- 40. KAPITEL -
"Chester ist da", schreit mir Milou ins Ohr: "Wir kommen gleich bei dir vorbei!" Ich brauche einen Moment, um zu realisieren, dass es jetzt wirklich soweit ist. Steif setze ich mich auf die Bettkante, das Handy immer noch in der Hand, und kann es nicht fassen. Ich kleiner Pessimist hatte bis gerade nicht geglaubt, dass Chester es bis zu uns schaffen würde und nun ist er da. Ehe mein altbekanntes Gedankenkarusell einsetzt schüttele ich meinen Kopf und gehe nach unten.
Mom steht in der Küche, ihre Hände in dem Schaumwasser vor ihr versunken. Kurzerhand schnappe ich mir ein Geschirrtuch und geselle mich zu ihr. "Chester ist da. Sie wollen gleich alle vorbeikommen", meine ich trocken als ich den sauberen Topf entgegen nehme. Erschrocken lässt sie die Tasse, die sie eben noch in der Hand gehalten hatte, in das Becken fallen. "Und das sagst du mir jetzt? Komm, wir müssen ein bisschen aufräumen und ich gehe schnell zum Bäcker. Wir müssen unseren Gästen doch was anbieten!" Schneller als ich gucken kann verschwindet sie im Schlafzimmer, um nur wenige Momente später mit neuem Outfit herauszukommen. Schnell wischt sie über die Oberflächen der Tische und schüttelt die Kissen des Sofas auf. "Mom! Es kommen nur meine Freunde. Die sind das Chaos hier gewohnt. Außerdem haben wir noch Kekse im Schrank, die wir anbieten können." Ein wenig amüsiert mich ihr Verhalten schon. Nur weil Chester heute kommt müssen wir nicht das ganze Haus umräumen. Lächelnd drehe ich mich wieder zu dem Abwaschbecken, um das letzte dreckige Geschirr zu säubern. Gerade als ich die letzte Tasse auf das Abtropfgitter stelle klingelt es an der Tür.
Wie im Gänsemarsch spazieren sie alle vier direkt zum Sofa. Verhalten setze ich mich ebenfalls auf die Couch und mustere unauffällig Chester. Unter einem Feuercharakter hatte ich mir immer eine schmächtige Person vorgestellt. Chesters schmaler Körper ist das ganze Gegenteil meiner Vorstellung. Seine dunklen Haare stehen wirr von seinem Kopf ab und eine kleine, aber gut sichtbare Narbe ziert seine linke Augenbraue. Seine vollkommen schwarzen Klamotten wirken in dem Haus voller warmen Farben fehl am Platz. Lässig sitzt er auf dem Sessel und würdigt uns keines Blickes . Seine Augen hängen starr an seinen Handy, von dem er seitdem er hier hereinspaziert ist nicht aufgeschaut hat. Mit jeder Minute, die verstreicht, erscheint er mir immer unsympathischer und irgendwie bereue ich es ein wenig ihn hierher geholt zu haben. "Chester, auf dein Handy kannst du noch den ganzen Tag schauen. Wir sind hier, um dich in alles einzuweihen", meint Milou, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Murrend steckt Chester endlich sein Telefon in die Tasche seiner schwarzen Jeans. "Ihr habt mir doch schon alles erzählt. Elva wurde gefunden, doch jetzt ist sie in seinen Träumen gefangen", nickend schaut er zu mir. "Ich heiße Per", erwidere ich gehässig, doch das scheint Chester gar nicht zu stören. Arrgh. "Auf jeden Fall braucht ihr ein Vertreter eines jeden Sektors, um Elva zurück zu holen. Das hattest du mir schon alles am Telefon gesagt, Süße." Sofort verdunkelt sich Kodas Miene: "Milou ist nicht deine Süße!" Doch Chester lacht nur: "Sorry Bro, aber was willst du dagegen sagen?" Am liebsten würde ich aufstehen und ihn schlagen. Wer denkt er zu sein? Hier hinein zuspazieren und jeden, der was sagt, zunichte zu machen. Am liebsten würde ich ihn aus dem Haus werfen. Aber das kann ich nicht- er ist ein Teil unseres Team. Ohne ihn wird die ganze Rettung nicht funktionieren. Seufzend lehne ich mich zurück und hoffe, dass wir bald hier fertig sind. "Und da du meintest, dass euch noch ein Keahi, ein Kano und ein Kamana fehlt, dachte ich, dass ich gleich ein Kano mitbringe", lässig lässt sich auch Chester zurückfallen und schaut amüsiert in unsere vor Überraschung großen Augen. "Wo ist er jetzt? Warum hast du nichts gesagt?", sprudelt es aus Milou heraus, während Kenai, Koda und ich still die Geschehnisse beobachten. Es scheint so, als würden meine beiden Freunde ebenfalls skeptisch gegenüber Chester sein. "Ich wollte in eure Gesichter schauen, wenn ich es verkünde und ich muss sagen - es hat sich gelohnt. Toni hat sich in einem Hotel einquartiert, weil sie keinem zur Last fallen will. Außerdem war sie so kaputt von der Reise, dass sie erstmal schlafen wollte." Die Arme. Sie musste die ganze Zeit mit Chester verbringen, da bräuchte ich auch erstmal Ruhe. "Also treffen wir uns morgen nach der Schule nochmal?", frage ich in die Runde, nur um einfach irgendwas zu sagen. "Klar."
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