- 35. KAPITEL -

Der Sand unter meinen Füßen ist heute extrem heiß. Halb tanzend renne ich auf das Gras zu, auf dem ich mich wenig später niederlasse. Diese Ruhe, die mich im Moment umgibt, ist kein Vergleich zu dem Gekicher und Geschreie von heute Nachmittag. In Gedanken lasse ich den vergangenen Tag Revue passieren, während ich auf das Lichtspiel auf dem Wasser beobachte. Dieser Tag hatte so viele positive Ereignisse mit sich gebracht, dass ich nun ein ganzes Stück wissender bin. Irgendwie habe ich das Gefühl, als würde ich kurz vor der Befreiung Elvas stehen. Aber ich kann mir vorstellen, dass die Befreiung erst der Anfang von etwas Größerem sein wird. Elva wird bestimmt ihren Rang in Kulana wieder erobern wollen. Und wenn sie erst wieder auf dem Thron sitzt und die Kamanas zurechtgewiesen hat, wird hoffentlich wieder Frieden unter den Oihanas herrschen. Doch wie es dann mit mir weitergehen wird steht noch in den Sternen. Ich kann mir nicht vorstellen für immer in Kulana zu leben, doch die Stadt ist meine Heimat und gehört zu mir. Genauso wie meine Freunde, die ihr normales Leben weiterführen. Unwillkürlich schüttele ich den Kopf. Darüber will und muss ich mir jetzt noch keine Gedanken machen. Viel wichtiger ist jetzt Zeit mit Elva zu verbringen und sie zu fragen, ob sie etwas mit Milous Vermutung anfangen kann. Aber dazu muss sie erstmal hier auftauchen. Wo sie wohl die ganze Zeit über lebt, wenn ich nicht bei ihr bin? Wenn man vom Teufel, nein- vom Engel, spricht. Als hätten wir uns eine Ewigkeit nicht gesehen fällt sie mir um den Hals, sodass ich mein Gleichgewicht verliere und mit ihr zu Boden gehe. Natürlich landet sie auf mir, so wie in jedem Hollywood-Schnulzen-Film. Ich kann nicht anders, als in Elvas wunderschönes Lachen einzustimmen. Mein Bauch fängt nach kurzer Zeit zu schmerzen, aber ich schaffe es einfach nicht mich zu beruhigen. Salzige Tränen laufen mir über die Wangen und  tropfen auf das trockenen Gras, auf dem wir liegen. Als wir uns dann doch langsam beruhigen rollt sie sich von mir runter und landet in meinem Arm. Im Minutentakt fängt beginnt sie zu lachen, hört aber wenige Sekunden später wieder auf. Ihre getrockneten Tränen hinterlassen rote Flecken auf ihrer Haut, doch das scheint sie überhaupt nicht zu interessieren. Stumm liegen wir Arm in Arm da und starren in den Himmel. Die Wolken scheinen unsere Gedanken davon zu tragen. "Wie schön wäre es, wenn du immer bei mir sein würdest", flüstert Elva plötzlich in den Wind. Die Worte hinterlassen ein Lächeln auf meinen Lippen, da ich immer noch nicht glauben kann, dass ein Mensch solche Gefühle für jemanden entwickeln kann. "Bald wird es soweit sein", hauche ich ihr ins Ohr, woraufhin sie melancholisch seufzt: "Hoffentlich." Ich könnte stundenlang hier liegen -  mit meinem Mädchen im Arm und einfach nur Sein. "Gibt es eigentlich was Neues? Wie geht es euch in eurer Welt?", fragt Elva, kann ihren Blick jedoch nicht von den Wolken lösen. "Milou, Kodas Freundin, ist eine Kawai", meine ich, worauf ich Elvas Blick auf mich ziehe: "Sie ist was? Wie kann das sein, dass sie nicht in Kulana lebt?" Ich zucke mit den Schultern: "Keine Ahnung. Ich hab sie nicht gefragt, aber wir haben uns über dich und die Befreiung unterhalten." Ich sehe, wie ihr Blick sich bei meinen Worten aufhellt bis sie sich vor Aufregung aufsetzt: "Und, konnte sie Informationen liefern?" Ich setze mich ebenfalls auf und fahre mir durch die Haare, um den Dreck loszuwerden, der sich an meiner Kopfhaut festgesetzt hat. "Nicht wirklich. Sie meinte, dass vielleicht ein Lied oder so ähnliches aus deiner Kindheit weiterhelfen kann. Wurden dir denn Kinderlieder vorgesungen?" Einen Moment lang überlegt sie, schüttelt dann aber ihren Kopf: "Nicht wirklich. Und wenn ein paar Lieder gesungen wurden, dann Bekannte. Da kann keine Botschaft dahinter stecken." Na toll. Meine Hoffnung schwindet so schnell, wie sie heute Nachmittag gekommen war. "Aber, ich erinnere mich dunkel an eine Geschichte, die uns Beiden erzählt wurde. Aber um was es da genau ging, weiß ich nicht mehr. Vielleicht weiß deine Mom mehr darüber", überlegt sie weiter, während ich sie dabei beobachte, wie sie ihre Stirn kräuselnd auf den Boden starrt, während ihr einige Haarsträhnen ins Gesicht rutschen. "Ich werde sie morgen fragen", sage ich und streiche ihr Haare zurück hinter ihr Ohr. Jetzt lächelt sie mich wieder an, was mal wieder die tausenden Schmetterlinge in meinem Bauch erwachen lässt. Das Knistern bei unserer Berührung ist mir schon vertraut, dass ich es jedes Mal genieße. Ein Ziehen in meiner Magengrube lässt mich wissen, dass es bald an der Zeit ist zu gehen. "Ich will nicht gehen", murmele ich. "Wir sehen uns doch bald wieder", flüstert sie und gibt mir ein Kuss auf die Wange. "Hoffentlich."

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