankenverloren. Zugegeben, noch besser als sonst, aber ich wollte Helen nicht direkt ein gefundenes Fressen vor die Füße werfen.
"Wie immer also, so so."
"Okay, sehr gut, wir verstehen uns sehr gut. Verdammt, Helen", fluchte ich leise.
"Ahh, jetzt kommen wir der Sache näher."
"Es ist so kompliziert. Ich weiß einfach nicht, was er fühlt", murmelte ich.
"Ich bin mir sicher, das geht ihm genauso mit dir. Aber vielleicht ist das ja eure Chance, herauszufinden, was ihr füreinander fühlt", antwortete sie dann mit warmer Stimme.
"Das ist alles so verwirrend hier. Mit Noah und Adrian und Amber", murmelte ich und setzte mich auf den Rand der Badewanne, während ich eine Strähne um meinen Finger wickelte.
"Aber du fühlst etwas für Adrian?", fragte Helen gerade heraus. Die Frage ließ mich stocken.
Ich öffnete meinen Mund, um zu antworten, doch die Worte blieben mir im Hals stecken. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich die Antwort auf diese Frage vielleicht schon lange kannte, mich aber nicht traute, sie auszusprechen.
"Ich...", begann ich, aber dann verstummte ich wieder. Ich dachte an die Momente, die Adrian und ich in letzter Zeit miteinander geteilt hatten – die tiefen Gespräche, die Blicke, die länger hielten, als nötig. Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich mir eingestand, dass es mehr zwischen uns gab als nur Freundschaft.
"Du musst es nicht gleich beantworten", sagte Helen sanft, als sie mein Zögern bemerkte. "Nimm dir Zeit, aber sei ehrlich zu dir selbst."
"Hmm", machte ich bloß. "Was gibt es in London?" Ich wollte das Thema ändern, mir fiel es immer noch schwer, offen über meine Gefühle zu sprechen.
Helen schien mein Bedürfnis nach einem Themenwechsel sofort zu verstehen. „Oh, du würdest es nicht glauben! Mein Chef hat wieder mal einen dieser Tage, an denen er denkt, er sei König der Welt. Er hat mir einfach mal wieder den ganzen Stapel Arbeit aufgedrückt, als wäre ich seine persönliche Sekretärin!"
Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. „Das klingt ja furchtbar. Hast du ihm wenigstens ordentlich die Meinung gegeigt?"
"Aber hallo!", sagte sie dann voller Selbstbewusstsein, was mich zum Grinsen brachte.
Es tat gut, ihre Stimme zu hören. Sie war so fröhlich und selbstbewusst, was ich immer an ihr bewunderte. Ihre positive Energie war ansteckend, und ich spürte, wie sie mir Mut machte, dass ich mir auch mehr zutrauen konnte. Helen hatte immer die Fähigkeit, selbst in den schwierigsten Situationen einen Lichtblick zu finden.
"Helen?"
"Hm?"
"Danke", flüsterte ich leise in den Hörer.
"Immer, Süße! Ich will einen detaillierten Bericht, wenn ihr wieder zurück seid", flötete sie fröhlich.
"Jaja. Bis Sonntag!", sagte ich mit einem Lachen.
"Bis Sonntag", verabschiedete sie sich. Ich legte das Handy auf das breite Waschbecken und setzte mein Makeup fort.
Ich hatte mich für ein elegantes, dunkelgrünes Satin-Kleid entschieden, das mir Helen ans Herz gelegt hatte. Zunächst hatte ich Bedenken, overdressed zu sein, aber ich war mir sicher, dass die anderen Gäste ebenfalls schick gekleidet sein würden. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel. Meine kastanienbraunen Haare fielen in sanften Wellen über meine Schultern, während ich die vorderen Strähnen mit einer hübschen Spange zurückgesteckt hatte. Das Kleid schmeichelte meinen leichten Kurven und setzte sie vorteilhaft in Szene. Insgesamt fühlte ich mich erstaunlich wohl und selbstbewusst, trotz der Tatsache, dass Helen mir dieses Kleid aufgeschwatzt hatte.
Sie hatte wirklich einen ausgezeichneten Geschmack, das musste ich zugeben. Ich ließ meine Fingerspitzen über den sanften Stoff gleiten und atmete tief ein, bevor ich das Bad verließ und ins Zimmer trat. Auch Adrian hatte sich schick gemacht. Mit dem Rücken zu mir stehend, trug er ein elegantes schwarzes Hemd, das seine Figur gut zur Geltung brachte.
Ein plötzlicher Anflug von Nervosität überkam mich, als ich ihn so sah. Es war erstaunlich, wie ein einfaches Hemd und seine aufrechte Haltung meine Gedanken in einen Sturm aus Unsicherheit und Aufregung verwandelten. Ich klopfte sanft an die Tür, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen.
"Hey, sieht gut aus!", rief ich ihm zu und versuchte, meine Stimme so locker wie möglich zu halten. Er drehte sich um, und sein Gesicht erhellte sich, als er mich sah.
"Danke! Du siehst auch umwerfend aus", erwiderte er mit einem charmanten Lächeln, das mir das Herz höher schlagen ließ. Ich spürte, wie sich ein leichtes Erröten über meine Wangen legte.
"Bist du bereit für das Whiskey-Tasting?", fragte er, während er seine Hände in die Hosentaschen steckte und mir einen aufmunternden Blick zuwarf.
Ich nickte, versuchte, meine aufgeregten Gedanken zu sortieren. "Ja, ich bin bereit. Lass uns gehen."
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