4 Verwechslung
"Ich hab gemalt Klara!", freute ich mich aufgekratzt, kaum dass ich in mein Zimmer zurückgekehrt war. "Und sie hat mir ihren Stift geschenkt! Sie nur!"
Ich hielt Klara, die beleidigt auf meinem Bett saß den Stift hin, den sie mir erlaubt hatte mitzunehmen. Und auch den, den ich ihr gestohlen hatte.
Das letzte fand Klara deutlich besser als das, was ich ihr zuerst erzählt hatte.
"Cool! Du hast der dummen Kuh echt nen Stift geklaut? Zeig her!", forderte sie mich auf und mit wild klopfendem Herzen zog ich den Stift aus meinem Ärmel, wo ich ihn versteckt hatte, als Dr. Franklin zu ihrem Schreibtisch zurückgegangen war, um neues Papier zu holen.
"Los! Lass uns was malen!", sagte Klara fast im Befehlston, der mich etwas verunsicherte.
"Ich hab kein Papier.", sagte ich unbehaglich und Klara schnaubte.
"Wir malen auf dem Boden. Unterm Bett, dann sehen sie es nicht.", verlangte sie und saß schon im nächsten Augenblick auf dem Boden und kroch unter meine Schlafstatt.
"Ich weiß nicht...", setzte ich an, "Was ist denn, wenn sie mir den Stift wieder wegnehmen."
"Feigling! Los jetzt komm!", verlangte Klara und ich folgte ihr, "Sie hätten dir ja Papier zum Malen geben können.", fügte sie noch hinzu und eigentlich hatte sie ja auch recht.
Es war herrlich! Fast wie fliegen! Ich malte stundenlang.
Und erst als ich hörte, wie das allabendliche klappern erklang kroch ich unter meinem Bett hervor.
"Klara!", sagte ich erschreckt, "Man sieht es!", mit weitaufgerissenen Augen starrte ich auf den bemalten Linoleumboden und wusste nicht, was ich machen sollte. Klara lachte.
"Na und. Dann sieht man es halt. Sieht doch toll aus!"
Doch bevor ich noch etwas sagen konnte, öffnete sich schon die Tür und Luna kam herein. In ihrer Hand trug sie ein Tablett. Ich wusste, was darauf war und das war nicht das, was mich verwunderte. Das was mich sprachlos machte, selbst Klara gegenüber waren der Stapel Zettel und die Packung Buntstifte in ihrer anderen Hand.
Unbehaglich wrang ich meinen Pullover in den Händen und wagte nicht Luna anzusehen, doch musste ich sie nicht ansehen, um zu wissen, dass sie mein Bild schon gesehen hatte.
Missbilligend hörte ich sie Luft holen.
Sie sagte nichts. Also zuerst.
Sie stellte mein Tablett auf den kleinen Tisch beim Fenster, dann kam sie zu mir. Auffordernd hielt sie mir die Hand hin. "Gib ihn mir.", forderte sie mit harscher, unfreundlicher Stimme, die mich zum Zittern brachte.
"Verpiss dich! Dumme Kuh!", fauchte Klara sie an, während ich ihr den Kugelschreiber reichte.
"Warum gibst du ihr den Stift?!", fragte sie mich zornig, "Der gehört uns!"
"Und dabei sollte ich dir was zum Malen geben. Aber jetzt. Ich bin wirklich enttäuscht.", sagte Luna. Und sie klang wirklich so, als würde sie die Wahrheit sagen, dann drehte sie sich samt meines Schatzes um und verlies mein Zimmer.
Auch die Buntstifte nahm sie mit. Ebenso das Papier.
"Ja! Hau ab Schrulla!", schrie Klara ihr hinterher und wälzte sich lachend auf dem Bett, doch mir war zum heulen.
"Das ist alles deine Schuld.", schniefte ich leise und kroch unters Bett. Drehte Klara den Rücken zu und ließ meinen Tränen freien Lauf.
