38

Ohne zu klopfen riss ich die Tür auf, hinter der Julien und Joon gerade an etwas arbeiteten. Beide sahen mich erschrocken an, Julien nahm seine Kopfhörer ab, und Joon tat es ihm gleich. Ihre verwirrten Blicke folgten mir, als ich die Schwelle betrat. 

„Ich muss mit dir reden. Sofort,“ sagte ich mit Nachdruck, meinen Blick fest auf Julien gerichtet. „Allein.“ 

Julien zögerte kurz, dann nickte er langsam. „Äh, klar.“ 

Er sah abwartend zu Joon, der sich langsam erhob und zwischen uns hin und her schaute, bevor er wortlos den Raum verließ. Ich stieß die Tür hinter ihm zu und wandte mich entschlossen wieder Julien zu, der nun lässig in seinem Bürostuhl zurückgelehnt saß. 

„Was gibt’s, dass du hier so reinplatzt?“ fragte er gelassen. 

„Steh auf,“ forderte ich, meine Stimme fest. Seine entspannte Art machte mich nur noch wütender. 

Julien erhob sich langsam, richtete sich auf und trat einen Schritt auf mich zu. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass das so forsch ablaufen wird,“ sagte er mit einem leichten Grinsen, während seine Hände spielerisch an seinem Gürtel herumfingerten. 

Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, was er meinte, und mein Gesicht lief heiß vor Empörung. „Was? Nein! Lass den Quatsch!“ fuhr ich ihn an. 

Er hob beschwichtigend die Hände und grinste weiter, nahm aber die Finger von seinem Gürtel. 

„Was fällt dir ein, einfach einen Charakter in mein Projekt aufzunehmen, ohne mit mir darüber zu sprechen?“ platzte es aus mir heraus. 

„Ich muss das mit dir besprechen?“ Julien zog eine Augenbraue hoch, seine Stimme klang amüsiert. 

„Ja! Du hast mir dieses Projekt gegeben, falls du das vergessen hast. Also muss ich über sowas informiert sein!“ 

„Es ist immer noch meine Marke, Mina,“ entgegnete er ruhig. „Und du hättest sowieso nein gesagt.“ 

„Natürlich hätte ich nein gesagt! Es fehlen jegliche Informationen über diesen Charakter. Und mit so etwas fangen wir wieder komplett bei null an!“ hielt ich aufgebracht dagegen. 

„Das meine ich nicht,“ sagte Julien, ein leises Lachen begleitete seine Worte. 

Ich sah ihn wütend an. „Du machst mich wahnsinnig! Was meinst du dann? Du sabotierst meine Arbeit und klärst mich nicht mal auf, wenn ich darum bitte! Stattdessen benimmst du dich wie ein selbstgefälliger Gockel und erzählst mir was von ‚Es ist meine Marke‘! Was kommt als Nächstes? ‚Aber Süße, ich zieh meine Hose runter, und du kannst meinen Schwanz lecken?‘“ 

Mein Blick funkelte, meine Stimme war vor Zorn erhitzt, als ich ihn ansah. Doch bevor ich noch einen weiteren Satz aussprechen konnte, machte Julien einen schnellen Schritt nach vorne, packte mich an den Schultern und drückte mich mit sanfter, aber bestimmter Kraft gegen die geschlossene Tür hinter mir. 

„Rede nicht so mit mir,“ sagte er mit tiefer Stimme, seine Augen fixierten meine. Sie waren so nah, dass ich die kleinen goldenen Sprenkel in ihnen erkennen konnte. Mein Atem stockte. 

„Ich habe Myna mit reingenommen, weil sie einer der neueren Charaktere ist, die das Marketing gebrauchen können,“ erklärte er ruhig, ohne den Blickkontakt zu brechen. „Außerdem habe ich, basierend auf deinem Stil, alles für den Charakter ausgearbeitet. Du musst dich um nichts kümmern.“ 

Mein Kopf war wie leergefegt, während er weitersprach. 

„Und das letzte Problem hast du mir gerade auch genommen,“ fügte er hinzu, ein leichtes Grinsen auf seinen Lippen. 

