- 39. KAPITEL -

Ich habe das Gefühl, dass mein Kopf nur noch einem Chaos gleicht. Kein Gedanke ist so ganz klar und das bereitet mir tierische Kopfschmerzen. Murrend drehe ich mich von einer Seite auf die Andere. Obwohl ich weiß, dass es Zeit wäre aufzustehen ziehe ich die Decke über den Kopf und will einfach nur vergessen. Vergessen, dass das Mädchen, das ich liebe, nur wegen mir im Koma liegt; dass nur ich derjenige bin, der sie retten kann und dass ein ganzes Volk von mir abhängt. Das ist mir einfach zu viel. Ich bin nicht so stark, wie alle denken. Und erst recht nicht habe ich den Glauben, dass wir das alles schaffen werden. Ich will einfach nur im Bett liegen bleiben und erst aufstehen, wenn die Welt gerettet ist.

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"Willst du nicht langsam aufstehen?", ertönt Moms Stimme neben mir, doch ich murre nur. Grinsend schlägt sie die Decke zurück und gibt mir ein Kuss auf meine zerknauschte Wange: "Ich hab dir Kaffee mitgebracht." Zähneknirschend setze ich mich auf, doch bringe ein Lächeln zustande als ich die dampfende Tasse entgegennehme. "Danke", flüstere ich und nippe am Kaffee. "Wie hast du geschlafen?", fragt Mom während sie sich ihre Tasse von Tablett angelt und sie sich zum Mund führt. Laut seufzend lasse ich mich an die Wand zurückfallen. "Die Nacht war nicht wirklich erholsam. Elva hat mir von einem Ayden erzählt." Das Brummen meines Kopfes wird stärker, sodass ich mir an den Kopf greife in der Hoffnung, dadurch könnte ich die Schmerzen lindern. "Ayden! Warum ist er mir nicht eher eingefallen!" "Du kennst ihn?", überrascht lasse ich die Kaffeetasse wieder sinken, aus der ich gerade trinken wollte. "Ja, er hatte früher Schutz vor seinem eigenen Volk im Schloss gefunden. Liva und Arian hatten ihn aufgenommen und versteckt gehalten. Doch eines Tages hat sich herumgesprochen, dass die Kamanas ihn gefunden und mitgenommen hatten." Melancholisch starrt sie an die Wand hinter mir, sodass ich mich erst räuspern muss, um sie zurück in die Realität zu holen. "Und weißt du, wo er jetzt ist?", frage ich hoffnungsvoll, doch an ihren Gesichtsausdruck erkenne ich sofort, dass sie keine Ahnung hat. "Nein leider nicht. Tut mir leid." Mit diesen Worten steht sie auf und verlässt traurig den Raum. Ich frage mich, warum ihre Stimmung so plötzlich umgeschwungen ist, schiebe die Grübelei jedoch schnell beiseite. Noch mehr Kopfzerbrechen brauche ich heute wirklich nicht!

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"Wir holen dich in 15 Minuten ab! Wir fahren zum See!", brüllt Koda ins Telefon. Der Fahrtwind hinterlässt ein nervtötendes Knistern in der Leitung. "Ich beeile mich", schreie ich zurück, lege schnell auf und schmeiße das Handy auf das Bett. Schnell schlüpfe ich aus meinem Pyjama während ich zum Bad hüpfe. Fast knalle ich mit dem Kinn auf das Waschbecken, da ich beim Versuch meine Badehose in Rekordzeit anzuziehen das Gleichgewicht verliere. Super, jetzt hämmert nicht nur mein Kopf, sondern auch noch mein Herz wie wild und meine Hände zittern im Takt zu ihnen. Doch ich lasse mich nicht davon abbringen, sondern schmeiße die Sonnencreme in meinen Rucksack und kämme mir schnell die Haare. Dann ziehe ich mir noch schnell ein Tanktop über und erreiche die Haustür gerade als ein Auto vor der Tür hupt. "Du siehst aber abgehetzt aus", werde ich von den lachenden Jungs begrüßt. Milou rutscht auf der Rückbank ein Stück zur Seite und klopft auf den Platz neben sich. Ich lasse mich neben ihr in den Sitz fallen, woraufhin Kenai lachend auf das Gas tritt. Ich falle nach vorn, kann mich aber gerade noch so an Kodas Kopfstütze festhalten. Mein Kopf! "Sei nicht so kindisch und fahr ordentlich", maule ich ihn an. Kenai grinst nur vor sich, verringert jedoch die Geschwindigkeit, sodass die Fahrt zum See ruhig verläuft.

