-2. KAPITEL -
Ich stehe in Gedanken versunken unter der Dusche, beobachte das rege Treiben der Wassertropfen an der Duschwand und lasse mich von dem heißen Wasser berieseln. Eigentlich wollte ich duschen um wach zu werden, aber irgendwie funktioniert das heute nicht so recht. Das plötzliche Hämmern an der Tür lässt mich aus meinem Tagtraum erwachen. "Per, lass das Wasser nicht so lange laufen! Sonst bezahlst du diesen Monat die Wasserrechnung!", schreit meine Mutter. Mit einem Augenverdrehen schalte ich das Wasser ab und steige aus der Dusche.
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"Holst du dir dein Essen heute beim Kiosk oder soll ich dir schnell was fertig machen ?", fragt meine Mutter, während wir gemeinsam frühstücken. Ich brumme nur vor mich hin. "Was denn nun? Mitnehmen oder kaufen? Was ist denn heute mit dir los?" "Alles gut Mom!", sage ich genervt, "Ich kaufe mir heute was. Mach dir kein Stress. Ich muss jetzt los. " Schnell räume ich meine Müslischüssel in den Geschirrspüler und bahne mir den Weg zur Tür. Ich habe schon den Türgriff in der Hand , doch halte kurz inne. Die Zeit muss sein, denke ich mir, und gehe nochmal zurück zum Tisch, an dem noch immer meine Mutter sitzt. "Tschüss Mom. Hab einen schönen Tag. Ich habe dich lieb." Schnell hauche ich ihr ein Kuss auf die Wange, als ein Hupen ertönt. Mit einem "Bye" verabschiede ich mich noch mal meine Mom und verschwinde durch die Haustür.
Während der Fahrt zur Schule starre ich nur auf die vorbeiziehende Landschaft. Mit jedem weiteren Meter, den wir fahren, versinke ich mehr und mehr in meine Gedankenwelt. Immer wieder taucht dieses Mädchen vor mir auf. Dieses Lächeln auf ihren vollen Lippen werden mich wohl noch lang verfolgen. "Ey Per", ruft Koda lachend und boxt mich in die Seite, "schau mal, wer dort steht und auf dich wartet!" Lachend dreht er sich wieder nach vorn und weist seinen Bruder Kenai auf die einzig freie Parklücke hin. Kaum steht das Auto still packe ich mein Rucksack und stoße die Tür auf. Ohne mich nochmal umzudrehen schlendere ich Yuna entgegen. Als sie mich sieht, kommt sie mir entgegen gelaufen. "Hey Babe,", begrüßt sie mich mit ihrem süßesten Lächeln auf den Lippen gefolgt von einem Kuss.
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Immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich in meine Gedankenwelt abdrifte. Immer wieder schleicht sich dieses Mädchen in mein Kopf. So etwas habe ich noch nie erlebt. Eigentlich vergesse immer die Träume der letzten Nacht direkt nach dem Aufwachen. Weshalb jetzt nicht? Was ist anders? Ach, keine Ahnung. Ich muss mich jedenfalls zusammenreißen- das wäre nicht fair gegenüber Yuna. Während wir über den Schulgang schlendern schmiegen sich ihre warmen Hände in meine. Kaum merklich schüttele ich meinen Kopf, um diese ganzen Gedanken abzuschütteln. "Na, was habt ihr Süßen so lange auf dem Flur getrieben?", fragt Koda amüsiert als ich in das Klassenzimmer gehuscht. Augenrollend lasse ich mich auf meinen Stuhl plumpsen. "Habt ihr heute Abend Bock auf Sushi?" "Klar, dass du nur ans Essen denkst.", entgegne ich Koda lachend. "Wenn ihr nicht mitkommen wollt, gehe ich eben allein.", meint er daraufhin nur schulterzuckend. "Als ob, ich komme mit. 19 Uhr vorm Eingang? Ist doch okay, wenn Yuna mitkommt, oder?" "Klar doch", meint nur Koda mit einem Zwinkern.
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Kaum klingelt es zum Schulschluss, stopfe ich schnell meine Ordner in den Rucksack. Auf dem Flur wartet schon Yuna. Sie begrüßt mich lächelnd, nimmt meine Hand und zieht mich aus dem Schulgebäude. Schweigend laufen wir nebeneinander her, jedoch ist es nicht so, als würde dieses Schweigen unangenehm sein. „So, da sind wir", meint Yuna plötzlich. „Oh, ja.... sorry, ich war in meinen Gedanken versunken.", geb ich nur ein wenig beschämt zu. „Ja, das habe ich merkt. Lass uns heute Abend ins Kino gehen, nur wir Zwei. Da kannst du dein Versäumnis von eben wettmachen." „Das klappt heute leider nicht. Ich gehe mit den Jungs ins Bento. Komm doch mit. Es wird bestimmt witzig." Ich kann förmlich sehen, wie die Wut in ihr wächst. „Nein danke. Ich habe keine Lust das fünfte Rad am Wagen zu sein. Koda hier, Kenai dort, ständig bist du mit denen auf Achse. Und ich? Ich muss dich anbetteln, einmal, nur einmal, etwas Zeit mit mir zu verbringen!" Die Worte sprudeln nur so aus ihrem Mund, sodass ich fürein kurzen Moment Angst habe, sie würde das Atmen vergessen. So gern möchte ich mich verteidigen, ihr erklären, dass sie gern heute Abend mitkommen kann und sie garantiert nicht das fünfte Rad am Wagen sein wird. Jedoch lässt sie mich nicht zu Wort kommen. „Ich bin deine Freundin. Hast du gehört. Freundin! Das bedeutet, dass ich der wichtigste Mensch in deinem Leben sein müsste. Du müsstest jede Minute mit mir verbringen wollen. Du..." Weiter kommt sie nicht, denn ich habe genug gehört. Denkt Sie wirklich, sie sei der Mittelpunkt der Welt? Wieso ist mir nicht früher aufgefallen, wie egoistisch sie ist? „Es reicht! Dann bleib heute zu Hause. Ich habe gar keine Lust dich heute Abend nochmal zu sehen. Erst recht nicht mit dieser Laune! Wenn du dich wieder beruhigt hast, dann können wir gern irgendwas zusammen unternehmen. Ich wünsche dir noch ein tollen Tag!" Ich drehe mich um und stapfe, ohne mich noch einmal umzudrehen, Richtung Haus. „Per!", Yuna packt mich am Ärmel und bringt mich zum Stehen. Mit großen Augen und bittersüßem Lächeln schaut sie mich an: „Samstag? Samstag habe ich Zeit." Angepisst von ihr mit ihrem plötzlichen Sinneswandel reiße ich mich los. „Pff, wie du willst." Ich verdrehe die Augen, schüttel kaum merklich den Kopf und bahne meinen Weg zum Haus. „Super! Ich freu mich. Was wollen...", ruft sie mir hinterher, doch ich schlage die Tür einfach zu. Am liebsten würde ich jetzt die ganze Nachbarschaft zusammen schreien. Wie kann man sich nur so bescheuert benehmen? Und ich gehe mit ihr in zwei Tagen auf ein Date. Verdammt.
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