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Pov Mina
Der Abend verlief ohne weitere Vorkommnisse. Sofia blieb bei ihrer Idee, uns alle für ein Wochenende nach Kitzbühel einzuladen, und Rezo schien der einzige zu sein, der die Idee wirklich toll fand. Julien argumentierte mehrfach, dass er wegen der Arbeit keine Zeit hätte, woraufhin Rezo ihn jedes Mal belustigt daran erinnerte, dass ein freies Wochenende ihn nicht ruinieren würde.
Ich hielt mich aus der Diskussion heraus und beobachtete das Ganze nur. Ehrlich gesagt hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch keine feste Meinung zu Sofias Vorschlag. Einerseits war ich ewig nicht mehr in Kitzbühel gewesen und die Vorstellung eines entspannten Wochenendes in den Bergen klang verlockend. Andererseits war da Julien. Die letzten Tage hatten deutlich gemacht, dass ich mich in seiner Nähe zunehmend unwohl fühlte – nicht, weil er unangenehm war, sondern weil er mich durcheinanderbrachte. Und genau das machte mir Angst.
Am nächsten Morgen half ich Dan bei seiner Arbeit. Es war eine Weile her, seit ich das letzte Mal an einem Projekt mit ihm gearbeitet hatte, und ich merkte schnell, dass ich ein bisschen eingerostet war. Gestern hatte ich ihm nur über die Schulter geschaut, um ihm heute richtig helfen zu können. Doch Colorgrading entpuppte sich als überraschend anstrengend.
„Hier, probier das mal,“ sagte Dan und schob mir seine Maus rüber.
Ich setzte mich an seinen Platz und versuchte, die Szene so zu bearbeiten, dass sie den Look hatte, den er sich vorstellte. Nach ein paar Minuten lehnte ich mich zurück und seufzte.
„Warum ist das so schwer? Das sieht immer noch nicht so aus wie deins.“
Dan lachte und nahm die Maus zurück. „Das ist Übungssache. Außerdem arbeite ich seit Jahren an meinem Stil. Mach dir keinen Kopf, Mina. Du hast ein gutes Auge – der Rest kommt mit der Zeit.“
Ich nickte und beobachtete, wie er weiterarbeitete. Es war beruhigend, Dan zuzusehen, wie er die Farben der Szene zum Leben erweckte.
„Übrigens,“ sagte er beiläufig, während er an den Reglern herumspielte. „Ich hab gehört, du warst gestern Abend auf einer Party mit Ju und Rezo. Wie kommts das du plötzlich mit den Stars abhängst?“
Ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. „Das hatte nichts bedeuten. Die brauchten eine Begleitung.“
Dan grinste und sah kurz zu mir rüber. „Also nichts Ernstes?“
„Was meinst du?“ fragte ich und tat so, als hätte ich keine Ahnung, worauf er hinauswollte.
„Na, mit Ju. Ihr wart ziemlich nah auf diesen Bildern, die Sofia heute Morgen in ihrer Story gepostet hat.“
„Was?“ rief ich aus und schnappte mir mein Handy. Tatsächlich hatte Sofia ein paar Bilder in ihrer Story hochgeladen. Auf einem davon standen Julien und ich nebeneinander – näher, als ich es in Erinnerung hatte. Ich schloss die Story schnell und starrte auf den Bildschirm meines Handys.
„Es ist nur ein Bild,“ sagte Dan und lachte. „Entspann dich. Aber ich sag dir eins: Der Typ hat definitiv Interesse.“
Ich schüttelte den Kopf und legte mein Handy beiseite. „Das bildest du dir ein.“
Dan hob eine Augenbraue. „Wenn du meinst.“
Dennoch schrieb ich Sofia, schließlich hatte Rezo doch gesagt, sie soll nichts posten.
Ich versuchte, mich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren, doch Dans Worte hallten in meinem Kopf nach.
Irgendwann schrieb Sofia mir endlich zurück:
„Keine Panik, Rezo hat mir geschrieben, dass es okay für ihn ist. Er hat wohl seine Meinung geändert.“
Ich runzelte die Stirn und tippte eine schnelle Antwort:
„Ihr schreibt also miteinander?"
Ich legte mein Handy beiseite und wandte mich wieder dem Bildschirm zu. Es war beruhigend, in Dans Atelier zu arbeiten – der Geruch von Farbe, das sanfte Summen der Computer, und die routinierte Arbeitsweise hatten etwas Beruhigendes. Trotzdem konnte ich mich nicht richtig konzentrieren, denn Sofias Nachricht ließ mich nicht los. Warum schrieben Rezo und Sofia miteinander?
Kurz darauf rief Thomas von unten nach mir. Ich speicherte meine Arbeit, schob meinen Stuhl zurück und lief die Treppen hinunter. Thomas stand mitten im Raum, ein iPad in der Hand und ein triumphierendes Lächeln auf den Lippen.
„Wir haben die ersten Bilder von den fertigen Teilen für das Knox-Cosplay. Außerdem ist die Perücke für Myna fertig,“ erklärte er stolz und reichte mir das Tablet.
„Myna?“ fragte ich verwundert und runzelte die Stirn. Ich hatte diesen Charakter bewusst nicht in die Konzeptplanung aufgenommen, weil sie auf der offiziellen Webseite im Lookbook nicht aufgeführt war. Es gab einfach zu wenige Informationen über sie, um etwas Konkretes zu gestalten.
Dennoch nahm ich das iPad und betrachtete die Bilder. Die Roboterteile für Knox sahen fantastisch aus – das Metall wirkte täuschend echt, und die kleinen, eingebauten LEDs würden im fertigen Cosplay sicher beeindruckend aussehen.
Dann scrollte ich weiter zur Perücke für Myna. Knallrot, leuchtend und kunstvoll mit schwarzen Schmetterlingen verziert. Sie sah atemberaubend aus, das musste ich zugeben.
„Wer hat Myna in Auftrag gegeben?“ fragte ich und sah Thomas fragend an.
Er zuckte nur die Schultern. „Keine Ahnung, ich dachte du wärst es gewesen. Ich hab nur die Skizzen weitergeleitet, weil plötzlich danach gefragt wurde.“
„Dann muss ja jemand aus dem Team mit denen Kontakt aufgenommen haben“ sagte ich skeptisch. Mein Blick wanderte erneut zu den Bildern auf dem iPad. Es sah großartig aus, aber es war nicht meine Handschrift. Irgendetwas daran fühlte sich merkwürdig an.
„Ich dachte, du wüsstest Bescheid,“ sagte Thomas, als er meinen nachdenklichen Ausdruck bemerkte.
„Nein, wusste ich nicht,“ murmelte ich und gab ihm das iPad zurück.
Thomas winkte ab. „Na ja, die Arbeit ist top geworden. Wenn du willst, kann ich dir mehr Infos besorgen.“
„Ja, mach das bitte,“ antwortete ich, während mein Kopf zu rattern begann. Wer würde Myna ohne mein Wissen in Auftrag geben? Doch eigentlich gab es nur genau eine Person, die so in meine Arbeit sich einmischen würde, obwohl er gesagt hatte es sei alles meine Verantwortung.
"Wo ist Julien?" fragte ich an Thomas gerichtet.
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