- 34. KAPITEL -
Verdammt - so war das nicht geplant. Warum hab ich mich nur dazu hinreißen lassen meine Fähigkeiten in der Öffentlichkeit vorzuführen. Voller Panik lasse ich den Wasserwall abebben, während ich weiterhin die erstarrte Milou anschaue. Mein Gehirn sucht nach möglichen Erklärungen, die ich ihr gleich auftischen könnte. Doch keine scheint sicher genug zu sein, dass sie es glauben könnte. Keiner von uns traut sich ein Wort zu sagen, sogar Koda, der sonst nie still sein kann, ist zur Salzsäule erstarrt. Verunsichert beobachte ich Milou, wie sie langsam, Schritt für Schritt, zum Ufer schreitet bis das Wasser ihre Füße umspült. Eine Sekunde später ist sie verschwunden,um nur einen Augenschlag später neben mir im Wasser aufzutauchen. Nach einer logischen Erklärung suchend, schaue ich zu Koda hinüber, aus dessen Gesicht alle Farben gewichen sind. Das Grau seiner Aura zeigt mir, dass er selbst nicht weiß, was er denken soll geschweige denn weiß, wie er sich verhalten soll. Anscheinend schaue ich genauso überrascht aus, wie ich mich fühle, denn Milou streicht lachend ihre nassen Haare nach hinten. "Damit habt ihr jetzt nicht gerechnet, was?" Stumm schüttele ich meinen Kopf, denn ich habe immer noch nicht meine Worte wiedergefunden. Ich kann es einfach nicht fassen, dass sie auch ein Oihana ist. "Du bist...", stottert Koda vor sich hin, kann aber kein klaren Gedanken fassen, weshalb er direkt wieder verstummt. "Ja, ich bin ein Kawai. Mein Element ist das Wasser!" Sie streckt die Hände gen Himmel, woraufhin sich das Wasser ihr neigt. Es sieht so leicht aus- sie musste weder ihre Augen schließen, noch hatte es ihr groß Kraft gekostet. In diesem Moment wird mir klar, dass auch ich diese Fähigkeiten in mir habe und dass auch ich zu so etwas imstande wäre, wenn ich nur genug trainieren würde. Aber jetzt, da Milou auch mit mir trainieren kann und ich nicht mehr an den Rollstuhl gebunden bin, steht dem regelmäßigen Training nichts mehr im Wege. „Und was kannst du alles?", frage ich, während ich mich langsam vom Schock erhole. Lächelnd hebt sie wieder ihre Arme gen Himmel, in dem sich langsam dunkle Wolken zusammenbrauen. Einen Moment später fallen die ersten Regentropfen auf meine Schultern. Wahnsinn- ob ich das auch kann? Nachdem der letzte Regentropfen auf unsere Häupter gefallen ist schließt sie für ein Moment ihre Augen. Koda schaut mich fragend an, doch ich zucke nur mit den Schultern. "Schaut her!", ruft Milou während sie losschwimmt. Koda zieht lautstark Luft ein, als sie uns ihren orange-roten Fischschwanz zeigt, mit dem sie blitzschnell durch das Wasser gleitet. Noch immer kann ich das Ganze nicht glauben. Natürlich war mir klar, dass die Oihanas übernatürliche Fähigkeiten haben, das jedoch zu sehen ist nochmal was ganz Anderes. Auch Koda scheint mit den Geschehnissen der letzten Minuten nicht ganz klar zu kommen, denn im Minutentakt reibt er sich seine Auge - als ob sich dadurch was ändern würde! Ich lasse mein Blick über die Wasseroberfläche schweifen, auf der Suche nach der Meerjungfrau Milou, jedoch kann ich sie nicht entdecken. Ich zucke zusammen, als mir plötzlich etwas um die Beine streicht. Fast hätte ich aufgeschrien, doch ich kann mich gerade noch so zurückhalten. Als ich zur Seite schaue kann ich es nicht glauben. Wasser formt sich zu einem Kopf, aus dem plötzlich Milou erscheint. "Du...", stottere ich, immer noch nach Fassung ringend. "Ja, ich kann zu Wasser werden", gibt sie schulterzuckend zu, als wäre das Ganze hier nichts Besonderes. "Außerdem kann ich mit Unterwassertieren kommunizieren und einiges weiter. Falls du mal in Schwierigkeiten stecken solltest, kann ich deinem Gegner auch das Wasser aus dem Körper ziehen. Das mache ich aber nicht gern. Ich setze meine Gaben lieber ein, um Anderen zu helfen", lächelnd schwimmt sie zu Koda und legt ihren Arm um seine Schulter. Endlich findet Koda seine Stimme wieder: "Wow! Das war krass!", lacht er, während er Milou näher an sich heranzieht. "Und Per? Aus welchem Sektor kommst du?" "Aus keinem Sektor. Mein Element ist die Energie", sage ich weniger selbstbewusst, wie ich erhofft habe. Milous Augen weiten sich, als sie die neuen Informationen verarbeitet. "Du bist der Energiehüter!", schreit sie, macht sich von Koda los, um mich wenig später zu umarmen. Mit gerunzelter Stirn schaut mich Koda an, woraufhin ich nur nicht wissend die Hände hebe. Ich habe wirklich keine Ahnung was hier los ist. Als sich Milou endlich wieder von mir löst räuspert sie sich nur beschämend: "Sorry. Es ist nur, dass du die Person bist, auf die die Oihanas so lange warten. Du bist der Einzige, der wieder Ordnung in die Stadt und Frieden unter das Volk bringen kann! Du bist der Energiehüter!" Ich weiß nicht warum, aber irgendwie schäme ich mich für die Stellung. Ich hatte noch nie darum gebeten, in irgendeiner Weise wichtig für Andere zu sein. Und plötzlich hängt das Leben eines ganzen Volkes nur von mir ab. Das überfordert mich. "Ich weiß davon auch erst seit kurzem. Ich dachte immer ich sei ein normaler Teenager. Und plötzlich wird mir gesagt, ich hätte Kräfte, die ich nicht mal richtig beherrsche, und solle ein Volk retten", seufze ich und lasse mich zurückfallen, um mich vom Wasser treiben zu lassen. "Aber du musst Elva retten - kennst du sie schon?" Milous Aufregung verunsichert mich nur noch mehr, sodass ich mich dazu entschließe ihr am Strand alles zu erzählen, was ich bereits weiß und was in letzter Zeit alles passiert ist.. Vielleicht kann sie mir auch einige wichtige Hinweise liefern.
*****
"Mir fällt im Moment auch nichts ein, womit du sie in die Realität zurückholen kannst. Aber vielleicht weiß Elva selbst die Antwort - in Form eines Liedes oder so", meint Milou nachdenklich, als ich ihr alles berichtet hab. "Ich frage sie das nächste Mal." Ich hoffe, es wird nicht mehr allzu lange dauern bis ich sie wiedersehe.
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