„W-was für ein Problem?“ stammelte ich, meine Gedanken wirr. 

Sein Blick wurde weicher, aber auch intensiver. „Dich zu überzeugen, Myna zu spielen.“ 

Seine Worte trafen mich wie ein Schlag, und ich starrte ihn ungläubig an. Mir fiel sprichwörtlich alles aus dem Gesicht. 

„Du… willst, dass ich sie spiele?“ brachte ich schließlich hervor, mein Herz hämmerte gegen meine Brust. 

„Ja,“ sagte er schlicht. „Du bist perfekt dafür, Mina.“ 

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Plötzlich war mein Zorn verschwunden, und an seiner Stelle war etwas anderes – etwas, das mich völlig aus der Fassung brachte. 

Seine Hände lagen noch immer fest auf meinen Schultern, seine Augen fixierten meine, und sein Grinsen war nicht zu übersehen.

„Das ist nicht dein Ernst,“ brachte ich schließlich hervor, während ich mich bemühte, mich aus seinem Griff zu lösen. Doch Julien ließ nicht locker.

„Warum nicht? Du hast doch alles, was es braucht: das Aussehen, das Talent und vor allem das Feuer,“ sagte er gelassen, als wäre das alles völlig logisch.

„Das ist nicht mein Job!“ protestierte ich.

„Hey, wenn du Angst hast, dann finden wir jemand anderen,“ sagte Julien mit einem frechen Grinsen. 

„Angst?“ fragte ich scharf, meine Stimme vor Empörung bebend. „Ich habe keine Angst, Julien!“ 

Er legte den Kopf leicht schief und musterte mich herausfordernd. „Nein?“ Seine Stimme war ruhig, beinahe provozierend. „Dann beweis es.“ 

Ich presste die Lippen zusammen, zu aufgebracht, um eine passende Antwort zu finden. „Nicht so!“ fuhr ich ihn an. 

„Genau so,“ entgegnete er und kam mir noch näher. Sein Grinsen war selbstsicher, als wüsste er genau, dass ich mich in diesem Moment in die Enge getrieben fühlte. 

Seine Nähe ließ meine Kehle trocken werden. Ich spürte seinen Atem, warm und dicht, als er sich zu mir vorbeugte. „Du wirst sexy aussehen,“ raunte er mit einer Tiefe in der Stimme, die meine Gedanken kurz ins Wanken brachte. 

Ich drehte meinen Kopf zur Seite, um zu verhindern, das er meinen Lippen zu nah kam – doch Julien verstand das als Einladung. Seine Lippen fanden den Weg zu meinem Hals, und bevor ich etwas sagen oder tun konnte, spürte ich, wie er die zarte Haut zwischen seine Zähne nahm. Ein scharfes Einatmen entfuhr mir, und meine Hände landeten auf seiner Brust, doch sie weigerten sich, ihn wegzudrücken. 

„Ju, nicht…“ flüsterte ich kraftlos. 

Er ignorierte meine Worte, seine Lippen wanderten langsam höher zu meinem Ohr. „Bitte, Mina,“ flüsterte er, seine Stimme eine Mischung aus sanfter Bitte und Entschlossenheit. Ein Schauer lief über meinen Rücken, als er weitersprach. „Wenn du das machst, schaufle ich mir auch das Wochenende frei. Ich komme mit nach Kitzbühel, damit deine Sofia Rezo wiedersehen kann.“ 

Ich biss die Zähne zusammen und versuchte, klar zu denken.
Meine Finger, die bis dahin auf seiner Brust geruht hatten, glitten hinunter zu seinem Bauch und blieben am Bund seiner Hose stehen. Julien hielt den Atem an, während ich einen Moment zögerte. Mein Kopf war nah an seinem, meine Lippen streiften beinahe sein Ohr, als ich flüsterte: „Das ist Erpressung.“ 
Dann endlich konnte ich meine Kraft sammeln und ihn von mir wegstoßen. 

Er machte einen Schritt zurück, lachte leise und betrachtete mich mit einem Blick, der sowohl amüsiert als auch zufrieden wirkte. „Ist das ein Ja?“ fragte er. 