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"Wer zuerst im Wasser ist!", ruft Koda, als er die Autotür hinter sich geschlossen hat und rennt los. Trotz hämmernden Kopf renne ich los, während ich versuche mein Top über meinen Kopf zu ziehen. Milou motzt nur hinter mir. Sie hat keine Lust auf diese kindischen Wettrennen, die uns Jungs eben mal Spaß machen. Nichtsdestotrotz schafft sie es nach wenigen Metern mich zu überholen, sodass ich als Letzter im Wasser ankomme. Als Strafe dafür erhalte ich eine Ladung Wasser ins Gesicht. Das lasse ich nicht auf mir sitzen und spritze zurück. Plötzlich springt Koda auf meinen Rücken und bringt mich zu Fall. Doch gleich hat er nichts mehr zu lachen, denn ich ziehe ihm seine Beine weg, sodass er ebenfalls ins Wasser eintaucht. "Du hast gewonnen", prustet er los und lässt von mir ab. "Danke für den Ruhm", meine ich lächelnd und lasse mich auf den Rücken zurückfallen. Ich liebe das Gefühl von Freiheit, wenn ich mich auf der Wasseroberfläche treiben lasse. Ich höre dem Wasser zu und frage mich unwillkürlich, wie es wohl sein würde unter Wasser zu leben. Würde einen nur Stille umgeben oder würde man mit der Zeit die Laute der Unterwasser lebenden Wesen wahrnehmen können? Ich schließe meine Augen und versuche mich mit dem Wasser zu verbinden. Mein gesamter Körper vibriert zum Takt des Wassers als leichte Wellen aufkommen und mich immer weiter treiben. Plötzlich spüre ich etwas an meinem Bein, was mich aufschrecken lässt. Als ich die Augen öffne taucht neben mir Milou auf: "Du bist schon ziemlich weit draußen. Komm, wir schwimmen wieder zurück." Als ich zum Ufer schaue bemerke ich erst, wie weit ich mich wirklich entfernt hatte. Kenai und Koda erkenne ich nur noch, wenn ich die Augen ein wenig zusammenkneife. "Du hattest die Energie wirklich gut im Griff. Glückwunsch." Ich kann nicht anders als grinsen: "Danke."

Abgekämpft schleppe ich mich zu meinem Handtuch und lasse mich fallen. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie weit ich vorhin getrieben war. Rückzu war zum Glück Milou an meiner seite, die mich von der langen Strecke ein wenig abgelenkt hatte. Aber trotzdem bin ich stolz, dass ich die Energie des Wassers mit einer Leichtigkeit lenken konnte. Durch das Wasser sind außerdem meine Kopfschmerzen abgeebbt, sodass ich nun den restlichen Tag in Ruhe genießen kann. "Gibt es eigentlich irgendwas Neues", fragt Milou, als sie sich ebenfalls auf ihr Handtuch setzt. Ich überlege kurz, ob ich ihr von Ayden erzählen soll. Vielleicht hat sie eine Ahnung, wo er sein könnte oder wie wir ihn finden könnten. "Elva hat mir von einem Kamana namens Ayden erzählt. Er hat sich vor Jahren gegen seinen Sektor gestellt und hatte Unterschlupf im Schloss gefunden. Jetzt wurde er jedoch wieder von den Kamanas geschnappt. Kennst du ihn?" Irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl bei Ayden. Ich kann einfach nicht glauben, dass wir ihn je finden werden und dass er uns dann auch noch helfen würde. Wahrscheinlich denke ich aber schon wieder zu negativ. Aber wie erwartet schüttelt Milou den Kopf: "Nein, tut mir leid." Das habe ich heute schon zum zweiten Mal gehört. "Aber vielleicht weiß Chester was. Er wird morgen ankommen - denke ich zumindestens." Wenigstens ein Lichtblick.

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