11

Als ich die Haustür aufschloss, hörte ich bereits das vertraute Intro einer Netflix-Serie aus dem Wohnzimmer. Lana lag auf der Couch, eingekuschelt in eine Decke, die Fernbedienung halbherzig in der Hand. Ohne ein Wort stellte ich mich direkt vor den Bildschirm und hielt den Autoschlüssel hoch. 

„Bereit für eine Spritztour?“ fragte ich grinsend. 

Lana sprang auf, als hätte sie gerade im Lotto gewonnen, und riss mir fast den Schlüssel aus der Hand. „Ich werd verrückt, du hast ein Auto?“ 

„Julien hat es mir gegeben, damit ich nicht ständig gefahren werden muss,“ erklärte ich. 

„Das ist so verrückt! Und er wollte echt nichts dafür haben?“ Lana zog sich hektisch die Schuhe an, ihre Augen funkelten vor Aufregung. 

„Nein, nichts,“ antwortete ich kopfschüttelnd, während wir gemeinsam die Treppen hinunterrannten. 

Auf dem Parkplatz blieb Lana stehen, als wir vor dem roten Mini standen. „Das Teil ist ja der Wahnsinn!“ Sie lief einmal um das Auto herum, strich mit den Fingern über die Motorhaube und sah mich dann begeistert an. 

„Steig ein!“ rief ich, und ohne eine Sekunde zu zögern, sprang sie auf den Beifahrersitz. 

Ich setzte mich ans Steuer, ließ den Motor an und fuhr los. Die Stadt glitzerte in der Dunkelheit, die Straßen waren angenehm leer. Lana kramte sofort nach ihrem Handy und verband es mit dem Autoradio. 

„Shake It Off“ von Taylor Swift ertönte aus den Lautsprechern, und bevor ich mich versah, sangen wir beide lautstark mit. Lana zog ihr Handy heraus, filmte uns und schwenkte die Kamera abwechselnd zwischen mir, ihr und dem schicken Innenraum des Minis hin und her. 

„Hot girls in a red car!“ rief sie lachend, während sie den Clip direkt bei Instagram hochlud. 

„Lana, bitte nicht! Julien sieht das vielleicht!“ stöhnte ich, doch sie winkte nur ab. 

„Und? Soll er doch sehen, wie viel Spaß du mit dem Ding hast! Außerdem, du siehst super aus!“ Sie ließ ihr Handy sinken und sah mich an. „Ganz ehrlich, Mina. Der Typ muss ja irgendwas an dir finden. Wer gibt sonst einfach so ein Auto her?“ 

Ich lachte trocken und konzentrierte mich wieder auf die Straße. „Oder er wollte mich einfach loswerden.“ 

Lana schüttelte entschieden den Kopf. „Das glaubst du doch selbst nicht. Der hat auf jeden Fall Interesse an dir!“ 

„Hör auf, sowas zu sagen,“ murmelte ich, während ich versuchte, das Kribbeln in meinem Bauch zu ignorieren. 

„Na gut,“ sagte sie schließlich mit einem Zwinkern, lehnte sich zurück und ließ den Fahrtwind durch ihr Haar wehen. „Aber wenn er dir einen Sportwagen schenkt, will ich ihn auch mal fahren.“ 

Ich rollte mit den Augen und trat lachend aufs Gaspedal.

Lana verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich grinsend gegen das Auto, während ich den Schlüssel abgezogen und den Wagen abgeschlossen hatte. „Aber mal ehrlich, Mina. Es fällt wirklich auf, dass du deine Haare offen trägst. Also? Gefällt dir Julien? Oder ist es jemand anderes aus dem Team?“ 

Ich drehte mich zu ihr um und starrte sie an, unsicher, wie ich darauf antworten sollte. „Das ist völliger Quatsch,“ murmelte ich schließlich, konnte aber nicht verhindern, dass ich rot wurde. 

„Jaja,“ lachte sie, „Klar. Und warum stöhnst du dann, dass er dir das Haarband aus den Haaren gezogen hat?“ 

Ich seufzte und ließ den Kopf hängen. „Weil es schon wieder passiert ist! Er hat es mir heute einfach abgezogen, so als ob das völlig normal wäre! Und dann ...“ Ich machte eine Pause, atmete tief ein und sah sie hilfesuchend an. „... stand er auch noch oberkörperfrei vor mir.“ 

Lanas Augen weiteten sich, und sie klatschte begeistert in die Hände. „Und Wie sah er aus?“ 

„Keine Ahnung!“ rief ich verzweifelt. „Ich hab schnell woanders hingesehen. Aber, Lana, ich weiß gar nicht, wie ich ihm morgen unter die Augen treten soll!“ 

Ich erzählte ihr von dem restlichen Tag, dem merkwürdigen Gespräch mit Julien und vor allem, wie er mir diese Sache mit dem Auto verkauft hatte. Als ich schließlich auch noch von meinem unüberlegten Kommentar erzählte, verschluckte sich Lana vor Lachen. 

„Du hast echt gesagt, dass er einfach nett fragen kann, wenn er will, dass du ihm einen runterholst?“ prustete sie und hielt sich vor Lachen den Bauch. 

„Ja, und jetzt fühl ich mich, als hätte ich mich komplett blamiert,“ jammerte ich. 

Lana wischte sich die Tränen aus den Augen und grinste. „Blamiert? Das war doch die einzig richtige Antwort, Mina! Ehrlich, das war mutig, schlagfertig, und ich wette mit dir: Hundertprozentig will er was von dir. Dieses Praktikum wird locker noch richtig heiß.“ 

„Lana!“ rief ich empört „Das ist ein Praktikum. Keine Ahnung, was das heute war, aber es bedeutet absolut gar nichts.“ 

„Ach, Mina,“ seufzte sie gespielt mitleidig, während sie mich um das Auto herum verfolgte. „Ganz ehrlich, wann durfte die kleine Maus da unten mal wieder frische Luft schnappen?“ Sie deutete frech zwischen meine Beine und grinste breit. 

„Du bist unmöglich!“ Ich lachte trotz allem und schubste sie sanft zur Seite. 

„Ich sag’s dir nur ungern, aber du steckst so tief im Studium, dass du das alles wahrscheinlich selbst nicht merkst. Vielleicht tut dir ein bisschen Spannung im Praktikum ja mal ganz gut. Vor allem bevor du da unten noch aus trocknest“ 

„Halt die Klappe, Lana,“ antwortete ich lachend, zog sie mit mir Richtung Eingangstür und versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, dass ihr Kommentar ein bisschen in mir nachhallte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top