Bevor ich reagieren konnte, griff er nach meiner Hand und zog mich unerwartet wieder an sich. Mein Körper prallte gegen seine Brust, und seine Hände legten sich fest an meinen Rücken, als wollte er mich nicht loslassen. 

„Ich will ab jetzt über solche Änderungen sofort informiert werden,“ sagte ich mit fester Stimme und hielt seinem Blick stand. 

„Natürlich, kleine Eisblume,“ antwortete er und schaffte es, die Worte gleichzeitig verspielt und ernst klingen zu lassen. 

Ehe ich mich versah, drückte er mir einen flüchtigen Kuss auf den Haaransatz, bevor er mich losließ. Ich stand für einen Moment wie angewurzelt da, die Hitze in meinem Gesicht verriet mehr, als ich preisgeben wollte. 

Julien zog sich zurück, als wäre nichts gewesen, doch das Lächeln auf seinen Lippen sprach Bände.

Ich starrte Julien an, noch immer spürte ich seinen Atem und den leichten Druck seiner Lippen auf meiner Haut. Mein Herz raste, und meine Gedanken überschlugen sich. Es war unmöglich, mit ihm auf einen klaren Nenner zu kommen. 

„Du bist unmöglich,“ fauchte ich schließlich und rückte ein paar Schritte von ihm weg, um wieder Luft zu bekommen – und Abstand. 

„Ich weiß,“ grinste er selbstzufrieden und lehnte sich gegen den Schreibtisch, die Arme lässig verschränkt. „Aber gib’s zu, ich bin auch ziemlich überzeugend.“ 

„Überzeugend? Eher manipulativ,“ schnaubte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das hier ist Arbeit, Julien. Nicht irgendein Spiel.“ 

„Wer sagt, dass es ein Spiel ist?“ Sein Blick wurde ernst, aber das Grinsen verschwand nicht ganz aus seinem Gesicht. 

„Dein ganzes Verhalten!“ Ich machte eine ausladende Geste. „Du übergehst mich, triffst Entscheidungen über meinen Kopf hinweg und meinst dann, du könntest alles mit deinem Charme glattbügeln. Aber das funktioniert bei mir nicht, Julien.“ 

„Nicht?“ Er hob eine Augenbraue und musterte mich herausfordernd. „Bist du dir da sicher?“ 

Ich öffnete den Mund, aber ich hatte keine Antwort. Natürlich funktionierte es bei mir – zumindest manchmal. Und das hasste ich mehr als alles andere. 

„Hör zu,“ fuhr er fort, bevor ich etwas sagen konnte. „Ich habe Myna mit ins Projekt genommen, weil ich weiß, dass du es besser machen kannst als jeder andere. Nicht nur die Designs. Du bringst Leben in alles, was du anfasst. Und genau das braucht sie.“ 

Seine Worte ließen mich für einen Moment innehalten. Er hatte mich nie zuvor so direkt gelobt, und obwohl ich ihm immer noch nicht ganz traute, spürte ich, dass er es ernst meinte. 

„Und das soll ich dir jetzt einfach so glauben?“ fragte ich skeptisch. 

„Du kannst es ausprobieren,“ schlug er vor. „Wir machen ein Shooting mit dir. Wenn es nichts wird, lassen wir es sein. Aber ich wette, du wirst alle umhauen. Dafür würde ich sogar selber die Kamera in die Hand nehmen“ 

Ich zögerte. Es war, als hätte er alle meine Schwächen analysiert und genau den richtigen Knopf gefunden. „Und was ist mit Kitzbühel?“ fragte ich schließlich, um das Thema zu wechseln. 

„Ich bin dabei, wie gesagt“ sagte er prompt und grinste. „Sofia wird begeistert sein, Rezo sich freuen und wir zwei finden auch noch was positives für uns bei der Sache“ 

„Das hat sie sich ja auch redlich verdient, wenn sie das Ganze eingefädelt hat,“ murmelte ich und verdrehte die Augen. 

Julien lachte leise. „Du bist echt unberechenbar, Mina.“ 

„Und du bist nervtötend.“ 

„Perfekte Kombi.“ Er zwinkerte mir zu, und ich schüttelte den Kopf. 

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