"Ach! Jetzt bin ich wieder schuld ja?! Wer hat dir denn kein Papier gegeben? Ich oder die?!", konnte ich Klaras Stimme hören und schloss die Augen. Die Hände presste ich auf die Ohren. Ich wollte nichts mehr hören.
Wollte Klara nicht mehr hören, die mir mal wieder erklärte, dass alle anderen Schuld waren nur nicht sie. Doch konnte ich ihre Worte nicht aus meinem Kopf drängen, die mich schließlich davon überzeugten, dass sie recht hatte.
Hätten sie mir Papier gegeben, hätte ich auch nicht den Boden angemalt.
Dennoch war da diese ganz kleine, leise Stimme, die mir sagte, wenn ich um Papier gebeten hätte, vielleicht hätten sie mir ja welches gegeben.
Den Rest der Woche verbrachte ich unter meinem Bett, bis Luna mich wieder abholen wollte.
Klara hatte geschmollt, ebenso wie ich. Sie saß über mir und ich fuhr die zarten Linien nach, die der Stift in den Fußboden geritzt hatte. Die Farbe war inzwischen entfernt worden, doch Luna war noch immer etwas böse auf mich.
"Katrina, kommst du?", fragte sie gereizt, doch hörte ich nicht auf sie. Ich wollte nicht zu Dr. Franklin. Nur wegen ihr hatte ich Streit mit Klara. Wenn sie mir nicht den Stift gegeben hätte, wäre noch alles gut.
"Sie hat ihn dir nicht gegeben. Du hast ihn gestohlen.", streute Klara Salz in die Wunde.
"Katrina!", Luna's Stimme wurde drängender, "Komm jetzt unter dem Bett raus. Dr. Franklin wartet auf dich."
"Das ist uns scheiß egal! Verpiss dich und sie zu, dass du Land gewinnst.", lachte Klara, was Luna aber ignorierte, anders als meine Weigerung unter dem Bett hervor zu kommen.
Sie kniete sich vor das Bett und tippte mich an.
"Na los.", sie seufzte, "Oder muss ich erst Bruno hohlen?"
"Dem Wixer schlag ich die Fresse ein!", freute sich Klara, doch ich bekam eine Gänsehaut.
Bruno war einer von vielen Männern hier, aber für mich war er der reinste Alptraum. Schon oft hatte ich gesehen, wie er einen der anderen Bewohner in den Schwitzkasten genommen hatte, wenn sie mit dem Essen nicht zufrieden gewesen waren und dieses durch die Gänge geworfen hatten.
Aber meistens waren es die neuen Bewohner, die mit ihm Bekanntschaft machten.
Die, die nicht einsehen wollten, dass die Türen eben abgeschlossen waren, oder die, die Durst hatten und was anderes außer Wasser trinken wollten.
Aber es gab eben nur Saft und Wasser. Sonst nichts. Naja. Außer lauwarmen Tee und Kaffee.
Doch ganz sicher wollte ich auch nicht, dass Bruno kam und mich anfasste.
Hier raus wollte ich aber auch nicht.
Also tat ich gar nichts. Ich ließ Klara das regeln.
"Verpiss dich!", stieß ich ihre Worte aus meinem Mund, die Klara erheiterten und Luna zum verstummen brachten.
Dafür stand sie auf und verlies mein Zimmer. Erleichtert atmete ich auf, doch meine Ruhe währte nicht lange.
"Katrina? Bist du sicher, dass du das willst?", fragte mich Luna noch einmal und wieder suchten sich Klaras Worte ihren Weg aus meinen Mund.
"Hörst du schlecht oder was du Fotze?! Verpiss dich hab ich gesagt!", schrie ich sie beinahe an. Und es fühlte sich so unglaublich gut an.
Befreiend. Fast wie fliegen. Mein Herz galoppierte frei wie ein Vogel in meiner Brust. Breitete die Flügel aus und drehte halsbrecherische Kapriolen durch die Luft.
Wenn ich die Augen schließen würde, könnte ich mit Sicherheit den Wind in meinen Haaren spüren, doch bevor ich dazu kam, mich dem Wind anzuvertrauen, spürte ich etwas anderes.
Etwas, das ganz sicher nichts mit fliegen zu tun hatte.
Fest schloss sich eine gewaltige Hand um mein Bein. Eine Zweite packte mich am Arm, dann ertönte Brunos tiefe Stimme: "Ich hol dich jetzt da raus Katrina."
Sie klang durchaus sanft, doch sein Griff war fest.
Und er wurde noch fester, als er mich unter dem Bett hervor zog:
Ich wehrte mich.
Trat mit den Füßen um mich, schlug mit den Fäusten nach Bruno und versuchte ihn zu beißen, als er mich unter dem Bett hervor gezogen hatte.
Sein schwerer Körper presste mich auf den Boden. Raubte mir den Atem, während ich Klaras Worte benutze.
"Scheiß Kinderficker! Du Wichser! Lass mich los du dreckiger Bastard! Hurensohn!"
"Ich denke, du solltest besser Dr. Franklin Bescheid sagen.", schnaufte Bruno, während er mich auf den Boden presste.
"Ich fürchte, unsere Kleine hat einen Anfall."
"Anfall?! Ich geb dir gleich mal einen Anfall!", schrie ich ihn an und damit riss ich den Kopf hoch und knallte ihn mit voller Wucht gegen Brunos Nase.
Er stöhnte schmerzhaft auf, doch im nächsten Augenblick machte ich ebenso schmerzhafte Bekanntschaft mit dem kühlen Boden unter mir.
Brunos Hand drückte meinen Kopf auf den Boden. Sein Knie war in meinem Rücken. Ich versuchte mich loszureißen, doch es ging nicht.
Wild schlug ich mit Armen und Beinen um mich. Versuchte meinen Kopf zu befreien, aber er hielt ihn fest.
Als ich die Tür hörte, atmete Bruno seufzend auf.
"Gut das du kommst. Katrina hat heut scheinbar einen schlechten Tag.", teilte er jemandem mit, den ich nicht sehen konnte, doch war die Stimme die antwortete, die von Theo.
Ein heißer, junger Typ. Braune Haare, einen straffer, geiler Körper und einen Schwanz...einfach anbetungswürdig.
"Wirst du etwa nicht mit ihr fertig? Großer?", sagte er belustigt, während auch ich meinen Senf dazugeben musste.
"Endlich mal ein Mann!", presste ich erschöpft hervor und ein köstlicher Schauer überlief mich, als ich Theos starken, warmen Hände an meiner Schulter spürte.
"Komm süßer! Fick mich! Ich will, dass du es mir so richtig besorgst. Ich weiß, dass du mich willst.", säuselte ich ihm zu, während sie mich zu zweit auf mein Bett zerrten.
Ich wehrte mich nicht. Warum auch? Theos heißer Körper war mir so nah, als er mir die Fixiergurte um die Handgelenke legte.
Auch Bruno war nicht untätig, doch versuchte ich nach ihm zu treten, als seine schwielige Hand nach meinem Bein griff.
"Pass auf!", schnauzte er mich an und knallte mein Bein auf die Matratze.
"Hey! Bruno. Mach mal halblang. Du weißt, das Katrina nicht sie selbst ist.", versuchte Theo ihn zu bremsen, woraufhin der Hüne nur verstimmt knurrte, bevor er das Zimmer verließ.
Theo blieb.
"Was soll denn das Katrina?", fragte er mich, "Was ist denn passiert?"
"Meinst du mich?", säuselte ich und warf ihm ein verführerisches Lächeln zu.
"Ich bin nicht Katrina.", klärte ich ihn auf, "Ich bin Klara."
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1517 Worte
11.04.17
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